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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 37/15
vom
9. Juni 2016
in dem Notarbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO §§ 829, 840 Abs. 1; BNotO §§ 15, 23
Wird eine Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt, erstreckt
sich das mit der Pfändung des Kaufpreisanspruchs entstandene Pfandrecht auf
den Auszahlungsanspruch des Verkäufers gegen den Notar.
BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016 - V ZB 37/15 - LG Zwickau
ECLI:DE:BGH:2016:090616BVZB37.15.0
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juni 2016 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und
Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Zwickau vom
18. Februar 2015 und der Vorbescheid des Notars
H.
vom 22. November 2013 aufgehoben.
Der Notar wird angewiesen, unter Beachtung der Rechtsansicht
des Senats neu über die Auskehrung des auf dem Notaranderkonto befindlichen restlichen Guthabens zu entscheiden.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
2.373,78 €.
Gründe:
I.
1
Mit notariellem Vertrag vom 11. Juli 2013 verkaufte E.
Folgenden: Verkäufer) den Eheleuten R.
B.
(im
(im Folgenden: Käufer) ein
Grundstück zu einem Kaufpreis von 347.000 €. Der Verkauf erfolgte frei von im
Grundbuch eingetragenen Belastungen. Der Verkäufer übernahm die Kosten
der Lastenfreistellung.
-3-
2
Nach Ziff. 5.2 des Kaufvertrages sollte die Kaufpreiszahlung über ein
Notaranderkonto erfolgen. Der hinterlegte Kaufpreis sollte vorrangig dazu verwendet werden, die vertragsgemäße Lastenfreistellung zu erreichen, indem an
die jeweiligen Gläubiger die von ihnen geforderten Ablösungsbeträge zu zahlen
seien. Der Verkäufer wies den Notar diesbezüglich an, alle ihn im Zusammenhang mit dem Vertragsvollzug treffenden Kosten aus dem Notaranderkonto zu
begleichen. Der Notar wurde ferner von den Vertragsparteien in einseitig nicht
widerruflicher Weise angewiesen, den Restkaufpreis nach Eintritt der im Kaufvertrag geregelten Auszahlungsvoraussetzungen auf ein Konto des Verkäufers
zu überweisen. Der Kaufpreis wurde im August 2013 auf das Notaranderkonto
eingezahlt.
3
Die Kaufpreisforderung war Gegenstand mehrerer durch verschiedene
Gläubiger des Verkäufers veranlasster Pfändungen. Unter anderem brachte die
Beteiligte zu 1 auf Grundlage eines Zahlungstitels eine Vorpfändung des Kaufpreisanspruchs aus, die den Käufern am 18. Juli 2013 zugestellt wurde. In gleicher Sache erwirkte sie am 30./31. August 2013 die Zustellung einer erneuten
Vorpfändung des Kaufpreisanspruchs bei den Käufern. Der entsprechende
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde ihnen am 10. September 2013
zugestellt.
4
Aufgrund eines titulierten Zahlungsanspruchs in Höhe von 72.983,88 €
wurde durch den Beteiligten zu 2 sowohl der Anspruch des Verkäufers auf
Kaufpreiszahlung als auch dessen Auskehrungsanspruch aus dem Notaranderkonto gepfändet. Die vorausgegangene Vorpfändung wurde dem Notar am
17. September 2013 und der entsprechende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 14. Oktober 2013 zugestellt. Ebenfalls am 14. Oktober 2013 erwirkte die Beteiligte zu 1 die Zustellung eines weiteren Pfändungs- und Überwei-
-4-
sungsbeschlusses an den Notar, durch welchen der Auskehrungsanspruch des
Verkäufers gepfändet wurde.
5
Bei Eintritt der Auszahlungsreife ergab sich nach Abzug aller an die auszulösenden
von
Gläubiger
19.991,16 €
auf
gezahlten
dem
Beträge
ein
Notaranderkonto.
