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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZR 330/00
vom
26. Juni 2001
in dem Rechtsstreit
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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. van Gelder
und Dr. Joeres
am 26. Juni 2001
beschlossen:
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Beweisaufnahme in der ersten Instanz entstandenen Kosten; diese werden der Klägerin
auferlegt.
Streitwert:
bis zum 11. Juni 2001:
300.000 DM
seit dem 12. Juni 2001:
84.000 DM
Gründe:
I.
Die Klägerin hat sich mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen
die Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckbaren Schuldversprechen
in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde gewandt. Dem lag
folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit notarieller Urkunde vom 14. September 1994 hatte die Klägerin als Sicherheit für ein ihr gewährtes Darlehen der Beklagten eine
Grundschuld von 300.000 DM bestellt, für den Grundschuldbetrag die
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persönliche Haftung übernommen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Nach der mit der Urkunde verbundenen Zweckerklärung dienten die Grundschuld und das
abstrakte Schuldversprechen zur Sicherung aller bestehenden und
künftigen Ansprüche der Beklagten aus der Geschäftsverbindung. Insbesondere sollten auch Ansprüche aus von Dritten im Rahmen der
banküblichen Geschäftsverbindung erworbenen Forderungen gesichert
sein.
Das Darlehen, das Anlaß der Grundschuldbestellung war, wurde
im November 1999 vollständig zurückgezahlt. Der Streit der Parteien
drehte sich im wesentlichen um die Frage, ob die Grundschuld und das
abstrakte
Schuldversprechen
aus
der
notariellen
Urkunde
vom
14. September 1994 wegen Zahlungsansprüchen aus drei notariellen
Bauträgerverträgen vom Juni 1996 valutieren. Mit diesen Verträgen, die
ihrerseits eine Vollstreckungsunterwerfung enthielten, hatte die Klägerin drei im Rahmen eines größeren Bauvorhabens erst noch zu errichtende Eigentumswohnungen erworben. Die Bauträgerin hatte bereits
zuvor, im Dezember 1995, ihre Kaufpreisforderungen aus sämtlichen
Bauträgerverträgen des Objekts an die Beklagte abgetreten.
Die Klägerin hat in erster Instanz, gestützt auf angebliche Mängel
der erworbenen Wohnungen sowie des Gemeinschaftseigentums, die
Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben. Darüber hinaus hat sie
eingewandt, die Beklagte müsse sich Zahlungen an ein anderes Kreditinstitut auf die abgetretenen Kaufpreisforderungen anrechnen lassen. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.
Mit der Berufung hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Einwendungen
nicht mehr weiterverfolgt, sondern in erster Linie die Unwirksamkeit des
Vollstreckungstitels sowie die Verjährung der gesicherten Forderungen
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geltend gemacht. Auch im Berufungsverfahren ist die Klage erfolglos
geblieben. Im Revisionsrechtszug haben die Parteien - die Beklagte
durch ihren zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten - den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die
vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 14. September
1994 am 30. August 2000 an die Klägerin herausgegeben hatte.
II.
Nachdem die Parteien den Rechtstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 1
ZPO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung
des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Die Erledigungserklärung der Beklagten brauchte nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 in
Verbindung mit § 78 Abs. 3 ZPO nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt abgegeben zu werden (vgl.
BGHZ 123, 264, 266; BGH, Beschluß vom 10. März 1999 - XII ZR
321/97, WM 1999, 1286).
Die Kosten des Rechtsstreits waren - mit Ausnahme der durch die
erstinstanzliche Beweisaufnahme entstandenen Kosten - der Beklagten
aufzuerlegen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Hierbei kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht die von
der Klägerin in Zweifel gezogene Wirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung in der notariellen Urkunde vom 14. September 1994 sowie
die Verjährungsfrage zutreffend beurteilt hat. Denn die Unzulässigkeit
der Zwangsvollstreckung ergab sich auf der Grundlage des unstreitigen
Parteivortrags in der Berufungsinstanz jedenfalls aus folgendem:
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Die Beklagte hatte unter dem 14. September 1999 die Geschäftsverbindung mit der Klägerin gekündigt, den Restsaldo hinsichtlich des
im Jahre 1994 gewährten Darlehens mitgeteilt und zur Rückzahlung der
Gesamtverbindlichkeiten eine Frist bis 15. Dezember 1999 gesetzt. Die
Klägerin entgegnete am 19. Oktober 1999, das Darlehen werde dann
getilgt, wenn ihr Zug um Zug die Löschungsbewilligung sowie die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde ausgehändigt würden. Mit Schreiben vom 4. November 1999 erwiderte die
Beklagte, daß "bei einer vollständigen Kreditrückzahlung mit dem Eingang des Ablösebetrages Zug um Zug die eingetragene Buchgrundschuld abgetreten und die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde übersandt" werde. Die Klägerin tilgte daraufhin am 11. November 1999 die restliche Darlehensverbindlichkeit.
