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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
StB 4 und 5/08
vom
15. Mai 2008
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung u. a.
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Beschwerdeführers und seines Verteidigers am 15. Mai
2008 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerden des Beschuldigten gegen die Beschlüsse des
Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 1. August 2007
(2 BGs 290/07) und vom 24. August 2007 (2 BGs 352/07) werden
verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.
Gründe:
1
Der Generalbundesanwalt führt seit dem 12. Juli 2007 gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten.
2
Mit Beschluss vom 1. August 2007 (2 BGs 290/07) hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Durchsuchung des Beschuldigten und der
Sachen, die sich in seinem Besitz befinden, gestattet. Diese Durchsuchung hat
bei der Einreise des Beschuldigten am 25. August 2007 auf dem Flughafen
Frankfurt stattgefunden. Mit Beschluss vom 24. August 2007 (2 BGs 352/07)
hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Beschlagnahme sowie
die vorläufige Sicherstellung zum Zwecke der Durchsicht von jeweils näher bezeichneten Gegenständen angeordnet, die bei einer vom Amtsgericht Germersheim mit Beschluss vom 29. Juni 2007 nach § 22 Nr. 1 POG-Rheinland-
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Pfalz angeordneten Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten am 6. Juli
2007 sichergestellt worden waren.
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Hiergegen wendet sich der Beschuldigte mit seinen Beschwerden vom
29. Oktober 2007, die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Ermittlungsverfahren beruhe auf Angaben, die er im Sommer 2007 in Pakistan im Gewahrsam des pakistanischen Geheimdienstes ISI gemacht habe. Dabei sei er seines
Kontaktes zu den deutschen Behörden in Pakistan und dort seines anwaltlichen
Beistands beraubt, ohne Gerichtsverfahren in drei Geheimgefängnissen festgehalten und dabei mit waffenähnlichen Gegenständen sowie mit Fäusten geschlagen und mit Füßen getreten worden. Er sei medizinisch nicht betreut und
einem Lügendetektorentest unterzogen worden, es sei ihm der Schlaf entzogen
worden und er habe frieren müssen. Seine Angaben seien deshalb unverwertbar. Foltergeständnisse dürften nicht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens
gegen den Gefolterten verwendet werden.
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Die zulässigen Beschwerden bleiben in der Sache ohne Erfolg.
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1. Es besteht nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen ein zur Anordnung von Durchsuchungen (§§ 102, 105 StPO), Beschlagnahmen (§§ 94, 98
Abs. 1 StPO) und vorläufigen Sicherstellungen (§§ 102, 105, 110 StPO) hinreichender Anfangsverdacht dafür, dass der Beschuldigte die ausländische terroristische Vereinigung Al-Qaeda seit Januar 2006 durch Geldzahlungen, die
Rekrutierung von Kämpfern, die Übergabe von Ferngläsern und Nachtsichtbrillen sowie das Erbieten, selbst für diese Vereinigung kämpfen zu wollen, unterstützt hat (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129 b Abs. 1 StGB). Im Sinne
eines solchen Anfangsverdachts ist von folgendem Geschehen auszugehen:
Der Beschuldigte hat in Pakistan im Januar 2006, Mitte 2006 sowie Ende Mai
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2007 insgesamt mehr als 10.000 € an ein ranghohes Mitglied von Al-Qaeda
bzw. an dessen Vertrauten übergeben. Er hat außerdem gebeten, sich einer
der in Afghanistan für Al-Qaeda kämpfenden Gruppen anschließen zu dürfen,
und sich daraufhin in einem Ausbildungslager aufgehalten, wo er sich beim Bau
einer Sprengvorrichtung an der Hand verletzt hat. Er hat drei Personen als
Kämpfer in das Gebiet der pakistanisch-afghanischen Grenze geschickt und
Ferngläser sowie Nachtsichtbrillen von Deutschland nach Pakistan gebracht.
