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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 150/15
Verkündet am:
8. April 2016
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 444 Alt. 1
Verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache
arglistig, können sich sämtliche Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 BGB nicht auf
den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.
BGH, Versäumnisurteil vom 8. April 2016 - V ZR 150/15 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
ECLI:DE:BGH:2016:080416UVZR150.15.0
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. April 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die
Richterin Haberkamp
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 2. Zivilsenats
des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 17. Juni 2015 im
Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 12. Zivilkammer
des Landgerichts Saarbrücken vom 5. September 2012 auf die
Berufung der Kläger geändert. Die Beklagte zu 2 wird unter Zurückweisung ihrer Berufung verurteilt, an die Kläger über den
erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 4.643,25 € zu
zahlen, wobei die Beklagten auch insoweit als Gesamtschuldner
anzusehen sind.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu jeweils 1/4
die Kläger und zu 1/2 die Beklagten als Gesamtschuldner. Die
Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu jeweils 1/8 die Kläger
und zu 3/4 die Beklagten als Gesamtschuldner. Die Kosten des
Revisionsverfahrens trägt die Beklagte zu 2.
-3-
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Mit notariellem Kaufvertrag vom 22. Juni 2009 erwarben die Kläger von
den Beklagten, die zu dieser Zeit die Scheidung ihrer Ehe betrieben, unter Ausschluss der Sachmängelhaftung ein mit einem Wohnhaus bebautes Hanggrundstück. Die Vertragsverhandlungen einschließlich der Besichtigungen hatte
die Beklagte zu 2 durchgeführt. Für den Beklagten zu 1, der sich zu dieser Zeit
in stationärer psychiatrischer Behandlung befand, handelte bei Abschluss des
notariellen Kaufvertrags ein vollmachtloser Vertreter. Am 17. Juli 2009 genehmigte der Beklagte zu 1 den Vertragsschluss.
2
Die an der seitlichen Grundstücksgrenze befindliche Winkelstützmauer,
die der Sicherung des Erdreichs dient, war von dem Beklagten zu 1 in Eigenleistung errichtet worden. Sie weist nicht die erforderliche Standsicherheit auf
und muss saniert werden. Grund hierfür ist, dass der Beklagte zu 1 statt der in
der statischen Berechnung vorgesehenen L-Steine mit einer Höhe von 4,80
Meter solche mit einer Höhe von nur 1,80 m bis 2 m verwendete.
3
Die Kläger haben von beiden Beklagten Schadensersatz unter anderem
wegen der schadhaften Mauer in Höhe von insgesamt 49.546 € nebst Zinsen
verlangt. Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung
von 19.992 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf
die Berufung beider Parteien hat das Oberlandesgericht den Beklagten zu 1 zur
Zahlung von weiteren 4.643,25 € verurteilt. Die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage hat es insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht
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nur hinsichtlich der Beklagten zu 2 zugelassenen Revision wollen die Kläger
erreichen, dass auch die Beklagte zu 2 in der Hauptsache zur Zahlung von insgesamt 24.635,25 € verurteilt wird.
Entscheidungsgründe:
I.
4
Das Berufungsgericht bejaht die Haftung des Beklagten zu 1. Die fehlende Standsicherheit der Winkelstützmauer stelle einen Sachmangel des Grundstücks im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar, der für die Kläger nicht
erkennbar gewesen sei. Dem Beklagten zu 1 sei bekannt gewesen, dass die
von ihm selbst vorgenommene Ausführung nicht den statischen Vorgaben entsprach. Er habe den Sachmangel nicht offenbart und daher arglistig im Sinne
von § 444 Alt. 1 BGB verschwiegen. Jedenfalls im Zeitpunkt der Genehmigung
des Vertragsschlusses sei er psychisch in der Lage gewesen, seiner Aufklärungspflicht nachzukommen. Hierzu sei er trotz der bereits eingetretenen Bindung der Kläger an deren Angebot gemäß § 242 BGB verpflichtet gewesen.
