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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
KVR 18/99
Verkündet am:
6. März 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Kartellverwaltungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
Werra Rundschau
GWB § 36 Abs. 1, § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. b
a) Soll die Gesellschaftsbeteiligung eines Presseunternehmens an einem Zeitungsverlag erhöht werden und gewinnt das Beteiligungsunternehmen dadurch in der Gesellschafterversammlung eine Position, die es ihm ermöglicht, den bestehenden Zustand der Gesellschaft festzuschreiben, z.B. die
Beteiligung an anderen Unternehmen, die Ausweitung des Geschäftsfeldes
oder sonst eine Umstrukturierung oder Investitionsentscheidungen zu verhindern, kann darin eine rechtlich begründete Verstärkung seiner Einflußmöglichkeiten liegen.
b) Entsprechend kann es zu einer tatsächlichen Verstärkung einer gesellschaftsrechtlich begründeten Stellung führen, wenn ein Ausscheiden dieses
Gesellschafters aus dem Unternehmen eine Abfindungsforderung auslösen
würde, die eine Auszehrung der Finanzkraft der Gesellschaft zur Folge hätte. Denn dann ist regelmäßig zu erwarten, daß die Mitgesellschafter zur
Vermeidung dieser Folgen den Vorstellungen jenes Mitglieds möglichst
weitgehend entsprechen werden.
c) Bei Märkten mit hohem Konzentrationsgrad bedarf es nur einer geringen
Beeinträchtigung des Restwettbewerbs oder des potentiellen Wettbewerbs,
um eine Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von § 36
-2-
GWB mit der Folge annehmen zu können, daß ein beabsichtigter Zusammenschluß untersagt werden kann.
BGH, Beschluß vom 6. März 2001 - KVR 18/99 - Kammergericht
-3-
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2001 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofes
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Dr. Melullis, Prof. Dr. Goette, Ball und Prof.
Dr. Bornkamm
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluß des Kartellsenats
des Kammergerichts vom 23. Dezember 1998 werden auf Kosten
der Betroffenen zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes des Rechtsbeschwerdeverfahrens
wird auf 4 Millionen DM festgesetzt.
Gründe:
A.
Die Betroffene zu 2), die Werra Verlag Kluthe KG (im folgenden:
WV KG), verfügt nach § 5 ihres Gesellschaftsvertrages über ein Gesellschaftsvermögen von 80.000 DM, von dem der Betroffene zu 4), Herr Dr. Peter Kluthe,
als Komplementär eine Einlage von 20.000 DM hält; die restlichen Einlagen
von 44.000 DM bzw. 16.000 DM halten als Kommanditistinnen die Betroffene
zu 3), die Peter Kluthe Verlag GmbH (im folgenden: Kluthe GmbH), deren alleiniger Gesellschafter der Betroffene zu 4) ist, und die Betroffene zu 1), der
Verlag
-4-
Dierichs GmbH & Co. KG (im folgenden: Dierichs Verlag). Dieser sollte von
dem Anteil der Kluthe GmbH eine weitere Einlage von 16.000 DM übernehmen
und danach in Höhe von 40% an der WV KG beteiligt sein. Dieses von den
Betroffenen angemeldete Vorhaben hat das Bundeskartellamt untersagt. Gegen den die Untersagungsverfügung bestätigenden Beschluß des Kammergerichts wenden sich die Betroffenen mit ihren Rechtsbeschwerden.
Die WV KG gibt die "Werra Rundschau" heraus. Bei ihr handelt es sich
um eine von dem Vater des Betroffenen zu 4) im Jahre 1948 gegründete lokale
Abonnementzeitung, die werktags erscheint und von der rund 14.000 Exemplare verkauft werden. Verbreitungsgebiet ist der sog. Altkreis Eschwege, ein Teil
des jetzigen Werra-Meißner-Kreises. Über eine Tochtergesellschaft gibt die
WV KG außerdem in demselben Gebiet den "WM-Tip" heraus; er ist in dieser
Region das einzige Anzeigenblatt. Der Gesamtumsatz der WV KG lag 1996 bei
11 Mio. DM.
Der Dierichs Verlag betreibt ebenfalls das Zeitungsverlagsgeschäft und
gibt mit einer Auflage von mehr als 250.000 Exemplaren die regionale Abonnement-Tageszeitung "Hessische Niedersächsische Allgemeine" (im folgenden: HNA) heraus. Sie erscheint werktags in elf Lokal-Kopfblattausgaben,
sonntags in vier verschiedenen Ausgaben und ist in einem Teil Niedersachsens sowie in Nordhessen verbreitet. Im Südosten grenzt das Verbreitungsgebiet der HNA an den Altkreis Eschwege. Der Dierichs Verlag ist eine der Gesellschaften
der
Dierichs Gruppe, zu der u.a. auch ein Druckereibetrieb in Kassel gehört. Der
Gesamtumsatz dieser Gruppe lag im Jahr 1996 bei rund 283 Mio. DM; davon
entfielen auf den Presseumsatz gut 161 Mio. DM.