Guthaben
Mit
in
Vorbescheid
Höhe
vom
22. November 2013 kündigte der Notar an, von dem hinterlegten Geldbetrag
einen Teilbetrag auf sein Geschäftskonto einzuzahlen, damit von dort die
Grundbuchkosten der Lastenfreistellung bestritten werden könnten. Der Restbetrag von 17.616,16 € werde an den Rechtsanwalt des Beteiligten zu 2 überwiesen.
6
Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 bei dem Notar Beschwerde eingelegt.
Sie möchte die Anweisung des Notars erreichen, von dem verbleibenden Restbetrag den durch sie gepfändeten Betrag in Höhe von 2.373,78 € an sie auszuzahlen, hilfsweise diesen Betrag an die Käufer zurückzuzahlen. Der Notar hat
der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht zur Entscheidung
vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen
Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung der Beteiligte zu 2 beantragt, verfolgt
die Beteiligte zu 1 ihr Ziel weiter.
II.
7
Das Beschwerdegericht meint, die Beteiligte zu 1 habe durch die isolierte
Pfändung des Kaufpreisanspruchs am 10. September 2013 kein Pfändungspfandrecht erlangt. Hierzu wäre entweder die zusätzliche Pfändung des Auskehrungsanspruchs gegen den Notar oder zumindest die Zustellung des den
Kaufpreisanspruch pfändenden Beschlusses (auch) an den Notar erforderlich
-5-
gewesen. Aus der am 14. Oktober 2013 bewirkten Pfändung des Auskehrungsanspruchs gegen den Notar könne die Beteiligte zu 1 ebenfalls nichts herleiten,
da die von dem Beteiligten zu 2 veranlasste Pfändung vorrangig sei und den
auf dem Anderkonto verbliebenen Restbetrag vollständig ausschöpfe.
8
Die Beteiligte zu 1 könne die Auszahlung des begehrten Betrages auch
nicht aufgrund einer dem Notar seitens der Vertragsparteien nachträglich erteilten Weisung beanspruchen, da sich aus dem hierzu vorgelegten E-MailVerkehr keine Weisung ergebe, zudem nur der Käufer gehandelt habe und eine
Weisung überdies formunwirksam wäre.
III.
9
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
10
1. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung in dem angefochtenen Beschluss insgesamt statthaft (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 70
Abs. 1 u. 2 FamFG). Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2 ist sie ohne
Einschränkung zugelassen. Die Begründung des Beschwerdegerichts, der
Bundesgerichtshof habe "noch nicht über die hier zu entscheidende Rechtsfrage entschieden" - gemeint ist ersichtlich die Wirkung einer isolierten Pfändung
des Kaufpreisanspruchs auf den Auskehrungsanspruch gegen den Notar -, ist
nicht als inhaltliche Beschränkung der Zulassungsentscheidung zu verstehen.
Zudem wäre eine beschränkte Zulassung unzulässig, da die Frage der Wirksamkeit der Pfändung der Beteiligten zu 1 vom 10. September 2013 nur eine
von mehreren Vorfragen für die Rechtmäßigkeit des von dem Notar angekündigten Vorgehens ist. Insoweit bezieht sich die Rechtsfrage, derentwegen die
-6-
Rechtsbeschwerde zugelassen wurde, nicht auf einen abtrennbaren Teil des
Streitgegenstands
(vgl.
zu
diesem
Erfordernis:
Senat,
Beschluss
vom 9. Dezember 2010 - V ZB 149/10, juris Rn. 7; Beschluss vom
29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, 1366; BGH, Urteil vom
27. Mai 2009 - XII ZR 111/08, NJW 2009, 2450 Rn. 9 jeweils mwN).
11
2. Die auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde hat
in der Sache Erfolg.
