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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 19/05
Verkündet am:
24. März 2006
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
SachenRBerG § 12 Abs. 2
a) Für die Bestimmung der Restnutzungsdauer des Gebäudes bei der Wertermittlung nach §
12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2 SachenRBerG ist auf den maßgeblichen Wertermittlungsstichtag, nicht auf den Zeitpunkt der Besichtigung des Gebäudes durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen abzustellen.
b) Bei der Ermittlung des Restwerts früherer Investitionen nach § 12 Abs. 2 Satz 3 SachenRBerG ist der Neuherstellungswert, nicht der um die Altersabschreibung geminderte
Sachwert des Gebäudes zugrunde zu legen.
c) Für die Berechnung der sog. Investitionspauschale nach § 12 Abs. 2 Satz 2
SachenRBerG ist für alle anrechenbare Jahre der Sachwert des Gebäudes bei Abschluss
des Überlassungsvertrags zugrunde zu legen.
BGH, Urt. v. 24. März 2006 - V ZR 19/05 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. Dezember
2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Das im Land Brandenburg gelegene Grundstück der Klägerinnen wurde
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1932 oder 1934 mit einem Wohnhaus bebaut und nach einem Vermerk im
Grundbuch vom 14. September 1962 unter staatliche Verwaltung des VEB
K.
W.
(fortan: KWV) gestellt. Die Beklagten bewohnen
das Haus seit 1958, und zwar zunächst aufgrund eines Mietvertrags mit der
KWV und mit Wirkung vom 1. Juli 1971 an aufgrund eines Überlassungsvertrags. In dem Überlassungsvertrag ist ein Gebäudewert von 10.200 Mark/DDR
angegeben. Die Wertermittlung führt verschiedene Instandsetzungen auf und
beziffert diese mit 3.700 Mark/DDR.
-3-
Ein von den Beklagten beauftragter Sachverständiger ermittelte am
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6. Juli 1995 einen Gebäuderestwert ohne Investitionen der Beklagten zum
Stichtag 2. Dezember 1990 in Höhe von 44.000 DM und einen Gebäuderestwert mit diesen Investitionen von 81.000 DM. Daraufhin verlangten die Beklagten am 7. August 1995 von den Klägerinnen die Bestellung eines Erbbaurechts
nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz für eine Teilfläche von 500 qm.
Das lehnten die Klägerinnen ab, weil die Beklagten keine ausreichenden Investitionen vorgenommen hätten. Sie haben die Feststellung beantragt, dass den
Beklagten Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht zustehen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat
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die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem
Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher diese die Abweisung
der Klage anstreben. Die Klägerinnen beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
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Das Berufungsgericht ist, sachverständig beraten, zu dem Ergebnis gelangt, dass das zur Begründung eines Anspruchs auf Bestellung eines Erbbaurechts an dem Grundstück erforderliche Investitionsvolumen von mehr als der
Hälfte des Gebäudesachwerts zu allen vier hier festgestellten Wertermittlungsstichtagen (31. Dezember 1973, 31. Dezember 1980, 31. Dezember 1986 und
2. Oktober 1990) knapp verfehlt wurde. Die für die Berechnung der altersbedingten Wertminderung maßgebliche Restnutzungsdauer des Gebäudes
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bestimme sich nicht nach den Verhältnissen an den Wertermittlungsstichtagen,
sondern nach den Verhältnissen bei Besichtigung des Gebäudes durch den
gerichtlich bestellten Sachverständigen (hier 2. März 2004). Der Wert der anzurechnenden früheren Investitionen der Beklagten sei anhand der jeweils maßgeblichen Gebäudesachwerte zu berechnen. Für die Berechnung der Investitionspauschale sei zwar der Gebäudesachwert in jedem Jahr der Nutzung maßgeblich. Dass dieser hier von dem Sachverständigen nicht ermittelt, sondern
der Wert an den Wertermittlungsstichtagen zugrunde gelegt worden sei, sei
aber unschädlich, weil sich das Ergebnis nicht zum Nachteil der Beklagten verändere.
