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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 124/08
Verkündet am:
2. Juni 2010
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360 a
Aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgt ihr
wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet wird die Erteilung von
Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen kann nicht verlangt werden.
BGH, Urteil vom 2. Juni 2010 - XII ZR 124/08 - OLG Jena
AG Arnstadt
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juni 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Dose, Schilling und Dr. Günter
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Familiensenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 3. Juli 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Erteilung
von Auskunft und Zahlung höheren Kindesunterhalts in Abänderung einer Jugendamtsurkunde aus dem Jahr 1997 in Anspruch.
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Der volljährige Kläger, der bei seiner Mutter lebt und sich jedenfalls bis
zum Ende des Schuljahres 2007/2008 in der allgemeinen Schulausbildung befand, ist der Sohn des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Aufgrund der
vorgenannten Jugendamtsurkunde schuldet der Beklagte ihm monatlichen Unterhalt in Höhe von 570 DM (291,44 €) abzüglich hälftigen Kindergeldes.
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Über das Vermögen des Beklagten wurde im August 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. In den Jahren 2004 bis Mitte 2006 ging er keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern verrichtete Arbeiten an dem Haus seiner Ehefrau,
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von deren Einkünften er auch lebte. Im Sommer 2006 nahm der Beklagte eine
selbständige Tätigkeit als Hausmeister auf. Die hieraus erzielten Einkünfte liegen unterhalb des notwendigen Selbstbehalts. Den titulierten Unterhalt hat er
teilweise nicht gezahlt. Gegen ihn wurde deshalb ein Strafverfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht eingeleitet.
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Der Kläger hat von dem Beklagten u.a. Auskunft über das Einkommen
seiner Ehefrau sowie dessen Nachweis durch geeignete Belege verlangt. Er hat
die Auffassung vertreten, die Angaben zur Ermittlung des Anspruchs des Beklagten auf Familienunterhalt zu benötigen. Der Beklagte ist diesem Begehren
entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, dass gegenüber seiner Ehefrau, mit
der er Gütertrennung vereinbart habe, kein Auskunftsanspruch bestehe.
Das Amtsgericht hat den auf das Einkommen der Ehefrau bezogenen
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Auskunftsantrag abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Einkommensverhältnisse seiner
Ehefrau zu erteilen, und zwar hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit durch Mitteilung der steuerrechtlichen Gewinne/Verluste in den Jahren
2004 bis 2006, der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Mitteilung
der steuerrechtlichen Überschüsse/Verluste in den Jahren 2004 bis 2006, der
Steuererstattungen aus den Jahren 2004 bis 2006, der Zinseinkünfte aus den
Jahren 2004 bis 2006 und, soweit ausgeübt, der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit im Jahr 2006 durch Mitteilung des Jahresnettoeinkommens. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.
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Entscheidungsgründe:
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Die Revision ist nicht begründet.