12
a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass gegen die
Ankündigung des Notars, die Auskehrung des auf dem Anderkonto verbliebenen Restbetrages an die Beteiligte zu 2 zu veranlassen, die Beschwerde nach
§ 15 Abs. 2 BNotO statthaft ist. Gegenstand einer Beschwerde nach dieser
Vorschrift kann nicht nur die Verweigerung einer Amtstätigkeit durch den Notar
sein, sondern auch die - wie hier im Wege eines Vorbescheids erfolgte - Ankündigung, eine Amtstätigkeit gegen den Willen eines Beteiligten vornehmen zu
wollen (Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2015 - V ZB 67/14, NJW 2016, 163
Rn. 6; Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 12 jeweils
mwN). Als Pfändungspfandgläubigerin ist die Beteiligte zu 1 zudem beschwerdebefugt, da sie in die Rechtsposition eingetreten ist, die ihrem Schuldner, dem
Verkäufer, an dem auf dem Anderkonto des Notars eingezahlten Betrag zustehen könnte (vgl. OLG Hamm, OLGR 1993, 208; Sandkühler in Arndt/
Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 15 Rn. 103; Eylmann/Vaasen/Frenz,
BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 15 BNotO Rn. 42).
13
b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung des Beschwerdegerichts, der
Notar sei nicht aufgrund einer ihm erteilten Weisung zur Auszahlung des durch
die Beteiligte zu 1 beanspruchten Betrages verpflichtet.
-7-
14
Eine nachträgliche Änderung der nach dem Kaufvertrag einseitig unwiderruflicher Verwahrungsanweisungen erfordert eine übereinstimmende Erklärung aller an dem Vertrag beteiligten Parteien. Daran fehlt es nach den tatrichterlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts, die entgegen der Ansicht der
Beteiligten zu 1 nicht zu beanstanden sind. Den E-Mail-Verkehr, aus dem sich
die übereinstimmende nachträgliche Änderung der Verwahrungsanweisungen
ergeben soll, hat das Beschwerdegericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt.
Empfänger der E-Mail des Käufers vom 26. Juli 2013 war nicht der Notar. Demgegenüber ist die E-Mail des Käufers vom 31. Juli 2013, der offenbar die Vollmacht des Verkäufers bezüglich einer Kaufpreisänderung vom 24. Juli 2013
beigefügt war, zwar an den Notar gerichtet. Die Würdigung des Beschwerdegerichts, ihr lasse sich keine Weisung entnehmen, ist angesichts ihres Inhalts aber
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellung des Beschwerdegerichts, aus dem vorgelegten Schriftverkehr ergebe
sich nicht, dass der Käufer zugleich für seine Ehefrau gehandelt habe.
15
c) Ohne Rechtsfehler geht das Beschwerdegericht weiter davon aus,
dass die auf Veranlassung der Beteiligten zu 1 den Käufern am 18. Juli 2013
zugestellte Vorpfändung die Wirkung eines Arrests gemäß § 845 Abs. 2 ZPO
i.V.m. § 930 Abs. 1 ZPO nicht entfalten konnte. Die Vorpfändung wirkt wie
eine
Beschlagnahme
der
betroffenen
Forderung
(BGH,
Urteil
vom
30. März 1983 - VIII ZR 7/82, BGHZ 87, 166, 168) und begründet den Rang des
Pfändungspfandrechts, das durch eine Pfändung innerhalb eines Monats seit
Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots entsteht (§ 845 Abs. 2 i.V.m.
§§ 804, 930 Abs. 1 ZPO; BGH, Urteil vom 8. Mai 2001 - IX ZR 9/99, NJW 2001,
2976; Beschluss vom 10. November 2011 - VII ZB 55/10, MDR 2012, 54 Rn. 9).
Da die Pfändung der Kaufpreisforderung erst am 10. September 2013 und damit nicht innerhalb der Monatsfrist bewirkt worden ist, hat die Vorpfändung vom
18. Juli 2013 ihre Wirkung verloren.
-8-
16
d) Rechtsfehlerhaft nimmt das Beschwerdegericht dagegen an, auch
durch die erneute, den Käufern am 30./31. August 2013 zugestellte Vorpfändung
des
Kaufpreisanspruchs
in
Verbindung
mit
dem
ihnen
am
10. September 2013 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss habe die Beteiligte zu 1 kein Pfändungspfandrecht erwerben können.
