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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 22/08
vom
15. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 15. Februar 2008 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 25. September 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverlet-
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zung in Tateinheit mit Beleidigung, wegen gefährlicher Körperverletzung und
wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und seine Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge
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Erfolg.
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1. Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass bei allen Taten
- im Fall 1 jedenfalls nicht ausschließbar - die "Einsichtsfähigkeit und/oder
Steuerungsfähigkeit" des Angeklagten gemäß § 21 StGB erheblich eingeschränkt gewesen sei. Es liege eine krankhafte seelische Störung vor. Nach
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Einschätzung des Sachverständigen leide der Angeklagte seit längerem unter
einer paranoid-halluzinatorischen Psychose. Außerdem sei eine Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen und dissozialen Zügen im Sinne einer
"schweren anderen seelischen Abartigkeit" gegeben. Erkrankung und Persönlichkeitsstörung seien von wiederkehrenden aggressiven Impulsdurchbrüchen
gekennzeichnet. Die Analyse der ersten, am 31. Mai 2004 begangenen Tat lasse Raum für die Annahme, dass zu diesem Zeitpunkt eine psychische Beeinträchtigung in Form einer psychotischen Episode vorgelegen habe. Für den
Zeitraum der weiteren, zwischen Oktober und Dezember 2006 begangenen
Taten müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit von dem Vorhandensein psychotischer Störungen und damit einhergehender aggressiver Impulsdurchbrüche
ausgegangen werden. Im Rahmen der Begründung der Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB teilt das Landgericht mit, dass aufgrund unkontrollierbarer
aggressiver Impulse praktisch zu jeder Zeit und an jedem Ort die Gefahr bestehe, dass der Angeklagte beliebige Personen ohne jeden Grund körperlich
attackiere, wenn er sich in einem Zustand psychotischer Dekompensation befinde.
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2. Diese Ausführungen tragen den Schuldspruch und die Anordnung der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht. Die Anwendung
des § 21 StGB kann nicht zugleich auf seine beiden Alternativen gestützt werden (st. Rspr., siehe BGHSt 49, 349; BGH NStZ-RR 2003, 233; BGHR StGB
§ 21 Einsichtsfähigkeit 3; BGH NJW 1995, 1229; BGH NStZ 1990, 333; 1989,
430). In der Regel darf der Tatrichter ebenso wenig offenlassen, ob die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit des Täters vermindert war (vgl. BGHSt 40,
357 f.; BGH NStZ-RR 2004, 38 f.; NStZ-RR 2003, 232; Fischer StGB § 20 StGB
Rdn. 44 m.w.N.). Die erste Alternative des § 21 StGB scheidet aus, wenn der
Täter trotz erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit das Unerlaubte seines
Tuns erkennt. Denn die Schuld des Täters wird nicht gemindert, wenn er trotz
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erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit das Unrecht tatsächlich eingesehen
hat (BGHSt 34, 22, 25 ff.; BGHR StGB § 21 Einsichtsfähigkeit 1; BGH NJW
1995, 1229; NStZ-RR 2004, 38). Fehlt dem Täter dagegen bei Begehung der
Tat die Einsicht wegen einer krankhaften seelischen Störung oder aus einem
anderen in § 20 StGB bezeichneten Grund, ohne dass ihm dies zum Vorwurf
gemacht werden kann, so ist auch bei nur verminderter Einsichtsfähigkeit nicht
§ 21 StGB, sondern § 20 StGB anwendbar (BGHSt 49, 349; BGHR StGB § 21
Einsichtsfähigkeit 2-4; BGH NStZ 89, 430; 86, 264). Im Gegensatz dazu führt
erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit ohne Weiteres zur Anwendung des §
21 StGB. Wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen hat der Tatrichter sich
deshalb Klarheit darüber zu verschaffen, welche Alternative des § 21 StGB vorliegt (BGH NJW 1995, 1229; vgl. auch BGHR StGB § 63 Schuldunfähigkeit 1).
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3. Die Urteilsgründe lassen besorgen, dass die Strafkammer diesen
rechtlichen Ausgangspunkt nicht zutreffend gesehen hat. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, ob die Strafkammer annimmt, dem Angeklagten fehle die Unrechtseinsichtsfähigkeit oder
die Steuerungsfähigkeit. Der Senat vermag dem Urteil auch nicht zu entnehmen, dass sich das Landgericht lediglich im Ausdruck vergriffen und - nur - die
Steuerungsfähigkeit als zumindest erheblich vermindert angesehen hat. Dagegen spricht nicht nur die wiederholte Bezugnahme in den Urteilsgründen auf
eine erhebliche Verminderung der "Einsichtsfähigkeit und/oder Steuerungsfähigkeit" (UA 31, 33), sondern auch das von der Kammer in Übereinstimmung
mit dem Sachverständigen im Falle 1 als denkbar, in den Fällen 2-4 in hohem
Maße als wahrscheinlich erachtete Vorliegen einer paranoid-halluzinatorischen
Psychose zu den jeweiligen Tatzeiten, die in erster Linie die Einsichtsfähigkeit
berühren würde.
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4. Danach ist weder sicher feststellbar, von welcher Alternative des § 21
StGB das Landgericht ausgehen wollte, noch, ob nicht - was nach den Feststellungen vor allem in den Fällen 2-4 nicht auszuschließen ist - § 20 StGB anwendbar ist, weil dem Angeklagten nicht vorwerfbar die Einsicht wegen einer
akuten psychotischen Episode gefehlt hat. Damit sind zugleich die rechtlichen
Voraussetzungen des § 63 StGB nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Sowohl der
Schuldspruch als auch die Anordnung nach § 63 StGB können daher mangels
eindeutiger Feststellungen keinen Bestand haben.
Rissing-van Saan
Rothfuß
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Fischer
Schmitt