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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 167/14
Verkündet am:
24. Juli 2015
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
WEG § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1
Allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung und sog. kleinen
Schadensersatz fallen jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich des § 10
Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG, wenn eine gebrauchte Eigentumswohnung unter
Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft und eine Beschaffenheitsgarantie
nicht vereinbart worden ist.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 167/14 - Kammergericht
LG Berlin
-2-
-3-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juli 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. Mai 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Mit notariellem Vertrag vom 10. Dezember 2010 kauften der Kläger und
seine Ehefrau von der Beklagten eine Eigentumswohnung zum Preis von
150.000 €. Die Haftung für Sachmängel wurde ausgeschlossen.
2
Das Haus gehört zu einem größeren - in den fünfziger Jahren errichteten - Gebäudekomplex, der bereits im Jahre 1987 im Auftrag der Muttergesellschaft der Beklagten auf seine Standsicherheit hin untersucht worden war. Die
darauf bei einigen Wohngebäuden vorgenommene Sanierung blieb hinter den
-4-
Vorgaben des Sachverständigen zurück. 2003 führte ein weiterer Sachverständiger zu einem anderen Gebäude der Wohnungseigentumsanlage aus, es sei
als kritisch zu bewerten, dass kein geschlossenes Abdichtungssystem für das
Kellergeschoss gegeben sei.
3
In dem Kaufvertrag wurde auf erhöhte Feuchtigkeitswerte an den Kelleraußenwänden hingewiesen und in diesem Zusammenhang ausgeführt, es sei
durch die Wohnungseigentümergemeinschaft beabsichtigt, auf der nächsten
ordentlichen Eigentümerversammlung einen Beschluss zur Beseitigung der Undichtigkeit an den Kelleraußenwänden zu fassen. Der in der Folgezeit gefasste
Beschluss über die Sanierung der Pfeiler, der tragenden Wände sowie der Kelleraußenwände auf Kosten der Beklagten bzw. ihrer Muttergesellschaft focht
die Beklagte erfolgreich an.
4
Soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, verlangt der Kläger als
Hauptforderung Schadensersatz in Höhe einer Verkehrswertminderung von
45.000 € und behauptet hierzu, er und seine Ehefrau seien von der Beklagten
bei Vertragsschluss arglistig getäuscht worden. Die unzureichende Sanierung
und darauf beruhende mangelnde Standfestigkeit des Hauses sei ebenso vorsätzlich verschwiegen worden wie Durchfeuchtungen im Kellergeschoss. Die
Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
5
Das Berufungsgericht hält die Klage schon deshalb für unbegründet, weil
es bei den Rechten auf Minderung und sog. kleinen Schadensersatz um ge-
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meinschaftsbezogene Rechte nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG gehe,
die ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht
zuließen. Für deren Geltendmachung und Durchsetzung sei allein die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zuständig. Dies entspreche der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Werkvertragsrecht.
Für kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche gelte nichts anderes.
II.
6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Dessen Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung
bereits deshalb nicht stand, weil die angenommene Alleinzuständigkeit der
Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG
bereits zur Verneinung der Prozessführungsbefugnis und damit zur Abweisung
der Klage als unzulässig hätte führen müssen. Auch wenn der Wohnungseigentümer Rechtsinhaber bleibt, steht die materielle Ausübungs- und die Prozessführungsbefugnis bei den unter die Norm fallenden Rechten allein dem Verband
zu (vgl. nur Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014 - V ZR 5/14, NJW 2015, 1020
Rn. 5 ff. mwN). Diese können von dem Rechtsinhaber im eigenen Namen nur
noch unter den Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft geltend
gemacht werden (BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172,
42 Rn. 22; vgl. auch Senat, Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108,
156, 161). Daran fehlt es hier. Eine Ermächtigung des Klägers durch den Verband liegt nicht vor.
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2. Davon abgesehen fällt der Klageanspruch schon mangels Gemeinschaftsbezogenheit nicht unter § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG.
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a) Richtig ist allerdings, dass Rechte auf Minderung und sog. kleinen
Schadensersatz wegen behebbarer Mängel am Gemeinschaftseigentum (vgl.
BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 - VII ZR 269/88, BGHZ 110, 258, 261; Klein
in Bärmann, WEG, 12. Aufl., Anh. § 10 Rn. 17) jedenfalls bei dem nach Werkvertragsrecht zu beurteilenden Erwerb einer neu errichteten Wohnung vom
Bauträger als gemeinschaftsbezogen qualifiziert werden und infolgedessen die
Befugnis des einzelnen Wohnungseigentümers zur Geltendmachung seiner
individualvertraglichen Rechte ausnahmsweise ausgeschlossen ist (vgl. BGH,
Urteile vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 15 u. 18;
vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 19; vom 30. April 1998
- VII ZR 47/97, NJW 1998, 2967, 2968; vom 6. Juni 1991 - VII ZR 372/89,
BGHZ 114, 383, 387; vom 10. Mai 1979 - VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258, 263 ff.;
zur Anwendung von Werkvertragsrecht beim Abverkauf sanierter Altbauten
BGH, Urteil vom 26. April 2007 - VII ZR 210/05, NJW 2007, 3275 Rn. 18 ff.).
Solche Rechte begründen eine geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH, Urteile vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05,
NJW 2006, 2254 Rn. 15; vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42
Rn. 19); auch die Voraussetzungen für diese Ansprüche kann nur die Wohnungseigentümergemeinschaft schaffen (BGH, Urteile vom 23. Februar 2006
- VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 18). Maßgeblich dafür ist vor allem die Erwägung, dass die Wohnungseigentümer nur gemeinschaftlich darüber befinden
können, wie das Wahlrecht zwischen Minderung und Schadensersatz auszuüben ist und wie die vom Gewährleistungsschuldner erlangten Mittel verwendet
werden sollen (BGH, Urteil vom 10. Mai 1979 - VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258,
265). Ist der Mangel noch behebbar, so ist die Wahl zwischen Minderung und
Schadensersatz im Wesentlichen davon abhängig, ob und inwieweit der Mangel
beseitigt werden soll. Die Entscheidung darüber fällt gemäß § 21 Abs. 1, Abs. 5
Nr. 2 WEG in die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Darüber hinaus dient diese Rechtsprechung auch dem Schutz des Schuldners, der
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davor bewahrt werden soll, von einem Wohnungseigentümer auf Nachbesserung und von einem anderen auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz in
Anspruch
genommen
zu
werden
(BGH,
Urteil
vom
30.
April
1998
- VII ZR 47/97, NJW 1998, 2967, 2968).
10
b) Ob diese Grundsätze auch auf ausschließlich nach Kaufrecht zu beurteilende Veräußerungen gebrauchter Eigentumswohnungen übertragbar sind,
wird nicht einheitlich beurteilt. Während dies überwiegend ohne nähere Begründung bejaht wird (OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1993, 121 f.; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 13 Rn. 44; wohl auch Timme/Dötsch, WEG,
2. Aufl., § 10 Rn. 720; vgl. auch Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 5. Aufl.,
Rn. 994 ff. mit Blick auf den nunmehr auch dem Käufer zustehenden Nacherfüllungsanspruch), verneint das OLG Düsseldorf diese Frage (OLGR 2001, 310,
312; der Sache nach wohl auch KG, Urteil vom 16. Oktober 2007 - 6 U 140/06,
NJOZ 2008, 1590, 1597 f.) unter Hinweis darauf, dass der Erwerber von Wohnungseigentum kaufrechtliche Ansprüche auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz mit Blick auf am Gemeinschaftseigentum aufgetretene Mängel nur
entsprechend seinem Miteigentumsanteil verlangen könne.
11
c) Der Senat hat die Frage bislang offen gelassen (Urteil vom
23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 158). Er entscheidet sie nunmehr
dahin, dass allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung
und „kleinen“ Schadensersatz jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich
des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG fallen, wenn - wie hier - eine gebrauchte Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft
und eine Beschaffenheitsgarantie nicht vereinbart worden ist.
12
aa) Gemeinschaftsbezogen im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1
WEG sind nur Rechte, die im Interesse der Wohnungseigentümer oder aus
Gründen des Schuldnerschutzes eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern
-8-
(Klein in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 247 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom
12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 19 sowie zur Annahme einer
gemeinschaftsbezogenen Pflicht Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014
- V ZR 5/14, NJW 2015, 1020 Rn. 6 mwN). Bei der Annahme der Erforderlichkeit ist Zurückhaltung geboten. Der Entzug der materiellen Ausübungsbefugnis
mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis stellt jedenfalls
bei vertraglich begründeten Individualrechten einen gravierenden Eingriff in die
Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) dar, die auch verbürgt, dass eigene Rechte
grundsätzlich selbst ausgeübt und prozessual durchgesetzt werden können.
