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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 242/10
Verkündet am:
28. September 2011
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 432, 554; ZPO §§ 253, 531
a) Der Klageantrag auf Duldung der Modernisierung einer Mietwohnung ist hinreichend bestimmt, wenn der erstrebte Duldungserfolg sowie der Umfang der zu duldenden Arbeiten
in seinen wesentlichen Umrissen und Schritten im Antrag umschrieben werden.
b) Ist eine Mietwohnung von einer Bruchteilsgemeinschaft vermietet, kann die von der
Bruchteilsgemeinschaft beanspruchte Duldung einer Wohnungsmodernisierung gemäß
§ 432 Abs. 1 Satz 1 BGB auch von einzelnen ihrer Mitglieder aus eigenem Recht klageweise durchgesetzt werden.
c) Eine nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Modernisierungsankündigung muss
nicht jede Einzelheit der beabsichtigten Modernisierungsmaßnahme beschreiben und
nicht jede mögliche Auswirkung mitteilen. Sie muss lediglich so konkret gefasst sein, dass
sie den Informationsbedürfnissen des Mieters Rechnung trägt, das Ziel der beabsichtigten
Modernisierung und die zu dessen Erreichung geplanten Maßnahmen zu erfahren, um
ihm darüber eine zureichende Kenntnis zu vermitteln, in welcher Weise die Wohnung
durch die geplanten Maßnahmen verändert wird und wie sich diese Maßnahmen künftig
auf den Mietgebrauch einschließlich etwaiger Verwendungen des Mieters sowie die zu
zahlende Miete auswirken.
BGH, Urteil vom 28. September 2011 - VIII ZR 242/10 - LG München I
AG München
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 15. Zivilkammer
des Landgerichts München I vom 11. August 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Kläger sind zusammen mit drei weiteren Personen nach Bruchteilen
Eigentümer eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in M.
. Sie beabsichtigen, an der Westseite des Hauses Balkone zu errichten,
und beanspruchen vom Beklagten, der im Jahre 2000 eine der betroffenen
Wohnungen von der damaligen Eigentümerin gemietet hat, die Duldung der
Baumaßnahme. Die Durchführung dieser Maßnahme kündigten die hierbei
durch die Hausverwaltung T.
GmbH vertretenen Miteigentümer dem
Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2009 unter Bezeichnung der nachstehend aufgeführten Arbeiten, einem für den 9. Mai 2009 vorgesehenen Baubeginn und einer veranschlagten Bauzeit von sechs Wochen an. Dabei setzten sie
für die Arbeiten innerhalb der Wohnungen jeweils fünf Tage zuzüglich Malerar-
-3-
beiten nach einer Trocknungszeit von etwa einer Woche an. Ferner bezifferten
sie darin unter Bezugnahme auf eine beigefügte Kostenschätzung den Betrag
der voraussichtlichen monatlichen Mieterhöhung mit 121,06 €.
2
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, die mit dem
genannten Schreiben angekündigten Modernisierungsmaßnahmen zur Anbringung eines Balkons im Bereich der Westseite seiner Wohnung gegenüber den
Klägern und den übrigen Miteigentümern zu dulden, und zwar insbesondere
folgende Maßnahmen:
- Anbringung eines Staubschutzes im Arbeitsbereich,
- Demontage und Verlegung sowie Neuanschluss der Heizung und
Elektroleitungen sowie Schalter, Steckdosen im betroffenen Wandbereich,
- Ausbau des vorhandenen Fensters, Ausbruch der Fensterbrüstung, Begradigung der Laibungen und Einbau eines neuen Fenstertürelements,
- Installation von Heizung und Elektroinstallationen im betroffenen Wandbereich,
- Einputzen des Fensterelements und der Installationsleitungen zunächst mit
Grundputz, anschließend mit streichfähigem Endputz,
- Malerarbeiten im Bereich der betroffenen Flächen,
- Aufstellung eines Arbeits- und Schutzgerüsts an der Fassadenwestseite des
betroffenen Anwesens bis zur Höhe der Traufe,
- Öffnung der Fassadenverkleidung und Wiedermontage nach Abschluss der
Balkon- und Fensteranbauarbeiten,
- Setzen von Zugankern und Auflagenkonsole in die Fassade,
- Aufstellen des Balkonpodests und Anbringung des Geländers.