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1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Jena 2008, 823
veröffentlicht ist, hat angenommen, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten
ein Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse seiner
Ehefrau zustehe (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten sei der Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau
zu berücksichtigen. Da der Beklagte nach den bisherigen Auskünften über Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit verfüge, die weit unter seinem notwendigen
Selbstbehalt lägen, könne erst ein etwaiger Anspruch auf Familienunterhalt seine Leistungsfähigkeit begründen. Insofern komme in Betracht, dass der Familienunterhalt bis zur Höhe des Taschengeldes, das mit fünf bis sieben Prozent
des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens anzunehmen sei, für die Unterhaltsansprüche des Klägers herangezogen werde. Zur Feststellung des dem
Beklagten zustehenden Anspruchs auf Familienunterhalt sei der Kläger aber
auf die Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen der neuen Familie angewiesen. Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, als der privilegiert volljährige Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Unterhaltsanspruchs sowie die Haftungsanteile seiner Eltern trage und diesen Anforderungen ohne Kenntnis der Einkommensverhältnisse nicht genügen könne. Allerdings stehe dem Kläger nur ein Anspruch auf grobe Information hinsichtlich der
Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zu, da weiter gehende
Auskünfte vom Beklagten rechtlich nicht zu beschaffen seien. Denn für den
Familienunterhalt sehe das Gesetz derzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. Der Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung könne
aber nicht weiter gehen als sein eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere
den Beleganspruch (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) betreffe. Vergleichbar sei der
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Umfang der Informationspflicht beim vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1386
Abs. 3 BGB aF). Der Regelung liege die aus § 1353 BGB folgende Verpflichtung der Ehegatten zugrunde, sich während des Bestehens der Ehe wechselseitig über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren, wobei die Unterrichtung jedoch nur in groben Zügen, also im Sinne eines Überblicks mit groben Rastern, zu erfolgen habe und die Vorlage von Unterlagen nicht geschuldet
werde. Daran anknüpfend schulde die Ehefrau des Beklagten diesem lediglich
Auskunft über Eckpunkte ihrer Einkommensverhältnisse, ohne die einzelnen
Einnahmen und Ausgaben detailliert darstellen zu müssen. Mit Rücksicht darauf
werde es als ausreichend erachtet, hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger
Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung auf den steuerlichen Gewinn/Verlust sowie hinsichtlich der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit
auf das Jahresnettoeinkommen abzustellen. Zwar könne hieraus nicht ohne
weiteres auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen geschlossen, geschweige denn der Familienunterhaltsanspruch exakt berechnet werden. Mit
Kenntnis der Eckdaten sei der Kläger aber in der Lage, die wirtschaftliche Situation der Familie in groben Zügen zu beurteilen. Darüber hinaus stelle sich eine
solchermaßen begrenzte Auskunft auch als praktikabel für den Auskunftsverpflichteten dar, weil er die betreffenden Informationen ohne großen Aufwand
erteilen könne.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Er-
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folg.
9
2. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis
Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor
diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember
2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357).
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3. a) Nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie
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einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder
einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Der Auskunftsberechtigte soll dadurch die Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig Gewissheit über die jeweiligen
Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um seine Ansprüche
genau zu berechnen und Einwendungen in begründeter Form vorbringen zu
können sowie das Kostenrisiko für das Betragsverfahren zu begrenzen. Dabei
ist der Auskunftsanspruch auf die Offenbarung der Verhältnisse des Auskunftspflichtigen gerichtet. Um die notwendigen Kenntnisse über die unterhaltsrelevanten Tatsachen zu erhalten, können indessen weitergehende Angaben erforderlich sein, als sie sich aus den vom Auskunftspflichtigen aus selbständiger
oder nicht selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Vermögen, Vermietung und
Verpachtung oder dergleichen erzielten Einkünften ergeben. Gleichermaßen
von Bedeutung kann, etwa bei unzureichendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen, sein, ob er seinerseits über Unterhaltsansprüche verfügt die seinen
Eigenbedarf decken. Ob den Auskunftspflichtigen auch insoweit eine Unterrichtungspflicht trifft, wird in Rechtsprechung und Schriftum nicht einheitlich beurteilt.
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b) Hierzu wird die Auffassung vertreten, der Auskunftspflichtige habe nur
über seine eigenen Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, nicht
dagegen über das Einkommen dritter Personen, demgemäß auch nicht über
das Einkommen seines Ehegatten. Soweit es für die Frage der Unterhaltsverpflichtung eines wieder verheirateten Elternteils auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt ankomme, sei dieser nach den allgemeinen Grundsätzen über die
Darlegungs- und Beweislast im Hauptsacheverfahren zu klären (OLG Karlsruhe
FamRZ 1993, 1481 zum Kindesunterhalt). Nach Auffassung des OLG München
(OLGR 2000, 123) gibt es im Rahmen des Familienunterhalts keinen Aus-
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kunftsanspruch, weil § 1360 a Abs. 3 BGB nicht auf § 1605 BGB verweist. Danach wäre der auf Auskunft in Anspruch Genommene bereits nicht in der Lage,
einem Auskunftsbegehren über das Einkommen seines Ehegatten zu entsprechen.