II.
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Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass den
Beklagten der von den Klägerinnen bekämpfte Anspruch auf Bestellung eines
Erbbaurechts an dem Grundstück nach § 32 SachenRBerG nur zusteht, wenn
sie in das auf dem Grundstück stehende Gebäude mehr als die Hälfte des
Sachwerts investiert haben, den dieses bei Vornahme der Investitionen ohne
deren Berücksichtigung jeweils hatte. Die Beklagten nutzen das Grundstück der
Klägerinnen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrund eines Überlassungsvertrags mit der KWV, der den Anforderungen des Art. 232 § 1a EGBGB genügt, und sind damit nach § 9 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 SachenRBerG anspruchsberechtigte Nutzer. § 32 SachenRBerG ist nur
anwendbar, wenn die Beklagte das Grundstück auch in einer nach §§ 5 bis 7
SachenRBerG bereinigungsfähigen Weise nutzen. Dazu reicht die hier festgestellte Nutzung des Grundstücks als Eigenheim nach § 5 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 3
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Satz 2 Buchstabe f SachenRBerG aufgrund eines Überlassungsvertrags nur,
wenn die Beklagten bauliche Maßnahmen in dem Umfang vorgenommen haben, den § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SachenRBerG in der hier maßgeblichen Fassung des Grundstücksrechtsbereinigungsgesetzes vom 26. Oktober 2001
(BGBl. I S. 2716) verlangt.
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2. Die Vornahme von Investitionen in diesem Umfang hat das Berufungsgericht aber zu Unrecht verneint.
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a) Diese Feststellung kann der Senat überprüfen. Zwar ist sie als tatrichterliche Wertung im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Wie der
Tatrichter den Wert eines Gebäudes einerseits und von Investitionen in das
Gebäude anderseits feststellt, steht grundsätzlich in seinem Ermessen (Senatsurt. v. 2. Juli 2004, V ZR 213/03, NJW 2004, 2671, 2672; v. 12. Januar 2001,
V ZR 420/99, NJW-RR 2001, 732, 733). Etwas anderes gilt aber dann, wenn
der Tatrichter von unzutreffenden Grundlagen ausgeht (Senat, BGHZ 17, 236,
238) oder wenn er ein nicht geeignetes (Senatsurt. v. 12. Januar 2001, aaO)
oder ein Verfahren gewählt hat, das im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben steht (Senatsurt. v. 25. Oktober 1996, V ZR 212/95, NJW 1997, 129).
Der zuletzt genannte Fall liegt hier vor.
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b) Das Berufungsgericht hat bei der Bestimmung des Sachwerts des
Gebäudes die gesetzlichen Vorgaben nicht in allen Punkten beachtet.
