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35 KiB

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 37/13
Verkündet am:
26. Februar 2015
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Bildstrom
EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. d, Art. 56
Anweisungen, die zwar die (visuelle) Informationswiedergabe betreffen, bei
denen aber nicht die Vermittlung bestimmter Inhalte oder deren Vermittlung in
besonderer Aufmachung im Blickpunkt steht, sondern die Präsentation von
Bildinhalten in einer Weise, die auf die physischen Gegebenheiten der
menschlichen Wahrnehmung und Aufnahme von Informationen Rücksicht
nimmt und darauf gerichtet ist, die Wahrnehmung der gezeigten Informationen
durch den Menschen in bestimmter Weise überhaupt erst zu ermöglichen, zu
verbessern oder zweckmäßig zu gestalten, dienen der Lösung eines
technischen Problems mit technischen Mitteln (Weiterführung von BGH, Urteil
vom 26. Oktober 2010 - X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 - Wiedergabe
topografischer Informationen und vom 23. April 2013 - X ZR 27/12,
GRUR 2013, 909 - Fahrzeugnavigationssystem).
BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 - X ZR 37/13 - Bundespatentgericht
-2-
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 26. Februar 2015 durch die Richter Gröning, Dr. Bacher,
Hoffmann und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Januar 2013
verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik
1
Deutschland erteilten europäischen Patents 1 474 927 (Streitpatents), das am
12. Februar 2003 angemeldet wurde und eine Priorität vom 12. Februar 2002 in
Anspruch nimmt. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren (Patentansprüche 1 bis
6) und ein System (Patentansprüche 7 bis 10) zur Anzeige eines Bildstroms.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7 lauten in der Ver-
2
fahrenssprache:
"1. A method for displaying an image stream, the method
comprising:
-3-
receiving images acquired by a swallowable capsule (40),
the images forming an original image stream; and displaying simultaneously on a monitor (300) at least two
subset image streams, each subset image stream
including a separate subset of images from the original
image stream.
7. A system for displaying an image stream, the system comprising:
an image storage means (21) for accepting an original
image stream; and an image display means (300) for displaying at least two subset image streams, each subset
image stream including a separate subset of images from
the original image stream, characterized that the at least
two subset image streams can be displayed on the image
display means (300) simultaneously."
Die Patentansprüche 2 bis 6 sind unmittelbar oder mittelbar auf
3
Patentanspruch 1, die Patentansprüche 8 bis 10 auf Patentanspruch 7 rückbezogen. Die Klägerin hat geltend gemacht, dem Gegenstand des Streitpatents
fehle die Technizität, er sei vom Patentschutz ausgeschlossen und zudem nicht
patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit
fünf Hilfsanträgen beschränkt verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent
für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel
entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten führt unter Abänderung des an4
gefochtenen Urteils zur Abweisung der Nichtigkeitsklage.
I.
5
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und ein System zur Darstellung
von Bildströmen.
-4-
6
1. Nach der Schilderung der Streitpatentschrift ist ein Bildstrom aus
einer Folge von starren Bildern (still images) zusammengesetzt. Ein solcher
Bildstrom könne aus verschiedenen Quellen stammen und beispielsweise gewonnen werden, wenn eine verschluckbare, mit einer Kamera ausgestattete
Kapsel, wie sie aus dem US-Patent 5 604 531 (D2) bekannt sei, Bilder von dem
Lumen (oder Hohlraum) eines Organs, wie z.B. dem Magen-Darm-Trakt, aufnehme und an ein externes Aufnahmesystem übertrage, während sich die
Kapsel durch den Körper bewege. Dadurch könnten hohe Bilderzahlen zum
Betrachten gesammelt und nacheinander angeordnet werden. Ein Bildstrom,
der mehrere Tausend Einzelbilder enthalte, könne dem Nutzer zur Überprüfung
dargestellt werden. Der Nutzer werde versuchen den Bildstrom schnell und
effektiv zu überprüfen, ohne dass wichtige Informationen verlorengingen. Die
Rate, bei der ein Nutzer einen Bildstrom effektiv überprüfen könne, werde dabei
durch einen physiologischen Mittelungseffekt begrenzt. Der Wert liege bei ungefähr 15 Einzelbildern pro Sekunde, könne jedoch nach der Person des
Nutzers und der Art des Bildstroms variieren.
Die Beschreibung des Streitpatents stellt mehrere im Stand der Technik
7
bekannte Videomedien-Steuerungs- und Anzeigesysteme vor. Sie verweist auf
die internationale Anmeldung WO 99/40587 (D3), die ein VideomedienSteuerungssystem zum Senden von Befehlen an eine Videospeichereinrichtung
offenbare, um eine gewünschte Position des Videos zu bewirken. Das USPatent 4 698 664 (D4) offenbare ein audiovisuelles Überwachungssystem, in
dem ein analoger Datenstrom als eine Folge von Blöcken überwacht werde.