3
Darüber hinaus hat das Amtsgericht den Beklagten "verpflichtet", den
Miteigentümern, der Hausverwaltung sowie den beauftragten Handwerkern und
Architekten zur Durchführung der genannten Maßnahmen Zutritt zu seiner
Wohnung zu gewähren. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist
erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt er sein Klageabweisungsbegehren weiter.
-4-
Entscheidungsgründe:
4
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Klage sei zulässig. Insbesondere sei dem Klageantrag unter Berücksichtigung der dabei in Bezug genommenen Modernisierungsankündigung mit
hinreichender Sicherheit zu entnehmen, was vom Beklagten verlangt werde.
Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung sei es nicht nötig, dass
der Antrag bereits allen Anforderungen genüge, die an eine Mitteilungspflicht
des Vermieters gemäß § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB zu stellen seien. Denn die
Frage der in § 554 BGB geregelten Duldungspflicht könne nicht bereits in die
von Amts wegen vorzunehmende Prüfung zur Zulässigkeit der Klage vorverlagert werden.
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Ebenso seien die Kläger prozessführungsbefugt. Nach der vorgelegten
notariellen Urkunde vom 29. Mai 2006 bestehe am Mietgrundstück eine Bruchteilsgemeinschaft zwischen den Klägern und den weiteren Eigentümern. Dies
habe zur Folge, dass es sich bei der im Streit stehenden Duldungspflicht um
eine im Rechtssinne unteilbare Leistung handele, deren Erfüllung die Kläger
nach Maßgabe der hier gewahrten Anforderungen des § 432 Abs. 1 Satz 1
BGB beanspruchen könnten.
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In der Sache werde die genannte Modernisierungsankündigung zwar
nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB gerecht,
so dass der Beklagte an sich nicht zur Duldung verpflichtet sei. Denn ein Mieter
müsse in der Lage sein, sich nach den Angaben in der Mitteilung genaue Vorstellungen darüber zu machen, welche Modernisierungsmaßnahmen geplant
-5-
seien. Eine ungefähre stichwortartige Beschreibung der Arbeiten reiche dazu in
aller Regel nicht aus. Vielmehr sei die Art der Maßnahme möglichst genau, und
zwar nach Möglichkeit unter Beifügung genauer Baupläne, mitzuteilen. Das sei
in der Modernisierungsankündigung nicht erfolgt. So finde sich hinsichtlich der
durchzuführenden Installationsarbeiten zu Art und Umfang lediglich die pauschale Mitteilung: "Heizung und Elektro-Rohinstallation im betr. Wandbereich".
Hieraus ergebe sich aber nicht, welcher Wandbereich genau betroffen sei oder
wo genau die Elektro-Rohinstallation erfolgen solle. Auch die Angabe, dass der
bestehende Heizkörper entfernt werde und der Heizkörper vor dem Nordfenster
entsprechend aufgerüstet werde, sei nicht hinreichend konkret, da hieraus nicht
hervorgehe, ob der bestehende Heizkörper vergrößert werden solle und wie
sich die beabsichtigte Umrüstung auswirke. Ebenso wenig sei die genaue Lage
des anzubringenden Balkons beschrieben, da sich aus dem Ankündigungsschreiben lediglich ergebe, dass die Balkone jeweils an der Westseite der
Wohnungen angebracht werden sollten. Es sei den Klägern jedoch zuzumuten
gewesen, insoweit einen Bauplan mit genauer Lagebezeichnung beizufügen.
Auch die vorliegend erfolgte Beifügung eines Lichtbilds mit einem ähnlichen
Balkon genüge dazu nicht. Darüber hinaus sei der Beginn der Modernisierungsmaßnahmen innerhalb der Wohnung unklar bezeichnet.
