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<title>Ehefrau der Kindesmutter wird nicht aufgrund der Ehe zum rechtlichen Mit-Elternteil des Kindes </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 172 vom 30.10.18">
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<meta name="LfdNr" content="172">
<meta name="Jahr" content="2018">
<meta name="Senat" content="XII. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="XII ZB 231/18">
<meta name="Datum" content="30.10.18">
<meta name="" content="10.10.18">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 172/2018 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Ehefrau der Kindesmutter wird nicht aufgrund der Ehe </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>zum rechtlichen Mit-Elternteil des Kindes </b></font></div></p>
<p align="justify"><b>Beschluss vom 10.&nbsp;Oktober 2018 - XII ZB 231/18 </b></p>
<p align="justify">Der unter anderem f&uuml;r das Familienrecht zust&auml;ndige XII.&nbsp;Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Ehefrau der das Kind geb&auml;renden Mutter (allein) aufgrund der bestehenden Ehe als weiterer Elternteil des Kindes in das Geburtenregister einzutragen ist. Er hat dies verneint, weil die bei verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren geltende Abstammungsregelung des &sect;&nbsp;1592 Nr.&nbsp;1 BGB* bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren nicht gilt. </p>
<p align="justify"><b>Sachverhalt und Prozessverlauf: </b></p>
<p align="justify">Die Kindesmutter und die Antragstellerin lebten seit Mai 2014 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Nach Einf&uuml;hrung der &quot;Ehe f&uuml;r alle&quot; schlossen sie am 12.&nbsp;Oktober 2017 durch Umwandlung dieser Lebenspartnerschaft die Ehe. Am 3.&nbsp;November 2017 wurde das Kind geboren, das aufgrund gemeinsamen Entschlusses der beiden Frauen durch medizinisch assistierte k&uuml;nstliche Befruchtung mit Spendersamen einer Samenbank gezeugt worden war. Im Geburtenregister wurde die Mutter eingetragen, nicht aber ihre Ehefrau als weiterer Elternteil. Diese beantragte daraufhin erfolglos beim Standesamt, den Geburtseintrag dahingehend zu berichtigen, dass sie als weitere Mutter aufgef&uuml;hrt werde. </p>
<p align="justify">Dem Antrag der Ehefrau folgend hat das Amtsgericht den Standesbeamten angewiesen, sie &quot;als weiteres Elternteil bzw. als weitere Mutter&quot; einzutragen. Auf die hiergegen vom Standesamt und der Standesamtsaufsicht eingelegten Beschwerden hat das Oberlandesgericht den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Antrag der Ehefrau zur&uuml;ckgewiesen. </p>
<p align="justify"><b>Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: </b></p>
<p align="justify">Die dagegen von der Standesamtsaufsicht eingelegte Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Das Geburtenregister ist nicht unrichtig, weil die Ehefrau der Kindesmutter nicht mit der Geburt rechtlicher Elternteil des Kindes geworden ist. Die allein in Betracht zu ziehende Elternstellung gem&auml;&szlig; oder entsprechend &sect;&nbsp;1592 Nr.&nbsp;1 BGB scheidet aus, weil diese Vorschrift weder unmittelbar noch analog auf die Ehe zweier Frauen anwendbar ist. Mit dem am 1.&nbsp;Oktober 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Einf&uuml;hrung des Rechts auf Eheschlie&szlig;ung f&uuml;r Personen gleichen Geschlechts vom 20.&nbsp;Juli 2017 (&quot;Ehe f&uuml;r alle&quot;) hat der Gesetzgeber zwar die gleichgeschlechtliche Ehe eingef&uuml;hrt, jedoch das Abstammungsrecht (noch) nicht ge&auml;ndert. Die direkte Anwendung des &sect;&nbsp;1592 Nr.&nbsp;1 BGB kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Norm nach ihrem klaren Wortlaut allein die Vaterschaft regelt und diese aufgrund einer widerlegbaren Vermutung einem bestimmten Mann zuweist. Die Abstammungsregeln der &sect;&sect;&nbsp;1591&nbsp;ff. BGB haben nach wie vor die Eltern-Kind-Zuordnung zu einer Mutter und einem Vater zum Gegenstand. Das Gesetz nimmt ausgehend davon, dass ein Kind einen m&auml;nnlichen und einen weiblichen Elternteil hat, eine Zuordnung des Kindes zu zwei Elternteilen unterschiedlichen Geschlechts vor. </p>
