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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 123/09
Verkündet am:
14. April 2010
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 309 Nr. 5 Buchst. b
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Kraftfahrzeughändler gegenüber
Verbrauchern in Verträgen über den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge verwendet,
verstößt folgende, für den Fall der Nichtabnahme des Fahrzeugs durch den Käufer
vorgesehene Schadenspauschalierungsklausel
"Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der
Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist."
nicht gegen das Klauselverbot nach § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB.
BGH, Urteil vom 14. April 2010 - VIII ZR 123/09 - LG Mainz
AG Mainz
-2Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter
Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Mainz vom 22. April 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Durch Vertrag vom 10./14. Januar 2008 kaufte die Beklagte von der Klägerin, die einen Kraftfahrzeughandel betreibt, zum Preis von 29.000 € ein gebrauchtes Kraftfahrzeug. Dabei sollte ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung gegeben und mit 6.200 € auf den Kaufpreis angerechnet werden. Die einbezogenen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin bestimmen unter "IV. Abnahme" Folgendes:
"1. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von acht Tagen ab
Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtabnahme
kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen.
-3-
2. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der
Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist."
2
Mit einem am 15. Januar 2008 bei der Klägerin eingegangenen Schreiben erklärte die Beklagte, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Die Klägerin bestätigte den Vertragsrücktritt und erklärte, die Beklagte aus den Verpflichtungen
des mit ihr geschlossenen Kaufvertrages entlassen zu wollen. Gleichzeitig bat
sie um Zahlung der im Vertrag vorgesehenen Abstandssumme in Höhe von
10 % des Kaufpreises und wies darauf hin, dass mit Zahlung dieses Betrages
die vertraglichen Pflichten der Beklagten abgegolten seien. Die Beklagte ihrerseits ließ durch Anwaltsschreiben vom 28. Januar 2008 mitteilen, dass sie den
Schadensersatz nicht zahlen werde, und erklärte hilfsweise die Anfechtung des
Kaufvertrages, weil sie sich von der Klägerin über den für das in Zahlung gegebene Gebrauchtfahrzeug anzurechnenden Betrag als getäuscht ansah.
3
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes von 2.900 € zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Klage
stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr
Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
5
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
-4-
6
Die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Kaufvertrages greife nicht
durch. Zwar sei bei der ersten Besichtigung ein Inzahlungnahmebetrag von
9.000 € genannt worden. Dieser Betrag habe jedoch unter dem Vorbehalt genauerer Besichtigung gestanden. Soweit die Klägerin auf Grund der dabei unstreitig festgestellten Mängel zu der Einschätzung gelangt sei, das Fahrzeug
werde die TÜV-Plakette nicht erhalten, und deshalb nur noch einen geringeren
Inzahlungnahmebetrag angeboten habe, könne dies ein Anfechtungsrecht nicht
begründen. Die Beklagte sei deshalb nach dem von ihr grundlos erklärten
Rücktritt zur Zahlung des von der Klägerin nach Maßgabe ihrer Geschäftsbedingungen in Höhe von 10 % des Kaufpreises beanspruchten Schadensersatzes verpflichtet. Die betreffende Klausel sei wirksam. Zwar verlange § 309 Nr. 5
Buchst. b BGB den ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises, dass kein Schaden eingetreten oder dass dieser geringer sei als die
vorgesehene Pauschale. Dass hiervon abweichend in der Klausel der Hinweis
auf die Nachweismöglichkeit fehle, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden sei, sei jedoch unschädlich. Denn es sei nicht erforderlich, dass insoweit
der Gesetzeswortlaut übernommen werde. Eine solche Klausel werde entgegen
teilweise vertretener Auffassung den bestehenden Anforderungen vielmehr
schon dann gerecht, wenn sie dem Käufer - wie hier - ausdrücklich die Möglichkeit eröffne nachzuweisen, dass dem Verkäufer ein geringerer Schaden entstanden sei. Ein solcher Hinweis schließe nämlich erkennbar auch die Möglichkeit des Nachweises ein, dass überhaupt kein Schaden entstanden sei.
II.
7
Diese Beurteilung lässt, soweit sie revisionsrechtlicher Nachprüfung unterliegt, keinen Rechtsfehler erkennen.
-5-
8
1. Die Revision ist allerdings nur insoweit zulässig, als sich das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Betrag des zugesprochenen Schadensersatzes wendet. Denn das Berufungsgericht hat die
Zulassung der Revision wirksam hierauf beschränkt. Soweit die Revision das
Berufungsurteil auch hinsichtlich der Entscheidung über den Anspruchsgrund
angreift, ist das Rechtsmittel deshalb mangels Zulassung durch das Berufungsgericht unstatthaft und damit unzulässig (§ 543 Abs. 1 ZPO).