17
aa) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Pfändung des
Anspruchs auf Auszahlung von dem Notaranderkonto unwirksam, wenn nicht
zugleich auch der der Verwahrung zugrunde liegende Anspruch - hier der Kaufpreisanspruch - gepfändet wird. Dies beruht auf der Erwägung, dass der Verkäufer ansonsten über seine Forderung noch frei verfügen könnte und dies mit
dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre (BGH, Urteil vom
19. März 1998 - IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179, 184; BGH, Urteil vom
30. Juni 1988 - IX ZR 66/87, BGHZ 105, 60, 64 f.).
18
bb) Die umgekehrte Konstellation und damit die Frage, welche Wirkung
einer isolierten Pfändung des Kaufpreisanspruchs zukommt, wird dagegen im
Schrifttum unterschiedlich beurteilt.
19
Nach einer vereinzelt vertretenen Ansicht, der das Beschwerdegericht
folgt, ist die Pfändung des Kaufpreisanspruchs ohne gleichzeitige Pfändung des
gegenüber dem Notar bestehenden Auskehrungsanspruchs unbeachtlich (Bräu,
Verwahrungstätigkeit des Notars, 1992, Rn. 248; Kawohl, Notaranderkonto,
1995, Rn. 112). Demgegenüber genügt nach ganz überwiegend vertretener
Auffassung eine isolierte Pfändung des Kaufpreisanspruchs, da sich das hieran
begründete Pfändungspfandrecht auf den Auskehrungsanspruch erstrecke
(Sandkühler
in
Arndt/Lerch/Sandkühler,
BNotO,
8. Aufl.,
§ 23
Rn. 190;
Eylmann/Vaasen/Hertel, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 23 BNotO Rn. 29; Hertel in
Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 3. Aufl., Rn. 1945; ders.
-9-
in Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2
Kapitel 2 Rn. 772; Winkler, BeurkG, 17. Aufl., § 54 b Rn. 41; Renner in
Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 6. Aufl.,
§ 54 b
Rn. 77; Grziwotz/
Heinemann/Grziwotz, BeurkG, 2. Aufl., § 54 b Rn. 29; Haug/Zimmermann, Die
Amtshaftung des Notars, 3. Aufl., Rn. 745; Strehle, Die Zwangsvollstreckung in
das Guthaben des Notaranderkontos, 1995, S. 73 ff.; Ganter, DNotZ 2004, 421,
432; Volhard, DNotZ 1987, 523, 543 f.; Göbel, DNotZ 1984, 257, 259;
Rupp/Fleischmann, NJW 1983, 2368, 2369).
20
cc) Der Senat entscheidet die Frage im Sinne der zuletzt genannten Auffassung. Wird eine Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt,
erstreckt sich das mit der Pfändung des Kaufpreisanspruchs entstandene
Pfandrecht auf den Auszahlungsanspruch gegen den Notar.
21
(1) Die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme
erstreckt sich ohne weiteres auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung
nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen (vgl. BGH, Beschluss vom
18. Juli 2003 - IXa ZB 148/03, NJW-RR 2003, 1555, 1556; Beschluss vom
16. Juni 2000 - BLw 30/99, WM 2000, 2555, 2556; Urteil vom 18. Juni 1998
- IX ZR 311/95, NJW 1998, 2969 jeweils mwN). Die Vorschrift des § 401 BGB
erfasst neben den dort genannten Rechten auch andere unselbständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich
sind (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 161/04, WM 2007, 406
Rn. 13; Urteil vom 14. Juli 1966 - VIII ZR 229/64, BGHZ 46, 14, 15).