5
Dagegen habe die Beklagte zu 2 nicht arglistig gehandelt, da nicht feststellbar sei, dass sie von der mangelnden Standsicherheit gewusst habe. Anders als der Beklagte zu 1 könne sie sich auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen. Zwar sei ein Gewährleistungsausschluss nach § 476 BGB in
der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung nichtig gewesen, wenn
einer von mehreren Verkäufern arglistig gehandelt habe. Dies lasse sich wegen
der geänderten Konzeption des Gewährleistungsrechts aber nicht auf die nunmehr einschlägige Vorschrift des § 444 Alt. 1 BGB übertragen. Nach dieser Be-
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stimmung werde die Berufung auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung nur
demjenigen Verkäufer verwehrt, der selbst arglistig gehandelt habe, sich die
Arglist eines Mitverkäufers gemäß § 166 BGB zurechnen lassen müsse oder
die Haftung für Arglist rechtsgeschäftlich übernommen habe. Für die Arglist des
Beklagten zu 1 hafte die Beklagte zu 2 nicht. Weder habe sie eine solche Haftung rechtsgeschäftlich übernommen noch habe der Beklagte zu 1 Erklärungen
abgegeben, die ihr gemäß § 166 BGB zugerechnet werden könnten.
II.
6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Über die
Revision der Kläger ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht
das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten zu 2, sondern auf einer
Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79,
82).
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1. Im Ausgangspunkt ist die Beklagte zu 2 den Klägern gemäß § 437
Nr. 3 i.V.m. § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zum Schadensersatz verpflichtet,
da die nicht standsichere Mauer einen Sachmangel darstellt. Das auf die Lieferung der mangelhaften Sache bezogene Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1
Satz 2 BGB vermutet. Diese Vermutung ist nicht entkräftet. Die Beklagte zu 2
hatte nach ihrem eigenen Vortrag Hinweise auf einen solchen Mangel und handelte daher jedenfalls fahrlässig, indem sie das Anwesen ohne weitere Nachforschungen übergab (vgl. MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl., § 280 Rn. 63).
8
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich die Beklagte zu 2 nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaf-
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tung berufen. Allerdings ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht
die Beklagte zu 2 nicht als arglistig im Sinne von § 444 Alt. 1 BGB ansieht. Die
hierauf bezogene Verfahrensrüge der Kläger hat der Senat geprüft und nicht als
durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564
Satz 1 ZPO). Arglistig verschwiegen hat den Sachmangel dagegen der Beklagte zu 1; insoweit macht sich der Senat die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts zu Eigen. Infolgedessen kommt es entscheidend darauf an, ob
sich ein Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 BGB auf einen Haftungsausschluss berufen kann, wenn sein Mitverkäufer - wie hier - einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Diese Frage ist umstritten.
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a) Nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuches war geklärt, welche Rechte dem Käufer zustanden, wenn
einer von mehreren Verkäufern einen Sachmangel arglistig verschwiegen hatte.
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aa) Gemäß § 476 BGB aF war eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache erlassen oder beschränkt wurde, nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig
verschwieg. Handelte einer von mehreren Verkäufern arglistig, war der Gewährleistungsausschluss insgesamt nichtig (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 1976
- V ZR 63/74, WM 1976, 323 f.; Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 152/86, NJWRR 1987, 1415, 1416; RG Recht 1908 Nr. 2465; 1915 Nr. 1058; Planck, BGB,
4. Aufl., § 476 a.E.; RGRK/Mezger, BGB, 12. Aufl., § 476 Rn. 5). Die Nichtigkeit
des Gewährleistungsausschlusses im Verhältnis zu dem arglistigen Verkäufer
erstreckte sich nämlich gemäß § 139 BGB im Zweifel auf die anderen Verkäufer
(RG Recht 1908 Nr. 2465 unter Bezug auf RGZ 62, 184, 186 f.; RG Recht 1915
Nr. 1058). Abgesehen davon fand § 139 BGB keine Anwendung, so dass der
Vertrag trotz der Nichtigkeit des Gewährleistungsausschlusses im Übrigen wirk-
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sam war (vgl. nur Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 476 Rn. 9). Deshalb konnte
der Käufer unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 459, 460 BGB aF von
sämtlichen Verkäufern gemäß § 462 BGB aF Wandelung oder Minderung verlangen.