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aa) Der Sachwert des Gebäudes ist nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1
Nr. 2 SachenRBerG für jeden Zeitpunkt festzustellen, an dem der Nutzer eine
Investitionsmaßnahme im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SachenRBerG beendet. Denn der Nutzer kann die Quote zu jedem Investitionszeitpunkt
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erfüllen (OLG Brandenburg, VIZ 2001, 509, 510), sodass jede dieser Maßnahmen dem Gebäudesachwert ohne Investitionen im Zeitpunkt ihrer Vornahme
gegenüberzustellen ist. Das sind nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der 31. Dezember 1973, der 31. Dezember
1980, der 31. Dezember 1986 und der 2. Oktober 1990. Die Gebäudesachwerte
an diesen Wertermittlungsstichtagen sind, was § 12 Abs. 2 Satz 7 SachenRBerG jetzt ausdrücklich klarstellt (Begründung des Regierungsentwurfs für ein
Grundstücksrechtsbereinigungsgesetz in BT-Drucks. 14/6402 S. 25 f.), auch
wenn die Stichtage vor dem 3. Oktober 1990 liegen, nicht nach den Wertmaßstäben der DDR, sondern nach dem Sachwertverfahren der §§ 21 bis 25 WertV
festzustellen (Entwurf der Bundesregierung für ein Sachenrechtsbereinigungsgesetz in BT-Drucks. 12/5992 S. 111; Bundesministerium der Justiz in einer
Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, wörtlich wiedergegeben bei Zank/Simon, NJ 1999, 57, 62 f.; MünchKommBGB/Wendtland, 4. Aufl., § 12 SachenRBerG Rdn. 9; Eickmann/Bischoff, Sachenrechtsbereinigung [Stand 11/2001], § 12 SachenRBerG Rdn. 65; Czub in
Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz,
Sachenrechtsbereinigungsgesetz
[Stand
11/2003], § 12 Rdn. 100; für § 121 Abs. 1 Satz 3 Buchstabe c SachenRBerG
auch LG Frankfurt/Oder VIZ 2000, 682, 683). Maßgeblich ist auf dieser Grundlage aber nicht der, wie gelegentlich formuliert wird (Eickmann/Bischoff und
MünchKomm-BGB/Wendtland, jeweils aaO), heutige Wert, sondern der Wert zu
den maßgeblichen Wertermittlungsstichtagen (Czub, wie vor, Rdn. 82). Bei der
Sachwertermittlung dürfen die Investitionen und Aufwendungen des Nutzers
nicht berücksichtigt werden.
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bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht jedenfalls bei der Berechnung der altersbedingten Wertminderung nicht eingehalten.
-7-
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(1) Es hat sich hierbei zwar, wie geboten (Eickmann/Bischoff, aaO, § 12
SachenRBerG Rdn. 79), an den Maßstäben der Wertermittlungsverordnung
ausgerichtet und auch insoweit nicht die Bewertungsgrundsätze der DDR
zugrunde gelegt. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme einer
Normalnutzungsdauer von 80 Jahren, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist. Sie entspricht bei einem Gebäude der hier zu beurteilenden Art Anlage 4 der Wertermittlungsrichtlinien 2002 (Bundesanzeiger, Beilage Nr. 238a
vom 20. Dezember 2002); diese Annahme wird von der Revision auch nicht
angegriffen.
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(2) Die Revision beanstandet aber mit Recht das Vorgehen des Berufungsgerichts bei der Ermittlung der für die Berechnung der Alterswertabschreibung entscheidenden Restnutzungsdauer des Gebäudes.
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(a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts beurteilt sich die Restnutzungsdauer des Gebäudes nach dem Zeitpunkt der Besichtigung durch den
gerichtlichen Sachverständigen, hier am 2. März 2004. Maßnahmen, die zu einer Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes führen, seien nach
§ 23 Abs. 2 WertV zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn sie auf Investitionen des Nutzers beruhten. Diese Investitionen müssten nicht bei der Alterswertabschreibung berücksichtigt werden. Sie könnten, wie hier auch geschehen, durch Wertabschläge wegen Instandhaltungsrückstaus gemäß § 24 WertV
oder wegen sonstiger Umstände nach § 25 WertV berücksichtigt werden. Dieser Berechnungsweise kann nicht gefolgt werden, weil sie im Widerspruch zu
den Vorgaben des § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SachenRBerG steht.
