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Bundesgerichtshof
Ermittlungsrichter
4 BGs 156/17
3 BJs 30/16-4
BESCHLUSS
vom
14. November 2017
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
Der Antrag des Beschuldigten R.
vom 7. November 2017 auf ge-
richtliche Entscheidung gemäß § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO wird
zurückgewiesen.
Gründe:
I.
1
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof führt ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten A.
R.
wegen des Verdachts der
Begehung von Kriegsverbrechen gemäß § 8 Abs. 1 VStGB sowie des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
gemäß §§ 129a, 129b StGB.
ECLI:DE:BGH:2017:141117B4BGS156.17.0
-2-
2
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts, der diesen stützenden
Beweismittel, der rechtlichen Würdigung und der Zuständigkeit des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof für die Strafverfolgung wird auf den
Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. September
2017
3
Bezug genommen.
Der Beschuldigte befindet sich seit
des Amtsgerichts B.
aufgrund Haftbefehls
vom selben Tag
tersuchungshaft in der Jugendstrafanstalt B.
in Un-
. Für die Vollstreckung des vor-
genannten Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs ist
Überhaft vorgemerkt. Mit Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 18. September 2017
wurden Anordnungen
gemäß § 119 Abs. 1 StPO und § 148 Abs. 2 StPO getroffen, die auch für den
Vollzug der Untersuchungshaft in dem Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft
B.
Geltung haben. Wegen der Einzelheiten der Regelungen wird auf den
vorgenannten Beschluss vom 18. September 2017 Bezug genommen.
4
Mit Schriftsatz vom 7. September 2017 hat der Verteidiger des Beschuldigten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO
gestellt, nachdem der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom
18. Oktober 2017 StB 24/17 die Beschwerde des Beschuldigten gegen den
Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 18. September
2017
als unzulässig verworfen hatte. Zur Begründung des
Antrages wurde auf die Beschwerdebegründungen vom 21. September 2017
und 12. Oktober 2017 Bezug genommen.
5
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat hierzu unter dem
10. November 2017 Stellung genommen und beantragt die Regelungen zur
Ausgestaltung der Untersuchungshaft nicht abzuändern.
-3-
II.
6
Zugunsten des Beschuldigten ist davon auszugehen, dass sich der Antrag auf sämtliche Anordnungen aus dem Beschluss vom 18. September 2017
bezieht, wenngleich sich die Verteidigung in den Beschwerdebegründungen
vorwiegend mit den Anordnungen nach § 148 Abs. 2 StPO auseinandersetzt.
7
1. Der Antrag ist vollumfänglich zulässig.
8
Dem Beschuldigten steht in analoger Anwendung des § 119 Abs. 5
Satz 1 StPO ein Antragsrecht auch hinsichtlich der nach § 148 Abs. 2 StPO
getroffenen Anordnungen zu.
9
Zwar umfasst § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO nach seinem Wortlaut lediglich
Entscheidungen und Maßnahmen nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO.
10
Sinn des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO ist es jedoch, dem Beschuldigten im
Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG umfassenden
Rechtsschutz gegen gerichtliche Anordnungen zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft zu gewähren. Die Norm räumt dem Beschuldigten daher das Recht
ein, in den Fällen gerichtliche Entscheidung zur Überprüfung der haftbeschränkenden Anordnungen nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO zu beantragen, in denen
der Beschwerdeweg nach § 304 StPO nicht eröffnet ist (vgl. MünchKommStPO/Böhm/Werner, § 119 Rn. 76). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Januar 2012 StB
19/11, BGHR StPO § 304 Abs. 5 Verhaftung 5; vom 18. Oktober 2017 StB
24/17, zitiert nach juris, dort Rn. 4) für haftgrundbezogene Beschränkungen
nach § 119 Abs. 1 StPO der Fall, sofern diese vom Oberlandesgericht oder
Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs getroffen wurden. Denn der Begriff
der "Verhaftung" im Sinne des § 304 Abs. 5 StPO umfasst nur Entscheidungen
-4-
des Ermittlungsrichters, welche unmittelbar darüber befinden, ob der Beschuldigte in Haft zu nehmen oder zu halten ist. Durch Haftbeschränkungsanordnungen wird indes nur die Art und Weise des Vollzuges geregelt (vgl. BGH, aaO).
11
Der Beschuldigte soll durch die Rechtsschutzmöglichkeit des § 119
Abs. 5 Satz 1 StPO in diesen Fällen nicht auf eine von Amts wegen zu veranlassende Aufhebung der Beschränkung angewiesen sein, sondern diese selbst
initiieren können (MünchKomm-StPO/Böhm/Werner, § 119 Rn. 80).
12
Beschränkungen in der Kommunikation mit dem Verteidiger eines wegen
des dringenden Verdachts einer Tat nach §§ 129a, 129b StGB inhaftierten Beschuldigten werden wegen der Zuständigkeitsregelung des § 120 Abs. 1 Nr. 6
i.V.m. § 142 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 GVG i.V.m. § 169 Abs. 1 StPO ausschließlich durch das Oberlandesgericht oder den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordnet und unterliegen daher im Hinblick auf § 304 Abs. 5
StPO in keinem Fall dem Beschwerderecht nach § 304 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 StB 24/17 , zitiert nach juris, dort Rn. 4).
13
Da diese Maßnahmen wie dargelegt nicht dem direkten Anwendungsbereich des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO unterfallen, besteht eine Rechtsschutzlücke (vgl. MünchKomm-StPO/Thomas/Kämpfer, § 148 Rn. 30).
14
Anordnungen nach § 148 Abs. 2 StPO, mit denen das Recht des Beschuldigten auf freien Verkehr mit seinem Verteidiger beschränkt wird, greifen
indes zumindest mit gleicher, meist jedoch mit höherer Intensität als Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO in den Rechtskreis des Beschuldigten ein, sodass
eine vergleichbare prozessuale Interessenlage besteht. Dass der Gesetzgeber
den Beschuldigten in diesen Fällen bewusst rechtsschutzlos stellen wollte, ist
nicht ersichtlich.
-5-
15
Eine am Normzweck des § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO orientierte Rechtsanwendung gebietet daher eine analoge Anwendung des § 119 Abs. 5 Satz 1
StPO auf Anordnungen nach § 148 Abs. 2 StPO.
16
Der Antrag des Beschuldigten auf gerichtliche Entscheidung ist damit
vorliegend vollumfänglich zulässig.
17
2. Jedoch hat der Antrag in der Sache keinen Erfolg.
18
Wimmer
Richterin am Bundesgerichtshof