9
Gleichwohl könne sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Kläger
ihre Mitteilungspflicht schlecht erfüllt hätten. Denn er habe erstmals im Berufungsrechtszug gerügt, dass die Modernisierungsankündigung nicht den Anforderungen des § 554 Abs. 3 BGB genüge. Bei dieser Rüge handele es sich um
ein neues Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO, welches er mit
neuem Tatsachenvorbringen dahin unterlegt habe, dass nicht ersichtlich sei, wo
die Balkone angebracht werden sollten, und dass sowohl der zeitliche Umfang
der Arbeiten als auch die genaue Lage der für die Heizungs- und Elektroanschlüsse zu verlegenden Leitungen unklar seien. Dieser Vortrag hätte jedoch
bereits in erster Instanz gehalten werden können und müssen. Selbst wenn
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man hierin nur Rechtsausführungen sehen wollte, seien diese nicht mehr zu
berücksichtigen, da in erster Instanz die Vereinbarkeit der Modernisierungsankündigung mit § 554 Abs. 3 BGB jedenfalls nicht bestritten worden sei und deren erstmaliges Bestreiten in der Berufungsinstanz ebenfalls nach § 531 Abs. 2
ZPO nicht zulassungsfähig sei.
II.
10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so
dass die Revision zurückzuweisen ist.
11
Das Berufungsgericht, das ohne Rechtsfehler die Klage für zulässig erachtet und die Kläger zur Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs als
befugt angesehen hat, ist zwar unzutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte mit seinen auf Mängel der Modernisierungsankündigung gestützten Einwendungen gegen die von den Klägern gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB beanspruchte Duldung der vorgesehenen Baumaßnahmen zur Balkonanbringung
gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen sei. Gleichwohl hat die Revision keinen Erfolg, weil diese Einwendungen in der Sache nicht durchgreifen und die
Modernisierungsankündigung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
den Anforderungen des § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB gerecht wird.
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1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht den
vorstehend bezeichneten Klageantrag auf Duldung der darin genannten Modernisierungsmaßnahmen für hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO erachtet und es gebilligt hat, dass das Amtsgericht nach diesem Antrag gegen den Beklagten erkannt hat.
13
a) Allerdings wird im mietrechtlichen Schrifttum angenommen, dass die
vom Mieter zu duldenden Maßnahmen im Klageantrag nach Art, Umfang, Be-
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ginn und Dauer in hinreichend genauer Vereinzelung umschrieben werden
müssen. Dabei wird - der Modernisierungsankündigung entsprechend - hinsichtlich Art und Umfang eine genaue und umfassende, gegebenenfalls durch
Bezugnahme auf beigefügte Skizzen oder Baupläne ergänzte Beschreibung der
einzelnen Maßnahmen bis hin zur genauen Angabe von Ort und Abmessungen
ihrer Vornahme und der jeweils vorgesehenen Ausführungsart gefordert
(Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 554 Rn. 45, 64; Sternel, Mietrecht aktuell,
4. Aufl., Rn XIV 72; Gies, NZM 2003, 545, 546). Auch in der Instanzrechtsprechung gehen die Konkretisierungsanforderungen bisweilen dahin, dass etwa bei
Rohrleitungsverlegungen der genaue horizontale und vertikale Verlauf der
Rohrleitungen anzugeben sei und lediglich ungefähre Verlaufsangaben nicht
ausreichten (KG, GE 2004, 1231 mwN).
14
b) Dem kann - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - in dieser
Weite nicht gefolgt werden. Insbesondere übersehen diese am Inhalt der Modernisierungsankündigung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB orientierten Sichtweisen, dass es bei Formulierung der Duldungspflicht im Antrag nicht darum geht,
dem Mieter eine hinreichende Entscheidungsgrundlage über die Bedeutung und
die Auswirkungen der Maßnahme zu vermitteln, um ihm auf diese Weise eine
Beurteilungsgrundlage für seine Entscheidung an die Hand zu geben, ob er die
Maßnahme dulden will und wie er sich im Falle einer Duldungspflicht in seinen
Dispositionen (eigene Zeitplanung, Änderung der Nutzungsmöglichkeiten, Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB usw.) darauf einstellen will. Der Antrag dient vielmehr nur dazu, die zu duldenden Handlungen so genau zu umschreiben, dass sie die hinreichende Grundlage für eine
nach § 890 ZPO vorzunehmende Zwangsvollstreckung bilden können.