9
a) Das Berufungsgericht kann eine nach § 543 Abs. 2 ZPO auszusprechende Zulassung der Revision auf Teile des Streitstoffes beschränken. Die
Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann
sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Allerdings muss sich in diesem Fall die Beschränkung den Entscheidungsgründen eindeutig entnehmen
lassen. Das ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren teilbaren Gegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses
Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung
auf diesen Anspruch oder Anspruchsteil zu sehen ist (st. Rspr., z.B. BGHZ 153,
358, 360 ff.; Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, WuM 2010,
163, Tz. 14; vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 164/08, WuM 2009, 733, Tz. 11;
jeweils m.w.N.).
10
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es für die Wirksamkeit der Schadenspauschalierungsklausel in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Klägerin die Frage für klärungsbedürftig hält, wie die
Klausel angesichts der dazu in Rechtsprechung und Literatur vertretenen unterschiedlichen Auffassungen auszulegen ist. Damit hat es ein Rechtsmittel gegen
seine Entscheidung auf die Frage beschränkt wissen wollen, ob der als bestehend angenommene Schadensersatzanspruch der Klägerin nach Maßgabe der
-6-
Klausel pauschaliert berechnet werden kann. Das Berufungsgericht hat auch
nicht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision nennen wollen.
Es hat vielmehr seinen Willen, eine Revision auf den durch die aufgeworfene
Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitstoffes zu beschränken, noch dadurch
verdeutlicht, dass es ergänzend auf die insoweit von den Parteien beantragte
Revisionszulassung hingewiesen hat. Denn die Parteien hatten angesichts des
in der mündlichen Berufungsverhandlung protokollierten Hinweises des Berufungsgerichts, es sehe die Klausel als wirksam an, übereinstimmend zu Protokoll erklärt, um Zulassung der Revision zu dieser in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung ungeklärten Frage zu bitten.
11
Die Entscheidungsgründe lassen hiernach eindeutig erkennen, dass das
Berufungsgericht nur hinsichtlich der Wirksamkeit der Schadenspauschalierungsklausel eine die Anrufung des Bundesgerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage gesehen hat. Die materiell-rechtliche Beurteilung des Anspruchsgrundes,
bei dem die Berufung lediglich die vom Amtsgericht verneinte Anfechtung des
Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung angegriffen hatte, hat das Berufungsgericht hingegen ersichtlich für rechtlich unproblematisch gehalten. Die
Revision ist deshalb nach der dafür gegebenen Begründung auf den Betrag des
erhobenen Anspruchs beschränkt zugelassen worden (vgl. BGH, Urteile vom
13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89, WM 1990, 784, unter II; vom 25. Februar
1993 - III ZR 9/92, WM 1993, 1015, unter I 2, insoweit in BGHZ 121, 367 nicht
abgedruckt; vom 10. Mai 2001 - III ZR 262/00, WM 2001, 1633, unter II 2, insoweit in BGHZ 147, 394 nicht abgedruckt; jeweils m.w.N.; vom 30. März 2007
- V ZR 179/06, WM 2007, 1942, unter Tz. 7).
12
b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Revisionszulassung ist auch wirksam. Denn die Zulassung der Revision kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Streitstoffs beschränkt
-7-
werden, welcher Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger seine Revision beschränken könnte (st. Rspr., z.B. Senatsurteile vom 27.
Januar 2010, aaO, Tz. 16; vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 13; jeweils m.w.N.).
Insbesondere kann bei einem nach Grund und Höhe streitigen Anspruch die
Zulassung auf den Streit über die Höhe beschränkt werden, weil und soweit das
Berufungsgericht nach § 304 ZPO vorab durch Zwischenurteil über den Grund
hätte entscheiden können. Denn auch in diesem Falle hätte es in der Macht des
Berufungsgerichts gelegen, durch Nichtzulassung der Revision gegen das
Grundurteil nur den Streit über den Betrag zum möglichen Gegenstand eines
Revisionsverfahrens zu machen (BGHZ 76, 397, 399; Senatsurteile vom
30. Juni 1982 - VIII ZR 259/81, WM 1982, 1028, unter II 2 b; vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, WM 2009, 2334, Tz. 11; jeweils m.w.N.).
13
2. Soweit die Revision zulässig ist, hält die Beurteilung des Berufungsgerichts rechtlicher Nachprüfung stand. Die Klägerin kann - wie auf Grund der beschränkten Revisionszulassung feststeht - gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281
Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, weil
die Beklagte unberechtigt ihre auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des
gekauften Fahrzeugs gerichtete Leistung (§ 433 Abs. 2 BGB) verweigert hat.