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Diese Auffassung macht sich auch die Revision zueigen. Sie macht geltend, bei der Reichweite und dem Umfang des Auskunftsanspruchs sei grundsätzlich das verfassungsrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteresse zu beachten. Zwar könne sich der Unterhaltspflichtige selbst im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 1605 BGB auf dieses Interesse nicht mit Erfolg
berufen. Anders stelle sich jedoch die Sachlage für einen Dritten, hier die Ehefrau des Beklagten, dar. Ihr werde nach Auffassung des Berufungsgerichts abverlangt, ihre Einkommensverhältnisse entsprechend der Tenorierung des angefochtenen Urteils umfassend preiszugeben, wenn auch über den Umweg einer "mittelbaren" Einschaltung des Beklagten. Im Ergebnis werde die Ehefrau
des Beklagten damit so gestellt, wie wenn dem Kläger ein eigener Unterhaltsanspruch gegen diese zustünde, wofür es jedoch weder nach § 1605 BGB noch
nach § 242 BGB eine Grundlage gebe. Damit kann die Revision nicht durchdringen.
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c) aa) Der Senat hat zu einem im Rahmen des Elternunterhalts erhobenen Auskunftsverlangen entschieden, dass zwar ein gegenüber seinen Eltern
Unterhaltspflichtiger von den Ehegatten seiner Geschwister nicht Auskunft über
deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse beanspruchen kann. Denn in
diesem Verhältnis besteht keine besondere Rechtsbeziehung in deren Folge
sich aus dem - insofern allein in Betracht kommenden - § 242 BGB eine Auskunftspflicht ergeben könnte. Gleichwohl besteht für den Auskunftbegehrenden
die Möglichkeit, die für die Bestimmung der anteiligen Haftung der Geschwister
nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Kenntnis zu erlangen. Er kann
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nämlich seine Geschwister auf Auskunftserteilung in Anspruch nehmen. Diese
haben nicht nur über ihre eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben,
sondern - auf Verlangen - zusätzlich Angaben über die Einkünfte ihrer Ehegatten zu machen, soweit solche erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können (Senatsurteil vom 7. Mai 2003 - XII ZR 229/00 FamRZ 2003, 1836, 1838 f. mit Anmerkung Strohal; ebenso Eschenbruch/
Klinkhammer Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 5 Rn. 318; Johannsen/Henrich/
Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1605 Rn. 10; Schwab/Borth Handbuch des
Scheidungsrechts 6. Aufl. Kap. IV Rn. 593; HK-FamR/Pauling § 1605 Rn. 2;
Heiß/Born/Kleffmann Unterhaltsrecht Teil G Rn. 182).
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bb) Eine dementsprechende Verpflichtung gilt auch für das auf § 1605
Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Auskunftsbegehren, mit dem das Kind eines aus
eigenen Einkommensverhältnissen nicht leistungsfähigen, wieder verheirateten
Elternteils von diesem Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten begehrt. Bei einem Anspruch aus § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt eine Unterrichtung des Auskunftsberechtigten auch über das Einkommen des Ehegatten sogar noch näher, denn der an den Unterhaltspflichtigen zu leistende Familienunterhalt lässt sich zwanglos unter die nach dem Wortlaut des § 1605
Abs. 1 Satz 1 BGB zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse fassen. Da der Anspruch auf Familienunterhalt nach seiner Ausgestaltung
allerdings nicht auf Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente
für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der
Ehegatten darauf gerichtet ist, dass jeder von ihnen seinen Beitrag entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet
(Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 366; vom
29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24, 25 und vom 8. Juni 2005
- XII ZR 75/04 - FamRZ 2006, 26, 29) wird er grundsätzlich nicht beziffert. Zu
seiner Darlegung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte mitzuteilen.
