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BUNDESGERICHTSHOF
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RiZ (R) 4/00
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Beschluss
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vom
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12. Dezember 2001
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in dem Prüfungsverfahren
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Antragsteller und Revisionskläger,
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gegen
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Antragsgegner und Revisionsbeklagter,
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wegen Anfechtung einer Untersuchungsanordnung
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Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat am 12. Dezember
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2001
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durch
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den
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Prof. Dr. Erdmann,
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die
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Vorsitzenden
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Richter
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am
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Richter
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am
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Bundesgerichtshof
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Bundesgerichtshof
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Dr. Siol
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und
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Dr. Boetticher, die Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanoviæ und den
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Richter am Bundesgerichtshof Dr. Büscher
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beschlossen:
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Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Niedersächsischen Dienstgerichtshofs für Richter vom 20. September 2000
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- DGH 1/97 - wird als unzulässig verworfen.
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Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
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Gründe:
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Die Revision ist unzulässig, weil dem Antragsteller die zur Vornahme
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einer wirksamen Prozeßhandlung erforderliche Prozeßfähigkeit fehlt.
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1. Der am
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gericht
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geborene Antragsteller war Richter am Amts. Das Niedersächsische Dienstgericht für Richter hat durch
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Urteil vom 14. Juli 1994 die Zulässigkeit der Versetzung des Antragstellers in
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den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit festgestellt. Dieses Urteil ist nunmehr
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rechtskräftig, nachdem die Berufung des Antragstellers beim Niedersächsischen Dienstgerichtshof für Richter und seine Revision beim Dienstgericht des
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Bundes erfolglos geblieben sind (vgl. Senatsentscheidung vom heutigen Tage
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- RiZ (R) 3/00). Die Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand ist erfolgt,
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weil bei ihm eine schwerwiegende schizoide Persönlichkeitsstörung vorliegt,
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die zumindest seit April 1993 einen die Dienstunfähigkeit begründenden
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Schweregrad erreicht hat.
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Im Verlauf jenes Verfahrens hat bei dem Antragsteller eine querulatorische Entwicklung mit paranoiden Zügen stattgefunden, die letztlich zu seiner
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Prozeßunfähigkeit geführt hat. Für das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand ist dem Antragsteller daher durch Beschluß des Amtsgerichts Hannover
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vom 26. Januar 1999 - 61 XVIII B 1588 - gemäß § 79 Abs. 2 NdsRiG ein Richter als Betreuer bestellt worden; durch Beschluß vom 14. Februar 2001 hat das
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Amtsgericht die Fortdauer der Betreuung für die Revisionsinstanz angeordnet.
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2. Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Antragsteller gegen die
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Anordnung des Antragsgegners vom 11. Dezember 1992, die Zweifel an seiner
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Dienstfähigkeit durch eine amtsärztliche Untersuchung prüfen zu lassen. Gegen diese Anordnung war er zunächst - erfolglos - im Verwaltungsrechtsweg
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vorgegangen; seine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Februar 1996 - 2 L 5597/93 - ist
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vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß vom 19. Dezember 1996 2 B 91/96 - als unbegründet zurückgewiesen worden.
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In dem am 3. Februar 1997 beim Niedersächsischen Dienstgerichtshof
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für Richter anhängig gewordenen Prüfungsverfahren macht der Antragsteller
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nunmehr geltend, die Anordnung des Antragsgegners habe ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
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Der Niedersächsische Dienstgerichtshof für Richter hat den Antrag
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durch das angefochtene Urteil als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung
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hat er im wesentlichen ausgeführt: Die Unzulässigkeit ergebe sich zum einen
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daraus, daß der Antragsteller bei Einreichung seines Antrags wegen krankhafter Querulanz prozeßunfähig gewesen sei und dieser Zustand seither fortbestehe; zum anderen sei der Antrag nicht innerhalb der Jahresfrist nach § 74
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NdsRiG i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO gestellt und deshalb verfristet; schließlich
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fehle es auch mindestens seit dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller wegen
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Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist, am
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Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1975 - RiZ (R) 3/74,
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DRiZ 1976, 149 f.). Darüber hinaus hätte der Antrag aber auch in der Sache
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keinen Erfolg haben können, weil die angegriffene Anordnung des Antragsgegners vom 11. Dezember 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheids
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vom 18. Januar 1993 den Antragsteller nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletzt habe.