-5-
Die Werra Rundschau verfügt aus Kostengründen seit 1961 nicht mehr
über eine Vollredaktion, sondern läßt sich für die überregionale Berichterstattung auf den Gebieten Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport einen Zeitungsmantel liefern; allein für die lokale Berichterstattung unterhält sie eine eigene
Redaktion, die erforderlichenfalls auch die Anpassung des Mantels an die örtlichen Gegebenheiten übernimmt. Mantellieferantin war zunächst die Redaktionsgemeinschaft deutscher Heimatzeitungen. Seit 1992 bezieht die WV KG
von dem Dierichs Verlag den Mantel der HNA. Zur gleichen Zeit stellte der Dierichs Verlag seine Lokalausgabe der HNA für den Altkreis Eschwege ein. Der
Mantellieferungsvertrag läuft zunächst bis zum Jahresende 2005, er verlängert
sich um jeweils fünf Jahre, wenn er nicht zwei Jahre vor dem jeweiligen Ablauf
gekündigt wird. Für die Mantellieferung hat die WV KG an den Dierichs Verlag
in den Jahren 1995 und 1996 238.000 DM bzw. 235.000 DM bezahlt.
Bereits seit 1972 kooperieren die WV KG und der Dierichs Verlag im
Anzeigengeschäft; der entsprechende Vertrag ist jeweils zum Ende eines Jahres mit einer Frist von zwölf Monaten kündbar. Mit ihrem gemeinsamen Tarif für
Anzeigen und Beilagen sollen solche Anzeigenkunden angesprochen werden,
die nicht ausschließlich lokal werben wollen. Auf Grund dieses Tarifs können
sowohl bei der HNA wie bei der Werra Rundschau Annoncen für beide Blätter
gebucht werden, wobei der Kunde entscheiden kann, ob die Anzeige in der
Gesamtausgabe der HNA, in der Regionalausgabe für Hessen oder in der
Stadtausgabe der HNA jeweils in Verbindung mit der Werra Rundschau erscheinen soll. Der dafür zu entrichtende Preis ermittelt sich aus der Addition
des Tarifpreises der HNA und eines ermäßigten Grundpreises der Werra
Rundschau. Der Erlös wird entsprechend dem Anteil der beiden Partner am
Gesamttarif geteilt. Außerdem erhält der Dierichs Verlag Provision für die Anzeigenabwicklung und sonstige Leistungen. Insgesamt hat der Dierichs Verlag
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aus dieser Kooperation im Anzeigengeschäft 1995 und 1996 Umsatzerlöse von
282.000 DM bzw. 188.000 DM erzielt; der WV KG sind umgekehrt dadurch,
daß HNA-Anzeigenkunden zugleich Anzeigen auch in der Werra Rundschau
haben veröffentlichen lassen, in denselben Jahren 3 Mio. DM (1995) bzw. 2,7
Mio. DM (1996) zugeflossen.
Schließlich arbeiten die Dierichs Gruppe und die WV KG auch noch auf
einem dritten Feld zusammen: Seit 1992 wird die Werra Rundschau auf einer
modernen Rotationsmaschine von einer Schwestergesellschaft des Dierichs
Verlags in Kassel gedruckt. Hierdurch konnte die Werra Rundschau erstmals
als Morgenzeitung und in einer zeitgemäßen Druckqualität, die auch den frei
disponierbaren Vierfarbdruck aktueller Anzeigen ermöglichte, erscheinen. Bis
dahin war sie auf einer gepachteten Druckmaschine aus dem Jahr 1936 hergestellt worden und erst mittags erschienen. Die WV KG hat für den Druck der
Werra Rundschau, für das Verpacken und für das Zufügen von Fremdbeilagen
an die Druckerei in den Jahren 1995 und 1996 jeweils mehr als 1 Mio. DM bezahlt.
