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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 70/04
Verkündet am:
15. Februar 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 249 Hb
Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des
Fahrzeugs kann nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem
Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (Fortführung des Senatsurteils BGHZ 154, 395 ff.).
BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04 - OLG Naumburg
LG Halle
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Januar 2004 wird auf Kosten des
Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall, für den die Beklagten als Unfallgegner und Haftpflichtversicherer in
vollem Umfang einzustehen haben.
Die für die fachgerechte und vollständige Reparatur des klägerischen
Fahrzeugs erforderlichen Kosten schätzte der KFZ-Sachverständige auf
18.427,37 DM inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Den Wiederbeschaffungswert schätzte er auf 13.800 DM und den Restwert auf 2.500 DM. Der Kläger reparierte das Fahrzeug in Eigenregie teilweise und nutzt es weiter. Die Beklagte zu 1 erstattete vorprozessual 11.300 DM.
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Der Kläger vertritt die Ansicht, daß ihm die geschätzten Reparaturkosten
bis zur Höhe von 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zu
erstatten seien. Er hat u.a. weitere Reparaturkosten von 3.394,98 €
(= 6.640 DM) eingeklagt. Das Landgericht hat der Klage zuerst in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht
das Urteil aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Beklagten ergangen ist, und
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage
des Umfangs der durchgeführten Reparatur hat das Landgericht dem Kläger
den von der Beklagten zu 1
in Abzug gebrachten Restwert in Höhe von
1.278,23 € (= 2.500 DM) zugesprochen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht hat die Revision beschränkt auf den Anspruch auf
Ersatz weiterer Reparaturkosten zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seinem
Rechtsmittel sein Klagebegehren hinsichtlich des Reparaturkostenersatzes weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch auf Ersatz weiterer Reparaturkosten, weil dem Kläger nach den Umständen des Falles kein Integritätszuschlag von 30% über dem Wiederbeschaffungswert zugebilligt werden könne. Für diesen Zuschlag sei erforderlich, daß das Fahrzeug fachgerecht und
vollständig repariert werde, auch wenn eine Selbstreparatur vorgenommen
werden dürfe. Hinsichtlich des Reparaturbedarfs habe sich der Geschädigte an
den im Schadensgutachten enthaltenen fachhandwerklichen Vorgaben zu orientieren. Bei einer nur die Fahrbereitschaft wiederherstellenden Teilreparatur
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komme ein schutzwürdiges Integritätsinteresse des Geschädigten nicht zum
Tragen. Allerdings sei in einem solchen Fall der für die Schadensbehebung erforderliche Geldbetrag bis zum Wiederbeschaffungswert, also ohne Abzug des
Restwerts, zu erstatten.
II.
Die Revision bleibt erfolglos. Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß
der Geschädigte nicht Ersatz von den Wiederbeschaffungswert übersteigenden
Reparaturkosten verlangen kann, wenn er den Schaden auf der Basis eines
Sachverständigengutachtens abrechnet, die Reparatur jedoch nicht im entsprechenden Umfang und fachgerecht durchführt, erweist sich als zutreffend.
1. a) Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Geschädigte, der es nach
einem Sachschaden selbst in die Hand nimmt, den früheren Zustand herzustellen, berechtigt, vom Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Der Schädiger kann ihn auf eine Entschädigung in Geld für den erlittenen
Wertverlust nur dann verweisen, wenn und soweit die Herstellung nicht möglich
oder zur Entschädigung nicht genügend ist (§ 251 Abs. 1 BGB) oder unverhältnismäßige Aufwendungen erfordert (§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB). Erst die Unverhältnismäßigkeit bildet also bei möglicher Naturalrestitution die Grenze, ab welcher der Ersatzanspruch des Geschädigten sich nicht mehr auf Herstellung
(Naturalrestitution), sondern allein noch auf Wertausgleich des Verlustes in der
Vermögensbilanz (Kompensation) richtet. Insoweit hat Naturalrestitution Vorrang vor Kompensation (Senatsurteil BGHZ 115, 364, 367).
b) Bei einem Schaden an einem Kraftfahrzeug kann der Geschädigte auf
zweierlei Weise Naturalrestitution erreichen: er kann die Kosten für die Reparatur oder für die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs verlangen.