15
Zwar müssen Anträge, mit denen die Duldung von Handlungen verlangt
wird, die zu duldenden Handlungen so genau bezeichnen, dass der in Anspruch
genommene Schuldner im Falle einer dem Antrag entsprechenden gerichtlichen
-8-
Entscheidung eindeutig erkennen kann, was von ihm verlangt wird. Denn diese
Prüfung darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, da es nicht dessen Aufgabe ist zu klären, wie die zu vollstreckende Handlung oder Unterlassung aussieht; es ist vielmehr auf eine Klärung der Frage
beschränkt, ob der Schuldner der ihm gebotenen Verpflichtung nachgekommen
ist. Gleichwohl sind bei Duldungsanträgen gewisse Verallgemeinerungen häufig
unvermeidlich, weil andernfalls die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu
erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert würde
(BAG, NZA 2010, 1365, 1366 mwN). Aus dem gleichen Grunde kann eine Verurteilung zur Duldung auch ohne ausdrücklichen Ausspruch die Verpflichtung
zu positivem Tun enthalten, wenn der Schuldner - wie hier hinsichtlich der
gleichzeitig erkannten Verpflichtung zur Zutrittsgewährung - seiner Duldungspflicht nur dadurch gerecht werden kann, dass er daneben zugleich positive
Handlungen vornimmt, die erforderlich sind, um den rechtmäßigen Zustand zu
erreichen. Denn auch insoweit würde eine Zwangsvollstreckung unzumutbar
erschwert, wenn der Gläubiger statt dessen darauf verwiesen werden müsste,
jeweils einzelne Handlungstitel für die nach Art und Umfang in der Regel nicht
hinreichend voraussehbaren Handlungen zur Erreichung des beschriebenen
Duldungserfolges zu erwirken (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB
58/06, WM 2007, 1416 Rn. 17 f.).
16
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden und dem Schuldner auf
der einen Seite die hinreichende Erkenntnismöglichkeit zu eröffnen, was von
ihm an zu duldenden Handlungen verlangt wird, auf der anderen Seite die
Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten des Gläubigers aber auch nicht unzumutbar zu erschweren, genügt es, dass der erstrebte Duldungserfolg sowie der
Umfang der zu duldenden Arbeiten - wie hier - in seinen wesentlichen Umrissen
und Schritten im Antrag umschrieben werden. Das gilt umso mehr, als sich im
Zuge der Bauausführung noch gewisse Änderungen oder Konkretisierungen im
Detail ergeben können und selbst § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB mit seiner inhaltlich
-9-
weitergehenden Ankündigungspflicht dem Rechnung trägt, indem neben der Art
der Maßnahme lediglich deren voraussichtlicher Umfang mitgeteilt werden
muss.
17
Ebenso wenig verlangt der Ausspruch der Duldungspflicht die Mitteilung
eines exakten zeitlichen Rahmens für die zu duldenden Handlungen. Hier hat
der erkannte Duldungsausspruch auf die Modernisierungsankündigung vom
30. Januar 2009 und den darin enthaltenen Zeitplan Bezug genommen, in dem
der voraussichtliche Beginn der Maßnahmen mitgeteilt und deren voraussichtlicher zeitlicher Ablauf umrissen war. Das genügt zu einer hinreichenden zeitlichen Bestimmbarkeit der Duldungspflicht. Denn andernfalls würde jede Verzögerung bei Beginn und Durchführung der Maßnahmen den Titel entwerten, und
zwar selbst dann, wenn die Verzögerung nur unwesentlich oder vom Vermieter
nicht zu vertreten ist, etwa weil die Bauhandwerker verzögert beginnen oder
ausführen oder - wie hier - ein Maßnahmenbeginn durch Widerspruch von Mieterseite hinausgezögert wird. Dies würde für die Kläger jedoch zu einer unzumutbaren Erschwerung ihres gerichtlichen Rechtsschutzes führen, ohne dass
dem ein berechtigtes Interesse des Beklagten an einer sonst nicht möglichen
hinreichenden Bestimmbarkeit des Zeitraums seiner Duldungspflicht entgegenstünde.
