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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 17/06
Verkündet am:
24. April 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
_____________________
HWiG § 3, VerbrKrG § 9 (jeweils in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung)
Bei der umfassenden Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen
Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein
verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG bildet (vgl. Senatsurteil
vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen), ist es mit dem Sinn und Zweck
des § 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese Beteiligung gestanden hätte. Es entspricht daher der Billigkeit, dass unverfallbare und nicht anderweitig erzielbare Steuervorteile den Rückforderungsanspruch des Darlehensnehmers gegen die finanzierende Bank in
entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der Vorteilsausgleichung mindern (Abweichung von BGH, Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR
385/02, WM 2004, 1527, 1529, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02,
WM 2004, 2491, 2494 und vom 31. Januar 2005 - II ZR 200/03, WM 2005,
547, 548).
-2BGH, Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 17/06 - OLG Bamberg
LG Schweinfurt
-3-
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und
die
Richter
Dr. Müller,
Dr. Ellenberger,
Prof. Dr. Schmitt
Dr. Grüneberg
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des
3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom
21. Dezember 2005 wird als unzulässig verworfen.
Die Revision der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte über die Hauptsumme von 10.833,88 € und die ausgeurteilten Zinsen aus
2.002,27 € hinaus Zinsen in Höhe von 5%-Punkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen hat seit
dem 31. Dezember 2001 aus 5.246,01 €, aus weiteren
1.923,58 € seit dem 31. Dezember 2002, aus weiteren
1.037,12 € seit dem 31. Dezember 2003 und aus weiteren 624,80 € seit dem 31. Dezember 2004.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die
Klägerin 12% und die Beklagte 88%.
Von Rechts wegen
und
-4-
Tatbestand:
1
Die Klägerin begehrt - teilweise aus abgetretenem Recht ihres
Ehemannes, des Drittwiderbeklagten - Rückzahlung von Leistungen, die
sie und der Drittwiderbeklagte aufgrund eines Darlehens der Beklagten
an diese erbracht haben. Die Beklagte macht nach außerordentlicher
Kündigung des Darlehens widerklagend einen Teilbetrag der offenen
Darlehensforderung geltend.
2
Nach vorangegangenem Besuch des Zeugen H.
in ihrer
Wohnung unterzeichneten die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am
15. Juni 1994 einen als "Vermittlungsauftrag Immobilienfonds S.
" (nachfolgend: Fonds) bezeichneten Vertrag, mit dem sie den
Zeugen H.
mit der Vermittlung des Erwerbs von 1,5 Anteilen an
dem Fonds mit einer Einlage von 75.000 DM beauftragten, sowie eine als
Grundlage für die Finanzierung des Fondsbeitritts dienende Selbstauskunft. Am selben Tag wurde das Angebot der Klägerin und des Drittwiderbeklagten zum Eintritt in den Fonds notariell beurkundet.
3
Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen die Klägerin und der
Drittwiderbeklagte am 6. September 1994 einen Darlehensvertrag über
83.333 DM mit der Beklagten, ohne über ihr Widerrufsrecht nach dem
Haustürwiderrufsgesetz belehrt worden zu sein. Zur Sicherung des Darlehens wurden die Fondsanteile verpfändet und zwei Lebensversicherungen an die Beklagte abgetreten. Die Darlehensvaluta wurde von der
Beklagten, wie im Darlehensvertrag vereinbart, direkt auf ein bei ihr geführtes Konto des Fonds-Treuhänders ausgezahlt.