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Auch die letztere Art der Schadensbeseitigung ist, wie der Senat wiederholt
ausgesprochen hat und woran er weiter festhält, eine Form der Naturalrestitution (Senatsurteile BGHZ 154, 395, 397; 115, 364, 368; 115, 375 ff.). Denn das
Ziel der Restitution beschränkt sich nicht auf eine (Wieder)Herstellung der beschädigten Sache; es besteht in umfassenderer Weise gemäß § 249 Abs. 1
BGB darin, den Zustand herzustellen, der, wirtschaftlich gesehen, der ohne das
Schadensereignis bestehenden Lage entspricht (Senatsurteil BGHZ 115, 364,
368 m.w.N.).
aa) Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte grundsätzlich diejenige zu wählen, die den
geringsten Aufwand erfordert. Auch dieses Wirtschaftlichkeitspostulat hat der
Senat mehrfach betont (Senatsurteile BGHZ 155, 1, 3; 154, 395, 387; 115, 364,
373; 115, 375 ff.; 66, 239, 248 f.; 63, 182, 186 f.; 61, 346, 349 ff. und vom
5. März 1985 - VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594). Es findet seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit in § 249
Abs. 2 Satz 1 BGB, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Denn die Einbuße des Geschädigten ist, auch unter Berücksichtigung des für § 249 BGB in Frage stehenden Interesses an dem Erhalt seines
Vermögens in dessen gegenständlicher Zusammensetzung, nicht größer als
das, was er aufwenden muß, um sein Vermögen auch hinsichtlich des beschädigten Bestandteils in zumutbarer Weise in einen dem früheren wirtschaftlich
gleichwertigen Zustand zu versetzen.
bb) Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt
vom Geschädigten allerdings nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder
sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte
(Senatsurteile BGHZ 63, 295, 300; vom 30. Mai 1961 - VI ZR 139/60 - VersR
1961, 707, 708 und vom 4. März 1976 - VI ZR 14/75 - VersR 1976, 732, 734).
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Immerhin kann dem letzteren Gesichtspunkt Bedeutung für die Beurteilung der
Frage zukommen, ob der Geschädigte den Aufwand in vernünftigen Grenzen
gehalten hat (Senatsurteile vom 20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 - VersR 1972,
1024 f. und vom 2. März 1982 - VI ZR 35/80 - VersR 1982, 548, 549). Denn nur
diejenigen Aufwendungen sind ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vom Schädiger abzunehmen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens
zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 375,
378; vom 2. März 1982 - VI ZR 35/80 - aaO und vom 20. Juni 1989
- VI ZR 334/88 - VersR 1989,1056 f. m.w.N.). Bei der Prüfung, ob der Geschädigte sich in diesem Rahmen gehalten hat, ist Rücksicht auf seine spezielle
Situation, also insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen; denn § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB stellt auf eine Restitution in
Eigenregie des Geschädigten ab. Die Schadensersatzpflicht besteht aber von
vornherein nur insoweit, als sich die Aufwendungen im Rahmen wirtschaftlicher
Vernunft halten (Senatsurteile BGHZ 115, 375, aaO; vom 5. März 1985
- VI ZR 204/83 - aaO).
cc) Das Wahlrecht des Geschädigten findet seine Schranke außerdem
an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er
vollen Ersatz verlangen kann, soll er an dem Schadensfall nicht "verdienen"
(vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 398; 115, 364, 368; 115, 375, 378 jeweils
m.w.N.; vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO; vom 21. Januar 1992
- VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457, 458 und vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 VersR 1992, 710, 711).
c) In den durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung durch Schadensersatz gezogenen Grenzen ist der Geschädigte grund-
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sätzlich frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 397 f. und vom 20. Juni 1989
- VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f. m.w.N.; Weber, VersR 1990, 934, 938 ff.;
Steffen, NZV 1991, 1, 2; ders. NJW 1995, 2057, 2059 f.). Er ist weder dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren noch es zur Reparatur in eine Kundendienstwerkstatt zu geben, deren Preise in der Regel Grundlage der Kostenschätzung sind. Es bleibt vielmehr ihm überlassen, ob und auf welche Weise er
sein Fahrzeug wieder instand setzt (vgl. Senatsurteile BGHZ 155, 1, 3; 154,
395, 398; 54, 82, 86; vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - VersR 1992, 710 und
vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f. m.w.N.).