18
2. Anders als die Revision meint, ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Kläger gemäß § 432 BGB ohne Mitwirkung
der übrigen Miteigentümer berechtigt sind, vom Beklagten die gemäß § 554
Abs. 2 Satz 1 BGB beanspruchte Duldung der ihm angekündigten Modernisierungsmaßnahme zu verlangen. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob es
sich bei dem Klagerecht aus § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach dann, wenn
mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern haben, der Schuldner, sofern sie
nicht Gesamtgläubiger sind, nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder
Gläubiger nur die Leistung an alle fordern kann, um einen die Zulässigkeit der
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Klage betreffenden Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft im Sinne von § 51
Abs. 1 ZPO handelt (so etwa MünchKommBGB/Karsten Schmidt, 5. Aufl., § 741
Rn. 49; Musielak/Weth, ZPO, 8. Aufl., § 51 Rn. 23) oder um einen lediglich die
materielle Anspruchsberechtigung betreffenden Fall der Aktivlegitimation (so
etwa MünchKommZPO/Lindacher, 3. Aufl., Vor §§ 50 ff. Rn. 53 mwN). Jedenfalls sind die Kläger gemäß § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB kraft eigenen Rechts und
damit als Partei zur klageweisen Durchsetzung der beanspruchten Duldung
befugt (vgl. RGZ 70, 32, 34 f.).
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a) Die Kläger sind in Rechtsgemeinschaft mit weiteren Personen Eigentümer nach Bruchteilen des in Rede stehenden Mietgrundstücks im Sinne von
§§ 741 ff. BGB und als solche Vermieter der dem Beklagten überlassenen
Wohnung. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
haben die Kläger und die weiteren Bruchteilseigentümer, hierbei in zulässiger
Weise jeweils vertreten durch die Hausverwaltung T.
GmbH (vgl. Ster-
nel, aaO Rn. VII 151; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2011, § 554
Rn. 42), dem Beklagten unter dem 30. Januar 2009 die im Streit stehenden
Modernisierungsmaßnahmen angekündigt und bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 554 Abs. 2 BGB (dazu nachstehend unter II 4 a) auf diese Weise
- die Ordnungsmäßigkeit der Ankündigung vorausgesetzt (dazu nachstehend
unter II 4 b) - eine Duldungspflicht des Beklagten fällig gestellt (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 20. Dezember 2010 - 8 U 507/09, juris Rn. 38; KG, GE
2007, 907; OLG München, WuM 1991, 481, 482; jeweils mwN; Sternel, aaO
Rn. VII 150; Staudinger/Emmerich, aaO § 554 Rn. 41; MünchKommBGB/
Bieber, aaO, § 554 Rn. 34).
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b) Der Revision kann nicht gefolgt werden, soweit sie meint, der Anspruch auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen könne nicht einem von
§ 432 BGB erfassten Anspruch mehrerer Eigentümer auf Zahlung der Miete
gleichgesetzt werden. Denn diese Vorschrift, die bereits nach ihrem Wortlaut
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den Kreis der von ihr erfassten Forderungen nicht beschränkt, betrifft bei Vermietung eines in Bruchteilseigentum stehenden Grundstücks durch die Bruchteilsgemeinschaft alle Forderungen aus dem Mietverhältnis beziehungsweise
aus der Benutzung des Grundstücks, da diese Forderungen - wie nicht zuletzt
§ 754 Satz 2 BGB zeigt - ungeachtet einer Teilbarkeit im natürlichen Sinne jedenfalls nach dem Wesen der Gemeinschaft im Rechtssinne auf eine unteilbare
Leistung gerichtet sind (BGH, Urteile vom 11. Juli 1958 - VIII ZR 108/57, NJW
1958, 1723; vom 29. Januar 1969 - VIII ZR 20/67, WM 1969, 396 unter I 2; vom
19. Oktober 2000 - IX ZR 255/99, WM 2000, 2457 unter III, insoweit in BGHZ
145, 352 nicht abgedruckt; Staudinger/Noack, BGB, Neubearb. 2005, § 432
Rn. 20, 22 f.). Das gilt auch für die vorliegend beanspruchte Duldung nach
§ 554 Abs. 2 Satz 1 BGB, die jeder Teilhaber gemäß § 432 BGB selbständig in
der Weise geltend machen kann, dass er - wie hier - Duldung gegenüber allen
Miteigentümern fordert.