1993 ist der Dierichs Verlag mit einer Kommanditeinlage von 16.000 DM
- das entspricht einer Beteiligung von 20% - der WV KG beigetreten. Nach § 7
Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der KG in der im Zeitpunkt der Untersagungsverfügung geltenden Fassung bedarf die Aufgabe, die Veräußerung, die
Veränderung des Titels der Werra Rundschau, die Einstellung der Zeitung
oder die Sitzverlegung der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter. § 7 Abs. 2
aaO bindet den Komplementär intern für über den üblichen Rahmen hinausgehende Geschäfte und Rechtshandlungen an die Einholung der Zustimmung der
Gesellschafter; diese entscheiden dabei mit einer Mehrheit von 76% aller
Stimmen. In dem Katalog der besonders genannten Geschäfte, welche unter
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diese Klausel fallen, werden u.a. Abschluß, Änderung und/oder Beendigung
von Druckverträgen, Verträge über die Mantellieferung, über Anzeigen und
Vertrieb der Werra Rundschau (lit. a), ferner die Herausgabe weiterer Zeitungen (lit. b), der Erwerb und/oder die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen und der Abschluß von Unternehmensverträgen und Kooperationsvereinbarungen (lit. c) sowie der Erwerb, die Veräußerung und die Belastung von Betriebsteilen (lit. d) aufgeführt. Sofern Herr Dr. Kluthe nicht mehr
Komplementär ist, sollen die Gesellschafter nach § 7 Abs. 3 aaO weitere Beschränkungen mit einfacher Stimmenmehrheit aller Gesellschafter einführen
dürfen; dann allerdings ist das Quorum für die Zustimmung herabgesetzt, weil
ein entsprechender Gesellschafterbeschluß nur noch der einfachen Mehrheit
der abgegebenen Stimmen bedarf. Herr Dr. Kluthe, der nach § 5 des Gesellschaftsvertrages bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres, d.h. bis zum 25.
Mai 2013, Komplementär der WV KG ist, kann nach § 12 des Gesellschaftsvertrages diese Stellung aufgeben und mit gleicher Einlage in die eines Kommanditisten wechseln. Voraussetzung dafür ist, daß eine Komplementär-GmbH
gegründet wird, deren Gesellschafter auf Dauer personenidentisch mit den
Kommanditisten der WV KG sind und die die Geschäftsanteile an der GmbH
beteiligungsproportional halten; für von der Gesellschafterversammlung zu fassende Beschlüsse müssen dieselben Mehrheitserfordernisse wie in der KG
gelten. In dieser GmbH ist Herr Dr. Kluthe grundsätzlich zum Geschäftsführer
zu bestellen, er kann nur aus wichtigem Grund abberufen werden oder das Amt
niederlegen. Für diesen Fall des vorzeitigen Ausscheidens von Herrn Dr. Kluthe sieht der Gesellschaftsvertrag der WV KG die Einsetzung eines dreiköpfigen Beirates vor, in den die Familie Kluthe und der Dierichs Verlag jeweils ein
Mitglied entsenden; die beiden Beiräte berufen das dritte, als Vorsitzender amtierende, Mitglied dieses Gremiums (§§ 14 Abs. 3, 15 - 17 aaO). An die Zustimmung dieses Beirates ist die Vornahme über den üblichen Rahmen hin-
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ausgehender Geschäfte und Rechtshandlungen des Komplementärs bzw. des
Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gebunden. Der Beirat entscheidet
mit einfacher Stimmenmehrheit; er ist beschlußfähig, wenn zwei Mitglieder an
der Abstimmung teilnehmen, bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
Kommanditisten können die Gesellschaft - erstmals zum Jahresende
2001 - mit einer Frist von zwölf Monaten kündigen. In diesem Fall wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt (§ 4 aaO). Der
ausscheidende Gesellschafter - Entsprechendes gilt auch für alle anderen
Gründe der Beendigung seiner Mitgliedschaft - hat Anspruch auf eine Abfindung zu dem wahren Wert seiner Beteiligung. Zu diesem Zweck ist eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen, in der die stillen Reserven aufzudecken,
ein Firmenwert und das Ergebnis schwebender Geschäfte allerdings nicht zu
berücksichtigen sind (§ 19 aaO).
Herr Dr. Kluthe möchte die Existenz der von seinem Vater gegründeten
Werra Rundschau auch über seinen Tod hinaus sicher gestellt wissen. Er hat
deswegen im Februar 1995 die "Kluthe gemeinnützige Fördergesellschaft
mbH" gegründet, die mit einem Stammkapital von 50.000 DM ausgestattet ist
und an der zu gleichen Teilen er selbst, die Stadt Eschwege und drei weitere
Personen beteiligt sind. Unternehmensgegenstand ist nach § 2 Abs. 5 der Satzung das Halten einer Beteiligung an der Kluthe GmbH. Mit dieser Fördergesellschaft haben Herr Dr. Kluthe und seine Ehefrau Anfang 1996 einen Erbvertrag geschlossen, nach dem die Geschäftsanteile an der Kluthe GmbH der
Fördergesellschaft unter der Bedingung geschenkt werden, daß die Kluthe
GmbH beim Tode von Herrn Dr. Kluthe noch besteht. Die Schenkung ist mit der
Auflage verbunden, daß die Fördergesellschaft die geschenkten Geschäftsan-
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teile auf Dauer als Bestandteil ihres Vermögens hält. Nach § 6 Abs. 4 der Satzung der Fördergesellschaft dürfen deren Geschäftsführer das Stimm- oder
Weisungsrecht in Beteiligungsgesellschaften nur auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses ausüben, der der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf
(§ 8 Abs. 2 lit. f aaO).