-5-
4
Mit Anwaltsschreiben vom 27. Dezember 2000 widerriefen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte den Darlehensvertrag nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes, erbrachten die vertraglich vereinbarten Leistungen aber zunächst weiter und stellten diese erst im November 2003 ein. Mit Anwaltsschreiben vom 11. Februar 2004 widerriefen sie auch ihre Beitrittserklärung zu dem Fonds unter Berufung auf das
Haustürwiderrufsgesetz und wegen arglistiger Täuschung. Durch Schreiben vom 8. April 2004 kündigte die Beklagte das gesamte noch offene
Darlehen in Höhe von 40.117,05 € außerordentlich und stellte es zur
Rückzahlung fällig.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage nur
zu einem geringen Teil stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin und
des Drittwiderbeklagten hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der
Darlehensvertrag vom 6. September 1994 unwirksam ist und Zahlungsansprüche der Beklagten hieraus nicht bestehen. Außerdem hat es die
Beklagte zur Zahlung von 10.833,88 € zuzüglich Zinsen seit dem
29. Januar 2001 Zug um Zug gegen Abtretung von 1,5 Fondsanteilen
sowie zur Rückabtretung der beiden Lebensversicherungen verurteilt. In
Höhe der erzielten Steuervorteile von 6.913,64 € hat es die Klage abgewiesen. Überdies hat es die Widerklage insgesamt abgewiesen.
6
Die Klägerin begehrt mit ihrer - vom Berufungsgericht - zugelassenen Revision auch Zahlung, soweit das Berufungsgericht die Klageforderung um ihr zugeflossene Steuervorteile gekürzt hat, sowie Zinsen bereits seit dem 1. Januar 2000. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision
ihren Klageabweisungsantrag sowie ihren Widerklageantrag weiter.
-6-
Entscheidungsgründe:
7
Die Revision der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet, die der Beklagten ist unzulässig.
I.
8
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit das für das
Revisionsverfahren von Bedeutung ist, wie folgt begründet:
9
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte seien zum Widerruf ihrer
Darlehensvertragserklärung nach § 1 HWiG berechtigt gewesen, weil der
Darlehensvertragsschluss auf einer Haustürsituation beruhe, die sich die
Beklagte zurechnen lassen müsse. Als Rechtsfolge des Widerrufs seien
die Parteien nach § 3 HWiG grundsätzlich verpflichtet, die empfangenen
Leistungen der jeweils anderen Partei zurückzugewähren. Da der
Fondsbeitritt und das Finanzierungsdarlehen ein verbundenes Geschäft
im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG darstellten, seien die Klägerin und ihr
Ehemann allerdings nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet, sondern nur zur Abtretung der finanzierten Fondsbeteiligung.
Die Klägerin könne alle auf das Darlehen geleisteten Zahlungen zurückverlangen, müsse sich aber sowohl die Leistungen des Fonds als auch
die in den Jahren 1994 bis 1997, 1999 und 2000 erzielten Steuervorteile
in Höhe von 6.913,64 € anrechnen lassen. In den Jahren 1998 und seit
2001 entfalle eine Anrechung, weil Steuervorteile nicht angefallen seien.
-7-
Auf die bis zum Widerruf des Darlehensvertrages am 27. Dezember 2000
erbrachten rückforderbaren Leistungen von 2.002,27 € könne die Klägerin Verzugszinsen seit dem 29. Januar 2001, auf die später erbrachten
und nach Gegenrechung von Fondserträgen rückforderbaren 8.831,61 €
mangels verzugsbegründender Mahnung erst ab Rechtshängigkeit am
8. März 2004 in gesetzlicher Höhe nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB verlangen, da die Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.
10
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen und dazu ausgeführt, es bestehe möglicherweise eine Divergenz zur Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 385/02,
WM 2004, 1527, 1529) zur Anrechnung von Steuervorteilen bei der
Rückabwicklung nach § 3 HWiG.
II.
11
A. Revision der Beklagten
12
Die Revision der Beklagten ist unzulässig.
13
1. Das Berufungsgericht hat die Revision in zulässiger Weise nur
beschränkt auf die Höhe des Anspruchs der Klägerin zugelassen.