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Ein solches Verständnis steht auch mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs in Einklang. Eine Klärung der in Rede stehenden Einkommensverhältnisse erst im Rahmen des Rechtsstreits über den Unterhalt wäre
hiermit nicht zu vereinbaren: Dem Unterhaltsgläubiger verbliebe das Risiko, zu
geringen Unterhalt geltend zu machen bzw. im Fall einer zu hohen Unterhaltsforderung die mit dem teilweise Unterliegen verbundene Kostenbelastung (vgl.
auch Hoppenz FamRZ 2008, 733, 735; Viefhues in juris PK-BGB 4. Aufl. 2008
§ 1605 Rn. 24.2; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; vgl. auch Strohal
FamRZ 2003, 1838, 1839).
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cc) Auch ein von der Revision angeführtes Geheimhaltungsinteresse der
Ehefrau steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des
Senats muss der Ehegatte eines Unterhaltspflichtigen es zum Beispiel hinnehmen, dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen der zu belegenden Auskunft
über sein Einkommen Steuerbescheide vorzulegen hat, die aufgrund einer Zusammenveranlagung der Ehegatten ergangen sind. In einem solchen Fall können zwar die Angaben geschwärzt werden, die von dem Auskunftsanspruch
nicht umfasst werden. Soweit der Steuerbescheid aber Angaben enthält, in denen Beträge für Ehemann und Ehefrau zusammengefasst sind, bleibt es bei der
Vorlagepflicht, falls insofern Auskunft zu erteilen ist. Wenn hierdurch Schlüsse
auf die Verhältnisse des Ehegatten bezogen werden können, muss dies hingenommen werden (Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ
1983, 680, 682). Daraus ergibt sich, dass das Interesse des Auskunftbegehrenden dem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen oder einem Dritten
grundsätzlich vorgeht (st. Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom
6. Oktober 1993 - XII ZR 116/92 - FamRZ 1994, 28 f.).
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dd) Diese Rechtsprechung wirkt sich auch auf die Erfüllung der Auskunftspflicht aus. Wenn und soweit die Kenntnis der Einkommensverhältnisse
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des Ehegatten erforderlich ist, weil diese eine Grundlage für die Beurteilung des
Unterhaltsanspruchs bilden, muss der Ehegatte akzeptieren, dass seine Verhältnisse dem Auskunftsberechtigten bekannt werden. Der Ehegatte steht zwar
außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses, weshalb er nicht auf Auskunft in
Anspruch genommen werden kann. Wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt, ist er aber kein unbeteiligter Dritter, sondern mit dem Unterhaltspflichtigen
verheiratet, und schuldet diesem seinerseits Familienunterhalt. Er muss es deshalb hinnehmen, dass seine Einkommensverhältnisse, soweit erforderlich, bekannt gegeben werden, wie er gleichermaßen akzeptieren müsste, wenn der
Unterhaltspflichtige im Rahmen der Erteilung von Auskünften über bezogene
Steuererstattungen beide Ehegatten betreffende Steuerbescheide nach den
vorgenannten Maßgaben vorlegen müsste.
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Dadurch steht der Ehegatte auch nicht so, als ob er selbst Auskunft erteilen müsste. Die Auskunftsverpflichtung nach Maßgabe des Berufungsurteils
bleibt schon deshalb hinter den Anforderungen zurück, die für die Auskunftserteilung des Unterhaltspflichtigen über eigenes Einkommen gelten, weil keine
Belege vorzulegen sind.
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4. a) Hinsichtlich des Umfangs der geschuldeten Auskunft hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass dieser nicht weiter reichen kann,
als dem Beklagten seinerseits ein Anspruch auf Information gegenüber seiner
Ehefrau zusteht. Ein solcher Informationsanspruch ergibt sich während des Zusammenlebens der Ehegatten zwar nicht aus § 1605 Abs. 1 BGB, da in den
den Familienunterhalt betreffenden Bestimmungen der §§ 1360, 1360 a BGB
- anders als in dem für die Zeit des Getrenntlebens maßgebenden § 1361
Abs. 4 BGB - nicht auf § 1605 BGB verwiesen wird. Ehegatten haben aber nach
der Generalklausel der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft
(§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) einander wenigstens in groben Zügen über die von
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ihnen vorgenommenen Vermögensbewegungen zu unterrichten (Senatsurteil
vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 25; BGH Urteil vom 25. Juni
1976 - IV ZR 125/75 - FamRZ 1978, 677, 678; OLG Karlsruhe FamRZ 1990,
161, 162) sowie sich über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren
(OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1441, 1442; MünchKomm/Koch 5. Aufl.