Das Bundeskartellamt hat das angemeldete Vorhaben, die Beteiligung
des Dierichs Verlags an der WV KG auf 40% zu erhöhen, nach § 24 Abs. 1 und
Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a GWB (a.F.) untersagt (BKartA
WuW/E DE-V 19). Es hat dies damit begründet, daß durch diese erhöhte Beteiligung die marktbeherrschenden Stellungen des Dierichs Verlags und der
WV KG verstärkt würden: Für den Dierichs Verlag sei eine Verstärkung seiner
Stellung auf dem durch das Gesamtverbreitungsgebiet der HNA gebildeten
Anzeigenmarkt zu erwarten, während die Alleinstellung der WV KG auf dem
Anzeigen- und Lesermarkt im Altkreis Eschwege, ihrem Erscheinungsgebiet,
durch das Vorhaben gegenüber potentiellem Wettbewerb weiter abgesichert
werde.
Hiergegen haben die Betroffenen Beschwerde eingelegt. Während des
Beschwerdeverfahrens ist § 7 des Gesellschaftsvertrages der WV KG in der
Weise geändert worden, daß ein neuer Absatz 4 in § 7 eingefügt worden ist,
nach welchem die bisher in § 7 Abs. 2 lit. a) a.F. beschriebenen, einer 76%igen
Mehrheit bedürftigen Maßnahmen nunmehr an die Zustimmung der Kluthe
GmbH gebunden werden; § 7 Abs. 2 lit. a) ist dementsprechend gestrichen
worden.
- 10 -
Das Kammergericht hat die Beschwerden zurückgewiesen (WuW/E
DE-R 317). Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen die Betroffenen ihren Antrag auf Aufhebung der Untersagungsverfügung weiter.
B.
Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg. Die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes vom 27. Januar 1998 ist - wie das Kammergericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat - rechtmäßig. Denn die geplante
Erhöhung der Beteiligung des Dierichs Verlags an der WV KG begründet die
Erwartung, daß die bestehende marktbeherrschende Stellung von Dierichs auf
dem Anzeigenmarkt des Verbreitungsgebietes der HNA und diejenige der
WV KG auf dem Anzeigen- und Lesermarkt im Altkreis Eschwege verstärkt
werden (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a, § 24 Abs. 1 und 2 GWB a.F., § 37 Abs. 1 Nr. 3
lit. b, § 36 Abs. 1 GWB n.F.). Die gegen diese Beurteilung erhobenen verfahrens- und materiellrechtlichen Rügen der Betroffenen greifen nicht durch.
I.
Für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles ist die erst nach
dem angefochtenen Beschluß in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen zugrunde zu legen. Denn die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes wirkt in die Zukunft; sie kann nur Bestand haben, wenn sie nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das
Rechtsbeschwerdegericht geltenden Rechtslage zu Recht ergangen ist (st.
Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 18.1.2000 - KVR 23/98, WuW/E Verg. 297, 305 -
- 11 -
Tariftreueerklärung II; Beschl. v. 21.11.2000 - KVR 16/99, z.V.b. - Minderheitsbeteiligung im Zeitschriftenhandel; Beschl. v. 21.11.2000 - KVR 21/99, z.V.b. Treuhanderwerb).
II.
Die Betroffenen, die nicht verkennen, daß die formellen Aufgreifkriterien
für die Zusammenschlußkontrolle vorliegen, stellen zu Unrecht in Abrede, daß
die materiellen Voraussetzungen für die Untersagung ihres Vorhabens gegeben sind.
1. Die vom Kammergericht vorgenommene Abgrenzung der jeweiligen
sachlich und räumlich relevanten Märkte und die Ausführungen, mit denen das
Beschwerdegericht die marktbeherrschende Stellung des Dierichs Verlags
bzw. der WV KG auf diesen Märkten begründet hat, nehmen die Betroffenen
hin. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Ob ein beabsichtigter Zusammenschluß die Erwartung begründet, die
im vorliegenden Fall als Grundlage der Untersagung nach § 36 Abs. 1 GWB
allein in Betracht kommt, daß eine schon bestehende marktbeherrschende
Stellung verstärkt wird, ist auf Grund eines Vergleichs der Wettbewerbslage,
wie sie vor der Verwirklichung des Vorhabens bestanden hat, und der nach
dem Zusammenschluß wahrscheinlich eintretenden Entwicklung festzustellen
(st. Rspr., vgl. BGHZ 136, 268, 279 - Stromversorgung Aggertal; BGHZ 71,
102, 115 - KFZ-Kupplungen). Entgegen der Meinung der Betroffenen ist nach
ihrem eigenen Vorbringen und den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Kammergerichts eine solche Erwartung sowohl bezüglich der
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marktbeherrschenden Stellung des Dierichs Verlags auf dem Anzeigenmarkt im
Verbreitungsgebiet der HNA (dazu a) als auch hinsichtlich der entsprechenden
Position der WV KG auf dem Leser- und Anzeigenmarkt ihres Erscheinungsgebiets (dazu b) begründet.