Die Auslegung dieser Parteierklärungen, die in der Berufungsinstanz - wie die Revision zu Recht gerügt hat - rechtsfehlerhaft unterblieben ist, hätte der erkennende Senat aufgrund des feststehenden
Sachverhalts und mangels in Betracht kommender weiterer Feststellungen nachholen können (st.Rspr., vgl. BGHZ 65, 107, 112). Sie ist deshalb der nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung zugrunde zu legen. Danach aber war zwischen den Parteien eine
Vereinbarung zustande gekommen, die die Klägerin der von der Beklagten betriebenen Zwangsvollstreckung mit Erfolg entgegenhalten
konnte. Die Klägerin konnte und durfte das Schreiben vom 4. November
1999 - zumal vor dem Hintergrund der seinerzeit in erster Instanz anhängigen Vollstreckungsabwehrklage - nämlich so verstehen, daß die
Beklagte nach Tilgung des Darlehens vom 14. September 1994 wegen
weiterer Ansprüche nicht mehr aus der Grundschuld und dem abstrakten Schuldversprechen vollstrecken wollte. Das darin liegende Ange-
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bot, das der Sache nach eine Haftungsfreigabe hinsichtlich der abgetretenen Kaufpreisforderungen bzw. eine Einschränkung der mit der
notariellen Urkunde vom 14. September 1994 verbundenen Sicherungsabrede darstellte, wurde von der Klägerin durch Begleichung der
restlichen Darlehensschuld konkludent angenommen.
Mit dieser Auslegung stimmt der vom Landgericht Ingolstadt in
einem Parallelprozeß zwischen den Parteien erteilte Hinweis überein,
daß die Beklagte aufgrund ihres Schreibens vom 4. November 1999
und der anschließenden Darlehenstilgung zur Herausgabe der notariellen Urkunde vom 14. September 1994 verpflichtet sei. Die Beklagte
hat diesem Hinweis in jenem Rechtsstreit zu Recht durch Abgabe eines
Anerkenntnisses Rechnung getragen. Indes erschöpft sich die Bedeutung der Vereinbarung, die außerhalb der anhängigen Vollstreckungsabwehrklage wirksam unmittelbar zwischen den Parteien getroffen werden konnte, nicht in der prozeßerledigenden Wirkung der auf ihrer
Grundlage erfolgten Titelherausgabe. Die Abrede begründete für die
Klägerin auch eine Einwendung im Sinne des § 767 ZPO, die der
Zwangsvollstreckung aus der Urkunde entgegenstand. Das gilt unabhängig davon, ob man in einer solchen Absprache eine sog. vollstrekkungsbeschränkende Vereinbarung sieht (vgl. BGH, Urteil vom 2. April
1991
- VI ZR
241/90,
WM 1991,
1097,
1099 f.;
OLG
Köln
NJW-RR 1995, 576; OLG Karlsruhe NJW-RR 1999, 941, 942) oder ihr
- als Einschränkung der schuldrechtlichen Zweckbindung - ausschließlich
materiellrechtliche
Bedeutung
beimißt
(vgl.
OLG
Hamm
JurBüro 1999, 382, 383).
Aufgrund der im November 1999 geschlossenen Vereinbarung
war die Vollstreckungsabwehrklage danach begründet. Dies hat das
Berufungsgericht verkannt. Der Revision der Klägerin hätte daher,
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wenn die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend in der
Hauptsache für erledigt erklärt hätten, mit der Kostenfolge aus § 91
Abs. 1 ZPO stattgegeben werden müssen. Die Kosten der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme wären allerdings gemäß § 96
ZPO der Klägerin aufzuerlegen gewesen, weil deren zugrunde liegende
Behauptungen und Beweisanträge insgesamt ohne Erfolg geblieben
sind. Es entspricht danach billigem Ermessen, der Klägerin die durch
die Beweiserhebung verursachten Kosten aufzuerlegen.
Nobbe
Siol
van Gelder
Bungeroth
Joeres