Auch als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft können dem Wohnungseigentümer diese Befugnisse gegen seinen Willen nicht ohne weiteres
entzogen werden.
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Vor diesem Hintergrund kann die Gemeinschaftsbezogenheit nur bejaht
werden, wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder des
Schuldners an einer einheitlichen Rechtsverfolgung (BGH, Urteile vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 15) das grundsätzlich vorrangige
Interesse des Rechtsinhabers, seine Rechte selbst und eigenverantwortlich
auszuüben und prozessual durchzusetzen, deutlich überwiegen. Dabei ist mit
Blick auf die Erfordernisse der Rechtsklarheit und der Sicherheit des Rechtsverkehrs eine typisierende Betrachtung geboten (so der Sache nach etwa BGH,
Urteil vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 15 ff.; vgl.
auch Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 43 Rn. 19 mwN; aA
Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 505: Einzelfallbetrachtung). Scheidet
danach die Annahme eines gemeinschaftsbezogenen Rechts aus, kommt nur
noch eine Vergemeinschaftung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des
Einzelfalles nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG in Betracht, bei der eine
gemeinschaftliche Rechtsverfolgung zwar sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich ist und bei der nur ein Zugriffsermessen der Wohnungseigentümer im
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Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung besteht (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 9; BGH, Urteil vom 12. April
2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 18 ff.; Klein in Bärmann, aaO, Anh.
§ 10 Rn. 25). Im Unterschied zu den gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen
kann die Wohnungseigentümergemeinschaft diese Rechte nur ausüben, wenn
sie die Rechtsverfolgung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss an sich
gezogen hat (vgl. nur Klein in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 251; Senat, Urteil vom
17. Dezember 2010 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 9).
14
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Gemeinschaftsbezogenheit vorliegend zu verneinen. Anders als bei Rechten auf Minderung und „kleinen“ Schadensersatz, die aus der Verletzung der Herstellungsverpflichtung eines Bauträgers resultieren, bestehen jedenfalls bei dem Kauf gebrauchter Eigentumswohnungen, die unter Freizeichnung der Haftung für Sachmängel verkauft werden,
typischerweise keine Interessen der Wohnungseigentümer oder des Verkäufers, die den von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG angeordneten Eingriff in
die Privatautonomie des Käufers rechtfertigen.
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(1) Anders als bei einem Erwerb vom Bauträger existieren in aller Regel
schon keine gleichgerichteten Ansprüche mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer.
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Der Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung hat im Unterschied zum
Bauträgervertrag keine Herstellungsverpflichtung zum Gegenstand, die auf dieselbe Leistung gerichtet wäre. Kaufverträge über gebrauchte Eigentumswohnungen werden typischerweise individuell und mit unterschiedlichen Verkäufern
abgeschlossen; sie stehen regelmäßig in keinem zeitlichen Zusammenhang
zueinander. Eine gleichgerichtete Interessenlage der Wohnungseigentümer ist
nicht gegeben. Es besteht daher in der Regel weder die Möglichkeit noch das
Bedürfnis, unterschiedliche Ansprüche gleichgerichtet zu bündeln. Das gilt um-
- 10 -
so mehr, als den Käufern selbst bei Abverkäufen mehrerer gebrauchter Wohnungen durch denselben Verkäufer typischerweise wegen des allgemein üblichen und selbst bei formelhafter (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005
- VII ZR 117/04, BGHZ 164, 225, 230; vgl. auch Senat, Urteil vom 6. Juni 1986 V ZR 67/85, BGHZ 98, 100, 108 f.) und formularmäßiger Einbeziehung (Senat,
Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 162 f.) wirksamen Haftungsausschlusses für Sachmängel keine Ansprüche zur Seite stehen, während
beim Werkvertrag ein solcher Haftungsausschluss in der Rechtspraxis - sieht
man von eher exotischen Ausnahmefällen ab - nicht zum Tragen kommt. Geht
es um den Erwerb einer neu errichteten oder noch zu errichtenden Eigentumswohnung, kann die Haftung für Sachmängel formularmäßig überhaupt nicht und
im Wege einer Individualvereinbarung nur unter der strengen Voraussetzung
wirksam vereinbart werden, dass die Freizeichnung mit dem Erwerber unter
ausführlicher notarieller Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend
erörtert
worden
ist
(BGH,
Urteil
vom
17.