a) Die vorgesehene Aufstockung der Kommanditbeteiligung des Dierichs
Verlags führt zu einer Stärkung seiner Stellung gegenüber der WV KG sowohl
in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht.
aa) Zutreffend ist zwar der Hinweis der Betroffenen, daß durch die im
Beschwerdeverfahren vollzogene Änderung des Gesellschaftsvertrages der
WV KG der Dierichs Verlag nicht mehr, wie dies das Bundeskartellamt in seiner Untersagungsverfügung auf der Grundlage des damals geltenden Gesellschaftsvertrages hat annehmen müssen, eine Sperrminorität gegen jegliche
Änderung der Verträge über Mantellieferung und Druck der Werra Rundschau
erlangt und daß er nunmehr nicht schon allein dadurch seine marktbeherrschende Stellung auf dem Anzeigenmarkt im Verbreitungsgebiet der HNA stärken kann. Nach der Änderung des § 7 aaO spielt die Stimme des Dierichs
Verlags bei der Entscheidung über einen solchen, nach wie vor zu den ungewöhnlichen Geschäften i.S.v. § 7 Abs. 1 zählenden Gegenstand keine Rolle
mehr, weil es auf Grund des neu eingefügten § 7 Abs. 4 aaO entscheidend auf
die von der Kluthe GmbH abgegebene Stimme ankommt und weil es gegen
deren von dem Betroffenen zu 4) bzw. von der Fördergesellschaft gebildeten
Willen nicht zu einer Änderung der Vertragsverhältnisse kommen kann.
Ungeachtet dessen wachsen dem Dierichs Verlag entgegen der Ansicht
der Betroffenen durch die in Aussicht genommene Beteiligung in mehrfacher
Hinsicht rechtlich begründete Einflußmöglichkeiten zu, die - wenn schon nicht
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jede für sich genommen, so aber jedenfalls insgesamt - zu einer Stärkung der
Stellung dieses Gesellschafters gegenüber der WV KG führen.
Die Aufstockung des einer Beteiligung in Höhe von 20% an der WV KG
entsprechenden Kommanditanteils um 16.000 DM Kapitaleinlage auf eine Beteiligung von 40% verschüfe dem Dierichs Verlag in der Gesellschafterversammlung der KG eine Sperrminorität für eine Reihe von Gegenständen, hinsichtlich deren der Komplementär der WV KG bzw. deren KomplementärGmbH intern an die Zustimmung der Gesellschafter gebunden ist. Gegen ihren
Willen könnten nämlich nach der Aufstockung keinerlei Änderungen des status
quo herbeigeführt werden. Das betrifft z.B. die Entscheidung über die Herausgabe weiterer Zeitungen (§ 7 Abs. 2 lit. a n.F.), auch solcher, die lediglich als
Anzeigenblatt erscheinen; es gilt ebenso für etwa anstehende Entscheidungen
über die Beteiligung an anderen Unternehmen (lit. b aaO), etwa solchen, die im
Verbreitungsgebiet der HNA Presseerzeugnisse herstellen oder/und vertreiben
wollen; die Klausel, daß auch der Erwerb eines Betriebsteils durch die WV KG
in diesem Sinne zustimmungspflichtig ist (lit. c aaO), gäbe dem Dierichs Verlag
auch die Handhabe zu unterbinden, daß die KG einen eigenen Druckereibetrieb kauft. Einzelgeschäfte - im hier interessierenden Zusammenhang gilt dies
vor allem für Investitionsentscheidungen in der Größenordnung von mehr als
10% des Vorjahresnettoumsatzes (lit. e aaO), was im Jahr der Anmeldung des
Vorhabens einem Betrag von rund 1,1 Mio. DM entspräche - könnte der Dierichs Verlag mit seiner Stimme ebenfalls verhindern, und nach lit. f aaO dürfte
dies sogar für die jährlich fällige Anpassung der Vergütung des Komplementärs
(§ 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages) gelten. Bei der Entscheidung über die
Gewinnverteilung kann der Dierichs Verlag verhindern, daß Gewinne nicht, wie
in § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages vorgesehen, ausgeschüttet, sondern
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den Kapitalrücklagen zugeführt und damit zur Stärkung der Finanzkraft der
WV KG verwendet werden (§ 10 Abs. 4 lit. c Satz 2 aaO).
