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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 3/11
vom
29. September 2011
in der Grundbuchsache
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten werden der Beschluss
des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Tempelhof-Kreuzberg vom
15. Oktober 2010, dessen Nichtabhilfebeschluss vom 15. November 2010 und der Beschluss des 1. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 7. Dezember 2010 aufgehoben.
Das Amtsgericht - Grundbuchamt - wird angewiesen, den Vollzug
der Anträge auf Eintragung des Eigentumswechsels und der
Grundschulden nicht aus den in dem Beschluss vom 15. Oktober
2010 genannten Gründen zu verweigern.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
610.000 €.
Gründe:
I.
1
Mit notariellem Vertrag vom 10. November 2009 ließ die Beteiligte zu 3
das im Eingang dieses Beschlusses bezeichnete Grundstück zu unterschiedlichen Bruchteilen an die Beteiligten zu 1 bis 4 auf. Bei den Beteiligten zu 1, 2
und 4, die der Beteiligten zu 3 als Kommanditisten beigetreten waren, handelt
es sich um aus jeweils zwei Personen bestehende Gesellschaften bürgerlichen
Rechts (GbR). In einem Anhang "Erwerber" zur notariellen Urkunde sind sie
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sowohl mit dem Namen der GbR als auch unter Angabe von Namen, Geburtsdatum und Anschrift jeweils ihrer Gesellschafter bezeichnet. Die Beteiligte zu 3
wurde in der notariellen Verhandlung durch ihre Komplementärgesellschaft vertreten. Für diese traten deren gemeinschaftlich vertretungsberechtigte Geschäftsführerin H.
sowie ein von der weiteren gemeinschaftlich vertre-
tungsberechtigten Geschäftsführerin J.
mit notarieller Urkunde vom
9. November 2009 bevollmächtigter Vertreter auf. Die Beteiligten zu 1, 2 und 4
wurden - unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB - durch eine
hierzu bevollmächtigte Kommanditistin der Beteiligten zu 3 vertreten.
2
Das Grundbuchamt hat die Anträge auf Eigentumsumschreibung und
Eintragung von zwei Buchgrundschulden, die auf den jeweiligen Miteigentumsanteilen der Beteiligten zu 1 und zu 2 lasten sollen, zurückgewiesen. Die
hiergegen erhobene Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 bis 4 die Anträge weiter.
II.
3
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist die zum Nachweis der Auflassung vorgelegte notarielle Urkunde nicht geeignet, die Identität der Beteiligten
zu 1, 2 und 4 mit der für Grundbucheintragungen notwendigen Bestimmtheit
festzustellen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die darin benannten Gesellschafter noch andere Gesellschaften bürgerlichen Rechts gegründet
hätten. Weitere Angaben, die eine eindeutige Identifizierung dieser Beteiligten
erlaubten (z.B. Gründungszeitpunkt und -ort, Sitz), seien in der Auflassungserklärung nicht vorhanden. Die Vertretungsberechtigung der als Gesellschafter
auftretenden Personen sei durch deren bloße Eigenerklärung nicht nachgewiesen; denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zwischenzeitlich Ände-
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rungen im Gesellschafterbestand stattgefunden hätten. Im Übrigen fehle es an
einem Nachweis der wirksamen Vertretung der Beteiligten zu 3. Die von der
Geschäftsführerin J.
ihrem Vertreter erteilte Generalhandlungsvoll-
macht sei unwirksam, da diesem unzulässig organschaftliche Befugnisse übertragen worden seien.
III.
4
1. Die statthafte (§ 78 Abs. 1 GBO) Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG); insbesondere können die
Beteiligten zu 1, 2 und 4 aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit die durch die Zurückweisung ihrer Eintragungsanträge betroffenen Rechte selbständig geltend machen.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das von dem Beschwerdegericht als Grund für die Zurückweisung der Anträge angeführte rechtliche Hindernis besteht nicht.
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a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts scheitert die Umschreibung des Wohnungseigentums auf die Beteiligten zu 1, 2 und 4 nicht daran, dass diese nicht hinreichend bestimmt bezeichnet wären.
