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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 320/04
vom
20. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Wiechers,
Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns
einstimmig beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 162.782,53 € festgesetzt.
Gründe:
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Die Revision ist gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen,
weil entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Voraussetzungen für
die Zulassung der Revision nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und das
Rechtsmittel darüber hinaus keine Aussicht auf Erfolg bietet. Zur Begründung
wird auf den Hinweis der Vorsitzenden vom 12. Oktober 2005 Bezug genommen (§§ 552a Satz 2, 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO).
2
Die Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 4. November
2005 rechtfertigen keine andere Beurteilung. Der Senat hat bereits entschieden,
dass bei zur Weiterveräußerung bestimmten Lebensmitteln der Verdacht einer
gesundheitsgefährdenden Beschaffenheit und die dadurch zwangsläufig herbeigeführte Unverkäuflichkeit der Ware einen Mangel bilden (BGHZ 52, 51, 54
f.; Urteil vom 14. Juni 1972 - VIII ZR 75/71, NJW 1972, 1462 unter I 3; Urteil
vom 23. November 1988 - VIII ZR 247/87, NJW 1989, 218 unter B II 2). Dass
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sich dieser Grundsatz auf den hier vorliegenden Fall von zur Versorgung Dritter
durch den Käufer bestimmten Lebensmitteln, die wegen des Verdachts einer
gesundheitsgefährdenden Beschaffenheit nicht verwendet werden können,
übertragen lässt, stellt auch die Revision nicht in Frage.
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Der Senat hat die vorgenannte Rechtsprechung zwar eingeschränkt dahin, dass die Unverkäuflichkeit nur dann einen Mangel bildet, wenn der Verdacht, auf dem die Unverkäuflichkeit beruht, nicht ausgeräumt wird, also die
Möglichkeit, dass Tatsachen vorliegen, die die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendbarkeit der Ware beeinträchtigen, fortbesteht, nicht dagegen, wenn
sich der Verdacht später als nicht berechtigt herausstellt (Urteil vom 14. Juni
1972, aaO, unter I 3 b; Urteil vom 23. November 1988, aaO, unter B II 2). Entgegen der Auffassung der Revision folgt daraus aber nicht, dass ein Sachmangel in Form des Verdachts der gesundheitsschädlichen Beschaffenheit von Anfang an nicht gegeben ist, wenn sich später herausstellt, dass objektiv zu keinem Zeitpunkt Tatsachen vorlagen, die die Verkehrsfähigkeit der Ware hätten
beeinträchtigen können. Der Senat hat die Einschränkung vielmehr lediglich in
einem Fall durchgreifen lassen, in dem die Ware nach Wegfall des Verdachts
uneingeschränkt verwendet werden konnte und deshalb der - ein Wandelungsrecht auslösende - Mangel nicht (mehr) fortbestand (Urteil vom 23. November
1988, aaO, unter B II 2 b). Für den hier zu beurteilenden Sachverhalt, bei dem
der Verdacht gesundheitsgefährdender Beschaffenheit aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse erst ausgeräumt werden konnte, nachdem die
Haltbarkeitsdauer der Ware von fünf Jahren überschritten war, lässt sich daraus
nichts herleiten. Der zunächst objektiv begründete und mit zumutbaren Maßnahmen nicht zu beseitigende Verdacht hatte zur Folge, dass die Ware zur
Verwendung für den vertragsgemäßen Zweck auf Dauer untauglich und deshalb mangelhaft war. Die Entscheidung über diesen besonders gelagerten Einzelfall, in dem die nur vorübergehend anzunehmende Mangelhaftigkeit der Wa-
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re zu ihrer endgültigen Unverwendbarkeit für den vertraglich vorausgesetzten
Gebrauch geführt hat, ergibt sich bei Zugrundelegung der genannten Senatsrechtsprechung. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der Sache nach alledem nicht zu.
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Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht
hat in rechtlicher Hinsicht im vorgenannten Sinne erkannt. Seine tatsächlichen
Feststellungen zum begründeten Verdacht einer gesundheitsschädlichen Beschaffenheit der gelieferten Grießspeise sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats war die
Grießspeise nicht erst dann mangelhaft, wenn sie tatsächlich eine Konzentration von BADGE und seiner Derivate von mehr als 1 mg/kg aufwies. Für die
Mangelhaftigkeit genügte vielmehr der - durch die Richtlinie 2002/16/EG der
Kommission vom 20. Februar 2002 über die Verwendung bestimmter Epoxyderivate in Materialien und Gegenständen, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen (Amtsblatt Nr. L 051 S. 27), begründete - abstrakte Verdacht, dass eine Konzentration von mehr als 1 mg/kg die Gefahr von Gesundheitsschäden barg, sowie der weitere, auf konkrete Tatsachen gestützte
Verdacht, dass in der gelieferten Grießspeise eine 1 mg/kg überschreitende
Menge enthalten war. Einen solchen Verdacht durfte das Berufungsgericht aus
den von den Parteien vorgelegten Gutachten auch dann herleiten, wenn man
mit der Revision unterstellt, dass nach der Richtlinie 2002/16/EG auf den
Grenzwert von 1 mg/kg noch Analysetoleranzen aufzuschlagen sind.
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Soweit die Revision geltend macht, der maßgebliche Grenzwert betrage
nach der Richtlinie 2002/16/EG nicht 1 mg/kg, sondern 1 mg/6 dm2, gilt dies
nur, soweit die gelieferten Dosen mit Grießspeise ein Fassungsvermögen von
weniger als 500 ml hatten. Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zum Fassungsvermögen der Dosen zeigt die Revision nicht auf. Das Berufungsgericht
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hatte entgegen der Auffassung der Revision auch keine Veranlassung, die Parteien, die sowohl die gelieferten Dosen als auch die einschlägige EG-Richtlinie
kannten und die übereinstimmend zu dem Grenzwert von 1 mg/kg vorgetragen
haben, nach § 139 ZPO auf die abweichende Regelung der Richtlinie für Behälter mit einem Fassungsvermögen von weniger als 500 ml hinzuweisen.
Dr. Deppert
Dr. Beyer
Dr. Wolst
Wiechers
Hermanns
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 03.07.2002 - 15 O 390/99 OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.10.2004 - 3 U 1087/02 -