14
a) Die Zulassung ist im Tenor der angefochtenen Entscheidung
zwar ohne Beschränkung ausgesprochen worden. Die Beschränkung der
Zulassung der Revision muss aber nicht in der Entscheidungsformel enthalten sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen er-
-8-
geben (BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360 f. m.w.Nachw.). Das ist hier
der Fall. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, wegen der Anrechnung
von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG die Revision
zulassen zu wollen. Es ist zwar nicht möglich, die Revision auf einzelne
Rechtsfragen zu beschränken (BGH, Urteil vom 5. November 2003
- VIII ZR 320/02, WM 2004, 853 m.w.Nachw.). Jedoch lässt sich den
- auslegungsfähigen - Entscheidungsgründen entnehmen, dass das Berufungsgericht die Revision nur wegen der Höhe des Anspruchs der Klägerin zulassen wollte, wohingegen es die Frage des Grundes des Anspruchs als geklärt angesehen hat.
15
b) Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist zulässig. Die
Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(vgl.
Senat
BGHZ 161,
15,
18
und
Urteil
vom
26. September 2006 - XI ZR 156/05, WM 2006, 2351 m.w.Nachw.) auf
einen tatsächlichen oder rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein kann.
Zulässig ist auch die Beschränkung auf einen Teil des Streitstoffs, über
den durch ein Zwischenurteil gemäß § 280 ZPO bzw. § 304 ZPO oder
durch einen Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 GVG entschieden werden
könnte (BGH, Urteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89, WM 1990,
784, 786, vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, WM 1993, 1015, 1016, insoweit in BGHZ 121, 367 ff. nicht abgedruckt, und vom 10. Mai 2001
- III ZR 262/00, WM 2001, 1633, 1634 f., insoweit in BGHZ 147, 394 ff.
nicht abgedruckt). Hier hätte das Berufungsgericht über den Grund des
Anspruchs nach § 304 ZPO ein Grundurteil erlassen können, da der Anspruch nach Grund und Betrag streitig war und bei Bejahung des Grundes auch feststand, dass ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegeben
-9-
und nur dessen Höhe wegen der Frage der Anrechnung der Steuervorteile noch zweifelhaft ist.
16
2. Mit ihrer Revision wendet sich die Beklagte dagegen, dass das
Berufungsgericht den Darlehensvertrag wegen des Widerrufs der Klägerin und des Drittwiderbeklagten nach § 1 HWiG als unwirksam angesehen hat. Sie richtet sich damit gegen den Grund des Anspruchs und ist
damit unzulässig, weil dieses Begehren von der beschränkten Revisionszulassung nicht gedeckt ist.
17
3. Der Senat hat erwogen, die unzulässige Revision der Beklagten
in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten. Ob dies möglich ist,
bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre jedenfalls unbegründet. Was die in der Revisionsbegründung der Beklagten angesprochene Frage angeht, ob der geschlossene
Darlehensvertrag auf einer Haustürsituation beruht, hat die Rechtssache
ersichtlich keine grundsätzliche Bedeutung und ist auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht gegeben.
Das Berufungsurteil ist insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten
rechtsfehlerfrei. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4
Satz 2 ZPO abgesehen.
18
B. Revision der Klägerin
19
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nur hinsichtlich eines
Teils der Zinsforderung begründet.
- 10 -
20
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Anrechung der
bis zum Jahr 2000 erzielten Steuervorteile auf den Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG. Das Berufungsgericht
hat zu Recht ausgeführt, dass nach einem Widerruf aufgrund des Haustürwiderrufsgesetzes bei Vorliegen eines verbundenen Geschäftes die
kreditgebende Bank nicht die Darlehensvaluta vom Darlehensnehmer
zurückfordern kann, sondern ihrerseits verpflichtet ist, an die Darlehensnehmer auf das Darlehen geleistete Zahlungen abzüglich aus der
Fondsbeteiligung erlangter Erträge und Steuervorteile gegen Abtretung
der Immobilienfondsbeteiligung zurückzuerstatten und die zur Sicherheit
für das Darlehen abgetretenen Lebensversicherungen rückabzutreten.