Diesen Schadensersatz kann die Klägerin entgegen der Auffassung der Revision auch pauschal nach Maßgabe von Ziffer IV Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechnen, da die betreffende Klausel den in § 309 Nr. 5
BGB aufgestellten Anforderungen an eine wirksame Schadenspauschalierung
gerecht wird.
14
a) Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - gegen
die Angemessenheit der in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin geregelten Schadenspauschale ersichtlich keine Bedenken
gehabt und die Klausel deshalb am Maßstab des § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB als
-8-
wirksam angesehen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die
Angemessenheit der Pauschale in den Tatsacheninstanzen weder angegriffen
war noch der angesetzte Wert als ungewöhnlich hoch angesehen werden kann
(vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - VIII ZR 35/99, WM 2000, 81, unter II
2).
15
b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die
Schadenspauschalierung in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht vom Klauselverbot des § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB
erfasst wird, wonach die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des
Verwenders auf Schadensersatz unwirksam ist, wenn dem anderen Vertragsteil
nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden sei überhaupt nicht
entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.
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aa) Es ist umstritten, ob eine solche Klausel unwirksam ist, wenn in ihrem Wortlaut ein ausdrücklicher Hinweis fehlt, dass dem anderen Vertragsteil
auch der Nachweis gestattet ist, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden
ist. Teilweise wird mit Blick auf den insoweit für eindeutig erachteten Wortlaut
des § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB oder einen jedenfalls dahingehenden Willen des
Gesetzgebers die Auffassung vertreten, dass die Schadenspauschalierungsklausel zu ihrer Wirksamkeit in ihrem Wortlaut den aus dem Gesetzestext entnommenen ausdrücklichen Hinweis enthalten müsse, dass der Nachweis des
Nichteintritts eines Schadens möglich sei (OLG Celle, BauR 2009, 103, 107;
AG Haßfurt, BB 2007, 2706; Koch, MDR 2003, 661, 663; Reinking/Eggert, Der
Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 208). Teilweise wird es dagegen für ausreichend erachtet, wenn die gewählte Formulierung auch einem rechtsunkundigen Vertragspartner unzweideutig den ohne weiteres verständlichen Hinweis gibt, er
könne den Gegenbeweis führen, dass dem Verwender ein Schaden überhaupt
nicht entstanden sei. Denn dem Gesetzgeber sei es nur auf die ausdrückliche
-9-
Einräumung der Möglichkeit, die genannten anderweitigen Nachweise zu führen, nicht aber auf eine exakte Übernahme der Formulierungen des Gesetzestextes angekommen (AG München, NJW-RR 2008, 139, 140; Dammann in:
Wolf/Lindacher/Pfeifer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 309 Nr. 5 Rdnr. 96-99; Bamberger/Roth/Becker, BGB, 2. Aufl., § 309 Nr. 5 Rdnr. 36; Albert/Holthusen, BB
2007, 2706, 2707).
bb) Der Senat, der sich in seinem Urteil vom 23. November 2005 (VIII ZR
17
154/04, WuM 2006, 97, Tz. 24) nach der dortigen Fallgestaltung mit den Anforderungen, die an die Formulierung dieser Nachweismöglichkeit im Einzelnen zu
stellen sind, noch nicht zu befassen brauchte, tritt letztgenannter Auffassung
bei.
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(1) Der Wortlaut des § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB verlangt nur, dass dem
anderen Vertragsteil ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden sei
überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Die
Zulassung des Nachweises muss danach in der Klauselformulierung zwar ausdrücklich angesprochen sein. Mit welchen Formulierungen dies zu geschehen
hat, insbesondere ob der Klauselverwender sich dabei zwingend des Gesetzeswortlauts bedienen muss, lässt der Gesetzestext dagegen offen.