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3. Die Revision rügt aber mit Recht, dass das Berufungsgericht den Beklagten mit seinen auf Mängel der Modernisierungsankündigung gestützten
Einwendungen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO für ausgeschlossen erachtet hat.
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Das Berufungsgericht hat übersehen, dass der Ausschluss neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsrechtszug, auch soweit sie im ersten Rechtszug aus Nachlässigkeit nicht geltend gemacht worden sind, nicht für
unstreitige Tatsachen gilt. Unter "neue Angriffs- und Verteidigungsmittel" im
Sinne des § 531 ZPO fällt vielmehr nur streitiges und beweisbedürftiges Vorbringen. Nicht beweisbedürftiges Vorbringen hat das Berufungsgericht dagegen
gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung ohne Weiteres zugrunde zu legen, selbst wenn es sich dabei um zu erhebende Einreden oder auszuübende
Gestaltungsrechte handelt, sofern die sie begründenden Tatsachen unstreitig
sind (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 9 ff.;
Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 15 f.;
- 12 -
BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - VI ZR 82/09, NJW-RR 2010, 664 Rn. 7; jeweils mwN). So liegt der Fall hier.
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Dass für den Aussagegehalt der Modernisierungsankündigung (streitige)
Umstände zu berücksichtigen wären, die außerhalb dieses Ankündigungsschreibens liegen, der Aussagegehalt sich also nicht oder nicht allein aus dem
Schreiben selbst erschließt, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt worden
noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil hat das Berufungsgericht das Ankündigungsschreiben anhand der von ihm angelegten Beurteilungsmaßstäbe vollständig darauf überprüft, ob es den inhaltlichen Anforderungen des § 554
Abs. 3 Satz 1 BGB genügt, und hierauf gestützt eine Duldungspflicht des Beklagten bereits abschließend verneint. Um den Informationsgehalt des Ankündigungsschreibens beurteilen zu können, bedurfte es mithin aus der Sicht des
Berufungsgerichts keines Rückgriffs auf über den Inhalt des Schreibens hinausgehende streitige Tatsachen.
24
4. Gleichwohl bleibt die Revision ohne Erfolg, weil sich die Entscheidung
aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Denn auch unter Einbeziehung des verfahrensfehlerhaft übergangenen Vorbringens des Beklagten
hätte das Berufungsgericht dem von den Klägern geltend gemachten Duldungsanspruch stattgeben müssen.
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a) Soweit der Duldungsanspruch nach § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB voraussetzt, dass die Maßnahme zur Verbesserung der Mietsache dient, hat das Berufungsgericht sich auf die erstinstanzliche Feststellung bezogen, wonach durch
den Einbau eines bisher nicht vorhandenen Balkons die Wohnverhältnisse verbessert würden. Das entspricht einer verbreiteten, mit der insoweit maßgeblichen Verkehrsanschauung im Einklang stehenden Sichtweise in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum, nach der die Anbringung eines Balkons jedenfalls im städtischen Bereich üblicherweise als Maßnahme zur Wohnwertver-
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besserung angesehen wird (LG Berlin, NZM 1998, 189; ZMR 2004, 193; LG
Wiesbaden, WuM 2003, 564, 565; Blank/Börstinghaus, aaO Rn. 16; Staudinger/
Emmerich, aaO, § 554 Rn. 24), und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
26
b) Das Berufungsgericht hat jedoch, wie die Revisionserwiderung mit ihrer Gegenrüge zutreffend geltend macht, die Anforderungen an den Inhalt der
gemäß § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB zu übermittelnden Modernisierungsankündigung überspannt. Nach dieser Bestimmung hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art und voraussichtlichen
Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung mitzuteilen. Wie konkret die Mitteilung sein muss, um dem Mieter die für
die Beurteilung seiner Lage, insbesondere für eine Duldungspflicht, notwendigen Kenntnisse darüber zu verschaffen, welche Modernisierungsmaßnahmen
der Vermieter durchzuführen beabsichtigt, in welcher Weise die Wohnung durch
diese Maßnahmen verändert wird und wie sich diese Maßnahmen künftig auf
den Mietgebrauch einschließlich etwaiger Verwendungen des Mieters sowie die
zu zahlende Miete auswirken, ist allerdings umstritten.