Das US-Patent 5 697 885 (D1) beschreibe ein Endoskop zum Aufnehmen und
Anzeigen von zeitlich aufeinanderfolgenden Bildern sowie Mechanismen zur
Auswahl von starren Bildern aus den Bildfolgen.
-5-
8
2. Vor diesem Hintergrund besteht das technische Problem darin, ein
System und ein Verfahren für die verbesserte Darstellung eines Bildstroms bereitzustellen.
3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent ein Verfahren
9
und ein System mit folgenden Merkmalen vor:
Patentanspruch 1:
Verfahren zum Anzeigen eines Bildstroms, das folgende Schritte
aufweist:
M1.1 Empfangen von durch eine verschluckbare Kapsel (40) erfassten Bildern, wobei
M1.2 die Bilder einen ursprünglichen Bildstrom bilden, und
M1.3 gleichzeitiges Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen auf einem Monitor (300), wobei
M1.4 jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von
Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält.
Patentanspruch 7:
System zum Anzeigen eines Bildstroms, das umfasst:
M7.1 ein Bildspeichermittel (21) zum Aufnehmen eines ursprünglichen Bildstroms,
M7.2 ein Bildanzeigemittel (300) zum Anzeigen von zumindest
zwei Teilsatz-Bildströmen.
M7.3 Jeder Teilsatz-Bildstrom enthält einen getrennten Teilsatz
von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom.
M7.4 Die zumindest zwei Teilsatz-Bildströme können gleichzeitig
auf dem Bildanzeigemittel (300) angezeigt werden.
-6-
10
Die nachfolgend dargestellte Figur 2 des Streitpatents verdeutlicht beispielhaft die Anzeige des Bildstroms in einem Mehrfachbildstrommodus.
11
4. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:
12
a) Patentanspruch 1 betrifft ein Verfahren, bei dem Bilder empfangen
werden, die von einer verschluckbaren Kapsel (swallowable capsule) erfasst
wurden. Die Beschreibung bezieht sich hierzu in Absatz 2 auf D2, die eine
solche Vorrichtung beschreibt. Daraus ergibt sich, dass es sich um eine Kapsel
handelt, die vom Patienten geschluckt wird und dann selbständig, ohne fortwährende Steuerung durch medizinisches Personal und ohne körperliche Verbindung nach außen, die zu untersuchenden Körperteile durchwandert. Zwar wird
in der Beschreibung mehrfach betont, dass die Gewinnung des Bildstroms
durch eine verschluckbare Kapsel nur beispielhaft behandelt wird (Abs. 2,
Abs. 11, Abs. 22) und die Bilder auch auf andere Weise erfasst werden können,
etwa durch ein herkömmliches Endoskop, einen Stent, einen Katheter oder eine
Nadel (Abs. 22). Diese Vorrichtungen werden aber in Absatz 22 der
Beschreibung ausdrücklich einer Kapsel gegenübergestellt ("…need not be
-7-
contained in a capsule, but may be contained in any other vehicle suitable for
traversing a lumen in a human body, such as an endoscope…"). Patentanspruch 1 betrifft danach nur ein Verfahren zur Anzeige eines Bildstroms, der
durch eine verschluckbare Kapsel im genannten Sinne erfasst worden ist.
Demgegenüber enthält Patentanspruch 7 keine derartige Beschränkung,
sondern lässt offen, auf welche Weise der ursprüngliche Bildstrom gewonnen
wurde.
b) Mit einem ursprünglichen Bildstrom (original image stream) verbindet
13
der Fachmann, ein Diplomingenieur (FH) der Elektrotechnik, der auf dem Gebiet der Bildverarbeitung, -übertragung und -anzeige tätig ist, eine Bildfolge, bei
der die Bilder in einer bestimmten Reihenfolge geordnet sind. Unter einem ursprünglichen Bildstrom ist aus fachlicher Sicht nicht eine beliebige Sammlung
einzelner Bilder zu verstehen, sondern eine vorgegebene, insbesondere zeitlich
geordnete Abfolge von einzelnen Bildern, wie sie etwa bei Filmaufnahmen entsteht. Die geordnete Abfolge der Bilder bewirkt bei entsprechender Geschwindigkeit der Wiedergabe bei ihrer Anzeige, dass der Betrachter den Bildstrom als
sinneinheitlichen Film wahrnimmt.