bb) Sobald die Fördergesellschaft Anteilsinhaberin der Kluthe GmbH
geworden ist, ergibt sich eine weitere Stärkung der Einflußmöglichkeiten des
Dierichs Verlags. Nach § 6 Abs. 4 der Satzung der Fördergesellschaft dürfen
deren Geschäftsführer das Stimmrecht der Anteilsinhaberin in der Gesellschafterversammlung der WV KG, gleichgültig um welchen Beschlußgegenstand es sich handelt, nur ausüben, wenn hierfür ein einstimmiger Gesellschafterbeschluß vorliegt. Sollte es an demselben fehlen, wird sich die Kluthe
GmbH an der Abstimmung in der WV KG nicht beteiligen können und sich der
Stimme zu enthalten haben. Nach § 9 Abs. 5 aaO gelten Stimmenthaltungen
als nicht abgegebene Stimmen, so daß in allen Angelegenheiten der WV KG,
in denen nicht eine qualifizierte Mehrheit oder die Zustimmung bestimmter Gesellschafter erforderlich ist, der Dierichs Verlag mit seiner Stimmacht von 40%
den nur in Höhe von 25% beteiligten Betroffenen zu 4) überstimmen kann, eine
Möglichkeit, die bei der bisherigen Beteiligungshöhe dieses Gesellschafters
von 20% nicht besteht.
cc) Die Aufstockung der Beteiligung des Dierichs Verlags vergrößert
auch in weiteren Fallgestaltungen die rechtlich begründeten Einflußmöglichkeiten dieses Gesellschafters auf die WV KG.
Nach § 12 des Gesellschaftsvertrages hat der Betroffene zu 4) das
Recht, aus der Komplementärstellung in die eines Kommanditisten zu wechseln. Dann tritt an seine Stelle eine neu zu gründende Komplementär-GmbH, in
der dieselben Gesellschafter beteiligungsproportional Mitglieder werden müssen. Zu deren Geschäftsführer soll der Betroffene zu 4) mit der Maßgabe be-
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stellt werden, daß er nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann (§ 12
Abs. 3 aaO). Den nach § 12 Abs. 2 lit. d) erforderlichen Abberufungsbeschluß
der Gesellschafterversammlung der WV KG könnte in diesem Fall der Dierichs
Verlag mit seinen Stimmen herbeiführen, weil der Betroffene zu 4) nach dem
jedenfalls entsprechend anzuwendenden § 47 Abs. 4 GmbHG (vgl. BGHZ 86,
177, 181; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl. § 47 Rdn. 19) sowohl für seine
unmittelbar, als auch für die mittelbar über die Kluthe GmbH gehaltenen Anteile
von der Teilnahme an der Abstimmung ausgeschlossen wäre.
Durch die höhere Beteiligung an der WV KG kann der Dierichs Verlag
ferner seinen Spielraum bei der Gestaltung seiner Anzeigenpreise besser ausschöpfen und dadurch Vorteile bei der Abwehr nachstoßenden Wettbewerbs
erzielen. Günstige Anzeigenpreise, die er Kunden aus dem Verbreitungsgebiet
der Werra Rundschau berechnen läßt, führen nämlich tendenziell zu höheren
Gewinnen bei der WV KG, an denen der Dierichs Verlag entsprechend seiner
aufgestockten Beteiligungsquote teilhat (vgl. BGHZ 136, 268, 282 - Stromversorgung Aggertal).
Schließlich verschafft die Kündigungs- und Abfindungsregelung des Gesellschaftsvertrages der WV KG dem Dierichs Verlag bei einer Erhöhung seiner Beteiligung eine gesellschaftsrechtlich begründete stärkere Stellung. Wenn
der Dierichs Verlag sich zu einer Austrittskündigung nach § 4 Abs. 2 und 3 des
Gesellschaftsvertrages entschließt, hat er Anspruch auf eine Abfindung, die
dem wahren Wert seiner Beteiligung an dem Gesellschaftsvermögen entspricht
(§ 19 aaO). Das führte jedenfalls gegenüber den bisherigen Verhältnissen zu
einer gestärkten wirtschaftlichen Stellung des Dierichs Verlags. Auch wenn
dabei der Geschäftswert nicht in die Bewertung eingeht, hätte das Ausscheiden
dieses Gesellschafters für die WV KG zur Folge, daß sie 40% ihres Vermögens
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einbüßt. Dies kann, selbst wenn die Abfindung nur in fünf gleichen Jahresraten
zu entrichten ist, anders als bei der bisher bestehenden nur 20%igen Beteiligung des Dierichs Verlags zu einer Auszehrung der Finanzkraft der Gesellschaft führen, die die naheliegende Gefahr heraufbeschwört, daß die Werra
Rundschau, den Intentionen des Betroffenen zu 4) zuwider, in ihrer Existenz
als Heimatzeitung bedroht ist und neuerlichen Interventionen von Wettbewerbern, sei es durch den Dierichs Verlag selbst, sei es durch Verlage im angrenzenden Thüringen, nicht standhalten kann. Es ist zu erwarten, daß allein die
Möglichkeit eines solchen Vorgehens des Dierichs Verlags seine Mitgesellschafter dazu bewegen wird, dessen Vorstellungen möglichst weitgehend zu
entsprechen (vgl. dazu BGHZ 119, 346, 362 f. - Pinneberger Tageblatt; BGH,
Beschl. v. 21.11.2000 - KVR 16/99, z.V.b. - Minderheitsbeteiligung im Zeitschriftenhandel).