September 1987
- VII ZR 153/86, BGHZ 101, 350, 353; BGH, Urteil vom 29. Juni 1989
- VII ZR 151/88, BGHZ 108, 164, 168; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005
- VII ZR 117/04, BGHZ 164, 225, 230; BGH, Urteil vom 8. März 2007
- VII ZR 130/05, NJW-RR 2007, 895 Rn. 27). Nur vor diesem Hintergrund
kommt es zu der Gemengelage, die für den Erwerb vom Bauträger typisch und
dadurch gekennzeichnet ist, dass die mehreren Erwerbern geschuldete mangelfreie Ersterrichtung des Gemeinschaftseigentums zugleich zu der den Wohnungseigentümern nach § 21 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 2 WEG obliegenden ordnungsmäßigen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums gehört, und die
ein gemeinschaftliches Vorgehen mit der Folge der Beschneidung der materiellen Ausübungsbefugnis und der Beschränkung der individuellen Rechtsverfolgungskompetenz notwendig macht (vgl. BGH Urteil vom 30. April 1998
- VII ZR 47/97, NJW 1998, 2967, 2968; BGH, Urteil vom 10. Mai 1979
- VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258, 265).
- 11 -
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Aus der üblichen Freizeichnung von der Haftung für Sachmängel beim
Kauf einer gebrauchten Eigentumswohnung folgt, dass der Käufer nach § 444
BGB - sieht man von Fällen einer vereinbarten Beschaffenheitsgarantie ab Ansprüche wegen eines Sachmangels nur dann mit Erfolg geltend machen
kann, wenn der Verkäufer über das Vorliegen eines Mangel durch aktives Tun
oder pflichtwidriges Unterlassen arglistig getäuscht hat. Dies wiederum führt
dazu, dass der Verband bei fehlendem arglistigen Verhalten des Verkäufers
- und damit im Regelfall - durch den Abschluss von Kaufverträgen über eine
gebrauchte Eigentumswohnung schon deshalb nicht begünstigt ist, weil es
schon an einem Anspruch fehlt, dessen Ausübungsbefugnis ihm zuwachsen
könnte. Nichts anders gilt im Ergebnis, wenn dem einzelnen Käufer ausnahmsweise nur deshalb Ansprüche zustehen, weil er von dem Verkäufer arglistig getäuscht worden ist. Das Tatbestandsmerkmal der arglistigen Täuschung knüpft
an individuelles - zumindest bedingt vorsätzliches (Senat, Urteil vom
7. Juli 1989 - V ZR 21/88, NJW 1990, 42 f.; Senat, Urteil vom 3. März 1995
- V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; Senat, Urteil vom 16. März 2012
- V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 24; BGH, Urteil vom 19. März 1992
- III ZR 16/90, BGHZ 117, 363, 368) - Verhalten und damit an (vor-)vertragliche
Redlichkeitsanforderungen im Einzelfall an, denen jeder Gemeinschaftsbezug
fehlt.
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(2) Eine einheitliche Rechtsverfolgung ist auch nicht aus Gründen des
Schuldnerschutzes geboten. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht
die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Veräußerers bei dem Verkauf
einer gebrauchten Wohnung in aller Regel schon deshalb nicht, weil - im Gegensatz zu den Fällen des Erwerbs vom Bauträger - die Verträge typischerweise mit verschiedenen Verkäufern geschlossen werden. Aber auch wenn es
sich ausnahmsweise, wie es hier möglicherweise der Fall ist, anders verhält,
sind keine Belange des Schuldners ersichtlich, die das Interesse des Käufers,
- 12 -
seine Rechte auf Minderung und „kleinen“ Schadensersatz selbst auszuüben
und prozessual geltend zu machen, deutlich überwiegen.
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(a) Das gilt zunächst für die parallele Geltendmachung von Minderung
oder Schadensersatz durch verschiedene Käufer. Zwar steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Werkvertragsrecht dem einzelnen Erwerber ein Schadensersatzanspruch wegen eines behebbaren Mangels am
Gemeinschaftseigentum in Höhe der gesamten Mängelbeseitigungskosten zu
(BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 208/97, BGHZ 141, 63, 65; BGH,
Urteil vom 7. Juni 2001 - VII ZR 420/00, BGHZ 148, 85, 88; BGH, Urteil vom
10. März 2005 - VII ZR 321/03, NJW-RR 2005, 1039; Klein in Bärmann, aaO,
Anh. § 10 Rn. 45 ff.; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 789). Er ist deshalb - wie bereits dargelegt - ohne einen dazu ermächtigenden Beschluss der
Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich daran gehindert, Ansprüche
auf „kleinen“ Schadensersatz oder Minderung selbst durchzusetzen.