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2. Dieser Verdacht hat sich zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Entscheidungen aus den Angaben ergeben, die der Beschuldigte nach seiner Festnahme am 18. Juni 2007 gegenüber pakistanischen Behörden bei Vernehmungen gemacht hat und über die der pakistanische Geheimdienst den
Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamts in Pakistan in Form von Berichten über die Befragungen informiert hat.
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Der sich hieraus ergebende Anfangsverdacht hat sich zwischenzeitlich
durch weitere Ermittlungsergebnisse bestätigt. Dabei handelt es sich u. a. um
das Zeugnis des Leiters der Rechts- und Konsularabteilung der deutschen Botschaft in Islamabad. Dieser hat den Beschuldigten im Rahmen der konsularischen Betreuung während seiner Haft in Pakistan aufgesucht. Dabei hat ihm
der Beschuldigte die verschiedenen Geldtransfers und seinen Aufenthalt in einem Trainingscamp der Al-Qaeda geschildert. Das Sammeln von Geldspenden,
den Transport von Geld sowie von Nachtsichtgeräten, Ferngläsern und Entfernungsmessern nach Pakistan und das Rekrutieren von Kämpfern zur Ausbildung in Trainingscamps von Al-Qaeda durch den Beschuldigten hat auch dessen Stiefsohn bekundet. Zuletzt wird u. a. das Sammeln von Geld für Al-Qaeda
sowie die Umstände der Verletzung des Beschuldigten durch den Zeugen C.
bestätigt.
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3. Der Einwand, die Angaben des Beschuldigten gegenüber dem pakistanischen Geheimdienst ISI unterlägen einem Verwertungsverbot und dieses
hätte bereits der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entgegengestanden,
greift nicht durch. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Beweismittel, die durch
ausländische Hoheitsorgane mit Hilfe verbotener Vernehmungsmethoden erlangt wurden, in entsprechender Anwendung von § 136 a StPO dann unverwertbar sind, wenn Erkenntnisse von einem Drittstaat durch die deutschen
Strafverfolgungsbehörden angefordert oder auch nur angenommen worden sind
(vgl. hierzu Gleß in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 136 a Rdn. 11).
Ebenso kommt nach den bisherigen Erkenntnissen ein Verwertungsverbot nach
Art. 15 UN-Antifolterübereinkommen nicht in Betracht (vgl. hierzu Gleß aaO
Rdn. 79). Jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium ist nämlich nicht erwiesen, dass die Angaben des Beschuldigten in Pakistan durch verbotene Vernehmungsmethoden gewonnen worden sind.
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Die Angaben des Beschuldigten über die Anwendung verbotener Verhörmethoden sind teilweise pauschal und zudem widersprüchlich; so etwa zur
Entstehung seiner Handverletzung. Soweit der Beschuldigte weiter behauptet,
man habe ihm konsularische Unterstützung versagt, steht dem die Bekundung
des Zeugen M.
entgegen, wonach die Benachrichtigung der deutschen Bot-
schaft in Islamabad bereits ein bis zwei Tage nach der Festnahme erfolgt sei,
ein Besuch bei dem Inhaftierten wegen der Unruhen in Pakistan indes erst mit
einiger zeitlicher Verzögerung habe stattfinden können. Gegenüber diesem
Zeugen hat der Beschuldigte auch berichtet, er habe seine von Deutschland
aus unternommenen Aktivitäten zur Unterstützung von Al-Qaeda alsbald gestanden, nachdem er aufgrund von Vorhalten der Überzeugung gewesen sei,
die pakistanischen Behörden wüssten aufgrund von Überwachungsmaßnahmen
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umfassend über ihn Bescheid. Dabei sei er nicht gefoltert worden. Körperlich
misshandelt habe man ihn nur im Zusammenhang mit einer späteren Befragung
dazu, ob er in Pakistan selbst Sprengstoffanschläge vorbereitet habe. Verletzungen im Gesicht und an den Armen des Beschuldigten, die von Schlägen
hätten herrühren können, hat der Zeuge nicht beobachtet.
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Danach ist jedenfalls im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht von einer Unverwertbarkeit der Angaben auszugehen.
Sost-Scheible
Pfister
Hubert