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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 348/02
Verkündet am:
2. Dezember 2003
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 28. August 2002
aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts
Frankfurt (Oder) vom 13. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten immateriellen Schadensersatz aus
einem Verkehrsunfall.
Der in einem Bauunternehmen tätige Kläger fuhr am 26. Mai 1997 - wie
auch zuvor regelmäßig - mit Kollegen in einem Kleintransporter von seinem etwa 60 Kilometer entfernten Wohnort zum damaligen Einsatzort seiner Bauko-
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lonne und wieder zurück. Das Fahrzeug gehörte dem Unternehmen, in dem der
Kläger und seine Kollegen tätig waren, und wurde von jenem unterhalten. Es
war den Arbeitnehmern nur für Fahrten von ihrem Wohnort zum jeweiligen Einsatzort und zurück zur Verfügung gestellt worden. Üblicherweise nahm einer
der Arbeitnehmer das Fahrzeug mit nach Hause, fuhr am nächsten Tag die übrigen Kollegen zur Baustelle und brachte sie nach der Arbeit wieder zurück. Die
Einzelheiten der Organisation blieben den Mitarbeitern überlassen.
An jenem Tag verschuldete ein Arbeitskollege des Klägers als Fahrer
des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kleintransporters auf dem Rückweg von der Baustelle einen Unfall, durch den der Kläger schwer verletzt wurde. Die Schadensfolgen sind zwischen den Parteien teils streitig.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dem Kläger durch eine als "Teil-Urteil“ bezeichnete Entscheidung aufgrund der unstreitigen Schadensfolgen 35.000
 e-
sprochen. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt die
Beklagte weiterhin die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Oberlandesgericht hält die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Beklagte hafte dem Kläger gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB a. F., § 3
Nr. 1 PflVG für dessen immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall. Ihre
Haftung sei nicht gemäß §§ 104 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 3 SGB VII
ausgeschlossen. Der Unfall habe sich nämlich nicht auf einem Betriebsweg ereignet, sondern auf dem Heimweg "bei Teilnahme am allgemeinen Verkehr“.
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Dieser werde von dem Haftungsprivileg nicht erfaßt. Der Fahrer habe zwar zu
dem nach § 105 Abs. 1 SGB VII geschützten Personenkreis gehört, den Versicherungsfall jedoch nicht durch eine betriebliche Tätigkeit ausgelöst. Die
Heimfahrt weise keine für einen innerbetrieblichen Vorgang typischen Merkmale
auf. Der Fahrer und seine Arbeitskollegen seien von jeder Direktionsgewalt des
Arbeitgebers frei gewesen; sie hätten die Fahrtroute, die Ankunftszeit und darüber, wann und wo jeder der Insassen das Fahrzeug verließ, eigenständig entschieden. Daß sie mit einem betriebseigenen Fahrzeug unterwegs waren und
dieses nicht zu anderen Zwecken nutzen durften, stehe dieser Annahme nicht
entgegen. Die Beförderung der Arbeitnehmer möge zwar im Interesse des Arbeitgebers gelegen haben, weshalb er auch das Fahrzeug zur Verfügung gestellt habe, doch werde sie dadurch nicht zum integrierten Bestandteil der Betriebsorganisation.
Nach der Neuregelung des Rechtes der gesetzlichen Unfallversicherung
zum 1. Januar 1997 hätten nach dem Willen des Gesetzgebers Wegeunfälle
vom Haftungsprivileg nicht erfasst sein sollen, weil die betrieblichen Risiken dort
keine Rolle spielten. Deshalb seien vom Haftungsprivileg nach der Gesetzesbegründung diejenigen Betriebswege ausdrücklich ausgenommen, die nach
dem bis dahin geltenden Recht als Teilnahme am öffentlichen Verkehr behandelt worden seien.
Der unstreitige Teil der Verletzungen des Klägers rechtfertige ein
Schmerzensgeld von 35.000 
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II.