20
Der werkvertragliche Schadensersatzanspruch des einzelnen Bauherrn
unterscheidet sich jedoch vom kaufrechtlichen Anspruch maßgeblich dadurch,
dass er von der werkvertraglichen Erfolgshaftung des Auftragnehmers geprägt
ist (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 208/97, BGHZ 141, 63, 67). Im
Kaufrecht steht der individualisierte Marktwert der erworbenen Einheit im Vordergrund. Soweit ausschließlich Kaufrecht zur Anwendung kommt, verteilt sich
bei Mängeln des gemeinschaftlichen Eigentums der insgesamt entstandene
Minderwert daher auf die einzelnen Wohnungseigentümer, und zwar in der Regel nach Maßgabe des jeweiligen Anteils am Gemeinschaftseigentum (Senat,
Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160; Senat, Urteil vom
22. Dezember 1995 - V ZR 52/95, NJW 1996, 1056, 1057; Timme/Dötsch,
WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 789; vgl. auch Klein in Bärmann, aaO, Anh. § 10
Rn. 49). Daran hat sich durch die Schuldrechtsreform nichts geändert (KG, Urteil vom 16. Oktober 2007 - 6 U 140/06, NJOZ 2008, 1590, 1597 f.; vgl. auch
- 13 -
Senat, Urteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, NZM 2010, 444, 445). Auch
dann, wenn der Käufer den Minderwert anhand der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten berechnet (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 9. Oktober 1964
- V ZR 109/62, NJW 1965, 34, 35), trifft der so ermittelte Minderwert jeden Miteigentümer nur anteilig nach Maßgabe seines Anteils am gemeinschaftlichen
Eigentum (Senat, Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160).
Sein Schaden wird durch die nach seinem Miteigentumsanteil bestimmte Quote
des insgesamt bestehenden Minderwertes bestimmt (Senat, Urteil vom 22. Dezember 1995 - V ZR 52/95, NJW 1996, 1056, 1057; KG, Urteil vom 16. Oktober
2007 - 6 U 140/06, NJOZ 2008, 1590, 1597 f.). Die Summe der einzelnen
Schäden kann dabei nicht größer sein als der am gemeinschaftlichen Eigentum
insgesamt entstandene Minderwert (Senat, Urteil vom 23. Juni 1989
- V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160).
21
Kann ein Wohnungseigentümer demnach „kleinen“ Schadenersatz von
vornherein nur anteilig verlangen, ist es weder aus Gründen des Schuldnerschutzes erforderlich noch sachgerecht, ihm die Berechtigung zur Geltendmachung dieses Anspruchs zu versagen. Durch die individuelle Ausübung der
Verkäuferrechte werden keine Gemeinschaftsinteressen verletzt. Da sich sowohl Minderung als auch das Schadensersatzbegehren nur auf die anteiligen
Nachteile des jeweiligen Käufers beziehen, kollidieren die Ansprüche ebenso
wenig miteinander wie bei einem Rücktritt oder bei einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung. Etwaige Ansprüche anderer Käufer bleiben hiervon unberührt.
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(b) Was die Kollision der Rechte auf „kleinen“ Schadensersatz und Minderung mit dem seit der Schuldrechtsreform auch dem Käufer grundsätzlich
eingeräumten Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB) anbelangt, führt die im
Rahmen des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG gebotene Abwägung zu keinem anderen Ergebnis. Dabei kann offen bleiben, ob der Verkäufer einer
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gebrauchten Eigentumswohnung mit Blick auf das Gemeinschaftseigentum
über die Übertragung des Miteigentumsanteils hinaus gehalten ist, dem Käufer
insgesamt mangelfreies Gemeinschaftseigentum mit der Folge einer entsprechenden Nachbesserungspflicht zu verschaffen.
