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<title>Verurteilung wegen Untreue im Fall Siemens best&auml;tigt</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 160 vom 29.08.08">
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<meta name="Jahr" content="2008">
<meta name="Senat" content="2. Strafsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="2 StR 587/07">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 160/2008 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Verurteilung wegen Untreue im Fall Siemens best&auml;tigt </b></font></div></p>
<p align="justify">1. Das Landgericht Darmstadt hat den Angeklagten K. wegen Bestechung im gesch&auml;ftlichen Verkehr in zwei F&auml;llen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Untreue, und wegen eines weiteren Falles der Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten V. wegen zweier F&auml;lle der Beihilfe zur Bestechung im gesch&auml;ftlichen Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt; die Vollstreckung beider Freiheitsstrafen hat es zur Bew&auml;hrung ausgesetzt. Zugleich hat das Landgericht gegen die Siemens AG den Verfall von Wertersatz in H&ouml;he von 38 Mio. € angeordnet. </p>
<p align="justify">Die beiden Angeklagten waren im Tatzeitraum als kaufm&auml;nnischer Leiter bzw. als externer Berater f&uuml;r eine im Kraftwerksbau t&auml;tige Unternehmenssparte der Siemens AG besch&auml;ftigt. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestachen sie im Jahr 2000 zwei leitende Angestellte des italienischen Energiekonzerns Enel mit Zahlungen in Millionenh&ouml;he, um die Vergabe zweier Auftr&auml;ge mit einem Volumen von 132,5 Mio. € und 205,6 Mio. € an Siemens zu erreichen. Zur Durchf&uuml;hrung und Verschleierung der Zahlungen bedienten sie sich dabei in einem Fall eines liechtensteinischen Kontengeflechts auf die Namen verschiedener &quot;Briefkasten&quot;-Firmen, das in dem Gesch&auml;ftsbereich der Kraftwerkssparte als etabliertes System zur Bestreitung von &quot;n&uuml;tzlichen Aufwendungen&quot; zur Erlangung von Auftr&auml;gen eingerichtet war. Im anderen Fall verwendete der Angeklagte K. eine schwarze Kasse der fr&uuml;heren, Jahre zuvor von Siemens &uuml;bernommenen KWU AG, deren Existenz au&szlig;er den beiden Angeklagten selbst niemandem im Unternehmen mehr bekannt war. </p>
<p align="justify">Die Siemens AG erwirtschaftete aus den beiden Auftr&auml;gen insgesamt einen Gewinn in H&ouml;he von 103,8 Mio. € vor Steuern. Auf der Grundlage dieses Betrages hat das Landgericht, unter Abzug von Aufwendungen, die die Siemens AG im Zuge einer vergleichsweisen Einigung mit dem Enel-Konzern zum Ausgleich des bei diesem entstandenen Schadens get&auml;tigt hatte, den Verfallsbetrag bemessen. </p>
<p align="justify">Gegen dieses Urteil haben sich beide Angeklagten, die Staatsanwaltschaft und die Nebenbeteiligte Siemens AG mit ihren Revisionen gewendet. Die Angeklagten erstrebten aus Rechtsgr&uuml;nden ihren Freispruch, die Staatsanwaltschaft eine zus&auml;tzliche Verurteilung wegen &quot;internationaler&quot; Amtstr&auml;gerbestechung und die Verh&auml;ngung h&ouml;herer Strafen, die Nebenbeteiligte die Aufhebung des Verfalls. </p>