Das angegriffene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht habe
verfahrensfehlerhaft ein Teilurteil erlassen, weil dadurch die Gefahr einander
widersprechender Entscheidungen entstanden sei. Es trifft zwar zu, daß ein Teil
eines einheitlichen Anspruchs, dessen Grund streitig ist, nur dann durch Teilurteil zugesprochen werden darf, wenn zugleich ein Grundurteil ergeht (BGHZ
107, 236, 242). Hier hat das Berufungsgericht aber in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils an zwei Stellen ausdrücklich festgestellt, daß die
Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Somit liegt der Wille des Gerichts,
auch über den Anspruch dem Grunde nach zu entscheiden, klar zutage. Auch
wenn dies durch ein Versehen in der Urteilsformel nicht zum Ausdruck gekommen sein sollte, wäre eine Aufhebung des als Teilurteil bezeichneten Urteils
nicht erforderlich; vielmehr könnte die Urteilsformel nach § 319 ZPO berichtigt
werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1964 - VII ZR 152/62 - NJW 1964, 1858).
Unabhängig davon kann das Berufungsurteil aus sachlichen Gründen keinen
Bestand haben.
2. Zu Recht macht die Revision geltend, ein Anspruch gegen die Beklagte bestehe nicht, weil dem bei ihr mitversicherten Fahrer das Haftungsprivileg der §§ 104, 105 SGB VII zugute komme.
Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten,
die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen oder Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz
des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur ver-
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pflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8
Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Gleiches gilt
nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII für Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursacht
haben.
Unter den Umständen des zu entscheidenden Falles liegen die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nach den für den Senat bindenden, im
Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
vor.
a) Außer Streit steht zwischen den Parteien, daß der im selben Betrieb
wie der Kläger beschäftigte Fahrer R. den Verkehrsunfall am 26. Mai 1997
schuldhaft verursacht und dadurch einen Versicherungsfall des Klägers im Sinne der §§ 7, 8 SGB VII herbeigeführt hat, ohne vorsätzlich zu handeln.
b) Zutreffend ist auch der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, wonach zwischen Betriebswegen als versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1
SGB VII mit der Folge des Haftungsprivilegs und anderen, nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
bis 4 SGB VII versicherten Wegen zu unterscheiden ist, für die ein Haftungsprivileg nicht besteht. Insoweit folgt das Berufungsgericht der grundlegenden Entscheidung BGHZ 145, 311, der auch der erkennende Senat sich anschließt.
Danach könnte zwar bei wörtlicher Auslegung der §§ 104 Abs. 1 Satz 1, 105
Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII anzunehmen sein, daß der Schädiger
seinem Kollegen bei Unfällen, die er ihm beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zufügt, stets unbeschränkt haftet. Wie der Bundesgerichtshof jedoch in
dieser Entscheidung zutreffend dargelegt hat, ist bei der Auslegung dieser Vorschriften zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzes-
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materialien eine dem bis dahin geltenden Recht (§§ 636, 637 RVO) entsprechende Regelung hat schaffen wollen (vgl. BT-Drs. 13/2204, S. 77, 100). An
Stelle des nach §§ 636, 637 RVO maßgebenden Abgrenzungsmerkmals der
Teilnahme am allgemeinen Verkehr wird nunmehr darauf abgestellt, ob der
Unfall auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg eingetreten ist, weil die betrieblichen Risiken dort keine Rolle spielen. Diese Ausnahme von der Haftungsbeschränkung umfaßt jedoch nicht die Betriebswege,
die Teil der den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit und damit bereits gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII versicherte
Tätigkeit sind (vgl. BGHZ 145, 311, 313 f. m.w.N.).
c) Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht darin gefolgt werden, daß die
Unfallfahrt nicht als Betriebsweg anzusehen sei. Die Beurteilung, ob der Geschädigte den Unfall auf einem Betriebsweg oder einem Weg nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 bis 4 SGB VII erlitten hat, ist in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten und
revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Senatsurteile vom
13. März 1973 - VI ZR 12/72 - VersR 1973, 467, 469 und vom 12. März 1974
-VI ZR 2/73 - VersR 1974, 784, 785). Zu prüfen hat das Revisionsgericht jedoch, ob die Würdigung durch das Berufungsgericht auf einer rechtsfehlerhaften Abgrenzung dieser Begriffe zueinander beruht. Das ist hier der Fall.