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3. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Antragstellers ist als
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unzulässig zu verwerfen (§ 144 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 74 NdsRiG), weil dem
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Antragsteller, der sich aufgrund einer schwerwiegenden schizoiden Persönlichkeitsstörung nicht nur vorübergehend in einem die freie Willensbestimmung
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ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, die
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zur wirksamen Einlegung der Revision erforderliche Prozeßfähigkeit fehlt (§ 74
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NdsRiG i.V.m. § 62 VwGO, § 104 Nr. 2 BGB).
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Dies ergibt sich aus den im Verfahren über die Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand beziehungsweise im Betreuungsverfahren eingeholten, überzeugenden Gutachten, die der Senat im Wege des Freibeweises als
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Bestandteile der Akten RiZ (R) 3/00 berücksichtigt hat. Der Sachverständige
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Dr. G.
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, ein Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie, kommt
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in seinem fachpsychiatrischen Gutachten vom 23. April 1997 zu der Diagnose,
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daß der Antragsteller an einer schwerwiegenden schizoiden Persönlichkeitsstörung und einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung mit narzißtischen und
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paranoiden Zügen leide. Der Sachverständige O.
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gelangt in seinem ner-
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venärztlichen Gutachten vom 25. November 1998 zu dem Ergebnis, daß bei
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dem Antragsteller eine querulatorische Entwicklung mit paranoiden Zügen festzustellen sei.
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Beide Gutachten sind auch aussagekräftig für das vorliegende Verfahren, dessen Gegenstand vom Lebenssachverhalt her eng mit dem Verfahren
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über die Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zusammenhängt.
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Die Diagnose der beiden Sachverständigen ist für den Senat im übrigen
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aufgrund des Inhalts der zahlreichen Schriftsätze des Antragstellers in beiden
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bei ihm anhängigen Verfahren nachvollziehbar. Aus ihnen wird - worauf auch
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der Niedersächsische Dienstgerichtshof für Richter in der angefochtenen Entscheidung zutreffend hingewiesen hat - deutlich, daß der Antragsteller, soweit
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es um seine Dienstfähigkeitsbeurteilung im weitesten Sinne geht, ein Verhalten
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an den Tag legt, welches für Fälle krankhafter Querulanz kennzeichnend ist: er
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vertritt seinen Standpunkt ungeordnet und distanzlos, wobei er sein Vorbringen
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laufend wiederholt und maßlose Beschuldigungen gegen Personen erhebt, mit
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denen er im Zusammenhang mit seinen zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen in Berührung gekommen ist.
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Der Senat ist an einer Verwerfung der Revision nicht deshalb gehindert,
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weil es zunächst der Bestellung eines Prozeßpflegers für den prozeßunfähigen
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Antragsteller nach § 74 NdsRiG i.V.m. § 62 Abs. 4 VwGO, § 57 Abs. 1 ZPO
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bedurft hätte. Die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Zwar
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ist diese ihrem Wortlaut nach nur für die beklagte Partei geltende Regelung
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nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in bestimmten Fällen auch auf einen prozeßunfähigen Kläger anzuwenden (vgl. BVerwGE 23,
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15, 17; Kopp/Schenke, VwGO 12. Aufl., § 62 Rdnr. 12 m.w.N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 59. Aufl., § 57 Rdnr. 13). Jedoch
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kommt dies nicht für aussichtslose Klagen in Betracht, sondern nur dann, wenn
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ohne die Bestellung eines Pflegers Rechte des Antragstellers unzumutbar gefährdet würden (vgl. OVG Koblenz, Beschluß vom 10. Februar 1998 - 7 E
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10175/98 -, NVwZ-RR 1998, 693, 694). Dies ist hier nicht der Fall, denn das
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Klagebegehren des Antragstellers erweist sich - wie der Niedersächsische
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Dienstgerichtshof in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat - unabhängig von der Frage der Prozeßfähigkeit aus weiteren Gründen als aussichtslos.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m.
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§ 154 Abs. 2 VwGO.
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Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren entsprechend § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 8.000 DM festgesetzt.
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Erdmann
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Siol
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Solin-Stojanoviæ
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Boetticher
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Büscher
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