dd) Die geplante Aufstockung der Beteiligung des Dierichs Verlags an
der WV KG läßt - wie das Kammergericht zutreffend angenommen hat - auch
faktisch eine Verstärkung der Einflußmöglichkeiten dieses Gesellschafters erwarten. Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, die Verbindung mit einem
finanzstarken Partner begründe die tatsächliche Vermutung, er werde von dieser Finanzkraft nötigenfalls Gebrauch machen (vgl. BGHZ 77, 279, 293 - Mannesmann-Brueninghaus; BGH, Beschl. v. 27.5.1986 - KVR 7/84, WuW/E 2276,
2283 - Süddeutscher Verlag-Donaukurier; Beschl. v. 25.6.1985 - KVR 3/84,
WuW/E 2150, 2157 - Edelstahlbestecke). Eine unmittelbar bevorstehende Zuführung von Kapital ist dafür ebensowenig erforderlich wie eine Stellung des
neuen finanzkräftigen Partners als mehrheitlich beteiligter Gesellschafter. Daß
diese Vermutung im vorliegenden Fall richtig ist, ergibt sich schon aus dem
eigenen Vortrag der Betroffenen: Gerade durch die Anlehnung an den finanzkräftigen, im Zeitungsverlagsgeschäft sehr erfahrenen und erfolgreichen, in
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eine größere Unternehmensgruppe mit eigener Druckerei eingebundenen Dierichs Verlag erhofft sich der Betroffene zu 4), die Existenz der Werra Rundschau als Heimatzeitung in gesteigertem Maße dauerhaft sichern zu können.
Dafür reichte nach den Vorstellungen von Herrn Dr. Kluthe die bisherige Verbindung durch den Druckvertrag, den Vertrag über die Mantellieferung und
durch die enge Zusammenarbeit auf dem Anzeigensektor nicht aus. Daß sich
verstärkte faktische Einflußmöglichkeiten des Dierichs Verlags auf die WV KG
ergeben, liegt auf der Hand, zumal die finanzielle Ausstattung der Fördergesellschaft und deren satzungsrechtlich festgelegte Förderungsaufgabe (§ 2
aaO) nicht erwarten lassen, daß diese in der Lage wäre, der WV KG finanzielle
Mittel in größerem Umfang zur Verfügung zu stellen. Die Rechtsbeschwerden
gehen deswegen fehl, wenn sie die entsprechende Beurteilung des Kammergerichts als auf bloßer Spekulation beruhend bezeichnen.
ee) Es ist zu erwarten, daß der Dierichs Verlag durch die genannten
rechtlich und faktisch begründeten Einflußmöglichkeiten seine marktbeherrschende Stellung auf dem Anzeigenmarkt im Verbreitungsgebiet der HNA verstärken wird. Auch die Betroffenen verkennen nicht, daß es zur Annahme einer
solchen Verstärkungswirkung nicht der Ausweitung des bestehenden Marktanteils bedarf (vgl. BGHZ 73, 65, 77 - Erdgas Schwaben). Es genügt vielmehr,
daß der Zusammenschluß überhaupt eine Verbesserung der Wettbewerbssituation für die Beteiligten nach sich ziehen kann, wobei nach der ständigen
Rechtsprechung des Senats die zu erwartenden Vorteile um so geringeres
Gewicht haben müssen, je stärker die Marktstellung des betroffenen Unternehmens bereits vor der beabsichtigten Beteiligung gewesen ist; denn gerade
dann gilt es, bestehenden Restwettbewerb zu schützen oder potentiellen Wettbewerb nicht zu entmutigen (BGHZ 136, 268, 278 - Stromversorgung Aggertal,
m.w.N.).