aa) Im Ansatz zutreffend zieht das Berufungsgericht für die Abgrenzung,
ob der Versicherungsfall auf einem Betriebsweg oder einem von der Haftungsbeschränkung ausgenommenen versicherten Weg nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4
SGB VII eingetreten ist, die Kriterien heran, die von der Rechtsprechung für das
frühere Abgrenzungsmerkmal des § 637 RVO zwischen privilegierten und nicht
privilegierten Wegen – nämlich die Teilnahme am allgemeinen Verkehr – entwickelt worden sind (vgl. BGHZ 145, 311, 314 f. m.w.N.; OLG Stuttgart, VersR
2003, 71, 72 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 7. Mai 2002
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- VI ZR 349/01 -; LAG Niedersachsen, LAGE SGB VII § 105 Abs. 1 Nr. 5,
S. 4 ff. m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteile vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 3/99 R SozR 3 - 2700 § 8 SGB VII Nr. 1 S. 2 und vom 24. Juni 2003 - B 2 U 40/02 R –
ZfS 2003, 241). An den Grundsätzen dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat nach Prüfung der im Schrifttum vertretenen unterschiedlichen
Auffassungen fest (vgl. Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung,
Band 3/2, Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII -, 12. Aufl., Stand: Juli
2003, § 104 Rdn. 23 m.w.N.; Hauck/Nehls, SGB VII, 1. Band, Stand: Juni 2003,
K § 104 Rdn. 30; Hebeler, VersR 2001, 951, 953; Kater/Leube, Gesetzliche
Unfallversicherung SGB VII, 1997, § 104 Rdn. 40; Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, Band 1, 4. Aufl., Stand: Januar 2003, § 104
Rdn. 24 f.; Lemcke, Recht und Schaden 2000, 488 f.; Marschner, BetriebsBerater 1996, 2090; Maschmann, SGb 1998, 54, 56 f.; Müller, NZV 2001,
366 f.; Ricke VersR 2003, 540, 541 ff.; Rolfs NJW 1996, 3177, 3179; Schmitt,
SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, 1998, § 104 Rdn. 18). Aus der Gesetzesbegründung zu §§ 104, 105 SGB VII ergibt sich nicht, daß der Begriff des
Betriebswegs anders als bisher zu verstehen wäre. Aus ihr ist nur zu ersehen,
daß der Gesetzgeber die Entsperrung der Haftung als Ausnahme angesehen
hat und die Haftung insgesamt weiter reichen sollte als nach §§ 636, 637 RVO,
wobei Betriebswege generell unter das Haftungsprivileg fallen sollen (BT-Drs.
13/2204, S. 100; Nachweise in: Stand der Gesetzgebung des Bundes, Abschlußband 13. Wahlperiode, 1 - G 20).
bb) Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung ist ein nach §
8 Abs. 1 SGB VII versicherter Betriebsweg nicht schon dann anzunehmen,
wenn mit der Fahrt die Förderung eines betrieblichen Interesses verbunden
war. Dieses Kriterium kann zwar Bedeutung für die Einordnung der schädigenden Tätigkeit als betriebliche und des Unfalls als Arbeitsunfall haben (vgl. Senatsurteil vom 2. März 1971 - VI ZR 146/69 - VersR 1971, 564, 565; BAG, Urteil
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vom 14. März 1974 - 2 AZR 155/73 - VersR 1974, 1077). Zur Abgrenzung der
Unfälle, die als Betriebsweg unter das Haftungsprivileg der §§ 104 ff. SGB VII
fallen, von sonstigen Wegeunfällen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII,
bei denen eine Entsperrung der Haftung erfolgt, genügt es aber nicht. Von einem Unfall auf einem Betriebsweg ist vielmehr nur dann auszugehen, wenn die
gemeinsame Fahrt der Arbeitskollegen selbst als Teil des innerbetrieblichen
Organisations- und Funktionsbereichs erscheint (vgl. Senatsurteil BGHZ 116,
30, 34 f.).