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bb) Anders lag es bei dem Anspruch auf Schadensersatz. Dieser stand
dem Käufer - abgesehen von dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft
(§ 463 Satz 1 BGB aF) - nur zu, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hatte (§ 463 Satz 2 BGB aF). Da die Arglist insoweit anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal war, musste der selbst nicht arglistig handelnde Verkäufer nur dann Schadensersatz leisten, wenn er für die Arglist des
Mitverkäufers haftete. Dies kam in Betracht, wenn sich aus besonderen Umständen ergab, dass er die Haftung für die Arglist des Mitverkäufers rechtsgeschäftlich übernommen hatte, oder wenn die Voraussetzungen der Stellvertretung vorlagen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 1976 - V ZR 63/74, WM 1976,
323 f.).
12
b) Nunmehr bestimmt § 444 Alt. 1 BGB, dass sich der Verkäufer auf eine
Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels
ausgeschlossen oder beschränkt werden, nicht berufen kann, soweit er den
Mangel arglistig verschwiegen hat. Es besteht keine Einigkeit darüber, wie die
Vorschrift im Hinblick auf eine Verkäufermehrheit zu verstehen ist.
13
aa) Das Berufungsgericht folgt einer in der Rechtsliteratur verbreiteten
Ansicht, wonach dem nicht arglistig handelnden Verkäufer die Berufung auf den
Haftungsausschluss nur dann verwehrt ist, wenn er sich das arglistige Handeln
seines Mitverkäufers gemäß § 166 BGB zurechnen lassen muss. Der Käufer
werde ausreichend geschützt, weil er von dem arglistig Handelnden Schadens-
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ersatz verlangen könne (MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl., § 444 Rn. 12;
Erman/B. Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 444 Rn. 10; BeckOK BGB/Faust
[1. August 2014], § 444 Rn. 17; BeckOGK BGB/Stöber [4. Januar 2016], § 444
Rn. 48). Eine andere Sichtweise sei, so meint das Berufungsgericht, mit dem
die Gesamtschuld prägenden Grundsatz der Einzelwirkung von Tatsachen gemäß § 425 BGB nicht zu vereinbaren. Der Sache nach wird hiermit die frühere
Rechtsprechung zu § 463 Satz 2 BGB aF fortgeführt.
14
bb) Die Gegenauffassung überträgt die Rechtsprechung zu § 476 BGB
aF auf das neue Recht, indem allen Verkäufern die Berufung auf den Haftungsausschluss verwehrt wird (OLG Brandenburg, Urteil vom 14. November 2013 5 U 6/11, juris Rn. 31 f.; Grziwotz, IMR 2015, 468; ohne nähere Begründung
jurisPK/Pammler [13. März 2015], § 444 Rn. 31; HK-BGB/Saenger, 8. Aufl.,
§ 444 Rn. 5; i.E. offen lassend Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2013],
§ 444 Rn. 48).
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c) Der Senat hält die zuletzt genannte Ansicht für richtig. Verschweigt
einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können
sich sämtliche Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 BGB nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.