21
a) Nach dem Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelung (§ 1
HWiG) soll der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen entscheiden können,
ob er an seiner aufgrund einer Haustürsituation eingegangenen Verpflichtung festhalten will oder nicht. Dieser Schutzzweck würde gefährdet, wenn der Verbraucher das wirtschaftliche Risiko des Fondsbeitritts
zu tragen hätte. Es ist deshalb bei einem verbundenen Geschäft erforderlich, § 3 HWiG dahin auszulegen, dass dem Darlehensgeber nach
dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Verbraucher in Höhe
des Darlehenskapitals zusteht. Die Rückabwicklung hat in diesen Fällen
vielmehr unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des
finanzierten Geschäfts zu erfolgen (vgl. BGHZ 133, 254, 259 f.; 152, 331,
337; 159, 280, 288; Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04,
WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252
vorgesehen, m.w.Nachw., und vom 13. Juni 2006 - XI ZR 432/04,
WM 2006, 1669, 1671 Tz. 22).
- 11 -
22
b) Der Darlehensnehmer kann nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung vom Darlehensgeber die aus seinem eigenen Vermögen
erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückfordern sowie die Rückabtretung gewährter Sicherheiten, etwa der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung verlangen. An ihn oder direkt an die kreditgebende
Bank geflossene Fondsausschüttungen verbleiben der Bank bzw. sind an
sie nach den Regeln des Vorteilsausgleichs herauszugeben, da der
Verbraucher sonst besser stünde, als er ohne die Beteiligung am Fonds
gestanden hätte (vgl. BGHZ 159, 280, 287; Senatsurteil vom 25. April
2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1008 Tz. 41, zur Veröffentlichung
in BGHZ 167, 252 vorgesehen).
23
c) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, sind auch
die Steuervorteile der Klägerin und ihres Ehemannes, denen kein Nachzahlungsanspruch der Finanzbehörden gegenübersteht, auf ihren Rückforderungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG anspruchsmindernd anzurechnen.
24
aa) Die Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung ist allerdings grundsätzlich ein Institut des Schadensersatzrechts (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 124,
144 m.w.Nachw.), nach dem Verlust und Vorteil, die beide auf ein und
demselben schädigenden Ereignis beruhen, gleichermaßen bei der Berechnung des Anspruchs zu berücksichtigen sind. Der diesem Institut
zugrunde liegende Rechtsgedanke, dass ein Geschädigter für erlittene
Nachteile zu entschädigen ist, aber aus einem schädigenden Ereignis
keinen Gewinn erzielen soll, ist aber auch in der vorliegenden Fallkon-
- 12 -
stellation beim Rückforderungsanspruch nach § 3 HWiG entsprechend
anzuwenden.
25
(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Steuervorteile der Anleger zum Gesamtkonzept einer Steuer sparenden Immobilienkapitalanlage gehören. Sie spielen bei der Entwicklung, der Werbung und dem Vertrieb dieser Kapitalanlagen eine entscheidende Rolle.
Die vom Anleger erzielten Steuervorteile sind eine von beiden Vertragsparteien gewollte, planmäßig eintretende Folge seiner Anlageentscheidung. Aus der Sicht des Anlegers sind die Steuervorteile fest mit der
Immobilienkapitalanlage verbunden, ohne die er sie in der Regel nicht
erworben hätte, weil sie sich wirtschaftlich wie ein aus der Anlage selbst
fließender Gewinn darstellen.