c) Aus diesem ursprünglichen Bildstrom werden nach der Lehre des
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Streitpatents zumindest zwei Teilsatz-Bildströme (subset image streams) gebildet, von denen jeder eine Teilmenge der Bilder des ursprünglichen Bildstroms
enthält. Auf welche Weise diese Trennung erfolgt, lässt das Streitpatent im
Grundsatz offen (vgl. Abs. 31), doch wird aus der Bezeichnung als TeilsatzBildstrom deutlich, dass eine geordnete Abfolge der Bilder des jeweiligen Teilsatzes beibehalten wird. Nach der Trennung können Teilsätze vorliegen, die
sich nicht überschneiden. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Einzelbilder 1, 3,
5 usw. des ursprünglichen Bildstroms einen Teilsatz, die Einzelbilder 2, 4, 6
usw. den anderen Teilsatz bilden (vgl. Abs. 25). Erfasst werden aber, wie
Unteranspruch 2 verdeutlicht, auch Fälle, in denen sich die Teilmengen, aus
-8-
denen zumindest zwei Teilsätze gebildet werden, überschneiden (vgl. Abs. 31
am Ende).
d) Unter der Anzeige eines Teilsatz-Bildstroms ist nach der Lehre des
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Streitpatents die aufeinanderfolgende Anzeige der geordneten Einzelbilder zu
verstehen, aus denen sich der Teilsatz-Bildstrom zusammensetzt. Mit der
gleichzeitigen Anzeige von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen auf einem Monitor ist gemeint, dass in verschiedenen Bereichen des Monitors gleichzeitig
eine mehr oder minder rasche Abfolge der Bilder in der vorgegebenen Ordnung
wiedergegeben wird. Das Streitpatent stellt - etwa in Absatz 34 - der Anzeige
eines Bildstroms die Anzeige von Einzelbildern neben einem Bildstrom ("… a
still image can be displayed adjacent to the image streams") gegenüber. Dabei
werden nicht mehrere (Teilsatz-)Bildströme simultan, sondern ein Bildstrom und
daneben jeweils fixierte Einzelbilder angezeigt. Der Lehre des Streitpatents liegt
demgegenüber die Annahme zugrunde, dass mit der gleichzeitigen Anzeige
von Teilsatz-Bildströmen, die jeweils aus einer Teilmenge der Gesamtheit der
Bilder des ursprünglichen Bildstroms bestehen, die Effektivität der Auswertung
ohne Qualitätseinbuße erhöht wird, auch wenn dies möglicherweise eine
gewisse Übung erfordert (Abs. 29).
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
16
begründet:
Die Lehre der nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 habe technischen
17
Charakter und sei nicht als therapeutisches Behandlungsverfahren gemäß
Art. 53c EPÜ von der Patentierbarkeit ausgenommen. Das System nach
Patentanspruch 7 sei gegenüber D1 nicht neu und das Verfahren nach
Patentanspruch 1 dem Fachmann jedenfalls nahegelegt gewesen.
D1 betreffe ein Endoskop zum Aufnehmen und Anzeigen von zeitlich auf-
18
einanderfolgenden Bildern und damit zum Anzeigen eines Bildstroms. Die durch
-9-
den Aufnahmekopf des Endoskops gewonnenen Bildsignale würden zu Videosignalen umgewandelt und auf einem Monitor angezeigt. Eine implementierte
Aufzeichnungseinrichtung ermögliche es insbesondere, gleichzeitig Bilder zu
betrachten, die aus der zeitlichen Abfolge der Bilder separiert worden seien. Mit
der dort beschriebenen Vorrichtung könnten mindestens zwei Bildbereiche
simultan dargestellt werden. Eine solche Bildwiedergabe setze voraus, dass der
Bildstrom in mindestens zwei Teilsatz-Bildströme unterteilt werde, von denen
jeder einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom
enthalte. Dies geschehe, wie in Figur 22 dargestellt, dadurch, dass der im Bildspeicher abgelegte Bildstrom Bild für Bild ausgelesen werde und einzelne Bilder
herausgelöst und in den Bildanzeigebereichen 367a und 367b dem Nutzer angezeigt würden, während gleichzeitig im Bildanzeigebereich 366 sich fortbewegende Bilder angezeigt würden. Damit entnehme der Fachmann der D1 ein
System, das alle Merkmale von Patentanspruch 7 aufweise.
Vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 unterscheide sich das in D1
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beschriebene Verfahren nur dadurch, dass die empfangenen Bilder nicht von
einer verschluckbaren Kapsel geliefert würden. Der Fachmann entnehme jedoch Absatz 22 der Beschreibung des Streitpatents, dass es nicht entscheidend
darauf ankomme, ob der originale Bildstrom von einer endoskopischen Kapsel
oder durch eine andere Fahreinrichtung, etwa ein Endoskop, gewonnen werde.
Er erkenne, dass für das beanspruchte Verfahren einzig der empfangene Bildstrom maßgeblich sei. Da es bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nur auf
diejenigen Anweisungen ankomme, die die Lösung des technischen Problems
mit technischen Mitteln bestimmten oder zumindest beeinflussten, könne daher
die spezielle Ausgestaltung des Bildaufnahmegeräts als verschluckbare Kapsel
insoweit unberücksichtigt bleiben, als sie auf den beanspruchten Bildverarbeitungsvorgang keinen Einfluss nehme.