Rückschlüsse darauf, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist,
ergeben sich aus dem Grund für die in den §§ 104 ff. SGB VII grundsätzlich
vorgesehene Haftungseinschränkung. Deren Rechtfertigung beruht maßgeblich
auf dem die gesetzliche Unfallversicherung mittragenden Gedanken der Haftungsablösung durch die alleinige Beitragspflicht des Arbeitgebers. Die §§
104 ff. SGB VII dienen seinem Schutz, indem seine Haftung - auch hinsichtlich
eventueller Freistellungs- oder Erstattungsansprüche der bei einer betrieblichen
Tätigkeit schädigenden Arbeitskollegen - durch die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung beschränkt wird. Dadurch erfolgt ein dem Interesse
des Unfallverletzten gerecht werdender Schadensausgleich. Zugleich wird das
Risiko von Arbeitsunfällen für den Arbeitgeber kalkulierbar und der Betriebsfrieden innerhalb der betrieblichen Gefahrengemeinschaft gewahrt (vgl. BVerfGE
34, 118, 132, 136 f.; BAG, Urteil vom 14. Dezember 2000 - 8 AZR 92/00 VersR 2001, 720; Eichenhofer, Sozialrecht, 4. Aufl., 2003, Rdn. 412; Gitter in:
Festschrift für Günther Wiese, 1998, S. 131 f.). Der Gedanke des kalkulierbaren
Risikos kommt auch in § 162 SGB VII zum Ausdruck. Nach § 162 Abs. 1 Satz 2
SGB VII bleiben nämlich bei der Berechnung von Beitragszuschlägen und
-nachlässen Wegeunfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII außer Ansatz,
wohingegen Schäden aus Unfällen auf Betriebswegen grundsätzlich in die Bei-
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tragsberechnung einzubeziehen sind; der Träger der Unfallversicherung kann
sie lediglich durch Satzung herausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).
Bei dieser Sachlage ist auch nach neuem Recht ein Weg dann als Teil
des innerbetrieblichen Organisations- und Funktionsbereichs und mithin als
Betriebsweg anzusehen, wenn eine Fahrt maßgeblich durch die betriebliche
Organisation geprägt ist, insbesondere indem sie durch die Organisation
(Werkverkehr, Einsatz eines betriebseigenen Fahrzeugs, Fahrt auf dem Werksgelände) als innerbetrieblicher bzw. innerdienstlicher Vorgang gekennzeichnet
oder durch Anordnung des Dienstherrn zur innerbetrieblichen bzw. innerdienstlichen Aufgabe erklärt worden ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 8, 330, 337; BGHZ
116, 30, 35; vom 19. Dezember 1967 - VI ZR 6/66 - VersR 1968, 353, 354; vom
22. Oktober 1968 - VI ZR 173/67 - VersR 1968, 1193, 1194 f.; vom 8. Mai 1973
- VI ZR 148/72 - VersR 1973, 736; Sächsisches LAG, Urteil vom 26. Juni 2002
- 2 Sa 597/01 - HVBG-INFO 2003, 729 – die gegen dieses Urteil gerichtete Revision hat das BAG durch das noch nicht veröffentlichte Urteil vom 30. Oktober
2003 - 8 AZR 548/02 - zurückgewiesen). In diesen Fällen ist nach der ratio legis
der §§ 104 ff. SGB VII eine Haftungseinschränkung geboten, weil sich aufgrund
der bestehenden betrieblichen Gefahrengemeinschaft ein betriebsbezogenes
Haftungsrisiko verwirklicht hat, von dem der Unternehmer auch hinsichtlich
eventueller Freistellungs- oder Erstattungsansprüche grundsätzlich befreit werden soll.
cc) Nach diesen Grundsätzen kommt der erkennende Senat im Streitfall
aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Ergebnis, dass die Unfallfahrt als Betriebsweg anzusehen ist.
