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<title>Bundesgerichtshof zur Bestellung eines Sonderpr&uuml;fers bei der IKB </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 047 vom 01.03.10">
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<meta name="LfdNr" content="047">
<meta name="Jahr" content="2010">
<meta name="Senat" content="II. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="II ZB 1/10">
<meta name="Datum" content="01.03.10">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 47/2010 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Bundesgerichtshof zur Bestellung eines </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b> Sonderpr&uuml;fers bei der IKB </b></font></div></p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hat heute einen Eilantrag der IKB Deutsche Industriebank AG (IKB) als unzul&auml;ssig verworfen, mit dem die IKB das T&auml;tigwerden eines vom Landgericht D&uuml;sseldorf im Verfahren nach &sect; 142 AktG bestellten Sonderpr&uuml;fers einstweilen verhindern wollte. </p>
<p align="justify">Nach &sect; 142 Abs. 1 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft Sonderpr&uuml;fer bestellen, die die tats&auml;chlichen Grundlagen f&uuml;r Ersatzanspr&uuml;che im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats aufkl&auml;ren. Lehnt die Hauptversammlung einen Antrag von Aktion&auml;ren auf Bestellung von Sonderpr&uuml;fern ab, kann nach &sect; 142 Abs. 2 AktG* das Landgericht am Sitz der Gesellschaft auf Antrag von Aktion&auml;ren mit einem bestimmten Mindestanteil am Grundkapital anstelle der Hauptversammlung Sonderpr&uuml;fer bestellen. Gleiches gilt, wenn die Hauptversammlung einen eigenen Beschluss &uuml;ber die Bestellung von Sonderpr&uuml;fern nachtr&auml;glich aufhebt. Das Gericht entscheidet in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in dem von der Zivilprozessordnung abweichende Grunds&auml;tze gelten. </p>
<p align="justify">Der Vorstand der IKB, einer Bank, deren wesentliche Aufgabe es war, den Mittelstand mit Krediten zu versorgen, entschied im Gesch&auml;ftsjahr 2001/2002, in Geldmarktpapiere zu investieren, die mit US-amerikanischen Konsumentenkrediten besichert waren. Au&szlig;erdem r&auml;umte die IKB so genannten Zweckgesellschaften, die Forderungen aus solchen Krediten aufkauften und als Sicherheiten f&uuml;r die eigene Refinanzierung am Kapitalmarkt einsetzten, Liquidit&auml;tslinien ein. Dieses Gesch&auml;ftsmodell f&uuml;hrte die IKB im Juli 2007 in eine schwere Krise, weil sich der Markt f&uuml;r mit US-amerikanischen Konsumentenkrediten besicherte Geldmarktpapiere verschlechterte, die IKB aus den Liquidit&auml;tslinien in erheblichem Ma&szlig; in Anspruch genommen wurde und sich &uuml;ber den Interbankenmarkt nicht mehr refinanzieren konnte. </p>
<p align="justify">Die Hauptversammlung der IKB beschloss im M&auml;rz 2008 mit den Stimmen ihrer damaligen Hauptaktion&auml;rin, der Kreditanstalt f&uuml;r Wiederaufbau (KfW), einen Sonderpr&uuml;fer zu bestellen, um m&ouml;gliche Pflichtverletzungen des Vorstands und Aufsichtsrats im Vorfeld der Krise vom Juli 2007 aufzukl&auml;ren. Nach Ver&auml;u&szlig;erung der Aktien der KfW an eine US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft hob eine au&szlig;erordentliche Hauptversammlung der IKB am 25. M&auml;rz 2009 auf Initiative der neuen Hauptaktion&auml;rin den Beschluss &uuml;ber die Sonderpr&uuml;fung auf und widerrief die Bestellung des Sonderpr&uuml;fers. Gegen diese Entscheidung wehren sich Minderheitsaktion&auml;re mit einer bei dem Landgericht D&uuml;sseldorf anh&auml;ngig gemachten Klage. </p>
<p align="justify">Unabh&auml;ngig davon haben die Antragsteller des Ausgangsverfahrens, Aktion&auml;re der IKB, im Juni 2009 bei dem Landgericht D&uuml;sseldorf die gerichtliche Bestellung eines Sonderpr&uuml;fers beantragt, um die Pr&uuml;fung m&ouml;glicher Pflichtverletzungen zu einem Abschluss zu bringen. Das Landgericht hat dem Antrag im August 2009 entsprochen. Das Oberlandesgericht D&uuml;sseldorf hat die landgerichtliche Entscheidung durch Beschluss vom 9. Dezember 2009 best&auml;tigt; eine Aussage &uuml;ber die Zulassung der Rechtsbeschwerde enth&auml;lt der Beschluss nicht. Dagegen hat die IKB Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt und formularm&auml;&szlig;ig um Verl&auml;ngerung der Begr&uuml;ndungsfrist gebeten. Sp&auml;ter haben ihre Verfahrensbevollm&auml;chtigten mit R&uuml;cksicht darauf, dass ihnen die umfangreichen Gerichtsakten f&uuml;r die zu erstellende Rechtsbeschwerdebegr&uuml;ndung noch nicht zug&auml;nglich gemacht werden konnten, beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung den Beschluss des Landgerichts &uuml;ber die Bestellung des Sonderpr&uuml;fers so lange au&szlig;er Vollzug zu setzen, bis die Rechtsbeschwerdebegr&uuml;ndung vorgelegt worden ist. </p>