26
So war es auch hier. Nach ihrem eigenen Vorbringen sind die Klägerin und der Drittwiderbeklagte damit geworben worden, die kreditfinanzierte Beteiligung an dem Fonds trage sich aufgrund der Einnahmen aus
der Vermietung des Fondsobjekts und aus den Steuerersparnissen fast
von selbst. Ansonsten hätten sie die Anlage nach ihren eigenen Angaben
nicht gezeichnet. Aus der Sicht der Klägerin und ihres Ehemannes stellen sich die Ausschüttungen des Fonds und die Steuerersparnisse danach wirtschaftlich gleichermaßen als Nutzungen der Fondsbeteiligung
und daraus fließende Gewinne dar. Es liegt deshalb nicht fern, auf beide
§ 3 Abs. 3 HWiG entsprechend anzuwenden und bei der Rückabwicklung
einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung gleichermaßen zu
berücksichtigen. Dass die Fondsausschüttungen aus der Fondsbeteiligung unmittelbar resultieren, die Steuervorteile aber erst aus der damit
verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung ist für Anleger wie die Klä-
- 13 -
gerin und den Drittwiderbeklagten nicht von wesentlicher Bedeutung. Da
es dem Anleger bei kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungen in
aller Regel gerade auch auf die Steuervorteile ankommt, ist es bei Rückgängigmachung der Anlageentscheidung nach dem Rechtsgedanken der
Vorteilsausgleichung nicht nur konsequent, sondern geboten, bei der Berechnung des Rückzahlungsanspruchs des Anlegers auch die ihm endgültig verbleibenden Steuervorteile anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
27
(2) Für eine Gleichbehandlung von Fondsausschüttungen und
Steuervorteilen spricht auch Sinn und Zweck der Rückabwicklung nach
§ 3 HWiG. Nach den Ausführungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14. Juni 2004 (BGHZ 159, 280, 287), die
der erkennende Senat teilt, ist es mit dem Sinn der Rückabwicklung nach
§ 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung
einer kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese Beteiligung gestanden hätte, Fondsausschüttungen seien deshalb zu
berücksichtigen. Folgerichtig muss das auch für Steuervorteile gelten,
die der Anleger aus der mit der Fondsbeteiligung verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung gezogen hat. Denn wenn er sie behalten dürfte,
stünde er sich nach der Rückabwicklung besser als er ohne die Beteiligung stehen würde. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht und ist
nicht widerspruchsfrei, bleibende Steuervorteile nach den Grundsätzen
des Vorteilsausgleichs nur im Rahmen von Schadensersatzansprüchen
zu berücksichtigen, nicht dagegen bei der Rückabwicklung nach § 3
HWiG (so aber noch BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 385/02,
WM 2004, 1527, 1529).
- 14 -
28
(3) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung nach § 3 HWiG nicht
auf die Leistungen beschränkt, die im Verhältnis der Beteiligten erbracht
werden. Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der
mit dem Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft bildet, wird ein Darlehensnehmer aus Schutzzweckerwägungen zu Lasten der finanzierenden
Bank umfassend vom Risiko der kreditfinanzierten Anlage befreit. Die
Rückabwicklung vollzieht sich in diesen Fällen nicht innerhalb der Leistungsverhältnisse, sondern im Dreiecksverhältnis, so dass der Darlehensgeber statt des Darlehensnehmers das Kreditverwendungsrisiko zu
tragen hat (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04,
WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, 1006 Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ
167, 252 vorgesehen, m.w.Nachw.). Der Schutzzweck der Haustürwiderrufsvorschriften erfordert es dagegen nicht, dass der Anleger darüber
hinaus einen Gewinn in Form ihm endgültig verbleibender Steuervorteile
erzielt. Es entspricht vielmehr der Billigkeit, dass solche Steuervorteile
den Anspruch des Anlegers und Darlehensnehmers auf Rückzahlung auf
das Darlehen erbrachter Leistungen gegen die finanzierende Bank mindern, zumal die Bank auch die Nachteile der Anlageentscheidung zu tragen hat. Der erkennende Senat kann diese Rechtsfrage zugunsten der
Anrechnung von Steuervorteilen entscheiden, ohne den Großen Senat
für Zivilsachen nach § 132 GVG anrufen zu müssen, da der II. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs auf Anfrage mitgeteilt hat, dass er an seiner
entgegenstehenden Rechtsprechung in den Urteilen vom 14. Juni 2004
(II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529), vom 18. Oktober 2004 (II ZR
352/02, WM 2004, 2491, 2494) und vom 31. Januar 2005 (II ZR 200/03,
WM 2005, 547, 548) nicht mehr festhält.