- 10 -
20
Unabhängig davon erfülle auch das aus der D2 bekannte In-vivo-Videokamera-System alle Voraussetzungen für die Generierung eines Bildstroms für
das beanspruchte Bildverarbeitungsverfahren. Dadurch sei dem Fachmann
auch der an sich zu einer erfinderischen Tätigkeit nicht beitragende Aspekt
einer verschluckbaren Kapsel als Bildquelle nahegelegt.
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsrechtszug nicht
21
stand. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 und Patentanspruch 7 ist durch
den Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt.
1. Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass die erfindungs-
22
gemäße Lehre nach Patentanspruch 1 auf technischem Gebiet liegt und keinem
Patentierungsausschluss unterfällt.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt ein
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Verfahren, dessen Gegenstand die Abarbeitung von Verfahrensschritten mit
Hilfe elektronischer Datenverarbeitung ist, dem Technizitätserfordernis (Art. 52
EPÜ) bereits dann, wenn es der Verarbeitung, Speicherung oder Übermittlung
von Daten mittels eines technischen Geräts dient (BGH, Urteil vom 26. Oktober
2010 - X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 27 - Wiedergabe topografischer
Informationen). Für das Technizitätserfordernis ist unerheblich, ob der Gegenstand des Patents neben technischen Merkmalen auch nichttechnische aufweist und welche dieser Merkmale die beanspruchte Lehre prägen. Ob Kombinationen von technischen und nichttechnischen Merkmalen im Einzelfall
patentfähig sind, hängt - abgesehen von etwa einschlägigen anderen Ausschlusstatbeständen - allein davon ab, ob sie neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - X ZB 22/07,
GRUR 2009, 479 - Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten; Beschluss vom 22. April 2010 - Xa ZB 20/08, BGHZ 185, 214 Rn. 15 ff. - Dynamische Dokumentengenerierung, jeweils zu § 1 PatG).
- 11 -
24
Danach liegt im Streitfall eine technische Lehre vor, die als Erfindung
dem Patentschutz zugänglich ist. Patentanspruch 1 betrifft ein Verfahren, bei
dem Bilder empfangen, verarbeitet und auf eine näher beschriebene Weise auf
einem Monitor angezeigt werden. Ein solches Verfahren lehrt eine bestimmte
Nutzung der Komponenten einer Datenverarbeitungsanlage einschließlich Monitor und gibt damit eine Anweisung zum technischen Handeln. Sie kann nur mit
einem technischen Gerät ausgeführt werden und ist damit technischer Natur.
Dass die technischen Komponenten, mit denen die von der verschluckbaren
Kapsel erfassten Bilder empfangen und verarbeitet werden, in Patentanspruch 1 nicht genannt sind, ist unschädlich, weil für den vom Patentgericht
zutreffend bestimmten Fachmann offenkundig ist, dass das Verfahren den
Einsatz
entsprechender
Komponenten
bedingt
(vgl.
BGH,
Urteil
vom
24. Februar 2011 - X ZR 121/09, GRUR 2011, 610 Rn. 16 - Webseitenanzeige).
Die Technizität des Systems nach Patentanspruch 7 ergibt sich ohne
25
Weiteres daraus, dass die dort beschriebene Vorrichtung technische Geräte
umfasst, mittels derer Bilder aufgenommen, verarbeitet und angezeigt werden.
b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 beschränkt sich nicht auf ein
26
Programm für Datenverarbeitungsanlagen und ist deshalb nicht nach Art. 52
Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen. Wegen des
Patentierungsausschlusses für Computerprogramme als solche können nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig allerdings erst solche
Anweisungen die Patentfähigkeit eines Verfahrens begründen, die die Lösung
eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand haben (BGHZ 185, 214 Rn. 21 ff. - Dynamische Dokumentengenerierung,
zu § 1 Abs. 3, 4 PatG; BGH, GRUR 2011, 125 Rn. 30 f. - Wiedergabe topografischer
Informationen).
Diesem
Erfordernis
genügt
die
Lehre
nach
Patentanspruch 1; ihr liegt das technische Problem zugrunde, die von einer
endoskopischen Kapsel gewonnenen Bilder so zu verarbeiten und auf einem
- 12 -
Monitor anzuzeigen, dass der Nutzer sie möglichst effizient auswerten kann
(oben I 2). Dies dient der Lösung eines konkreten technischen Problems mit
technischen Mitteln (nachstehend III 2 b aa (4)).
27
2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist patentfähig.