2. Mit diesen schadensrechtlichen Grundsätzen ist es vereinbar, daß
dem Geschädigten, der sich zu einer Reparatur entschließt und diese auch
nachweislich durchführt, Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden, die den
Wiederbeschaffungswert bis zu 30% übersteigen (Senatsurteil BGHZ 115, 364,
371). Denn bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welchen Aufwand der
Geschädigte für die Reparatur seines Fahrzeugs ersetzt verlangen kann, ist
zum einen die Verhältnismäßigkeit des Reparaturaufwands zum Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 115,
364, 367); zum anderen ist auch zu bedenken, daß nur die Reparatur des dem
Geschädigten vertrauten Fahrzeugs regelmäßig sein Integritätsinteresse zu
befriedigen vermag (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 371; vom 8. Dezember
1998
- VI ZR 66/98 -
VersR
1999,
245 f.
und
vom
17. März
1992
- VI ZR 226/91 - aaO; OLG Hamm, NZV 1991, 351, 352 = DAR 1991, 333, 334;
Medicus, Jus 1973, 211, 212; Weber, DAR 1991, 11).
a) In diesem Zusammenhang weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, daß sich das Integritätsinteresse des Geschädigten nicht nur in dem
Wunsch auf reine Herstellung der Mobilität mit einem gleichwertigen PKW er-
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schöpft. Ihm liegen durchaus wirtschaftliche Gesichtspunkte zugrunde (vgl. Senatsurteil BGHZ 115, 364, 371 mit Anm. von Lipp in NZV 1992, 70 ff.; Senatsurteile vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - und vom 17. März 1992
- VI ZR 226/91 - jeweils aaO; vom 18. Juni 1985 - VI ZR 168/84 - VersR 1985,
865, 866 und vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO). Selbst wenn bei voller
Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs "neu für alt" insbesondere bei älteren
Fahrzeugen die Reparaturkosten die Kosten der Wiederbeschaffung in aller
Regel deutlich übersteigen, ist eine Abrechnung von Reparaturkosten in solchen Fällen nicht generell ausgeschlossen. Denn der Eigentümer eines Kraftfahrzeugs weiß, wie dieses ein- und weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden ist, ob und welche Mängel dabei aufgetreten und auf welche Weise
sie behoben worden sind. Demgegenüber sind dem Käufer eines Gebrauchtwagens diese Umstände, die dem Fahrzeug ein individuelles Gepräge geben
(vgl. Jordan, VersR 1978, 688, 691), zumeist unbekannt. Daß ihnen ein wirtschaftlicher Wert zukommt, zeigt sich auch darin, daß bei dem Erwerb eines
Kraftfahrzeugs aus "erster Hand" regelmäßig ein höherer Preis gezahlt wird
(vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - aaO). Hierbei handelt
es sich somit keineswegs um immaterielle Erwägungen, wie etwa die Anerkennung einer "eigentlich unsinnigen emotionalen Bindung des Geschädigten an
einen technischen Gegenstand" (Freundorfer, VersR 1992, 1332, 1333). Ein
derartiges Affektionsinteresse könnte schadensrechtlich keine Anerkennung
finden.
b) Sind es mithin die dargelegten wirtschaftlichen Aspekte, die den Zuschlag von bis zu 30% zum Wiederbeschaffungswert aus schadensrechtlicher
Sicht gerechtfertigt erscheinen lassen, sind diese auch von Bedeutung für die
bisher vom Senat nicht ausdrücklich entschiedene Frage, welche Qualität und
welchen Umfang die Reparatur haben muß, um im Rahmen des Schadensersatzes diesen Zuschlag zu rechtfertigen.
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aa) Entgegen der Auffassung der Revision können Umfang und Qualität
der Reparatur nicht schon deshalb außer Betracht bleiben, weil der Geschädigte sein Fahrzeug selbst instand setzen darf, also nicht in einer anerkannten
Fachwerkstatt reparieren lassen muß. Insoweit ist nicht maßgebend, ob dem
Geschädigten der entsprechende finanzielle Aufwand tatsächlich entstanden
ist. Auch eine Eigenreparatur kann eine Abrechnung auf der Basis fiktiver Reparaturkosten bis zu 130% des Wiederbeschaffungswerts rechtfertigen, wenn
der Geschädigte mit ihr sein Integritätsinteresse bekundet hat. Das aber ist nur
dann der Fall, wenn er durch eine fachgerechte Reparatur zum Ausdruck bringt,
daß er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzen will. Nur
unter diesen Umständen hat der Schädiger Reparaturkostenersatz bis zur
Grenze von 130% des Wiederbeschaffungswerts zu leisten.
