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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 186/99
Verkündet am:
29. Juni 2000
Werner,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
VOB/B § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2
Werden bei Pauschalpreisverträgen vereinbarte Vertragsleistungen nicht oder in
anderer Weise als vereinbart ausgeführt, ist die Vergütung nicht nach § 2 Nr. 7
Abs. 1 Satz 2 zu beurteilen.
Vereinbaren die Parteien ein Skonto für jede einzelne Rate eines Zahlungsplanes,
ist das Skonto für jede fristgerecht gezahlte Rate auch dann verdient, wenn andere
Raten nicht fristgerecht geleistet werden.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 - VII ZR 186/99 - OLG Karlsruhe
LG Offenburg
-2-
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2000 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel,
Dr. Kuffer und Dr. Kniffka
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten werden das Schlußurteil des
Oberlandesgerichts Karlsruhe, 14. Zivilsenat in Freiburg, vom
16. Juli 1999 im Ausspruch über die Kosten und das Teilurteil des
Oberlandesgerichts Karlsruhe, 14. Zivilsenat in Freiburg, vom
14. Mai
1999
insoweit
aufgehoben,
als
in
Höhe
von
114.017,80 DM zuzüglich Zinsen zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Das Teilurteil wird abgeändert, soweit die Berufung der Beklagten
gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg
vom 15. April 1997 (3 O 378/92) in Höhe eines Betrages von
21.000 DM (Skontoabzug) zurückgewiesen worden ist. Insoweit
wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
-3-
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restwerklohn in Höhe von
409.660,64 DM für den Umbau einer Industriehalle in 17 Eigentumswohnungen.
Nach § 3 des Bauvertrages, der vorrangig unter anderem neben der
VOB/B gelten sollte, hatte der Auftragnehmer mit Ausnahme näher bezeichneter Leistungen alle Bauleistungen, Leistungen und Lieferungen zu erbringen,
die zur schlüsselfertigen und betriebsbereiten Erstellung des Bauvorhabens
erforderlich waren. Die Außenanlagen sollten "gemäß Kostenberechnung" des
Architekten erbracht werden. Der Bauherr behielt sich vor, die Leistungen im
Bereich der Pflanzen zu reduzieren. Die Vergütung sollte nach § 5 des Bauvertrages entsprechend Zahlungsplan wie folgt fällig sein:
"Der Auftragnehmer erhält beginnend mit der ersten Rate Ende
November 1990 sechs gleiche Zahlungen von 350.000 DM, endend mit der sechsten Rate Ende April 1991, so daß dann Ende
April 1991 ein Gesamtbetrag von 2.100.000 DM bezahlt ist. Eine
weitere Zahlung von ...
Bei Einhaltung der Zahlungen entsprechend Zahlungsplan gewährt der AN 3 % Skonto."
Zur Vergütung heißt es in § 4 B des Vertrages:
"Werden nach Abschluß des Vertrages aus bautechnisch notwendigen Gründen Planung oder Ausführung mit der Folge von
Mehr- oder Minderkosten geändert, so verpflichten sich die Ver-
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tragsparteien, die Kosten der Mehr- oder Minderleistungen auf
der Basis des Pauschalpreises zu ermitteln und auf den Pauschalpreis aufzuschlagen bzw. vom Pauschalpreis in Abzug zu
bringen."
Die Arbeiten sind erbracht, die Abnahme ist erfolgt. Die Beklagte beanstandet im Revisionsverfahren noch, daß in den Positionen Innenfensterbänke,
Treppenhausverglasung, (gesetzte) Bäume Leistungen nicht erbracht wurden
und deswegen nicht hätten bezahlt werden müssen. Ferner beanstandet sie,
daß ein Skontoabzug von 21.000 DM versagt wurde. Zudem beruft sie sich auf
Mängel in der Schalldämmung und der Unterkonstruktion der Dachterrassen.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 133.796,87 DM Zug
um Zug gegen Beseitigung im einzelnen bezeichneter Mängel verurteilt. Auf
beiderseitige Berufung hat das Berufungsgericht die Beklagte durch Teilurteil
zur Zahlung von 213.933,17 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. In Höhe eines Betrages von 118.423,55 DM hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten hat es in vollem Umfang zurückgewiesen. Im
Schlußurteil hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung weiterer
56.052,56 DM verurteilt und über die Kosten entschieden.