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin nimmt der in der US-Patent-
28
schrift 6 198 483 (D7) formulierte Anspruch 22 die Lehre von Patentanspruch 1
nicht vorweg. Dort ist zwar davon die Rede, dass ein erster und ein zweiter
Teilsatz einer Vielzahl von Bildern gleichzeitig angezeigt werden. In D7 hat der
Begriff "Teilsatz" jedoch einen anderen technischen Sinngehalt als im Streitpatent. In D7 ist damit eine Teilmenge aus der Gesamtheit der Bilder
- etwa aus einer Datenbank - gemeint, auf welche die Datenverarbeitungsanlage insgesamt zugreifen kann. D7 lässt jedoch nicht erkennen, dass es sich
bei der Gesamtheit dieser Bilder um einen ursprünglichen Bildstrom, also um
eine zeitlich geordnete Abfolge von Bildern handelt.
b) Der Senat vermag nicht die Wertung zu treffen, dass es für den - nach
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übereinstimmender Ansicht der Beteiligten von D2 ausgehenden - Fachmann
eine hinreichend konkrete Anregung gab, zum Gegenstand des Streitpatents zu
gelangen.
aa) Zutreffend hat das Patentgericht bei der Prüfung der Patentfähigkeit
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sämtliche in Patentanspruch 1 enthaltenen Anweisungen, auch die Merkmale
M1.3 und M1.4, berücksichtigt.
(1) Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird der Nutzer, typischer-
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weise ein Arzt, in die Lage versetzt, in der durch die Präsentation von TeilsatzBildströmen bedingten Weise die Informationen aufzunehmen und auszuwerten, die in der geordneten Abfolge von Bildern enthalten sind. Die Wiedergabe
von Informationen ist als solche dem Patentschutz nicht zugänglich (Art. 52
Abs. 2 Buchst. d, Abs. 3 EPÜ). Das Streitpatent hat mit der Implementierung
- 13 -
der Anzeige von Teilsatz-Bildströmen mit technischen Mitteln aber nur bei vordergründiger Betrachtung die Wiedergabe von Informationen zum Gegenstand.
(2) Der Patentierungsausschluss nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. d EPÜ
32
korrespondiert mit dem zu den Grundrechten gehörenden Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit und soll die Monopolisierung von Informationen
durch die Gewährung patentrechtlichen Schutzes verhindern (Benkard/Melullis,
EPÜ, 2. Aufl., Art. 52 Rn. 207). Danach haben bei der Prüfung der Patentfähigkeit nur solche Anweisungen als nicht technisch außer Betracht zu bleiben, die
gerade die Vermittlung bestimmter Inhalte betreffen und damit darauf zielen, auf
die menschliche Vorstellung oder Verstandesfähigkeit einzuwirken (Benkard/
Bacher/Melullis, PatG, 10. Aufl., § 1 Rn. 148; Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl.,
§ 1 Rn. 126). Anweisungen, die die Informationen betreffen, die nach der Lehre
des Patents wiedergegeben werden sollen, können daher auch unter dem
Gesichtspunkt der erfinderischen Tätigkeit die Patentfähigkeit der erfindungsgemäßen Lehre nur dann und nur insoweit stützen, als sie die Lösung eines
technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH, Urteil vom 23. April 2013 - X ZR 27/12, GRUR 2013, 909
Rn. 14 mwN - Fahrzeugnavigationssystem).
(3) Entsprechend dieser Unterscheidung hat der Bundesgerichtshof an-
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genommen, dass bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit Anweisungen nicht
zu berücksichtigen sind, wonach die Audiowiedergabe bei einem Fahrzeugnavigationssystem auch Straßennamen umfasst. Zur Begründung hat der Senat
darauf verwiesen, dass sich diese Anweisungen in der Vorgabe erschöpfen,
dass und unter welchen Bedingungen Straßennamen Bestandteil der Audiowiedergabe von Fahranweisungen sein sollen und damit ausschließlich den
Inhalt der dem Nutzer zur Verfügung gestellten Information betreffen (BGH,
GRUR 2013, 909 Rn. 17 - Fahrzeugnavigationssystem). Auch die Praxis der
Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts spiegelt diese Unterschei-
- 14 -
dung wieder. So hat das Europäische Patentamt etwa entschieden, dass eine
Anweisung, wonach bei einer Vorrichtung zur Ermittlung der Erfolgschancen
beim Roulettespiel Informationen über die Wetteinsätze eines bestimmten
Spielers angezeigt werden, keine Berücksichtigung finden können (EPA, Technische
Beschwerdekammer,
Entscheidung
vom
14. Dezember
2007
- T 1704/06, S. 7/8). Als nichttechnisch wurde auch die Anweisung angesehen,
bestimmte Informationen über die Eigenschaften eines Diamanten anzuzeigen
(EPA, Technische Beschwerdekammer, Entscheidung vom 28. Februar 2008
- T 619/05, S. 7). Im gleichen Sinne hat der britische High Court die Anweisung,
dem Fahrgast bestimmte Informationen über den Status eines Omnibus zu
vermitteln, als nicht technisch angesehen (Justice Kitchen, High Court,
Chancery
Division,
Patents
Court,
Urteil
vom
4. November
2005
- [2005] EWHC 2417). Bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit sind ferner
solche Anweisungen nicht zu berücksichtigen, nach denen bestimmte Inhalte
durch Abweichungen in der Farbe, der Helligkeit oder dergleichen hervorgehoben werden (EPA, Technische Beschwerdekammer, Entscheidung vom
4. Oktober 1996 - T 599/93; BPatG, Beschluss vom 23. September 2010
- 17 W (pat) 47/06, in Juris; vgl. auch Benkard/Bacher/Melullis, PatG, 10. Aufl.,
§ 1 Rn. 148; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 1 Rn. 68).