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aa) Zutreffend ist allerdings, dass ein Rechtsgeschäft, bei dem eine GbR
Grund- oder Wohnungseigentum erwirbt, im Grundbuch nur vollzogen werden
darf, wenn die Identität der Gesellschaft feststeht und diese somit von anderen
Gesellschaften bürgerlichen Rechts unterschieden werden kann. Hierbei handelt es sich um eine Folge des Bestimmtheitsgrundsatzes, der das gesamte
Grundbuchrecht beherrscht (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB
194/10, NJW 2011, 1958 Rn. 10, mwN).
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bb) Die sich hieraus ergebenden Anforderungen werden durch die in
dem notariellen Vertrag im Anhang enthaltene Benennung der Beteiligten zu 1,
2 und 4 und jeweils ihrer Gesellschafter mit Namen, Geburtsdatum und Anschrift erfüllt. Der Angabe weiterer Unterscheidungsmerkmale bedarf es nicht.
Das folgt aus der Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO, wonach ein Recht einer
GbR in der Form in das Grundbuch eingetragen wird, dass neben der Gesellschaft als derjenigen, der es materiell-rechtlich zusteht, auch die Gesellschafter
im Grundbuch eingetragen werden. Die Identifizierung der Gesellschaft erfolgt
über die notwendige Benennung ihrer Gesellschafter. Diese müssen nach § 15
Abs. 1 Buchstabe c GBV in einer Weise bezeichnet werden, die bei natürlichen
Personen den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Buchstabe a GBV (Name, Geburtsdatum, ggf. Beruf und Wohnort) und bei juristischen Personen sowie Handels- und Partnerschaftsgesellschaften denjenigen des § 15 Abs. 1 Buchstabe b GBV (Name oder Firma, Sitz) genügt. Ist das der Fall, ist die Gesellschaft
regelmäßig hinreichend bestimmt, ohne dass noch weitere Angaben erforderlich sind (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 194/10, NJW 2011, 1958,
1959 Rn. 12).
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b) Der Eintragung steht auch kein sonstiges Hindernis entgegen. Eines in
der Form des § 29 Abs. 1 GBO zu erbringenden Nachweises der materiellen
Richtigkeit des erklärten Gemeinschaftsverhältnisses bedarf es nicht. Dies folgt
sowohl aus der systematischen Stellung des § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO als auch
aus dem von dem Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift verfolgten Ziel,
dass die GbR grundbuchverfahrensrechtlich im Wesentlichen weiterhin so behandelt werden kann wie vor der Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit. Seinerzeit
musste ein Nachweis, dass die in der notariell beurkundeten Auflassung enthaltenen Angaben zu der GbR zutreffen, nicht erbracht werden (vgl. zum Ganzen
Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 194/10, NJW 2011, 1958, 1959 f.
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Rn. 15 ff.; ferner Senat, Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZB 232/10 und V ZB
234/10 jeweils Rn. 8 ff.).
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c) Die Beteiligte zu 3 ist bei der Auflassung vom 10. November 2009
durch ihre Komplementärgesellschaft wirksam vertreten worden. Die im Namen
der Geschäftsführerin J.
von ihrem rechtsgeschäftlich Bevollmächtig-
ten abgegebenen Erklärungen sind wirksam. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts enthält die ihm erteilte Generalhandlungsvollmacht vom
9. November 2009 nicht eine unzulässige Übertragung organschaftlicher Geschäftsführerbefugnisse. Denn die Vollmacht gestattete dem Vertreter nicht, wie
ein Gesellschaftsorgan tätig zu werden; vielmehr war er lediglich Unterbevollmächtigter der Geschäftsführerin. Für die Erteilung der Vollmacht bedurfte es
nicht gemäß § 35 Abs. 2 GmbHG der Mitwirkung der weiteren Geschäftsführerin H.
. Denn die Vollmacht ist nicht auf die unmittelbare Vertretung der
GmbH, sondern lediglich auf ein Handeln in (Unter-)Vollmacht der Geschäftsführerin J.
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gerichtet.
d) Da es somit an dem von dem Beschwerdegericht angenommenen
rechtlichen Hindernis für die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligten
zu 1 bis 4 fehlt, hätten auch die Anträge auf Eintragung der Buchgrundschulden
aus diesem Grund nicht zurückgewiesen werden dürfen.
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IV.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.
Krüger
Stresemann
Brückner
Czub
Weinland
Vorinstanzen:
AG Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 15.10.2010 - 43 TV 12792-3 KG Berlin, Entscheidung vom 07.12.2010 - 1 W 485/10 -