<p align="justify">Die Vorschrift ist auch nicht entsprechend anwendbar, weil die Voraussetzungen f&uuml;r eine Analogie nicht vorliegen. Das Gesetz weist schon keine planwidrige Regelungsl&uuml;cke zu der Frage einer Mit-Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren auf. Zwar ist richtig, dass der Gesetzgeber mit der &quot;Ehe f&uuml;r alle&quot; bestehende Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identit&auml;t beenden und hierzu rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, beseitigen wollte. Er hat aber bislang von einer Reform des Abstammungsrechts bewusst Abstand genommen, wie der Umstand belegt, dass das Bundesministerium der Justiz und f&uuml;r Verbraucherschutz einen Arbeitskreis eingesetzt hat, der eine umfassende Reform des Abstammungsrechts vorbereiten sollte und sich dabei auch intensiv mit der Frage gleichgeschlechtlicher Elternschaft befasst hat. Dieser hat seinen Abschlussbericht am 4.&nbsp;Juli 2017 und damit wenige Tage vor Erlass des Gesetzes zur &quot;Ehe f&uuml;r alle&quot; vorgelegt, sodass der Bericht nicht mehr in das Gesetz zur Neuregelung der Ehe vom 20. Juli 2017 einflie&szlig;en konnte. Daneben fehlt es auch an der f&uuml;r eine entsprechende Anwendung erforderlichen Vergleichbarkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frauen mit der von &sect;&nbsp;1592 Nr.&nbsp;1 BGB geregelten Elternschaft des mit der Kindesmutter verheirateten Mannes. Denn die Vaterschaft kraft Ehe beruht darauf, dass diese rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung auch die tats&auml;chliche Abstammung regelm&auml;&szlig;ig abbildet. Die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende widerlegbare Vermutung der Vaterschaft ist f&uuml;r die mit der Kindesmutter verheiratete Frau dagegen keinesfalls begr&uuml;ndet. </p>
<p align="justify">Die bestehende Rechtslage verst&ouml;&szlig;t auch nicht gegen das Grundgesetz oder die Europ&auml;ische Menschenrechtskonvention. Insbesondere stellt es keine Ungleichbehandlung im Sinne von Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 GG dar, dass die Ehefrau der Kindesmutter anders als ein Ehemann nicht allein aufgrund der bei Geburt bestehenden Ehe von Gesetzes wegen rechtlicher Elternteil des Kindes ist. Vielmehr ist die Situation insoweit verschieden, als die Ehefrau rein biologisch nicht leiblicher Elternteil des Kindes sein kann. Dieser Unterschied rechtfertigt die im Rahmen des Abstammungsrechts nach wie vor bestehende abweichende Behandlung gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehepaare und deren Kinder. Die Ehefrau einer Kindesmutter bleibt daher jedenfalls bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auf eine Adoption nach &sect; 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB verwiesen, um in die rechtliche Elternstellung zu gelangen. </p>
<p align="justify"><b>Vorinstanzen: </b></p>
<p align="justify">AG Chemnitz - Urteil vom 26.&nbsp;Februar 2018 - 8&nbsp;UR&nbsp;III&nbsp;38/17 </p>
<p align="justify">OLG Dresden - Beschluss vom 29.&nbsp;April 2018 - 3&nbsp;W&nbsp;292/18 </p>
<p align="justify"><b>Die ma&szlig;geblichen Vorschriften lauten: </b></p>
<p align="justify"><b>&sect;&nbsp;1592 BGB Vaterschaft </b></p>
<p align="justify">Vater eines Kindes ist der Mann, </p>
<p align="justify">1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, </p>
<p align="justify">2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder </p>
<p align="justify">3. dessen Vaterschaft nach &sect; 1600d oder &sect; 182 Abs. 1 des Gesetzes &uuml;ber das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist. </p>
<p align="justify"><b>&sect; 1741 Zul&auml;ssigkeit der Annahme </b></p>
<p align="justify">(1) Die Annahme als Kind ist zul&auml;ssig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verh&auml;ltnis entsteht. Wer an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt oder einen Dritten hiermit beauftragt oder hierf&uuml;r belohnt hat, soll ein Kind nur dann annehmen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. </p>
<p align="justify">(2) Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind nur allein annehmen. Ein Ehepaar kann ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen. Ein Ehegatte kann ein Kind seines Ehegatten allein annehmen. Er kann ein Kind auch dann allein annehmen, wenn der andere Ehegatte das Kind nicht annehmen kann, weil er gesch&auml;ftsunf&auml;hig ist oder das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 30. Oktober 2018 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
</body>
</html>