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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 30/10
vom
21. Oktober 2010
in dem Rechtsstreit
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Oktober 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke, Dr. SchmidtRäntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil des
22.
Zivilsenats
des
Oberlandesgerichts
Hamm
vom
1. Februar 2010 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der
Gegenstandswert
des
Beschwerdeverfahrens
beträgt
55.239,80 €.
Gründe:
I.
1
Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz nach einem
Hauskauf und stützen dies auf arglistig verschwiegene Feuchtigkeitsmängel.
2
Die Beklagten waren Eigentümer eines mit einem Haus bebauten
Grundstücks. Von 2002 bis 2005 bewohnten sie die Erdgeschosswohnung des
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Hauses selbst und vermieteten sie anschließend vom 1. Oktober 2005 bis zum
30. Juli 2006. Im März 2006 rügten die Mieter über den Mieterschutzverein,
dass sich im Wohnzimmer und im Arbeitszimmer Feuchtigkeit und Schimmel
gebildet hätten. Es folgte eine wechselseitige Korrespondenz mit dem Mieterschutzverein. Der Beklagte zu 2 führte Maßnahmen zur Schadensbehebung
durch.
3
Mit Vertrag vom 21. Dezember 2006 erwarben die Kläger das Hausgrundstück zum Preis von 187.000 € von den Beklagten unter Ausschluss der
Haftung für offene und verborgene Sachmängel.
4
Das Landgericht hat die zunächst auf Ersatz geschätzter Sanierungskosten von 12.185 € netto gerichtete Klage nach Vernehmung des beurkundenden
Notars abgewiesen. In der Berufungsinstanz haben die Kläger die Klage erweitert und verlangen nunmehr Ersatz der Kosten für Wärmedämmung von
33.000 € netto und für Schimmelsanierung von 13.420 € netto.
5
Das Oberlandesgericht hat die Berufung nach Anhörung der Parteien zurückgewiesen. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger.
II.
6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei zwar von einem Sachmangel in Gestalt von Feuchtigkeitsschäden im Wohnzimmer und konstruktiv bedingten Wärmedämmungsmängeln auszugehen. Es fehle jedoch an dem
Nachweis der Kenntnis der Beklagten von diesem Mangel. Im Hinblick auf die
Zeit, in der die Beklagten das Objekt selbst bewohnt hätten, sei ihnen nicht zu
widerlegen, dass sich keine Feuchtigkeit gezeigt habe. Für ihre gegenteilige
Behauptung hätten die Kläger keinen Beweis angetreten, so dass es auf die
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Vernehmung der von den Beklagten benannten Gegenzeugen nicht ankomme.
Dass die Beklagten von einem falschen Lüftungsverhalten ausgegangen seien
und die Ursache durch den Auszug der Mieter und die von dem Beklagten zu 2
durchgeführten Maßnahmen für beseitigt gehalten hätten, sei ihnen auch angesichts der Korrespondenz mit dem Mieterschutzverein nicht zu widerlegen.
III.
7
Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es
einen Beweisantritt der Kläger übersehen hat.
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Die Kläger haben in der Berufungsschrift behauptet, es sei ausgeschlossen, dass während der Zeit, in der die Beklagten selbst das Objekt bewohnt
hätten, keine Feuchtigkeitsschäden aufgetreten seien. Zum Beweis dieser Tatsache haben sie sich auf das sachverständige Zeugnis des in dem selbstständigen Beweisverfahren tätigen Gutachters und eines Privatgutachters bezogen
sowie die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt.
Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt, den Beklagten sei nicht zu widerlegen, dass weder Feuchtigkeit noch Schimmelbildung in ihrer Besitzzeit aufgetreten seien. Es fehle insoweit an einem Beweisantritt der Kläger, so dass es
auf die Vernehmung der von den Beklagten benannten Gegenzeugen nicht ankomme.
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9
Das Übergehen des Beweisantritts ist rechtsfehlerhaft, weil es die Kläger
in ihrem Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das Gebot des
rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht soll sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen
Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den
Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich
angesehenen Beweisangebots verstößt dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn
sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, BVerfGE 69, 141; NJW
2009, 1585 = WM 2009, 672). Davon ist hier auszugehen.
10
Das Beweisangebot war erheblich. Sofern bereits zu der Zeit, in der die
Beklagten selbst das Objekt bewohnten, Feuchtigkeitsschäden aufgetreten wären, hätten die Beklagten von einem Baumangel ausgehen müssen und hätten
die von den Mietern bemängelte Feuchtigkeit nicht auf falsches Wohnverhalten
zurückführen können.
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Der Beweisantritt genügte auch den Anforderungen an die Substantiierung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine
Partei ihren Substantiierungspflichten, wenn die vorgetragenen Tatsachen in
Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht
zu begründen (Senat, Beschluss vom 2. April 2009 – V ZR 177/08, NJW-RR
2009, 1236; Beschluss vom 12. Juni 2008 – V ZR 221/07, WM 2008, 2068
mwN). Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie
auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht. Die
Kläger waren mangels eigener Wahrnehmung auf Schlussfolgerungen angewiesen. Diese waren im Übrigen nicht von der Hand zu weisen, nachdem schon
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kurz nach der Übergabe der Immobilie an die Kläger Schäden auftraten, die
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit den zuvor von den Mietern
gerügten Schäden vergleichbar waren.
12
Das Übergehen des Beweisantrags stand auch nicht deshalb mit der
Prozessordnung in Einklang, weil die Kläger die unter Beweis gestellte Behauptung erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellt haben. Denn das Berufungsgericht ist in seinem Urteil auf den neuen Sachvortrag inhaltlich eingegangen
und hat ihn nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Ob die Voraussetzungen des § 531 ZPO überhaupt vorlagen – was unter anderem eine vorherige Anhörung der Parteien erfordert hätte –, bedarf keiner Entscheidung, weil
das Revisionsgericht an die Zulassung des Vorbringens gebunden ist (Senat,
Beschluss vom 22. Januar 2004 – V ZR 187/03, NJW 2004, 1458).
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13
Die weiteren mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Krüger
Lemke
Roth
Schmidt-Räntsch
Brückner
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.07.2009 - 6 O 240/08 OLG Hamm, Entscheidung vom 01.02.2010 - I-22 U 105/09 -