<p align="justify">Der f&uuml;r das Gesellschaftsrecht zust&auml;ndige II. Zivilsenat hat diesen Antrag verworfen, weil der Antrag der IKB unzul&auml;ssig ist. Wie schon im Instanzenzug so findet auch auf das von der IKB nunmehr eingeleitete Rechtsmittelverfahren das zum 1. September 2009 durch das Gesetz &uuml;ber das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ersetzte Gesetz &uuml;ber die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) Anwendung. Nach diesem Gesetz ist gegen eine Endentscheidung des Oberlandesgerichts ein Rechtsmittelverfahren nicht er&ouml;ffnet. Nach dem neuen Recht ist dies anders - nach &sect; 70 FamFG ist unter den dort n&auml;her genannten Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde gegen Endentscheidungen des Oberlandesgerichts statthaft. Die in Artikel 111 Abs. 1 des FGG-Reformgesetzes (FGG-RG)** vorgesehene &Uuml;bergangsvorschrift bestimmt jedoch, dass Gerichtsverfahren instanz&uuml;bergreifend nach altem Verfahrens- und Rechtsmittelrecht zu Ende gef&uuml;hrt werden, wenn der Antrag in erster Instanz vor dem 1. September 2009 gestellt worden ist. Aus der engen Definition des &quot;gerichtlichen Verfahrens&quot; in Artikel 111 Abs. 2 FGG-RG ergibt sich nichts anderes, weil diese Bestimmung nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine Klarstellung f&uuml;r so genannte Bestandsverfahren (Vormundschaft, Betreuung oder Beistandschaft) enth&auml;lt. Die Zul&auml;ssigkeit einer (sofortigen weiteren) Beschwerde zum Bundesgerichtshof l&auml;sst sich dem Aktiengesetz nicht entnehmen. Da mithin schon das Rechtsbeschwerdeverfahren unstatthaft ist, ist f&uuml;r den - allenfalls in dessen Rahmen denkbaren - Eilantrag kein Raum. </p>
<p align="justify">Beschluss vom 01.03.2010 – II ZB 1/10 </p>
<p align="justify">LG D&uuml;sseldorf – 31 O 38/09 [AktE] – Beschluss vom 14. August 2009 </p>
<p align="justify">OLG D&uuml;sseldorf – I-6 W 45/09 – Beschl&uuml;sse vom 9. Dezember 2009 und 4. Februar 2010 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 1. M&auml;rz 2010 </p>
<p align="justify"><i>*&sect; 142 AktG (Auszug): </i></p>
<p align="justify"><i>(1) Zur Pr&uuml;fung von Vorg&auml;ngen bei der Gr&uuml;ndung oder der Gesch&auml;ftsf&uuml;hrung, namentlich auch bei Ma&szlig;nahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung, kann die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit Pr&uuml;fer (Sonderpr&uuml;fer) bestellen. Bei der Beschlussfassung kann ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats weder f&uuml;r sich noch f&uuml;r einen anderen mitstimmen, wenn die Pr&uuml;fung sich auf Vorg&auml;nge erstrecken soll, die mit der Entlastung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder der Einleitung eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft und einem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats zusammenh&auml;ngen. F&uuml;r ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats, das nach Satz 2 nicht mitstimmen kann, kann das Stimmrecht auch nicht durch einen anderen ausge&uuml;bt werden. </i></p>
<p align="justify"><i>(2) Lehnt die Hauptversammlung einen Antrag auf Bestellung von Sonderpr&uuml;fern zur Pr&uuml;fung eines Vorgangs bei der Gr&uuml;ndung oder eines nicht &uuml;ber f&uuml;nf Jahre zur&uuml;ckliegenden Vorgangs bei der Gesch&auml;ftsf&uuml;hrung ab, so hat das Gericht auf Antrag von Aktion&auml;ren, deren Anteile bei Antragstellung zusammen den hundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 Euro erreichen, Sonderpr&uuml;fer zu bestellen, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind. Die Antragsteller haben nachzuweisen, dass sie seit mindestens drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung Inhaber der Aktien sind und dass sie die Aktien bis zur Entscheidung &uuml;ber den Antrag halten. F&uuml;r eine Vereinbarung zur Vermeidung einer solchen Sonderpr&uuml;fung gilt &sect; 149 entsprechend. </i></p>
<p align="justify"><i>[…] </i></p>
<p align="justify"><i>**Artikel 111 FGG-RG (Auszug): </i></p>
<p align="justify"><i>(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Ab&auml;nderungs-, Verl&auml;ngerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Ab&auml;nderungs-, Verl&auml;ngerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde. </i></p>
<p align="justify"><i>(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbst&auml;ndiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1. </i></p>
<p align="justify"><i>[…] </i></p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
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