§§ 1385, 1386 Rn. 25; Staudinger/Thiele BGB [2007] § 1386 Rn. 23).
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b) In Rechtsprechung und Schriftum ist dieser Maßstab auch auf die
Verpflichtung zur Unterrichtung über das laufende Einkommen der Ehegatten
übertragen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162; Staudinger/Voppel
aaO § 1353 Rn. 97; MünchKomm/Roth aaO § 1353 Rn. 38; Wendel/Dose aaO
§ 1 Rn. 664; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; Palandt/Brudermüller
BGB 69. Aufl. § 1353 Rn. 13).
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Im Schrifttum wird allerdings auch die Auffassung vertreten, der Anspruch gehe nicht nur auf eine Information in groben Zügen, sondern umfasse
dieselben Auskunftspflichten wie nach § 1605 Abs. 1 BGB. Dass der Anspruch
während des Zusammenlebens der Ehegatten schwächer sein solle als im Fall
des Getrenntlebens, lasse sich aus § 1353 BGB nicht ableiten (Schwab/Borth
aaO Kap. IV Rn. 590; Eschenbruch/Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308).
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c) Der Senat teilt im Grundsatz die zuletzt genannte Meinung. Ehegatten
haben nach den §§ 1360, 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt.
Dieser kann aber nur bei genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse des
anderen Ehegatten beziffert werden. Aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) folgt deshalb auch der wechselseitige Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts und eines
Taschengeldes maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Seinem
Umfang nach geht dieser Anspruch nicht nur auf eine Unterrichtung in groben
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Zügen, da eine derart eingeschränkte Kenntnis den Ehegatten nicht in die Lage
versetzten würde, den ihm zustehenden Unterhalt zu ermitteln. Geschuldet wird
deshalb die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des
Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Auskunftspflicht entspricht damit derjenigen, wie sie nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Eine solche Verpflichtung läuft nicht etwa dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten zuwider; diese erfordert vielmehr gerade, den anderen ausreichend über
die eigenen Einkommensverhältnisse zu unterrichten.
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Nicht geschuldet wird allerdings die Vorlage von Belegen oder die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Eine
solche Kontrollmöglichkeit wäre mit dem in einer Ehe herrschenden Vertrauen
nicht zu vereinbaren (aA Borth aaO Kap. IV Rn. 590 und Klinkhammer aaO
Kap. 5 Rn. 308, die auch eine Belegpflicht bejahen).
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d) Da der Beklagte mithin von seiner Ehefrau Angaben über ihre unterschiedlichen Einkünfte verlangen kann, ist er jedenfalls im Stande, dem Kläger
die dem Berufungsurteil entsprechende Auskunft zu erteilen. Danach ist auch
der Umfang der ausgeurteilten Auskunft rechtlich nicht zu beanstanden.
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5. Dass die in Rede stehenden Angaben zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs des Klägers erforderlich sind, hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet bejaht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Wiederverheiratung eines unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich beachtlich; denn es kann sich zum Vorteil des Kindes
auswirken, dass der aus eigenen Einkünften nicht leistungsfähige Elternteil einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, so dass sein Bedarf hierdurch gedeckt
sein kann und ihm aus eigenem Einkommen und Taschengeld freie Mittel zur
Unterhaltsleistung verbleiben (vgl. Senatsurteile BGHZ 169, 200, 212 ff. =
- 13 -
FamRZ 2006, 1827, 1830 f. und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 FamRZ 2004, 24 f. jeweils mwN).
Hahne
Weber-Monecke
Schilling
Dose
Günter
Vorinstanzen:
AG Arnstadt, Entscheidung vom 23.10.2007 - 5 F 373/06 OLG Jena, Entscheidung vom 03.07.2008 - 1 UF 397/07 -