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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 258/16
vom
1. Juni 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:010617BVZR258.16.0
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2017 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin zu 1 gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts
Rostock vom 20. Oktober 2016 wird auf ihre Kosten als unzulässig
verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 600 €.
Gründe:
I.
1
Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft
Aparthotel O.
in B.
auf R.
. Gegenstand dieser Gemeinschaft ist ein
früheres Hotel. Die im Sondereigentum stehenden Wohnungen werden überwiegend als Ferienwohnungen vermietet. Zum Gemeinschaftseigentum gehören u.a. eine Rezeption, eine Küche und ein Frühstücksraum nebst Toilettenanlagen und Aufenthaltsräume für Personal. Zwischen den Wohnungseigentümern besteht Streit darüber, ob und durch wen die vorgenannten Räumlichkeiten betrieben werden sollen. Sie waren zunächst an eine Feriendienstorganisa-
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tion vermietet. Die Wohnungseigentümer beschlossen 2008 die Kündigung des
Mietvertrags, setzten diese dann aber wieder aus, bis das Landgericht auf eine
Beschlussersetzungsklage hin anordnete, den Vertrag zu kündigen und von der
Mieterin die Herausgabe der Gemeinschaftsräume nebst Inventar zu verlangen.
Auf einer Versammlung am 8. März 2014 fassten die Wohnungseigentümer
mehrheitlich folgenden Beschluss:
„Die Eigentümergemeinschaft lehnt eine Eigenbewirtschaftung der Rezeption ab und
wird nicht als Arbeitgeber fungieren.“
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Diesen Beschluss haben die Kläger angefochten. Das Amtsgericht hat
die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Berufung
als unbegründet zurückgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde möchte
die Klägerin zu 1 weiterhin die Ungültigerklärung dieses Beschlusses erreichen.
II.
3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da die Klägerin zu 1
nicht dargelegt hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden
Beschwer den Betrag von 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
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1. Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu
bewerten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZR 86/16,
WuM 2017, 62 Rn. 2; Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 211/11, ZWE
2012, 224 Rn. 4 mwN). Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beab-
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sichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze
von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. nur Senat, Beschluss vom
9. Februar 2017 - V ZR 88/16, WuM 2017, 237 Rn. 4).
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2. Diesen Anforderungen genügt die Darlegung der Klägerin zu 1 nicht.
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a) Sie führt zur Begründung ihrer Beschwer zwar aus, die Nutzung der
Rezeption der Anlage mache nur dann Sinn, wenn sie, orientiert an dem Bedarf, etwa 1.400 Stunden jährlich besetzt sei. Die Kosten hierfür beliefen sich
auf 17.850 € jährlich. Das Dreieinhalbfache dieses Betrags gemäß § 9 ZPO
betrage 62.475 €. Davon hätten die Kläger bei einem Betrieb der Rezeption
durch alle Wohnungseigentümer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen
10.004,94 € zu tragen. Bleibe die Bewirtschaftung als Konsequenz des Berufungsurteils allein bei ihnen, so hätten sie um 52.470,08 € höhere Kosten.
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b) Es fehlt jedenfalls eine Erläuterung zum gedanklichen Ausgangspunkt
dieses Vortrags, nämlich dazu, dass und weshalb die Kläger als Konsequenz
aus dem Berufungsurteil die Bewirtschaftungskosten allein zu tragen haben
sollen. Der bloße Hinweis auf das Berufungsurteil genügt dazu nicht.
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aa) Das Berufungsgericht versteht den angefochtenen Beschluss in dem
Sinne, dass sich die Wohnungseigentümer mehrheitlich nicht grundsätzlich und
unwiderruflich gegen eine Nutzung der baulich angelegten Rezeption ausgesprochen hätten, sondern es lediglich ablehnten, dass jeder Wohnungseigentümer verpflichtet sein solle, diese Rezeption mitzubenutzen und den hierdurch
bedingten Aufwand an Kosten, Verpflichtungen usw. mitzutragen. Seine Ansicht, der so verstandene Beschluss stehe mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung in Einklang, begründet es mit der Erwägung, die Teilungser-
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klärung ergebe weder ein Einverständnis der Wohnungseigentümer mit einem
Eigenbetrieb noch eine Nutzungspflicht.
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bb) Weder der bestätigte Beschluss noch die Entscheidung des Berufungsgerichts oder die von dem Berufungsgericht gegebene Begründung haben
zur Folge, dass die Kläger die Kosten des Betriebs der Rezeption allein tragen
müssten. Sie präjudizieren die noch ausstehende Entscheidung der Wohnungseigentümer, wie mit der Rezeption (und den anderen Gemeinschaftsräumen) verfahren werden soll, nicht.
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Eine faktische Verpflichtung der Kläger, diese Räume allein zu bewirtschaften, lässt sich dem Beschluss nicht entnehmen. Danach haben die Wohnungseigentümer nur eine Bewirtschaftung durch die Wohnungseigentümer(gemeinschaft) ausgeschlossen, die Frage nach dem weiteren Vorgehen
und dem Bewirtschaftungsmodell im Übrigen aber offengelassen. Es ist deshalb
nicht ausgeschlossen, dass sie sich - auf der Grundlage eines neuen Mietvertrags - mehrheitlich wieder für eine Vermietung entscheiden. Auch das Berufungsgericht misst dem Beschluss keine weitergehende Wirkung bei. Es führt
im Gegenteil aus, die Ansicht der Kläger, es handele sich um einen „Sperrbeschluss“, entbehre greifbarer Anhaltspunkte. Aus seinem Argument, die bisherige Praxis binde die Wohnungseigentümer für die Zukunft nicht, weil diese eine
getroffene Nutzungsvereinbarung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ändern könnten, ergibt sich, dass solche Vereinbarungen in dem durch den - nur
ein Modell ausschließenden - Beschluss gesetzten Rahmen grundsätzlich möglich sind. Dass und aus welchen Gründen mit dem Beschluss der Wohnungseigentümer oder der Entscheidung des Berufungsgerichts dessen ungeachtet
nicht bloß ein bestimmtes Modell zum Betrieb der Rezeption (und der anderen
genannten Gemeinschaftsräume) ausgeschlossen, sondern in der praktischen
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Konsequenz bewirkt worden ist, dass die Kläger diese Räume allein und auf
ihre Kosten bewirtschaften müssen, erschließt sich ohne nähere Darlegung
nicht. Daran fehlt es.
III.
11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Bestimmung des Gegenstandswerts des Beschwerdeverfahrens ist der Senat mangels
anderer Anhaltspunkte von dem in den Vorinstanzen festgesetzten Wert von
3.000 € ausgegangen. Davon waren im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
nach § 49a GKG nur 20% anzusetzen, weil sich daran nur die Klägerin zu 1
beteiligt hat.
Stresemann
Schmidt-Räntsch
Göbel
Brückner
Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Bergen auf Rügen, Entscheidung vom 05.08.2015 - 20 C 26/14 LG Rostock, Entscheidung vom 20.10.2016 - 1 S 166/15 -