Der vorliegende Sachverhalt ist maßgeblich dadurch geprägt, daß der
Kläger und seine Arbeitskollegen mit einem Sammeltransport in einem be-
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triebseigenen Fahrzeug und mit einem betriebsangehörigen Fahrer zu einer
auswärtigen betrieblichen Baustelle und von dort wieder nach Hause gefahren
wurden. Der Arbeitgeber hat also auf die Unfallfahrt organisatorisch Einfluß genommen, indem er ein betriebseigenes, vom Betrieb unterhaltenes Fahrzeug zu
diesem Zweck zur Verfügung stellte und seinen Arbeitnehmern die Möglichkeit
einräumte, sich mit diesem Fahrzeug von einem Arbeitskollegen zu ihrem Einsatzort fahren zu lassen. Dadurch bestimmte er in unfallversicherungsrechtlich
relevanter Weise die für eine Haftung des Arbeitskollegen und seine eigene
Haftung als Fahrzeughalter maßgeblichen risikoprägenden Faktoren mit. Damit
korrespondiert es, daß der Kläger den Unfall gerade infolge seiner Eigenschaft
als Betriebsangehöriger erlitten hat. Er hat nämlich bei der Unfallfahrt an einer
Beförderung teilgenommen, die mit Rücksicht auf den Betrieb und die beruflichen Aufgaben der Betriebsangehörigen vom Arbeitgeber eröffnet war und sich
hierdurch grundsätzlich von einer privat organisierten Fahrt im eigenen Fahrzeug oder einem öffentlichen Verkehrsmittel unterscheidet.
Unter diesen Umständen erscheint die gemeinsame Fahrt der Arbeitskollegen selbst als Teil des innerbetrieblichen Organisations- und Funktionsbereichs. Es wurde nämlich wegen der getroffenen unternehmerischen Entscheidung sichergestellt, daß die Arbeitnehmer regelmäßig zum gleichen Zeitpunkt
an der auswärtigen Arbeitsstelle eintrafen, gleichzeitig die Arbeit aufnehmen
konnten und dadurch der Arbeitsablauf reibungslos gestaltet wurde.
Demgegenüber spielt es keine Rolle, daß eine Anordnung des Unternehmers, die angebotene Fahrtmöglichkeit zu nutzen, nicht vorlag. Entscheidend ist vielmehr, daß der Kläger die vom Arbeitgeber eröffnete Möglichkeit zur
Mitfahrt in dem betriebseigenen Fahrzeug in Anspruch nahm und sich somit in
die betrieblichen Abläufe und die betriebliche Gefahrengemeinschaft eingliederte. Dadurch entschied er sich dafür, die Anfahrt zur auswärtigen Arbeitsstelle
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nicht privat zu organisieren, sondern vielmehr das Angebot einer betrieblich
organisierten Sammelfahrt in Anspruch zu nehmen. Bei einer solchen Fallgestaltung entspricht es der ratio legis der §§ 104 ff. SGB VII, den Unternehmer
und die schädigenden Arbeitskollegen von dem damit verbundenen Risiko freizustellen und dadurch auch den Betriebsfrieden zu wahren. Diese grundsätzliche Wertung der Interessenlage wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß
der Kläger und seine Kollegen die Einzelheiten der Fahrt frei gestalten konnten.
Dadurch verliert das Gesamtgepräge der Fahrt nicht den Charakter einer betrieblich organisierten Sammelfahrt. Es entspricht vielmehr einer modernen
Unternehmensführung, die Einzelheiten der vom Betrieb eröffneten Beförderungsmöglichkeit den Arbeitnehmern zu überlassen, die dann vor Ort flexibel
auf kurzfristig eingetretene Umstände reagieren können.
III.
Da weitere Feststellungen zur Sache nicht erforderlich sind, macht der
Senat von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst in der Sache zu entscheiden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller
Wellner
Stöhr
Diederichsen
Zoll