<p align="justify">2. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Untreue zum Nachteil der Siemens AG in zwei F&auml;llen best&auml;tigt. Indem der Angeklagte Gelder der Siemens AG dieser vorenthielt und in verdeckten Kassen f&uuml;hrte, entzog er das Verm&ouml;gen seiner Arbeitgeberin. Er handelte dabei gegen ausdr&uuml;ckliche Compliance-Vorschriften des Unternehmens und unter Versto&szlig; gegen seine arbeitsrechtlichen Pflichten. Auf die Absicht, die Mittel zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt nach eigenem Gutd&uuml;nken wieder zu Gunsten des Unternehmens zu verwenden, kam es f&uuml;r die Frage einer tatbestandsm&auml;&szlig;igen Pflichtverletzung nicht an. </p>
<p align="justify">Bereits durch die pflichtwidrige Vorenthaltung der Geldmittel und ihre Verwaltung in einem verdeckten Kontensystem unter Versto&szlig; gegen Buchf&uuml;hrungs- und Bilanzierungsrecht f&uuml;gte der Angeklagte seiner Arbeitgeberin einen Verm&ouml;gensnachteil zu. Die Tat war bereits mit dem Verschweigen der Existenz der schwarzen Kasse vollendet. Auf den Gewinn, den die Siemens AG aus dem sp&auml;teren Einsatz der Mittel als Schmiergelder erwirtschaftete, kam es daher f&uuml;r den Schuldspruch wegen Untreue nicht mehr an. </p>
<p align="justify">Die Verurteilungen beider Angeklagter wegen Bestechung im gesch&auml;ftlichen Verkehr gem&auml;&szlig; &sect; 299 Abs. 2 StGB hat der Bundesgerichtshof aufgehoben. Bestechungshandlungen im ausl&auml;ndischen Wettbewerb sind erst seit einer &Auml;nderung des &sect; 299 StGB im Jahr 2002 unter Strafe gestellt. Zur Tatzeit erfasste die Vorschrift nur Bestechungen zum Nachteil deutscher Mitbewerber. Auf die Ausschreibungen in Italien hatte sich jedoch kein anderes deutsches Unternehmen beworben. </p>
<p align="justify">Best&auml;tigt hat der Bundesgerichtshof die Auffassung des Landgerichts, die Angeklagten h&auml;tten sich nicht wegen (Amtstr&auml;ger-)Bestechung gem&auml;&szlig; &sect; 334 StGB strafbar gemacht. Zwar ist gem&auml;&szlig; &sect; 334 StGB in Verbindung mit einer Verweisung im Internationalen Bestechungsgesetz seit dem Jahr 1998 auch die Bestechung ausl&auml;ndischer Amtstr&auml;ger strafbar. Durch dieses Gesetz wurde das OECD-&Uuml;bereinkommen &uuml;ber die Bestechung ausl&auml;ndischer Amtstr&auml;ger im internationalen Gesch&auml;ftsverkehr aus dem Jahr 1997 in deutsches Recht umgesetzt. Seine Vorschriften verweisen nicht auf den Amtstr&auml;gerbegriff des nationalen Rechts eines der auf Geber- und Nehmerseite beteiligten Staaten. Sie sind vielmehr nach den Regelungen des OECD-&Uuml;bereinkommens und den dazu von der OECD verabschiedeten Erl&auml;uterungen auszulegen. Nach diesen Erl&auml;uterungen handelte es sich bei den in Italien bestochenen Angestellten des Enel-Konzerns weder um Amtstr&auml;ger, noch nahmen sie sonst &ouml;ffentliche Aufgaben wahr. </p>
<p align="justify">Die Verfallsanordnung gegen die Siemens AG konnte danach aus Rechtsgr&uuml;nden keinen Bestand haben, weil es an einer erforderlichen Ankn&uuml;pfungstat, hier den Bestechungsdelikten, fehlt. </p>
<p align="justify">3. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Darmstadt zur&uuml;ckverwiesen. Diese wird auf die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft die Strafe des Angeklagten K. neu festzusetzen haben. Sie wird au&szlig;erdem zu pr&uuml;fen haben, ob der Angeklagte V. sich ebenfalls der Untreue oder der Beihilfe zur Untreue des Angeklagten K. zum Nachteil der Siemens AG schuldig gemacht hat. </p>
<p align="justify">Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07 </p>
<p align="justify">Landgericht Darmstadt – Urteil vom 14. Mai 2007 – 712 Js 5213/04 - 9 KLs – </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 29. August 2008 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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