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aa) In der Instanzrechtsprechung wie auch im Schrifttum wird teilweise
angenommen, dass etwa bei einer - auch hier im Zuge der Balkonerrichtung
vorzunehmenden - Verlegung einer Sammelheizung der Vermieter die Anzahl,
die Bauart und den Ort der Aufstellung der Heizkörper sowie den horizontalen
und vertikalen Verlauf der Rohrleitungen benennen müsse, um dem Mieter eine
genaue Vorstellung von der Neugestaltung der Wohnung zu vermitteln. Das
mache es in aller Regel sogar erforderlich, dem Mieter einen Auszug aus dem
Bauplan zu übermitteln, der den Umfang der Arbeiten einschließlich vorgesehener Wandöffnungen und Durchbrüche aufzeige (LG Hamburg, WuM 1990,
18; WuM 1992, 121; Blank/Börstinghaus, aaO Rn. 45; Sternel, aaO Rn. VII 159;
noch weitergehend etwa Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Aufl.,
- 14 -
§ 554 BGB Rn. 265, 267; LG Berlin, Beschluss vom 2. Juli 2004 - 67 T 52/04,
juris Rn. 5, das zudem eine Gegenüberstellung von erstrebtem und vorhandenem Ausstattungsbestand verlangt). Ebenso wird zu den Mitteilungsanforderungen an den Maßnahmenbeginn und Maßnahmenablauf angenommen, dass
nicht nur die voraussichtlichen Termine für Beginn und Ende der Maßnahmen
überhaupt, sondern auch für die einzelnen Etappen, die unterschiedliche Beeinträchtigungen mit sich bringen können, im Ankündigungsschreiben zu benennen seien (LG Hamburg, WuM 2005, 60, 61; Blank/Börstinghaus, aaO Rn. 46)
beziehungsweise hinsichtlich der Innenmaßnahmen eine genauere Zeiteingrenzung und Zeitspanne erforderlich sei (Eisenschmid, juris PR-MietR 25/10
Anm. 5 unter C). Eine lediglich ungefähre, stichwortartige Beschreibung der
Arbeiten und Abläufe wird demgegenüber nicht für genügend angesehen
(Schmidt-Futterer/Eisenschmid, aaO Rn. 267; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB,
2. Aufl., § 554 Rn. 23 d).
28
bb) Diese Anforderungen gehen zu weit (ebenso auch KG, GE 2007,
907; LG München I, ZMR 2009, 453, 454 f.; Beyer GE 2009, 943, 947 f.;
MünchKommBGB/Bieber, aaO, Rn. 35; Staudinger/Emmerich, aaO, Rn. 44
mwN). Der Gesetzgeber hat sich bei der Neufassung des § 554 Abs. 3 BGB im
Zuge des Mietrechtsreformgesetzes gegen zu strenge Anforderungen an den
Inhalt der Modernisierungsmitteilung des Vermieters ausgesprochen und die
zuvor vertretenen Maßstäbe dahin abgesenkt wissen wollte, dass der Vermieter
nur noch den voraussichtlichen Umfang und Beginn und die voraussichtliche
Dauer der Maßnahme mitteilen sollte, um dem Umstand Rechnung zu tragen,
dass der Vermieter zu dem vom Gesetz vorgeschriebenen Mitteilungszeitpunkt
zu präziseren Angaben häufig gar nicht in der Lage sein wird (BT-Drucks.
14/4553 S. 36 f., 49 f.).
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Auch der mit der Modernisierungsankündigung verfolgte Zweck verlangt
in der Regel nicht, dass jede Einzelheit der beabsichtigten Modernisierungs-
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maßnahme in der Ankündigung beschrieben und jede mögliche Auswirkung
mitgeteilt wird.