22
Der Auskehrungsanspruch gegen den Notar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Verhältnis zur Kaufpreisforderung als ein solches Nebenrecht einzuordnen. Die Einschaltung des Notars zur Abwicklung des
Kaufpreises soll sicherstellen, dass die Ansprüche der Parteien Zug um Zug
- 10 -
erfüllt werden. Die Vertragspartner sollen vor rechtlichen Nachteilen geschützt
werden, die mit Inhalt und Zweck der getroffenen Regelung nicht vereinbar
sind. Der Auszahlungsanspruch gegen den Notar entsteht im Zuge der Vertragsabwicklung; er hängt daher, solange die Kaufpreisforderung noch nicht
erloschen ist, eng und unmittelbar mit ihr zusammen. Der Anspruch gegen den
Notar wird nur deshalb begründet, weil der Verkäufer von seinem Vertragspartner nicht Zahlung an sich verlangen kann; er ergänzt die vertragliche Forderung (BGH, Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179, 184). Die
Abtretung des Kaufpreisanspruchs führt deshalb entsprechend § 401 BGB auch
zum Übergang des Auskehrungsanspruchs gegen den Notar (vgl. auch BGH,
Urteil vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 161/04, WM 2007, 406 Rn. 13 zu einem
Treuhandvertrag eines Kreditinstituts; KG, DNotZ 1999, 994, 996 f.; Renner in
Armbrüster/Preuß/Renner,
BeurkG,
6. Aufl.,
§ 54 b
Rn. 89;
Eylmann/
Vaasen/Hertel, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 23 BNotO Rn. 33; Hertel in Limmer/
Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kapitel 2
Rn. 775; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 23 Rn. 187;
Winkler, BeurkG, 17. Aufl., § 54 b Rn. 35; Haug/Zimmermann, Die Amtshaftung
des Notars, 3. Aufl., Rn. 747; Kawohl, Notaranderkonto, 1995, Rn. 107). Die
durch das Beschwerdegericht für zwingend erforderlich gehaltene zusätzliche
Pfändung des Auskehrungsanspruchs findet vor diesem Hintergrund im Gesetz
keine Stütze.
23
(2) Die Erwägung des Beschwerdegerichts, dass der Notar Drittschuldner des Auskehrungsanspruchs sei und ihn die Rechte und Pflichten aus § 840
ZPO träfen, an ihn aber bei der isolierten Pfändung des Kaufpreisanspruchs
eine Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht erfolge
und ihn damit auch nicht das Verbot erreiche, an den Schuldner zu zahlen, geht
in ihrer Prämisse fehl.
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Bei einer isolierten Pfändung des Kaufpreisanspruchs ist - auch wenn
sich die Pfändung nach § 401 BGB auf den Auskehrungsanspruch erstreckt nur der Käufer Drittschuldner. Dieser muss im Rahmen seiner Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO die notarielle Verwahrung angeben. Weil der
Notar hinsichtlich des Kaufpreisanspruchs nicht Drittschuldner ist, trifft ihn keine
Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO. Wird ihm die isolierte Pfändung und
Überweisung des Kaufpreisanspruchs nachgewiesen, hat er den hinterlegten
Betrag an den Pfändungspfandgläubiger auszukehren (Zöller/Stöber, ZPO,
31. Aufl., § 829 Rn. 33 unter "Notar"; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl.,
Rn. 1781a; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 23
Rn. 190; Ganter, DNotZ 2004, 421 432; Rupp/Fleischmann, NJW 1983, 2368,
2369).
25
(3) Im Übrigen verblieben auch bei einer Doppelpfändung des Kaufpreisanspruchs und des Auskehrungsanspruchs in Bezug auf die Frage der Wirksamkeit der Pfändung für den Notar Unwägbarkeiten, da er sich nicht sicher
sein kann, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch an den Käufer
zugestellt worden ist (vgl. Ganter, DNotZ 2004, 421, 434 f.). Für eine zutreffende Bewertung, an wen der verwahrte (Rest-) Kaufpreis auszuzahlen ist, muss
der Notar in jedem Fall Kenntnis davon haben, ob und zu welchem Zeitpunkt
die Pfändung des Kaufpreisanspruchs durch Zustellung des entsprechenden
Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Käufer bewirkt worden ist.