-8-
(b) Die von dem Berufungsgericht gewählte Methode zur Berechnung der
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Alterswertabschreibung
verfehlt
den
gesetzlich
bestimmten
Wertermittlungsstichtag. Nach § 3 Abs. 1 WertV sind zur Ermittlung des
Verkehrswerts eines Grundstücks nach Maßgabe von §§ 21 bis 25 WertV die
allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt und der Zustand des
Grundstücks in dem Zeitpunkt zugrunde zu legen, auf den sich die Wertermittlung bezieht. Für die Berechnung des Gebäudesachwerts und des Werts der
Investitionen des Nutzers nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2
SachenRBerG gilt nichts anderes. § 12 Abs. 2 Satz 7 SachenRBerG verweist
zwar nicht ausdrücklich auch auf § 3 Abs.1 WertV. Die Vorschrift nimmt auf die
§§ 21 bis 25 WertV indes für die nach Satz 1 erforderlichen Wertermittlungen
Bezug und gibt damit selbst die Wertermittlungsstichtage vor, deren
Verhältnisse für die Wertermittlung maßgeblich sein sollen. Es ist deshalb unter
Zugrundlegung
der
Maßstäbe
der
§§
21 bis 25 WertV der fiktive
Neuherstellungswert des Gebäudes im Zeitpunkt seiner Errichtung – hier im
Jahre 1932 oder 1934 – festzustellen (Zank/Simon, NJ 1999, 57, 63). Hiervon
ist neben einer Abschreibung wegen Reparaturrückstands (OLG Brandenburg
VIZ 2001, 509, 511; Zank/Simon, NJ 1999, 57, 63; Vogel, GE 1996, 438, 439)
die altersbedingte Wertminderung abzusetzen, die sich an dem jeweiligen
Wertermittlungsstichtag, also an dem Tag ergeben würde, an dem der Nutzer
die fragliche Investition beendete (Zank/Simon, NJ 1999, 57, 63). Das schließt
es aus, die für die Berechnung des Alterswertminderungssatzes entscheidende
Restnutzungsdauer des Gebäudes nach dem Zeitpunkt der Besichtigung durch
den gerichtlichen Sachverständigen zu beurteilen. Vielmehr ist sie nach dem
jeweiligen Wertermittlungsstichtag zu beurteilen. Dies wird in vielen Fällen dazu
führen, dass die Restnutzungsdauer rechnerisch aus der Differenz der
Normalnutzungsdauer, die das Berufungsgericht hier mit 80 Jahren ansetzt,
und dem im Wertermittlungsstichtag bereits verstrichenen Zeitraum abzuleiten
ist.
Zwingend
ist
das
nicht.
So
dürften
etwa
Renovierungs-
und
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Sanierungsarbeiten des Eigentümers vor der Übernahme des Gebäudes durch
den Nutzer nach § 12 Abs. 2 Satz 7 SachenRBerG i.V.m. § 23 Abs. 2 WertV
berücksichtigt werden, soweit sie sich etwa aus dem bei Abschluss eines Überlassungsvertrags zur Berechnung der Kaution (dazu Schmidt-Räntsch, ZOV
1992, 2, 4) festgestellten Wert des Gebäudes ergeben. Dass diese von dem
Gesetzgeber vorgegebene Berechnungsweise technisch oder rechtlich nicht
möglich wäre, ist nicht erkennbar. Das Berufungsgericht hat sie selbst bislang
ohne Schwierigkeiten angewendet (VIZ 2001, 506, 509 und VIZ 2001, 509,
511). Die Änderung der Vorschrift durch das Grundstücksrechtsbereinigungsgesetz vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2716) erfordert keine Änderung dieser
Praxis; sie stellt vielmehr durch den Verweis auf den Sachwert des überlassenen Gebäudes klar, dass der Wert in der geschilderten Weise berechnet werden soll (Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drucks. 14/6402 S. 25 f.).