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aa) Im Ausgangspunkt zutreffend erkennt das Berufungsgericht, dass
sich die frühere Rechtslage wegen der geänderten Konzeption des Schuldrechts nicht unverändert fortschreiben lässt. Verwehrt man - wie es der Senat
für richtig hält - in dieser Fallkonstellation allen Verkäufern die Berufung auf den
Haftungsausschluss, wird nämlich die Haftung des nicht arglistig Handelnden
gegenüber dem früheren Recht erweitert. Während das arglistige Verhalten des
Verkäufers nach § 463 Satz 2 BGB aF Voraussetzung für einen Schadenser-
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satzanspruch war, ist die Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache seit der
Reform des Schuldrechts Teil des Erfüllungsanspruchs (§ 433 Abs. 1 Satz 2
BGB). Ein Schadensersatzanspruch ist gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 Satz
2, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auch bei einer fahrlässig verschuldeten mangelhaften Lieferung gegeben. Das arglistige Verhalten des Verkäufers ist in diesem
Zusammenhang nur noch im Rahmen von § 444 BGB von Bedeutung (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn. 13). Die Haftung des Verkäufers ist durch die Einführung einer allgemeinen Schadensersatzpflicht gezielt verschärft worden (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 226). Da es für
die Begründung der Schadensersatzpflicht keiner Zurechnung von Arglist mehr
bedarf, betrifft die Zulässigkeit der Berufung auf den Haftungsausschluss nicht
den von dem Berufungsgericht herangezogenen Grundsatz der Einzelwirkung
gemäß § 425 BGB. Das für die Schadensersatzpflicht nunmehr erforderliche
Verschulden im Sinne von § 276 BGB muss - wie in § 425 BGB vorgesehen bei jedem einzelnen Verkäufer vorliegen, um dessen Haftung zu begründen.
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bb) Maßgeblich für die Frage, ob sich der nicht arglistig handelnde Verkäufer auf den Haftungsausschluss berufen darf, ist daher allein die Auslegung
von § 444 Alt. 1 BGB.
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(1) Der Wortlaut dieser Norm ist insoweit nicht eindeutig, als die Arglist
nicht mehr zur Nichtigkeit, sondern dazu führt, dass der Verkäufer sich auf den
Haftungsausschluss nicht berufen kann. Dies lässt sich so verstehen, dass
§ 444 Alt. 1 BGB bei einer Verkäufermehrheit jeweils ein individuelles Fehlverhalten voraussetzt, die Arglist also bei jedem einzelnen Verkäufer vorliegen
muss. Da die Bestimmung aber nicht regelt, wie eine Mehrzahl von Verkäufern
zu behandeln ist, lässt sich ihr Wortlaut auch so deuten, dass der „Verkäuferseite“ die Berufung auf den Haftungsausschluss verwehrt ist; dies entspricht der
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zuvor nach § 476 BGB aF angeordneten, den Gewährleistungsausschluss in
aller Regel insgesamt erfassenden Nichtigkeit.
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(2) Für das zuletzt genannte Verständnis von § 444 Alt. 1 BGB spricht
entscheidend, dass die Rechte des Käufers andernfalls in erheblichem Maße
beschränkt würden.
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(a) Die in § 476 BGB aF geregelte und regelmäßig zu Lasten aller Verkäufer wirkende Nichtigkeitsfolge wurde (nur) deshalb nicht in das neue Recht
übernommen, weil klargestellt werden sollte, dass die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses keinesfalls zur Unwirksamkeit des gesamten Kaufvertrags führe (BT-Drucks. 14/6040 S. 240). Dies entsprach - wie oben ausgeführt - bereits vor der Reform einhelliger Ansicht. Abgesehen von der insoweit
gewünschten Klarstellung hat der Gesetzgeber die in § 476 BGB aF enthaltene
Regelung bezüglich der Arglist unverändert in § 444 BGB übernommen; weitere
Rechtsänderungen hat er hierbei nicht erwogen.
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(b) Zu einer für den Käufer äußerst nachteiligen Rechtsänderung führte
aber die von dem Berufungsgericht für richtig gehaltene Auslegung des § 444
Alt. 1 BGB. Nach altem Recht bestand - wie bereits gezeigt - das Recht zur
Wandelung oder Minderung gegenüber allen Verkäufern, wenn der Gewährleistungsausschluss aufgrund der Arglist eines Verkäufers insgesamt nichtig war.
