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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 146/00
Verkündet am:
17. Dezember 2003
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick und Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats
des Kammergerichts vom 27. März 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 25
des Landgerichts Berlin vom 23. Januar 1998 unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten teilweise geändert und neu gefaßt:
Die
Beklagte
wird
verurteilt,
an
den
Kläger
31.014,97
(60.660 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juni 1997 zu zahlen.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 37 %
und die Beklagte 63 %, von den Kosten des zweiten Rechtszuges
der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages vom 16. August 1996, mit dem sich die Beklagte verpflichtet hatte, ihm gegen ein einmaliges Entgelt von 3.000 DM zuzüglich
Mehrwertsteuer für die Dauer von zunächst drei Jahren ab 20. November 1996
eine Fläche zum Aufstellen einer Werbeanlage zur Verfügung zu stellen.
Der Kläger errichtete das erforderliche Gerüst und versah es mit Werbetafeln, baute diese aber vor Inbetriebnahme der Anlage auf Verlangen des Tiefbauamtes wieder ab, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die vertraglich
vereinbarte Fläche nicht zum Pachtgelände der Beklagten, sondern zum öffentlichen Straßenraum gehörte.
Das Landgericht gab seiner in Höhe von 96.273,86 DM erhobenen Klage
auf Ersatz entgangenen Gewinns sowie der Kosten für Auf- und Abbau der Anlage sowie der Akquisitionskosten für die mit Dritten bereits abgeschlossenen
Werbeverträge unter Abweisung im übrigen in Höhe eines Teilbetrages von
37.520 DM statt. Dagegen legten beide Parteien Berufung ein. Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil zugunsten der Beklagten ab und verurteilte diese zur Zahlung von nur 27.708,82 DM. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, die der Senat angenommen hat und mit der er seinen Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt noch 60.660 DM (einschließlich des ihm
vom Berufungsgericht zugesprochenen Betrages) weiterverfolgt.
-4-
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
1. Das Berufungsgericht sieht den Vertrag der Parteien als Rechtspacht
an und hält die Beklagte dem Grunde nach aus § 325 Abs. 1 BGB a.F. oder
aber aus §§ 581, 541 BGB a.F. für schadensersatzpflichtig. Insoweit läßt es
dahinstehen, ob es der Beklagten von Anfang an unmöglich war, dem Kläger
die vereinbarte Fläche zu überlassen, oder ob dieser daran bereits Besitz ergriffen hatte und ihm dieser Besitz durch das Tiefbauamt wieder entzogen wurde, was einen Rechtsmangel darstelle.
Dies wird weder von der Revision - als ihr günstig - noch von der Revisionserwiderung angegriffen und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Nach den - von den Parteien ebenfalls nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts hätte der Kläger aus den drei von ihm bereits
abgeschlossenen Werbeverträgen über die Laufzeit des Vertrages mit der Beklagten einen Nettoerlös von insgesamt 72.660 DM erzielt. Zugleich hätte er in
dieser Zeit insgesamt 9.000 DM Nettopacht an die Beklagte zahlen müssen und
für den Betrieb der Werbeanlage 3.000 DM Stromkosten (netto) aufwenden
müssen. Für die Akquisition der drei Werbeverträge waren ihm bereits Akquisitionskosten in Höhe von netto 15.200 DM entstanden. Sein Aufwand für den
Auf- und Abbau der Werbeanlage belief sich auf 20.413,86 DM.
Allerdings sieht das Berufungsgericht den zuletzt genannten Betrag, wie
die Revision zutreffend rügt, als Bruttobetrag an und errechnet daraus einen
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Nettobetrag ohne Mehrwertsteuer von 17.751,18 DM, obwohl zwischen den
Parteien unstreitig ist, daß es sich bei dem Betrag von 20.413,86 DM bereits
um den Nettobetrag ohne Mehrwertsteuer handelt, wie schon das Landgericht
zutreffend erkannt hatte.
II.
1. Zutreffend berechnet das Berufungsgericht den dem Kläger zu ersetzenden entgangenen Nettogewinn, indem es von dem zu erwartenden Erlös
aus den drei Werbeverträgen (72.660 DM) zunächst den Pachtzins von
9.000 DM und die Stromkosten von 3.000 DM in Abzug bringt, die der Kläger
infolge der Nichtdurchführung des Vertrages erspart hat, so daß sich als Zwischenergebnis ein Betrag von 60.660 DM ergibt.
2. Von diesem Betrag bringt das Berufungsgericht sodann auch die Akquisitionskosten von 15.200 DM sowie die Auf- und Abbaukosten mit dem vermeintlichen Nettobetrag von 17.751,18 DM in Abzug und gelangt so zu dem
von ihm zugesprochenen Betrag von 27.708,82 DM. Zur Begründung dieser
weiteren Abzugspositionen führt es aus, diese Kosten wären dem Kläger auch
bei Durchführung des Vertrages entstanden, und zwar einschließlich der Abbaukosten, da er nach Maßgabe des mit der Beklagten geschlossenen Pachtvertrages verpflichtet gewesen sei, die Werbeanlage nach Ablauf der Pachtzeit
auf seine Kosten zu entfernen. Der Kläger könne aber nur verlangen, so gestellt
zu werden, wie er stehen würde, wenn die Beklagte den Vertrag erfüllt hätte.