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Verneint man die Frage, scheidet ein auf Nacherfüllung in natura gerichteter Nacherfüllungsanspruch von vornherein aus; in Betracht kommt dann nur
noch ein regelmäßig auf die Quote des Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 2 WEG)
beschränkter Anspruch auf Freistellung von den Kosten zur Beseitigung des
Mangels (zu Letzterem vgl. auch Senat, Urteil vom 12. März 2010 - V ZR
147/09, NZM 2010, 444 Rn. 11 f.). Bestimmt man die Sollbeschaffenheit dagegen weiter und räumt dem Käufer demgemäß einen „vollen“ (Nach-)
Erfüllungsanspruch ein, kommt eine Behebung des Mangels am Gemeinschaftseigentum auch Käufern zugute, denen der Verkäufer bereits „kleinen“
Schadensersatz- oder Minderung geleistet hat (zu den Voraussetzungen, unter
denen der Verkäufer die Nachbesserung nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern
kann, ausführlich Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350
Rn. 34 ff.). Der arglistig handelnde Verkäufer kann dieses Ergebnis regelmäßig
nicht dadurch vermeiden, dass er innerhalb der grundsätzlich erforderlichen
Fristsetzung den Mangel behebt, weil der Käufer dem arglistig täuschenden
Verkäufer hierzu in aller Regel keine Gelegenheit geben muss (Senat, Urteil
vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, aaO, Rn. 9 mwN). Indessen kann der Verkäufer von dem Erwerber, der mit Erfolg sekundäre Mängelrechte geltend gemacht hat, bei ordnungsgemäß durchgeführter Nachbesserung nach § 812
Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich verlangen (dazu Derleder, ZWE 2009, 1, 8; Ott, NZM 2007, 505, 507; Baer, BTR
2006, 113, 121). Dass er dabei - anders als nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zu dem Erwerb vom Bauträger - insoweit das Insolvenzrisiko des Käufers tragen muss, erscheint sachgerecht, wenn man bedenkt,
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dass die Schutzbedürftigkeit des arglistig Täuschenden stark eingeschränkt ist
(zu Letzterem Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205
Rn. 24; Senat, Urteil vom 24. März 2006 - V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 Rn. 13).
24
Darüber hinaus kommen anteilig Bereicherungsansprüche gegen diejenigen Wohnungseigentümer in Betracht, denen der Verkäufer nicht die Verschaffung einer mangelfreien Sache schuldet - sei es, dass mit diesen schon
keine vertraglichen Beziehungen bestehen; sei es, dass es bei einem vereinbarten Haftungsausschluss verbleibt. Das gilt zumindest dann, wenn infolge der
Nachbesserung eine ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Verbesserung des Gemeinschaftseigentums eingetreten und dadurch Aufwendungen
erspart worden sind, die sonst über Beiträge, eine Sonderumlage oder über
einen Rückgriff auf Rücklagen hätten aufgebracht werden müssen. Einschränkungen nach den Grundsätzen einer aufgedrängten Bereicherung (vgl. dazu
nur MüKoBGB/Schwab, 6. Aufl., § 818 Rn. 194 ff.; Palandt/Sprau, BGB,
74. Aufl., § 812 Rn. 52; Palandt/Bassenge, aaO, § 951 Rn. 18; jeweils mwN)
kämen jedenfalls bei Einwilligung der Wohnungseigentümer nicht zum Tragen.
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(3) Schließlich steht der hier zugrunde gelegten Rechtsauffassung nicht
das Senatsurteil vom 15. Januar 2010 entgegen, wonach die Befugnis der
Wohnungseigentümer, werkvertragliche Erfüllungs- und Nachbesserungsansprüche nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG auf den Verband zur Ausübung zu übertragen, nicht das Bestehen gleichgerichteter Ansprüche sämtlicher Wohnungseigentümer voraussetzt (vgl. Urteil vom 15. Januar 2010
- V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 8 ff.). Ob sich daraus herleiten lässt, dass
hinsichtlich der Ansprüche des Käufers einer gebrauchten Wohnung auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz eine gekorene Ausübungsbefugnis im Sinne der genannten Vorschrift anzunehmen ist, erscheint zweifelhaft, muss hier
jedoch nicht entschieden werden. Eine Rechtsausübung des Klageanspruchs
durch den Verband wurde vorliegend nicht beschlossen.
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3. Da die Abweisung der Klage nach allem keinen Bestand haben kann
und der Rechtstreit mangels Feststellungen zu den geltend gemachten Mängeln und deren arglistigem Verschweigen nicht zur Endentscheidung reif ist,
muss die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562
Abs. 1 ZPO) an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).
Stresemann
Roth
Weinland
Brückner
Kazele
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.05.2013 - 5 O 391/12 KG Berlin, Entscheidung vom 12.05.2014 - 20 U 138/13 -