Nicht bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigen sind
34
nach einer weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs Anweisungen, die
die Auswahl einer für Navigationszwecke zweckmäßigen kartografischen Darstellung betreffen (Koordinatentransformation, Sicht aus nach hinten versetzter
Vogelperspektive, Bestimmung der Hauptbetrachtungsrichtung in spitzem Winkel im Hinblick auf die Erdoberfläche, Wiedergabe mit einem die momentane
Bewegung des Fahrzeugs berücksichtigenden und eine simulierte Ist-Position
des Fahrzeugs enthaltenden Raumwinkel). Solche Anweisungen sind nicht Teil
der technischen Lösung, sondern gehören zu der dieser vorgelagerten Auswahl
einer für Navigationszwecke zweckmäßigen kartografischen Darstellung, die
- 15 -
dem Fachmann, sofern er sie nicht bereits selbst als zweckmäßig erkennen
kann, von dem hierfür zuständigen Fachmann, einem Kartografen, Geografen
oder Geodäten, vorgegeben wird (vgl. im Einzelnen BGH, GRUR 2011, 125
Rn. 39 - Wiedergabe topografischer Informationen).
(4) Die in Patentanspruch 1 beanspruchte Lehre unterfällt nicht dem
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Patentierungsausschluss nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. d, Abs. 3 EPÜ, weil sie
nicht auf die Wiedergabe von Informationen als solche beschränkt ist (BGH,
Urteil vom 19. Mai 2005 - X ZR 188/01, GRUR 2005, 749, 752 - Aufzeichnungsträger, zu § 1 PatG). Die Merkmale M1.3 und M1.4 beziehen sich auf das
Problem, wie eine geordnete Bildfolge - unabhängig von deren Inhalt - so
angezeigt werden kann, dass der Nutzer in die Lage versetzt wird, sie schnell
und effizient zu erfassen. Solche Anweisungen, die zwar die (visuelle)
Informationswiedergabe betreffen, bei denen aber nicht die Vermittlung
bestimmter Inhalte oder deren Vermittlung in besonderer Aufmachung im
Blickpunkt steht, sondern die Präsentation von Bildinhalten in einer Weise, die
auf die physischen Gegebenheiten der menschlichen Wahrnehmung und
Aufnahme von Informationen Rücksicht nimmt und dabei darauf gerichtet ist,
die Wahrnehmung der gezeigten Informationen durch den Menschen in
bestimmter Weise überhaupt erst zu ermöglichen, zu verbessern oder zweckmäßig zu gestalten, dienen der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln und sind bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zu
berücksichtigen.
bb) Das Patentgericht hat angenommen, die Lehre aus Patentan-
36
spruch 1 sei dem Fachmann nahegelegt und beruhe damit nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit. Dem vermag der Senat nicht beizutreten.
(1) D2 offenbart ein System, das eine verschluckbare Kapsel zur Auf-
37
nahme von Bildern und Vorrichtungen außerhalb des Körpers zum Empfang
dieser Bilder und ihrer Umwandlung in einen Bildstrom umfasst. Mit der Anzeige
- 16 -
der so gewonnenen Bilder befasst sich die D2 nur am Rande. Ihr ist zu entnehmen, dass die von der in der endoskopischen Kapsel angebrachten Kamera
gewonnenen Bilder in Videodaten umgewandelt werden können. Figur 6 zeigt
eine Vorrichtung mit zwei Monitoren, wobei auf einem dargestellt wird, welche
Teile des Verdauungstrakts die endoskopische Kapsel durchwandert, und auf
dem anderen ein von der Kapsel aufgenommenes Bild angezeigt wird. Die von
der Klägerin vorgelegten Entgegenhaltungen geben keine Anregung, von D2
aus zu der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre zu
gelangen.