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(c) Die Ermittlung der Restnutzungsdauer des Gebäudes nach dem Zeitpunkt der Besichtigung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen wird
auch dem Gebot des § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2 SachenRBerG nicht
gerecht, den Sachwert des Gebäudes ohne Berücksichtigung der baulichen
Investitionen des Nutzers zur berechnen. Das bedeutet zwar entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass bauliche Maßnahmen, welche die bei ordnungsgemäßem Gebrauch übliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert
haben, abweichend von § 23 Abs. 2 WertV bei der Vergleichswertberechnung
nach § 12 Abs. 12 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 und Satz 7 SachenRBerG in jedem
Fall unberücksichtigt bleiben müssen. Die Berücksichtigung solcher Maßnahmen kann im Gegenteil, wie ausgeführt, etwa dann geboten sein, wenn sie der
Eigentümer selbst vor der Übernahme des Gebäudes durchgeführt hat. § 12
Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2 SachenRBerG lässt es aber nicht zu, bei der
Ermittlung des Sachwerts des Gebäudes bauliche Maßnahmen des Nutzers zu
- 10 -
berücksichtigen. Das ist nur zu erreichen, wenn solche baulichen Maßnahmen
nicht nur bei der Feststellung des Sachwerts insgesamt, sondern auch bei der
Ermittlung der Faktoren unberücksichtigt bleiben, anhand derer er zu berechnen ist. Sie dürfen deshalb auch bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer des
Gebäudes nicht berücksichtigt werden. Diese Vorgabe lässt die von dem Berufungsgericht vorgenommene Bewertung nach dem Zeitpunkt der Besichtigung
des Gebäudes durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht zu.
Daran ändern die von dem Berufungsgericht vorgenommenen Abzüge wegen
Reparaturrückstands nach § 24 WertV nichts. Sie kommen zum einen nur bei
Maßnahmen in Betracht, die einen vorhandenen Reparaturrückstand ausgleichen, nicht aber bei Maßnahmen, die zu einer Aufwertung des Gebäudes führen sollen. Zum anderen können solche Abzüge die Verzerrungen in der Ermittlung des Sachwerts nicht ausgleichen, zu denen die Berechnungsmethode des
Berufungsgerichts führt. Hier gelangt das Berufungsgericht zu einer Restnutzungsdauer von 61 Jahren, wohingegen sich bei der angebrachten linearen Berechnung eine Restnutzungsdauer von 39 bzw. 41 Jahren für den Bewertungsstichtag 1973, von 32 bzw. 34 Jahren für den Bewertungsstichtag 1980, von 26
bzw. 28 Jahren für den Bewertungsstichtag 1986 und von 22 bzw. 24 Jahren für
den Wertermittlungsstichtag 1990 ergeben.
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c) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht auch bei der Berechnung des Restwerts der nach § 12 Abs. 2 Satz 3 SachenRBerG anzurechnenden früheren Investitionen. Das Berufungsgericht möchte diesen Wert anhand von Wägungsanteilen an dem Sachwert des Gebäudes ermitteln. Das
Abstellen auf Wägungsanteile am Gesamtwert des Gebäudes ist zwar als solches nicht zu beanstanden (Eickmann/Bischoff, aaO, § 12 SachenRBerG
Rdn. 85; Zank/Simon, NJ 1999, 57, 64). Zu beanstanden ist aber, dass diese
Wägungsanteile auf der Grundlage des Sachwerts des Gebäudes zu den Wert-
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ermittlungsstichtagen berechnet werden sollen. Das führt nämlich (vgl. Vogel
GE 1996, 438, 447) zu einer einseitigen Benachteiligung des Nutzers. Der Nutzer hat seine Investitionen zu Neubaukosten vorgenommen. Wollte man den
zeitbedingten Wertverlust auf der Grundlage des Sachwerts des Gebäudes zu
den Wertermittlungsstichtagen berechnen, würde nicht nur der Wertverlust als
solcher, sondern auch der im Sachwert des Gebäudes bereits enthaltene altersbedingte Wertverlust des Gebäudes in Ansatz gebracht. Dem aber steht
§ 12 Abs. 2 Satz 3 SachenRBerG entgegen, wonach dem Nutzer der Restwert
seiner Investition erhalten werden soll. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen,
wenn der altersbedingte Wertverlust der Investitionen nach den Neubaukosten
ermittelt wird (Matthiessen, VIZ 2001, 461, 465 f.).