Hiervon wiche das neue Recht ab, wenn der Käufer nunmehr im Grundsatz den
Arglistnachweis gegenüber allen Verkäufern führen müsste, um einen Rücktritt
oder die Minderung (die gemäß § 441 Abs. 2 BGB nur gegenüber allen Verkäufern erklärt werden kann) vornehmen zu können. Insbesondere bei einer Vielzahl von Verkäufern könnte ihn dies vor erhebliche Probleme stellen. Bei Arglist
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nur eines Verkäufers beschränkten sich die Käuferrechte im Grundsatz auf
Schadensersatzansprüche gegen diesen.
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(c) Dafür, dass der Reformgesetzgeber die Rechtsposition des Käufers
solchermaßen verschlechtern wollte, indem er die Nichtigkeitsfolge nicht in das
neue Recht übernahm, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Im Gegenteil stünde dies im
Widerspruch zu den allgemeinen Zielen der Schuldrechtsreform, die gerade die
Verbesserung der Mängelansprüche des Käufers durch die Verschärfung der
Verkäuferpflichten herbeiführen sollte (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 226). Über
eine (ggf. analoge) Anwendung von § 166 BGB lässt sich eine angemessene,
die Interessen beider Vertragsparteien wahrende Lösung nicht erzielen. Die
darauf gestützte Zurechnung der Arglist eines Mitverkäufers scheiterte nämlich
dann, wenn - wie hier - die Verkaufsverhandlungen durch den nicht arglistigen
Verkäufer geführt werden, während der arglistige Mitverkäufer lediglich eine
Offenbarungspflicht verletzt, ohne ausdrückliche Erklärungen abzugeben. Infolgedessen haftete der selbst nicht arglistige Verkäufer, wenn er sich im Hintergrund hält und durch den arglistigen Mitverkäufer vertreten lässt, aber nicht,
wenn er selbst die Verhandlungen führt; eine solche Differenzierung kann nicht
überzeugen.
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(3) Im Ergebnis muss eine Verkäufermehrheit im Innenverhältnis dafür Sorge
tragen, dass die im Verhältnis zu dem Käufer bestehenden Offenbarungspflichten erfüllt werden, um insgesamt von dem Ausschluss der Sachmangelhaftung
profitieren zu können. Andernfalls erweist sich die Freizeichnung aus Sicht des
Käufers als unredlich; hiervor soll § 444 BGB den Käufer schützen (vgl. Senat,
Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn. 13).
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3. Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit es mit
der Revision angegriffen worden ist. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da diese zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Kläger
können die im Revisionsverfahren beanspruchte Zahlung von 24.635,25 € verlangen. In dieser Höhe hat das Berufungsgericht den Beklagten zu 1 verurteilt.
Dabei hat es die sachverständig ermittelten Kosten für die Sanierung der
Stützwand in Höhe von 16.800 € netto zugrunde gelegt, deren Erforderlichkeit
beide Beklagten in zweiter Instanz nicht mehr angegriffen haben. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht die weiter geltend gemachten, den Klägern bereits entstandenen Kosten in Höhe von 7.835,25 € (bezahlte Fremdleistung
brutto 4.101,44 €, erfolgte Eigenleistung netto 3.733,81 €) für ersatzfähig gehalten. Auf die insoweit zutreffende nähere Begründung wird Bezug genommen.
Nachdem die Kläger die von dem Berufungsgericht vorgenommenen Kürzungen im Revisionsverfahren hingenommen haben, bedarf es weiterer Feststellungen nicht.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 100 Abs. 1 und 4 ZPO; die
Verteilung der Kosten zweiter Instanz trägt dem Umstand Rechnung, dass die
Kläger ihre Forderung im Berufungsverfahren nur noch in Höhe von insgesamt
32.401,08 € verfolgt haben.
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Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser
ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils
durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn das Rechtsmittel nur teilweise eingelegt werden solle, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die
die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann die Vorsitzende des
erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für
die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.
Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338,
§ 339 und § 340 ZPO verwiesen.
Stresemann
Brückner
Kazele
Weinland
Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 05.09.2012 - 12 O 310/11 OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 17.06.2015 - 2 U 84/13 -