(2) Die Entgegenhaltung D1 betrifft eine Vorrichtung - etwa ein Endo38
skop - zum Aufzeichnen und Anzeigen von Zeitserienbildern. Die Vorrichtung
soll es ermöglichen, Zeitserienbilder, zum Beispiel Videoaufnahmen wie sie bei
einer endoskopischen Untersuchung gewonnen werden, aufzuzeichnen und
mithilfe solcher Bilder Veränderungen eines Objekts über einen Zeitablauf zu
beobachten. Das so gewonnene Bildmaterial kann als Video angezeigt werden,
zugleich soll es aber auch möglich sein, Standbilder zu erzeugen und zu
speichern. Beispielhaft beschäftigt sich D1 mit der Aufzeichnung der Veränderungen eines Tumors im menschlichen Körper bei Gabe eines fluoreszierenden
Mittels, das von diesem anders aufgenommen wird als vom umgebenden Gewebe. Die Aufzeichnung mehrerer Bilder, die eine Beobachtung der Veränderung über eine gewisse Zeit ermöglichen, ist nach der Darstellung in D1 mit
Schwierigkeiten verbunden, weil sowohl das beobachtete Objekt als auch das
Endoskop sich bewegen und ihre Position zueinander verändern können. Vor
diesem Hintergrund sei es wünschenswert, einen Vergleich von Standbildern
mit Zeitserienbildern - im Sprachgebrauch des Streitpatents: mit einem Bildstrom - vornehmen zu können (Sp. 1, 2). Daher soll der Nutzer die Möglichkeit
haben, Bilder, die in zeitlichem Abstand voneinander aufgenommen worden
sind, gleichzeitig anzusehen (Sp. 3, Z. 18 bis 20). Die Vorrichtung umfasst ein
Endoskop, in dessen Kopf eine Kamera angebracht ist, eine bildverarbeitende
- 17 -
Einrichtung, die die von der Kamera aufgenommenen Bilder in entsprechende
elektronische Signale umwandelt, und einen Monitor, auf dem das Signal als
Video - als Bildstrom - angezeigt werden kann (Sp. 6 Z. 1 bis 8 und Z. 30 bis
44).
Figuren 6 und 22 der D1 lassen erkennen, dass jeweils vier Bilder aus
39
dem durch das Endoskop gewonnenen Bildmaterial gleichzeitig angezeigt
werden. Die Entgegenhaltung offenbart jedoch - anders als das Patentgericht
angenommen hat - nicht, dass die dort beschriebene Vorrichtung in der Lage
ist, gleichzeitig zwei Teilsatz-Bildströme anzuzeigen. Dies gilt auch für die Beschreibung des dritten Ausführungsbeispiels, die in Spalte 19, Zeile 6 der D1
beginnt und durch die Figuren 17 bis 23 erläutert wird. Figur 22 zeigt eine Anzeige mit vier Bereichen 364, 367a, 367b und 366. Wie sich aus der Beschreibung ergibt, werden zunächst im Bereich 364 Bilddaten sequenziell Rahmen für
Rahmen angezeigt (Sp. 21, Z. 41 bis 46). Sodann wird ein Bild aus diesem
Bildstrom ausgewählt, das als Standbild angezeigt wird (Sp. 21, Z. 47 bis 51).
Anschließend wird lediglich in Bereich 366 ein Bildstrom angezeigt (Sp. 21,
Z. 52 bis 54). Aus diesem können durch "Einfrieren" einzelne Bilder gewonnen
werden, die in die Bereiche 367a oder 367b verschoben werden (Sp. 21, Z. 63
bis Sp. 22 Z. 9). Während also zunächst nur in Bereich 364 ein Bildstrom angezeigt wird, wird zeitlich später nur in Bereich 366 ein Bildstrom angezeigt,
währenddessen die drei anderen Bereiche nur Standbilder - und damit keinen
Bildstrom - zeigen. Damit ist eine gleichzeitige Anzeige von zumindest zwei
Bildströmen auf einem Monitor durch D1 nicht offenbart. Entsprechend wird in
D1 beschrieben (Sp. 22, Z. 43 ff.), dass es einen Bezugsbild-Anzeigeteil
(reference image displaying part) 364 und zwei Anzeigeteile für zeitweilig ausgewählte Bilder (temporarily selected image displaying parts) 367a und 367b
gebe, denen - nur - ein Anzeigeteil für bewegte Bilder (moving picture displaying part) 366 gegenübergestellt wird. Selbst wenn die in den Bereichen 367a und 367b angezeigten Standbilder gelegentlich dadurch ausge-
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tauscht werden, dass der Nutzer ein anderes Einzelbild aus dem in Bereich 366
angezeigten Bildstrom auswählt, liegt darin nicht die Anzeige eines TeilsatzBildstroms im oben erläuterten Sinne. Damit kann nicht angenommen werden,
dass D1 eine Anregung zu der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten
Lehre gibt.
(3) Eine solche Anregung erhält der Fachmann auch nicht aus der US40
Patentschrift 6 198 483 (D7).