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Auch in der Gesetzesbegründung findet sich kein Anhalt, dass der Gesetzgeber dem Klauselverwender für die Zulassung des Nachweises eines
niedrigeren Schadens gerade die Verwendung einer bestimmten Formulierung
vorschreiben wollte. Nach § 11 Nr. 5 Buchst. b AGBG war eine Schadenspauschalierung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn dem anderen Vertragsteil der Nachweis abgeschnitten wurde, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale (dazu BGH,
Urteil vom 16. Januar 1984 - II ZR 100/83, NJW 1984, 2093, unter II 4). Im Ge-
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gensatz hierzu kam es dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 309 Nr. 5
Buchst. b BGB darauf an, den Gesetzeswortlaut dahin gehend umzukehren,
dass Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Schadenspauschale in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nunmehr sein sollte, dass dem anderen Vertragsteil
ausdrücklich der Nachweis eines niedrigeren Schadens gestattet wird. Auf diese Weise sollte den zur Rechtsunsicherheit führenden Auslegungsproblemen
begegnet werden, die sich in der Rechtspraxis im Hinblick auf Klauseln ergeben
hatten, bei denen für den rechtsunkundigen Durchschnittskunden zweifelhaft
war, ob aus ihnen die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Schadens
herauszulesen war oder nicht. Künftig sollte deshalb die gesetzliche Regelung
formal strenger und eine Klausel aus Gründen der Klarheit und Eindeutigkeit
nur zulässig sein, wenn sie den Nachweis eines geringeren Schadens ausdrücklich zulässt (BT-Drs. 14/6040, S. 155).
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Nach der Gesetzesbegründung, die den vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut dabei selbst nur verkürzend in der Weise zitiert, dass sie von der ausdrücklichen Zulassung des Nachweises eines geringeren Schadens spricht, kam es
dem Gesetzgeber mithin entscheidend darauf an, in Umkehr der bisherigen
Rechtslage die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Schadens durch
ausdrücklichen Hinweis im Klauselwortlaut zu verankern. Wie und insbesondere
mit welchem Wortlaut dies in der Klausel ihren Ausdruck finden sollte, ist indessen nicht Gegenstand der Neuregelung gewesen und hat demgemäß in ihr
auch keinen Niederschlag gefunden. Es genügt deshalb, wenn der im Klauseltext enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises einem rechtsunkundigen Vertragspartner ohne weiteres deutlich macht, dass darin die
Möglichkeit des Nachweises, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden, eingeschlossen ist.
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(2) Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die von der
Klägerin verwendete Klausel dem Vertragspartner diese Möglichkeit des Nachweises gestattet, da aus der verwendeten Formulierung nach dem objektiven
Empfängerhorizont zu ersehen sei, dass die Klausel auch den Nachweis des
Nichteintritts eines Schaden einschließt. Der Senat, der die tatrichterliche Auslegung der Klausel uneingeschränkt nachprüfen kann, weil sie - wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin insgesamt - auf eine Empfehlung
des Zentralverbandes des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes e.V. zurückgeht
und daher über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung findet,
teilt die Auffassung des Berufungsgerichts. Denn dass die Möglichkeit des
Nachweises eines geringeren Schadens zugleich den Nachweis einschließt,
dass überhaupt kein Schaden entstanden ist, liegt nach dem Wortlaut der Klausel und dem Zweck der Nachweismöglichkeit aus der Sicht eines verständigen,
juristisch nicht vorgebildeten Vertragspartners der Klägerin auf der Hand. Ein
anderes Verständnis liegt angesichts seiner Sinnwidrigkeit fern und kann deshalb auch gemessen am Maßstab des § 305c Abs. 2 BGB für die Klauselauslegung als unbeachtlich außer Betracht bleiben (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005, aaO, Tz. 10; BGH, Urteil vom 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93, WM
1994, 1283, unter II 2 b bb m.w.N.).
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3. Ohne Erfolg rügt die Revision schließlich erstmals, dass der Klägerin
eine Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht hätte zugesprochen werden dürfen, weil diese Rechtsverfolgungskosten in der Schadenspauschale enthalten seien. Dass die Beklagte die Schadenshöhe in den Tatsacheninstanzen dahingehend bestritten hatte, zeigt die Revision jedoch ebenso
wenig auf wie Tatsachenvortrag, nach dem der branchentypische Durchschnittsschaden, an dem sich die Schadenspauschale auszurichten hat (vgl.
BGH, Urteil vom 16. Januar 1984, aaO; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen,
AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 5 BGB Rdnr. 15), derartige Rechtsverfolgungs-
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kosten mit einschließt. Davon kann auch nicht ausgegangen werden. Zwar erstreckt sich die Schadenspauschalierung im Zweifel auf den Ersatz des gesamten bei dem Verwender typischerweise eintretenden Schadens (Bamberger/Roth/Becker, aaO, Rdnr. 34). Dass zu diesem typischerweise eintretenden
Schaden jedoch auch etwaige Rechtsverfolgungskosten zählen, deren Anfall
und Höhe in der Regel durch den Einzelfall geprägt sind und die sich deshalb
vorab noch nicht verlässlich einschätzen lassen, kann nicht angenommen werden.
Ball
Dr. Milger
Dr. Fetzer
Dr. Achilles
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 18.07.2008 - 87 C 53/08 LG Mainz, Entscheidung vom 22.04.2009 - 301 S 170/08 -