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Sie muss auf der einen Seite zwar den Informationsbedürfnissen des
Mieters Rechnung tragen, das Ziel der beabsichtigten Modernisierung und die
zu dessen Erreichung geplanten Maßnahmen zu erfahren, um ihm darüber eine
zureichende Kenntnis zu vermitteln, in welcher Weise die Wohnung durch diese
Maßnahmen verändert wird und wie sich diese Maßnahmen künftig auf den
Mietgebrauch einschließlich etwaiger Verwendungen des Mieters sowie die zu
zahlende Miete auswirken, und ihm so eine sachgerechte Beurteilung der sich
daraus ergebenden Lage, insbesondere hinsichtlich seiner Duldungspflicht, der
für ihn zu treffenden Maßnahmen und der gegebenenfalls zu ziehenden vertragsrechtlichen Konsequenzen, ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 37).
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Auf der anderen Seite ist aber auch zu berücksichtigen, dass die in § 554
Abs. 3 Satz 1 BGB geregelte Mitteilungspflicht nicht darauf abzielt, die in § 554
Abs. 2 BGB näher geregelte sachliche Befugnis des Vermieters zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen einzuschränken, sondern dass sie dem
Mieter lediglich einen ergänzenden Schutz bei der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gewähren soll (vgl. Senatsurteil vom 19. September 2007
- VIII ZR 6/07, WuM 2007, 630 Rn. 15). Die Verwirklichung dieses ergänzenden
Schutzes darf deshalb - wovon auch der Gesetzgeber ausgegangen ist (BTDrucks. 14/4553, aaO) - nicht so weit gehen, dass einem Vermieter die Durchführung gesetzlich zulässiger Modernisierungsmaßnahmen durch eine Handhabung der Mitteilungsanforderungen erschwert wird, die über das zum Schutz
des Mieters gebotene Maß hinausgeht und auf diese Weise den Modernisierungsanspruch des Vermieters unvertretbar verkürzt (BayObLG, NZM 2001, 89;
MünchKommBGB/Bieber, aaO, Rn. 36; jeweils unter Hinweis auf BVerfGE 79,
80, 84 f.).
- 16 -
32
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die Modernisierungsankündigung der Kläger - wie der Senat nach dem festgestellten Sachverhalt selbst beurteilen kann - diesen Anforderungen gerecht. Der an der
Westseite des Hauses anzubringende Balkon ist in der Ankündigung mit seiner
Gestaltung und den vorgesehenen Abmessungen ebenso beschrieben wie die
außerhalb und innerhalb der Wohnung unter Angabe ihres voraussichtlichen
zeitlichen Ablaufs im Einzelnen vorzunehmenden Arbeiten und Arbeitsschritte.
Die voraussichtliche Lage des Balkons vor einem bisherigen Wohnzimmerfenster, unter dem der im Zuge der Arbeiten zu entfernende Heizkörper angebracht
ist, dessen Heizleistung durch Aufrüstung eines näher beschriebenen anderen
Heizkörpers übernommen werden soll, erschließt sich dem Beklagten ohne
Weiteres. Gleiches gilt für die im betroffenen Wandbereich liegenden und deshalb zwangsläufig zu ändernden Heizungs- und Elektroinstallationen sowie die
dazu vorzunehmenden Putz- und Malerarbeiten. Die Ankündigung ist mithin bei
Anlegung objektiver Maßstäbe geeignet, dem Beklagten das von § 554 Abs. 3
Satz 1 BGB geforderte hinreichende Bild von dem zu vermitteln, was mit der
geplanten Balkonanbringung voraussichtlich an Änderungen auf ihn zukommt.
Exakte Angaben zu Zeitpunkt und Abfolge der einzelnen Arbeiten oder Arbeitsschritte etwa nach Maßgabe eines beizufügenden Bauzeitenplans werden da-
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bei entgegen der Auffassung der Revision vom beschriebenen Zweck der Modernisierungsankündigung nicht gefordert.
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Achilles
Dr. Milger
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 15.10.2009 - 472 C 13274/09 LG München I, Entscheidung vom 23.06.2010 - 15 S 22014/09 -