- 15 -
29
bb) Die Revision kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen,
Rückzahlungen bei der Rückabwicklung eines Geschäfts nach § 3 HWiG
seien steuerpflichtig, so dass die Steuervorteile der Klägerin und des
Drittwiderbeklagten entfielen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stehen den Steuervorteilen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten in den Jahren 1994 bis 2000 keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüber. Die Klägerin kann sich mangels substantiierten
Vortrages in den Vorinstanzen auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei
korrektem Verhalten der Beklagten hätte sie sich für ein anderes Steuersparmodell entschieden (§ 559 Abs. 1 ZPO).
30
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht
auch die Höhe der Steuervorteile mit 6.913,64 € rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Berufungsgericht hat die eingereichten Steuerbescheide der
Klägerin und des Drittwiderbeklagten seiner Entscheidung zu Grunde
gelegt und die Steuervorteile für das Jahr 1997 nach § 287 ZPO geschätzt. Dies ist eine tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist. Rechtsfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf. Es hat weder erhebliche Tatsachen
außer Betracht gelassen noch gegen die Denkgesetze verstoßen noch
die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
31
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht Verzugszinsen aus einem Betrag von 8.831,61 € in gesetzlicher Höhe erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen hat.
- 16 -
a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon
32
ausgegangen, dass für den nach dem Widerruf vom 27. Dezember 2000
entstandenen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 8.831,61 € Zinsen
nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Nutzungsersatzes nach
den Haustürwiderrufsvorschriften (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 152, 331,
336 m.w.Nachw.) begehrt werden können. Die Zahlungen erfolgten auf
eine nicht mehr bestehende Schuld, da der Darlehensvertrag infolge des
Widerrufs unwirksam war. Die Rückabwicklung dieser Leistungen hat
daher nach den allgemeinen Vorschriften des Bereicherungsrechts zu
erfolgen.
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen An-
33
spruch auf Verzugszinsen vor Rechtshängigkeit nur unter den Voraussetzungen der §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB für möglich gehalten (vgl.
auch Senatsurteile BGHZ 158, 1, 9 und vom 30. März 2004 - XI ZR
145/03, BGHR BGB § 818 Abs. 1 Zinszahlung). Ob eine Bank bei der
Entgegennahme von Zins- und Tilgungsleistungen, die ein Darlehensnehmer trotz Widerrufs nach § 1 HWiG weiter gezahlt hat, bösgläubig im
Sinne von § 819 Satz 1 BGB ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung,
weil der Zinsanspruch der Klägerin aus einem anderen Grund berechtigt
ist.
34
c) Den von der Revision begehrten Zinsanspruch kann die Klägerin
als Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 BGB von der Beklagten verlangen.
35
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der
vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt
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(BGHZ 115, 268, 270; Senatsurteile vom 24. September 1996 - XI ZR
185/94, WM 1996, 2247, 2250, vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97,
WM 1998, 1325, 1326 f. und vom 12. September 2006 - XI ZR 296/05,
ZIP 2006, 2119 , 2121 Tz. 25). Allerdings besteht bei Zahlungen an eine
Bank eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im
Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss
(Senatsurteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f.).
Die Klägerin hat danach einen Zinsanspruch in Höhe von 5%-Punkten
über dem Basiszinssatz nach der beantragten zeitlichen Staffelung, wobei jedoch ab dem 31. Dezember 2001 Zinsen nur aus 5.246,01 €
(= 10.260,30 DM) begehrt werden können.
- 18 -
III.
36
Die Revision der Beklagten war nach alledem als unzulässig zu
verwerfen. Die Revision der Klägerin war mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Klägerin über den ausgeurteilten Zinsanspruch hinaus weitere Zinsen zuzuerkennen waren.
Nobbe
Müller
Schmitt
Ellenberger
Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 25.11.2004 - 12 O 151/04 OLG Bamberg, Entscheidung vom 21.12.2005 - 3 U 235/04 -