Während die Navigation durch einen am Bildschirm angezeigten
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Datenbestand - so D7 - herkömmlich mit baumähnlichen Strukturen erfolge,
durch die sich der Nutzer durch Scrollen, Blättern oder dergleichen bewege,
wird in dem Dokument vorgeschlagen, dem Nutzer den Inhalt der Datenbank
durch die bewegte Wiedergabe von Informationen zu vermitteln. Es sei erkannt
worden, dass mehrere Kategorien von Informationen, die gleichzeitig angezeigt
werden, vom Nutzer gut erfasst werden können, wenn die Information in
Bewegung versetzt wird. Die gleichzeitige Wahrnehmung von zwei oder mehr
Sätzen von Informationen erhöhe die Geschwindigkeit, mit der sich der Nutzer
ihren Inhalt aneignen könne (Sp. 2, Z. 7 bis 9). D7 stellt zwei Grund-Modi vor:
Bi- und Quad-Mode. Beim Bi-Mode für Anfänger werden zwei Quadranten
perspektivisch
für
den
Betrachter
dargestellt.
Der
Richtungsfluss
der
Informationen kann entsprechend der nachfolgend eingefügten Figur 4 von D7
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in vier Hauptkonfigurationen eingestellt werden. In Konfiguration 1 strömen die
Inhalte im linken Quadranten von links nach rechts und in dem rechten von
rechts nach links; in Konfiguration 2 strömen die Bildinhalte jeweils von der
Mitte aus nach links bzw. rechts außen; in den Konfigurationen 3 und 4 strömen
die linken und rechten Bildinhalte entweder von oben nach unten und von unten
nach oben oder umgekehrt (Figur 4 i. V. mit Spalte 6 Zeile 30 ff.). Dies führt
dazu, dass der Benutzer zwei Anzeigen oder zwei Eingabekanäle erkennt. Als
"falsche" Konfigurationen bezeichnet die Entgegenhaltung es, wenn die
Strömungsrichtungen jeweils richtungsgleich sind, also der linke und rechte
Quadrant nach oben oder unten, von links nach rechts oder von rechts nach
links strömen (Figur 6 i. V. mit Spalte 6 Zeile 49 ff.).
Darin und in den sonstigen Ausführungsbeispielen eine Anregung für die
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Vorschläge
des
Streitpatents
zu
sehen,
wäre
das
Ergebnis
einer
rückschauenden Betrachtung in Kenntnis des Streitpatents. Denn es ist nicht
ersichtlich, dass es sich bei den gleichzeitig angezeigten Bildströmen jeweils
um Teilsatz-Bildströme handelt, die einen getrennten Teilsatz von Bildern aus
einem ursprünglichen Bildstrom beinhalten. Auch wenn eine Datenbank eine
Vielzahl einzelner Bilder oder Bildfolgen umfasst, kann darin kein ursprünglicher
Bildstrom im Sinne des Streitpatents gesehen werden, der in TeilsatzBildströme aufgeteilt würde, weil die einzelnen Bilder hier nicht in einer
bestimmten Reihenfolge geordnet sind, so dass insbesondere auch bei einer
rasch aufeinanderfolgenden Wiedergabe der Bilder beim Betrachter nicht der
Eindruck eines Films entstünde. Das gilt auch, soweit D7 als eine
Anwendungsmöglichkeit schildert, Videoclips über chirurgische Verfahren mit
Bildern betreffend das jeweilige Fallszenario in verschiedenen Quadranten
laufen zu lassen. Ein Student könne auf diese Weise in wenigen Minuten
tausend Bilder visuell überfliegen. In diesem Anwendungsbeispiel hat D7 zwar
mit dem Streitpatent die Auswertung heilkundebezogener Bildinhalte gemein.
Das ändert aber nichts daran, dass es bei D7 um einen anderen visuellen
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Verwertungsansatz geht als beim Streitpatent, nämlich um die rasche (Grob-)
Sichtung großer Datenmassen. Auch wenn das wie die Lehre des Streitpatents
die menschliche visuelle Aufnahmefähigkeit tangiert, gibt D7 keine hinreichend
konkrete Anregung dafür, die technische Lehre des Streitpatents aufzufinden,
einheitliches Bildmaterial in Gestalt eines ursprünglichen Bildstroms im
Interesse gesteigerten visueller Auswertbarkeit im Detail in mehrere TeilsatzBildströme zu teilen und gleichzeitig anzuzeigen.
Auf die übrigen erstinstanzlich in das Verfahren eingeführten Entgegen43
haltungen ist die Klägerin nicht mehr zurückgekommen, nachdem der Senat in
seinen einführenden Ausführungen zum Ausdruck gebracht hat, dass er die
eingehende Erörterung von D7 in der Berufungserwiderung so versteht, dass
darin der dem Streitpatent zumindest nächstkommende Stand der Technik gesehen wird.
3. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die
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Auffassung des Patentgerichts, der Gegenstand von Patentanspruch 7 sei nicht
patentfähig, nicht zutrifft.
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IV. Danach hat das angefochtene Urteil keinen Bestand. Der Senat hat
in der Sache zu entscheiden, weil diese entscheidungsreif ist (§ 119 Abs. 5
Satz 2 PatG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91
Abs. 1 ZPO.
Gröning
Bacher
Deichfuß
Hoffmann
Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.01.2013 - 5 Ni 7/11 (EP) -