Die Revision der Beklagten richtet sich gegen das Teilurteil sowie gegen
den Kostenausspruch des Schlußurteils im Umfang des angegriffenen Teilurteils.
Der Senat hat die Revision gegen das Schlußurteil und gegen das Teilurteil insoweit angenommen, als in Höhe von 114.017,80 DM (Abzüge für Fensterbänke, Treppenhausverglasung, Bäume und Skonto) zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Der Senat hat die Verfahren verbunden.
-5-
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg. Sie führt zur Abweisung der Klage, soweit die Beklagte Skonto in Höhe von 21.000 DM beansprucht, im übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, wegen des Fehlens eines Teils
der Innenfensterbänke im Gesamtbetrag von 16.295,80 DM (Einzelbeträge von
brutto 3.414,30 DM und von 12.881,50 DM) könne von der Werklohnforderung
kein Abzug gemacht werden. Unstreitig seien diese Minderleistungen in Absprache mit dem Architekten der Beklagten erfolgt. Da der Leistungsumfang
lediglich grob umschrieben worden sei, deute dies auf eine Pauschalierung mit
der Folge hin, daß Änderungen, die nicht grundlegend seien, keine Abweichung des vereinbarten Pauschalpreises rechtfertigten. Zudem lägen die Voraussetzungen von § 4 B des Bauvertrages nicht vor, weil es sich nicht um eine
Änderung aus "bautechnisch notwendigen Gründen" gehandelt habe. Auch die
Ausführung des Treppenhauses in Holz statt Aluminium mit der Wertdifferenz
von brutto 43.890 DM, die während der Bauausführung vereinbart worden sei,
unterfalle nicht dieser Anpassungsvereinbarung. Gleiches gelte für die nicht
gesetzten Bäume, obwohl die tatsächlich gesetzten Bäume einen Wert gehabt
hätten, der brutto 32.832 DM unter dem Wert gelegen habe, der bei der Vereinbarung des Pauschalpreises zugrunde gelegt worden sei.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht
verkennt, welche Auswirkung der Wegfall einzelner Positionen auf die Vergü-
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tung des vorliegenden Pauschalpreisvertrages hatte (a). Die Auslegung von
§ 4 B des Bauvertrages ist rechtsfehlerhaft (b).
a) Das Berufungsgericht geht in rechtsfehlerfreier Vertragsauslegung
davon aus, daß bei den drei Positionen der Leistungsumfang festgelegt war
und anschließend bei den Innenfensterbänken und den Bäumen die Leistung
reduziert wurde und bei der Treppenhausverglasung eine andere Art der Ausführung gewählt wurde. Denn es beurteilt die nicht erstellten Innenfensterbänke
als Minderleistungen, die in Absprache mit den Architekten erfolgt seien. Bei
der Treppenhausverglasung nimmt es eine einverständliche Abweichung von
der vereinbarten Art der Ausführung an. Bei den Bäumen geht das Berufungsgericht davon aus, daß in der Ausführung auf Anweisung des Architekten eine
Anzahl gewählt wurde, die wertmäßig 32.832 DM unterhalb der im Pauschalvertrag liegenden Anzahl lag.
Zu dieser Auslegung im Widerspruch steht die weiter vertretene Ansicht,
der Leistungsumfang sei insoweit pauschaliert, so daß eine Anpassung nur bei
grundlegenden Abweichungen in Frage komme. Denn damit will das Berufungsgericht zum Ausdruck bringen, daß derartige Änderungen nur unter den
Voraussetzungen des § 2 Nr. 7 VOB/B zu einer Änderung der vereinbarten
Vergütung führen. Dies ist verfehlt. Ein Fall des § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B
liegt nicht vor, wenn bei Pauschalpreisverträgen vereinbarte Vertragsleistungen nicht oder in anderer Weise ausgeführt werden. Vereinbaren die Parteien,
daß der Auftragnehmer einen Teil der geschuldeten Leistung nicht oder anders
als ursprünglich vereinbart ausführen soll, sind die Rechtsfolgen dieser Vereinbarung durch Auslegung zu bestimmen, wobei auf die Umstände abzustellen ist, die zur Aufhebung oder Änderung geführt haben (vgl. BGH, Urteil vom
29. April 1999 - VII ZR 248/98, BauR 1999, 1021 = ZfBR 1999, 310 =
-7-
NJW 1999, 2661). Beruht die Leistungsreduzierung oder Änderung auf einer
Anordnung des Auftraggebers, ist gemäß § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 4 VOB/B die
Regelung des § 2 Nr. 4 oder Nr. 5 VOB/B anwendbar.