Neben dem entgangenen Gewinn könne er diese Kosten, die ohnehin angefal-
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len wären, deshalb nicht zusätzlich geltend machen, denn andernfalls würde er
besser gestellt, als er bei Vertragserfüllung gestanden hätte.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes in BGHZ 143, 41, 49 f. = NJW 2000, 506, 508. Soweit der Bundesgerichtshof dort ausführe, der Gläubiger könne den Ersatz tatsächlich entstandener Aufwendungen zusätzlich verlangen, betreffe dies den vorliegenden Fall
schon deshalb nicht, weil hier, anders als in dem dort entschiedenen Fall, keine
Rentabilitätsvermutung gelte, sondern der Kläger die Rentabilität seiner Aufwendungen konkret dargelegt habe; für eine derartige Vermutung sei deshalb
hier kein Raum.
3. Diese Auffassung greift die Revision mit Erfolg an.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Oktober 1999 aaO betrifft
- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch die vorliegende Fallgestaltung. Denn was für den Fall nur vermuteter Rentabilität gilt, muß erst
recht gelten, wenn die Rentabilität feststeht, weil unstreitig ist, daß der Kläger
auch unter Berücksichtigung aller Kosten, die bei Durchführung des Vertrages
angefallen wären, im Ergebnis einen Gewinn erzielt hätte.
Zwar sind bei der Berechnung des entgangenen Gewinns sämtliche zu
seiner Erzielung erforderlichen Aufwendungen unabhängig davon in Rechnung
zu stellen, ob sie tatsächlich angefallen oder nur hypothetische Natur sind
(BGHZ aaO S. 49 unten). Sind sie indes tatsächlich entstanden, kann der Gläubiger sie zusätzlich - als weitere Schadensposition - neben dem entgangenen
Gewinn verlangen. Andernfalls ginge die Differenzrechnung des § 249 Satz 1
BGB a.F. nicht auf (vgl. BGHZ aaO S. 50 oben), und zwar auch nicht im vorliegenden Fall, wie die nachstehende Vergleichsrechnung zeigt:
-7-
Bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vertrages hätte der Kläger
zwar sämtliche vom Berufungsgericht in Abzug gebrachten Kosten aufwenden
müssen, nämlich neben 9.000 DM (Pachtzins) und 3.000 DM (Stromkosten)
weitere 15.200 DM (Akquisitionskosten) + 20.413,86 DM (Auf- und Abbau; statt
wie
vom
Berufungsgericht
angenommen
17.751,18 DM)
=
insgesamt
35.613,86 DM netto. Mit dem zu erwartenden Nettoerlös von 72.660 DM hätte
er jedoch nicht nur diese Kosten amortisieren können, sondern im Endergebnis
einen Gewinn von 25.046,14 DM erzielt.
Infolge der Nichtdurchführung des Vertrages ist ihm hingegen nicht nur
dieser Gewinn entgangen. Er hat vielmehr 35.613,86 DM aufgewandt und somit
im Ergebnis statt eines Gewinns von 25.046,14 DM einen Verlust von
35.613,86 DM erlitten. Er steht sich damit um (25.046,14 DM + 35.613,86 DM
=) 60.660 DM schlechter, als er bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vertrages gestanden hätte. Diese Differenz hat die Beklagte ihm zu ersetzen.
Die vorstehende Berechnung zeigt zugleich, daß sich die irrtümliche Annahme
des
Berufungsgerichts,
bei
den
Auf-
und
Abbaukosten
von
20.413,86 DM handele es sich um den Bruttobetrag einschließlich Mehrwertsteuer, bei im übrigen zutreffender Schadensberechnung auf das Ergebnis
nicht ausgewirkt hätte. Denn wenn diese Annahme richtig gewesen wäre und
deshalb bei der Berechnung des entgangenen Gewinns - mit dem Berufungsgericht - nur ein Nettobetrag von 17.751,18 DM abzuziehen gewesen wäre, hätte
der Kläger daneben auch nur diesen Betrag als tatsächlich erbrachten Aufwand
für den Auf- und Abbau ersetzt verlangen können. So aber mindert sich sein
entgangener Gewinn zwar um den höheren Betrag von 20.413,86 DM, was im
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Ergebnis dadurch ausgeglichen wird, daß ihm zusätzlich zum entgangenen
Gewinn dieser höhere Nettobetrag zu ersetzen ist.
Hahne
Sprick
Vézina
Fuchs
Dose