bb) Setzt jedoch der Geschädigte nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug
nicht vollständig und fachgerecht instand, ist regelmäßig die Erstattung von Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf den Wert der Sache wäre eine solche Art der Wiederherstellung im
allgemeinen unverhältnismäßig und kann dem Geschädigten nur ausnahmsweise im Hinblick darauf zugebilligt werden, daß der für ihn gewohnte und von
ihm gewünschte Zustand des Kraftfahrzeugs auch tatsächlich wie vor dem
Schadensfall erhalten bleibt bzw. wiederhergestellt wird (vgl. Senatsurteile vom
20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 - VersR 1972, 1024 f.; vom 5. März 1985
- VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594; Lipp, NJW 1990, 104, 105; Medicus,
Jus 1973, aaO). Stellt der Geschädigte lediglich die Fahrbereitschaft, nicht aber
den früheren Zustand des Fahrzeugs wieder her, so beweist er dadurch zwar
ein Interesse an der Mobilität durch sein Fahrzeug, das jedoch in vergleichbarer
Weise auch durch eine Ersatzbeschaffung befriedigt werden könnte. Der für die
Zubilligung der "Integritätsspitze" von 30% ausschlaggebende weitere Gesichtspunkt, daß der Geschädigte besonderen Wert auf das ihm vertraute Fahr-
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zeug lege (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - aaO), verliert bei einer unvollständigen und vor allem nicht fachgerechten Reparatur eines total beschädigten Fahrzeugs in entscheidendem Maß an Bedeutung.
cc) Daß der Geschädigte Schadensersatz erhält, der den Wiederbeschaffungswert übersteigt, ist deshalb mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und Bereicherungsverbot nur zu vereinbaren, wenn er den Zustand des ihm vertrauten
Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt. Nur zu diesem Zweck wird die
"Opfergrenze" des Schädigers erhöht. Anderenfalls wäre ein solcher erhöhter
Schadensausgleich verfehlt. Er hätte eine ungerechtfertigte Aufblähung der Ersatzleistungen zur Folge, führte zu einer vom Zweck des Schadensausgleichs
nicht gebotenen Belastung des Schädigers und jedenfalls in dem über den
Wiederbeschaffungswert hinausgehenden Betrag zur Bereicherung des Geschädigten.
c) Dem entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts, die von anderen Oberlandesgerichten und im Schrifttum geteilt wird (vgl. OLG Hamm, NZV
2002, 272; OLG Dresden, NZV 2001, 346; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, VersR 1999, 202; OLG Saarbrücken, MDR 1998, 1346; OLG Düsseldorf, Schaden-Praxis 1998, 390; Thüringer OLG, OLGR Jena 1998, 15; OLG
Karlsruhe, ZfS 1997, 53; OLG Koblenz, NZV 1995, 355; vgl. dazu auch Eggert,
DAR 2001, 20, 21 f.; Luckey, VersR 2004, 1525 f.). Ihr folgt auch der erkennende Senat. Danach kann Ersatz von Reparaturkosten bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs dann verlangt werden, wenn die Reparatur
fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.
d) Im Streitfall hat der Geschädigte nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts das Fahrzeug weder vollständig
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noch fachgerecht repariert. Es sind Restunfallschäden vorhanden, die nur in
einer Fachwerkstatt unter Einsatz einer Richtbank zu beheben wären. Insbesondere am Längsträger und am Radeinbau vorne rechts sowie an den Verbindungsstellen zum Frontblech befinden sich noch unfallbedingte Beschädigungen, deren Beseitigung einen Kostenaufwand von 3000 € erfordern würde. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich hierbei nicht um unmaßgebliche Restarbeiten. Da der Kläger sie nicht vorgenommen hat, hat er auch keinen Anspruch auf Ersatz von den Wiederbeschaffungswert übersteigenden Reparaturkosten. Die Beklagte zu 1 hat bereits Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs geleistet. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht weiteren Reparaturkostenersatz versagt.
e) Ob - wie das Berufungsgericht meint - ein Abzug des Restwerts nicht
geboten war, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da die Beklagte
zu 1 an den Kläger Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts des
PKW ohne Berücksichtigung des Restwerts gezahlt hat (vgl. zum Abzug des
Restwerts Senatsurteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR 172/04).
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3. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
Müller
Greiner
Pauge
Diederichsen
Zoll