b) § 4 B des Bauvertrages rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese
Klausel betrifft die Verpflichtung zur Preisanpassung bei Änderungen des Vertrages aus bautechnisch notwendigen Gründen. Damit ist lediglich ein Geltungsbereich des § 2 Nr. 4 bis 6 VOB/B ausdrücklich geregelt. Der übrige Anwendungsbereich des § 2 Nr. 4 bis 6 VOB/B wird dadurch ebensowenig ausgeschlossen wie eine einverständliche Preisanpassung in den Fällen, in denen
die Vertragsänderung nicht auf bautechnisch notwendigen Gründen beruht.
II.
1. Das Berufungsgericht versagt den von der Beklagten im Berufungsverfahren noch beanspruchten Skontoabzug von 21.000 DM für zwei fristgerecht geleistete Abschlagszahlungen. Es teilt die bereits vom Landgericht vertretene Ansicht, § 5 des Bauvertrages sei unwirksam, weil die Zahlungsfristen
nicht genannt seien, innerhalb derer Skonto gewährt werde. Eine wirksame
Skontoabrede setze grundsätzlich voraus, daß die Parteien die Modalitäten für
den Skontoabzug im einzelnen geregelt hätten, insbesondere auch hinsichtlich
der Zahlungsfrist.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
Die Skontovereinbarung in § 5 des Bauvertrages ist unabhängig davon,
ob sie individuell vereinbart oder als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist, wirksam.
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Die Parteien haben in § 5 des Vertrages vereinbart, daß der Auftragnehmer einen Gesamtbetrag von 2.100.000 DM in sechs gleichen Zahlungen
von je 350.000 DM erhält, beginnend Ende November 1990 und endend mit
der letzten Rate Ende April 1991. Die Klausel sieht weiter vor, daß bei Einhaltung der Zahlungen entsprechend dem Zahlungsplan ein Skonto von 3 % gewährt wird. Damit haben die Parteien vereinbart, daß auf die jeweils zum Monatsende fälligen Zahlungen bei rechtzeitiger Zahlung statt des vollen Entgelts
nur ein um 3 % gekürztes Entgelt gezahlt werden muß. Dieser Abrede ist nicht
zu entnehmen, daß das Skonto nur dann verdient sein soll, wenn sämtliche
Raten fristgerecht bezahlt werden.
Die Höhe des Skontos ist mit 3 % bezeichnet, klar ist auch, auf welche
Art der Zahlungen der Abzug gestattet sein soll. Mit der Formulierung "Einhaltung der Zahlungen nach Zahlungsplan" ist ersichtlich gemeint, daß davon jede
der sechs Raten erfaßt sein sollen. Denn sie knüpft an den vorher bezeichneten Zahlungsplan von sechs gleichen Ratenzahlungen an. Der Zeitpunkt, in
dem Zahlung fällig war und zu dem der Abschlag vorgenommen werden durfte,
war ebenfalls bestimmt, weil er kalendermäßig (§ 284 Abs. 2 BGB) mit dem
jeweiligen Monatsende festgelegt war.
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3. Unstreitig wurden die erste und zweite Rate innerhalb der vereinbarten Fristen bezahlt. Der Beklagten steht der insofern vereinbarte Skontoabzug
von 21.000 DM zu. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der
Senat bezüglich dieses Betrages selbst entscheiden.
Thode
Hausmann
Kuffer
Wiebel
Kniffka