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d) Unzutreffend ist auch die Berechnung der sog. Investitionspauschale
nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG. Danach ist den nachgewiesenen Investitionen des Nutzers für jedes Jahr der Nutzung von dem Abschluss des Überlassungsvertrages an bis zum 2. Oktober 1990 ein nach Jahren gestaffelter
Prozentsatz des jeweiligen Gebäuderestwerts für nicht nachgewiesene Investitionen hinzuzurechnen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist mit jeweiligem Gebäuderestwert der jährlich zu ermittelnde Sachwert des Gebäudes gemeint. Diese Auslegung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift möglich, aber, anders als dies teilweise gesehen wird (Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz,
aaO, § 12 Rdn. 92a), nicht zwingend. Der Wortlaut lässt es auch zu, die Verweisung auf den jeweiligen Gebäuderestwert als Verweisung auf den Gebäuderestwert zu den jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten des Abschlusses des Überlassungsvertrags zu verstehen, den die Vorschrift in ihrem Eingangsteil als
Ausgangspunkt nimmt. In diesem Sinne wollte der Gesetzgeber die aufgetretenen Auslegungszweifel (dazu Matthiessen, VIZ 2001, 461, 463; Zank, NJ 2001,
548) klären (Begründung des Regierungsentwurfs zum Grundstücksbereini-
- 12 -
gungsgesetz in BT-Drucks. 14/6402 S. 25). Nur bei diesem Verständnis kann
die Vorschrift dem ihr zugedachten Zweck gerecht werden. § 12 Abs. 2 Satz 2
SachenRBerG soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Nutzer seine über
Jahre hinweg vorgenommen laufenden Investitionen oft nicht nachweisen kann
(Begründung der Anrufung des Vermittlungsausschusses zum SachenRBerG
durch den Bundesrat in BT-Drucks. 12/7668 S. 2). Dazu sollten den nachgewiesenen Investitionen eine an der Abschreibung für Abnutzung aus dem Steuerrecht ausgerichtete Investitionspauschale hinzugerechnet werden (Eickmann/Bischoff, aaO, § 12 SachenRBerG Rdn. 47; Czub in Czub/SchmidtRäntsch/Frenz, aaO, § 12 Rdn. 91). Anknüpfungspunkt einer solchen Pauschale ist im Steuerrecht das Jahr der Anschaffung, dem hier der Abschluss des
Überlassungsvertrags funktionell entspricht.
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Verstünde man die Vorschrift in dem von dem Berufungsgericht zugrunde gelegten Sinne, würde die Investitionspauschale zudem zweimal um eine
Alterswertabschreibung gekürzt. Eine Alterswertabschreibung liegt bereits in
den nach Nutzungsjahren niedriger werdenden Sätzen der Pauschale. Die Berechnung der Pauschale nach dem Restwert in jedem einzelnen Nutzungsjahr
hätte einen zusätzlichen Wertverlust um den jeweils eingetretenen altersbedingten Wertverlust des Gebäudes zur Folge. Eine solche Kürzung stünde auch im
Widerspruch zum Zweck der Änderung. Dieses Verständnis der Vorschrift verfehlte im Übrigen die angestrebte Erleichterung bei der praktischen Handhabung und erforderte einen beträchtlichen Mehraufwand im gerichtlichen Verfahren, weil der Gebäuderestwert für jedes einzelne der oft vielen Nutzungsjahre
ermittelt werden müsste. Unter dem jeweiligen Gebäuderestwert ist in der Vorschrift deshalb nicht der in jedem einzelnen Jahr der Nutzung gegebenen Gebäuderestwert, sondern der bei dem unterschiedlichen Zeitpunkt des Abschlusses der Überlassungsverträge bestehende Gebäuderestwert zu verstehen, der
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dann bei jedem Überlassungsvertrag für die gesamte anrechenbare Nutzungszeit maßgeblich sein soll (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs in BTDrucks. 14/6204 S. 25; Hirschinger, NJ 2001, 570, 571).
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3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die für
eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen fehlen.
Krüger
Klein
Schmidt-Räntsch
Lemke
Roth
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 08.03.2000 - 8 O 450/96 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.12.2004 - 5 U 67/00 -