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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 3/13
vom
18. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2013 durch die
Vorsitzende
Richterin
Dr.
Stresemann,
die
Richter
Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des Landgerichts Memmingen - 1. Zivilkammer - vom
12. Dezember 2012 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig
verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 8.000 €.
Gründe:
I.
1
Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 658/2 in der Gemarkung
K.
. Zugunsten des jeweiligen Eigentümers ist zu Lasten der den Beklag-
ten gemeinschaftlich gehörenden benachbarten Grundstücke Flurstück 654/1
und Flurstück 656/1 ein Geh- und Fahrtrecht im Grundbuch eingetragen
(Grunddienstbarkeit). Dieses wird durch eine Terrasse, Anpflanzungen und ein
Reckstangengerüst dergestalt beeinträchtigt, dass eine Durchfahrt mit größeren
Fahrzeugen, insbesondere mit einem PKW, nicht möglich ist.
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Die Klägerin hat die Verurteilung der Beklagten beantragt, ihr und Dritten
die Zufahrt zu ihrem Grundstück auf einer näher bezeichneten Fläche der den
Beklagten gehörenden Flurstücken mit Kraftfahrzeugen einschließlich Lastkraftwagen und Baufahrzeugen zu gewähren, hilfsweise gegen Zahlung einer
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Notwegrente. Das Amtsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Auf
die Berufung der Beklagten hat das Landgericht diese verurteilt, den Zugang
und die Zufahrt zu dem Grundstück der Klägerin auf einer näher bezeichneten
Fläche ihrer Flurstücke zu dulden, soweit dadurch die bestehenden Anlagen
nicht beeinträchtigt werden.
3
Mit der Beschwerde will die Klägerin die Zulassung der Revision gegen
das zweitinstanzliche Urteil erreichen, damit sie in dem angestrebten Revisionsverfahren ihre Klageanträge weiterverfolgen kann. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
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Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin nicht - wie geboten
(siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002,
3180) - dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
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1. Bei einer Klage auf Unterlassung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit bestimmt sich der Wert des Rechts nach § 7 ZPO; er ist nach § 3
ZPO zu schätzen. Für den Wert einer Beseitigungsklage ist das Interesse des
Klägers an der Beseitigung des beanstandeten Zustands maßgeblich; auch ist
es nach § 3 ZPO zu schätzen. Beide Werte sind zusammenzurechnen. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des
Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (Senat, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 19/12, Grundeigentum 2012, 1314 f.).
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a) Nach diesen Grundsätzen bemisst sich die Beschwer der Klägerin,
welche sie in dem angestrebten Revisionsverfahren geltend machen könnte,
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allenfalls nach dem Wert, den die Grunddienstbarkeit mit dem von ihr beanspruchten Umfang abzüglich des Werts mit dem von dem Berufungsgericht
festgelegten Umfang für das Grundstück der Klägerin hat; hinzuzurechnen ist
der Wert des Interesses der Klägerin an der Beseitigung der Anlagen durch die
Beklagten.
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b) Dass diese Werte 20.000 € überschreiten, ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht.
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aa) Zwar zeigt die Klägerin eine für die Beschwer maßgebliche Wertminderung ihres Grundstücks durch den Duldungsausspruch in dem Berufungsurteil im Vergleich zu dem mit der Klage verfolgten Ziel auf und gelangt zu einem
weit über 20.000 € liegenden Betrag. Aber diese Berechnung ist nicht stichhaltig. Sie beruht darauf, dass das Grundstück der Klägerin zur Größe von
1.404 qm insgesamt bebaubar und deshalb ein Verkehrswert von 50 €/qm anzusetzen sei, wogegen bei Bestand des Berufungsurteils die Bebaubarkeit entfiele und als Verkehrswert nur 1,40 €/qm für Grünland sowie 2,45 €/qm für
Ackerland anzusetzen sei. Diese Annahme wird jedoch durch die mit der Beschwerdebegründung vorgelegte E-Mail des Fachbereichs Bauwesen des
Landratsamts G.
an den Bürgermeister Ke.
widerlegt. In der darin
enthaltenen ortsplanerischen Stellungnahme zu dem Bauvorhaben der Klägerin
heißt es u.a., dass die Erschließung des Grundstücks über die südlich davon
verlaufende B.
Straße erfolgen müsse und die nördliche
Bauflucht des geplanten Gebäudes nicht nördlicher als das vorhandene Wohnhaus auf dem Flurstück 654/1 verlaufen dürfe. Daraus folgt zweierlei: Zum einen, dass die mit der Klage verfolgte wegemäßige Erschließung des Grundstücks in östlicher Richtung einer Bebaubarkeit entgegensteht, und zum anderen, dass das Grundstück nicht insgesamt bebaubar ist. Dessen Wertminde-
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rung lässt sich somit nicht in der von der Klägerin gewählten Art und Weise berechnen.
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bb) Hinzu kommt, dass die Klägerin die ihrer Berechnung zugrunde gelegten Verkehrswerte nicht glaubhaft gemacht hat. Sie bezieht sich nämlich auf
ein Verkehrswertgutachten vom 17. September 2009, welches in einem
Zwangsversteigerungsverfahren erstellt worden ist. Damals gab es das Grundstück der Klägerin mangels Teilung noch nicht. Das u.a. bewertete Flurstück
658, aus welchem später das Grundstück der Klägerin entstand, lag an der südlich davon verlaufenden öffentlichen Straße (B.
Straße).
Dorthin hat das Grundstück der Klägerin keinen Zugang. Deshalb kann der in
dem Gutachten ermittelte Verkehrswert für Bauland nicht ohne weiteres für die
Berechnung des Verkehrswerts des Grundstücks der Klägerin zugrunde gelegt
werden.
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c) Abgesehen davon, dass nach dem vorstehend unter b) aa) Gesagten
das Berufungsurteil keine Auswirkungen auf die Bebaubarkeit des Grundstücks
der Klägerin hat, liegt der von ihr vorgetragene Aufwand für die "Erschließung
des hinteren Bauplatzes" in Höhe von 16.617,43 € unter der in § 26 Nr. 8
EGZPO festgelegten Wertgrenze.
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d) Nicht ersichtlich ist, inwiefern die von der Klägerin getätigten Investitionen in die Sanierung einer Werkstatt inklusive des Aufbaus einer Photovoltaikanlage in Höhe von 95.341,21 € durch den Duldungsausspruch in dem Berufungsurteil verloren sein sollen.
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2. Nach alledem hat die Klägerin auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, welchen Wert das hilfsweise geltend gemachte Notwegrecht für ihr
Grundstück hat.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts ist der Senat - mangels anderer Anhaltspunkte von der Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts ausgegangen.
Stresemann
Lemke
Roth
Schmidt-Räntsch
Brückner
Vorinstanzen:
AG Günzburg, Entscheidung vom 31.01.2012 - 1 C 882/11 LG Memmingen, Entscheidung vom 12.12.2012 - 12 S 417/12 -