Diese hat er erst dann, wenn ihm die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an
den Käufer als Drittschuldner im Sinne des § 829 Abs. 3 ZPO durch Vorlage der
Zustellungsurkunde nachgewiesen wird oder der Drittschuldner dem Notar die
erfolgte Zustellung bestätigt (vgl. Hertel in Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kapitel 2 Rn. 772).
- 12 -
26
(4) Hinzu kommt, dass der Pfändungspfandgläubiger ausgehend von
dem Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts vor erhebliche Probleme gestellt
würde. Er hat im Zweifel weder Kenntnis darüber, dass die Kaufpreiszahlung
über ein Notaranderkonto erfolgt, noch über die Person des Notars. Er wäre
daher auf die schnelle und richtige Auskunft des Drittschuldners angewiesen,
um eine wirksame Pfändung vornehmen zu können.
27
(5) Auch wird die Zustellung des die Kaufpreisforderung betreffenden
Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in der Praxis dem Notar - wie auch
hier - regelmäßig zur Kenntnis gebracht werden. Da eine Auszahlung des Kaufpreises durch den Notar trotz der erfolgten Pfändung des Kaufpreisanspruchs
gegen das gerichtliche Verfügungsverbot verstoßen würde (§ 829 Abs. 1 Satz 2
ZPO i.V.m. §§ 135, 136 BGB), läuft der Käufer Gefahr, erneut zahlen zu müssen, so dass sein Eigeninteresse auf eine unverzügliche Unterrichtung des
Notars gerichtet sein wird. Nichts anderes gilt für den Pfändungspfandgläubiger,
wenn ihm die Hinterlegung auf einem Notaranderkonto - etwa aufgrund der
Drittschuldnererklärung - bekannt ist. Er hat ein Interesse daran zu verhindern,
dass die hinterlegten Beträge bei Auszahlungsreife an den Verkäufer abfließen.
28
(6) Die durch das Beschwerdegericht angeführte Gefahr einer Haftung
des Notars gegenüber dem Pfändungspfandgläubiger nach § 840 Abs. 2 ZPO
oder § 19 BNotO besteht nicht. Der Notar muss keine Pfändungen beachten,
von denen er keine Kenntnis hat (vgl. Renner in Armbrüster/Preuß/Renner,
BeurkG, 6. Aufl., § 54 b Rn. 79). In einem solchen Fall scheidet eine Haftung
des Notars aus. Zahlt er in Unkenntnis einer wirksamen Pfändung an den Verkäufer oder an einen nachrangigen Pfändungspfandgläubiger aus, wird er in
entsprechender Anwendung von § 407 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht
frei (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26. Januar 1983 - VIII ZR 258/81, BGHZ 86,
- 13 -
337, 338 f.; Urteil vom 27. Oktober 1988 - IX ZR 27/88, BGHZ 105, 358, 359 f.;
RGZ 87, 412, 418; Becker in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn. 20).
IV.
29
Die angefochtene Entscheidung ist daher ebenso wie der Vorbescheid
des Notars aufzuheben (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG).
Der Notar ist anzuweisen, über die Auskehrung des noch auf dem Notaranderkonto befindlichen Guthabens unter Beachtung der Rechtsansicht des Senats
erneut zu entscheiden (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 74 Abs. 6 Satz 2
FamFG). Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt kam es auf das Rangverhältnis der durch andere Gläubiger bewirkten Pfändungen nicht an. Wie der
Notar in seinem Vorbescheid zutreffend ausführt, ist er bei einer abweichenden
Beurteilung der Wirksamkeit der Pfändung der Beteiligten zu 1 gehalten, die
gesamte Auskehrsituation unter Berücksichtigung der weiteren Pfändungen neu
zu prüfen.
- 14 -
V.
30
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m.
§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf
§ 61 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 GNotKG und richtet sich nach der Höhe des im
Streit stehenden Auskehrungsbetrages.
Stresemann
Brückner
Kazele
Weinland
Haberkamp
Vorinstanz:
LG Zwickau, Entscheidung vom 18.02.2015 - 6 T 32/14 -