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Zu Unrecht vertreten die Rechtsbeschwerden die Ansicht, die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung durch das beabsichtigte Vorhaben
rechtfertige mangels Spürbarkeit die Untersagung des Zusammenschlusses
nicht. Zwar reicht die bloße Überschreitung der Schwellenwerte nach § 37
GWB für eine Untersagung nicht aus; bei Märkten mit hohem Konzentrationsgrad bedarf es jedoch nur einer geringen Beeinträchtigung des Restwettbewerbs oder des potentiellen Wettbewerbs, um gegen einen beabsichtigten Zusammenschluß vorgehen zu können (BGHZ 136, 268, 278 - Stromversorgung
Aggertal, m.w.N.). Hiervon hat sich das Kammergericht leiten lassen und auf
verfahrensfehlerfreier Grundlage angenommen, daß der Dierichs Verlag durch
die vorgesehene Beteiligungsaufstockung seine Marktstellung gegenüber vorhandenen Wettbewerbern absichern und potentiellen Wettbewerbern den
Marktzutritt weiter erschweren würde. Dabei ist der aus dem Verbreitungsgebiet der Werra Rundschau dem Dierichs Verlag zufließende Anzeigenerlös nur
eines von mehreren Kriterien, die insgesamt zu der beschriebenen Verstärkung
der Stellung des Dierichs Verlags führen. Zutreffend hat das Beschwerdegericht auch alle anderen Elemente der Zusammenarbeit des konzerneingebundenen Dierichs Verlags mit der WV KG, wie die Mantellieferung, den Druckauftrag (vgl. BGH, Beschl. v. 28.9.1982 - KVR 8/81, WuW/E 1954, 1957 f. Springer-az Anzeigenblatt) und die Kooperation beim Vertrieb der Zeitungen in
seine Beurteilung einbezogen. Dazu gehört auch, daß die Einflußnahmemöglichkeiten des Dierichs Verlags auf die WV KG verhindern, daß diese selbst mit
ihren Produkten in das Verbreitungsgebiet der HNA ausgreifen kann.
Keinen Erfolg haben die Rechtsbeschwerden schließlich mit ihren Angriffen gegen die Beurteilung des Kammergerichts, daß die Verstärkung der
marktbeherrschenden Stellung durch die beabsichtigte Erhöhung der Beteili-
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gung des Dierichs Verlags an der WV KG verursacht würde. In welcher Weise
sich die Einflußmöglichkeiten des Dierichs Verlags auf die WV KG bei einer
40%igen Beteiligung verstärken würden, ist bereits oben näher ausgeführt
worden. Vor allem ist den Betroffenen nicht zu folgen, wenn sie demgegenüber
einen Teilkomplex aufgreifen und ins Feld führen, für die Mantellieferung an
die WV KG komme entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts ausschließlich der Dierichs Verlag in Betracht. Es mag sein, daß unter den drei in
räumlicher Nähe zu der WV KG ansässigen Verlagen der von dem Dierichs
Verlag gelieferte Mantel für die Herstellung der Werra Rundschau besonders
geeignet ist. Daß deswegen Zeitungsmäntel anderer, auch weiter entfernter
Verlage jetzt oder in Zukunft schlechthin ausscheiden müssen, kann nicht anerkannt werden. Denn auch die Betroffenen stellen nicht in Abrede, daß die
Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik es bereits heute zuließen,
auch über weitere Distanzen einen Zeitungsmantel zu liefern.
Die Einflußmöglichkeiten, welche der Dierichs Verlag nach der beabsichtigten Aufstockung seiner Beteiligung besitzt, sind geeignet, die WV KG
daran zu hindern, nach solchen anderen Mantellieferanten Ausschau zu halten;
auf potentielle Wettbewerber des Dierichs Verlags müssen sie zugleich entmutigend wirken, ein für die Anforderungen der WV KG passendes Produkt zu
entwickeln.
b) Der beabsichtigte Beteiligungserwerb des Dierichs Verlags läßt - wie
das Kammergericht richtig entschieden hat - ferner erwarten, daß auch die besonders hervorgehobene Marktstellung der WV KG auf dem sich wechselseitig
beeinflussenden (vgl. BGHZ 82, 1, 8 - Zeitungsmarkt München) Leser- und Anzeigenmarkt im Altkreis Eschwege weiter verstärkt wird.
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Auch wenn bisherige Versuche anderer Zeitungsverlage, im Verbreitungsgebiet der Werra Rundschau Fuß zu fassen, fehlgeschlagen sind, ist den
Rechtsbeschwerden nicht darin zu folgen, daß die WV KG damit eine
schlechthin unangreifbare Marktstellung besitze, welche auch potentiellen
Wettbewerb ausschließe. Daß jedenfalls Herr Dr. Kluthe als der bisher hinter
der WV KG stehende maßgebliche Gesellschafter die potentielle Gefährdung
der Werra Rundschau durch aufkommenden Wettbewerb - sei es seitens der
vom benachbarten Thüringen aus operierenden Zeitungskonzerne, sei es seitens des Dierichs Verlags - sieht, ergibt sich aus seinen verschiedenen Aktivitäten, mit denen er auf Dauer die Existenz der Werra Rundschau sichern will.
Neben der Gründung der Fördergesellschaft gehört dazu auch die in der vorgesehenen Übertragung einer weiteren Kommanditbeteiligung an den Dierichs
Verlag zum Ausdruck kommende Anlehnung an die Dierichs Gruppe. Mit ihr
erreicht die WV KG nicht nur, daß der Dierichs Verlag auf Dauer von der Fortsetzung seines früheren Versuchs Abstand nimmt, mit einer Lokalausgabe der
HNA im Altkreis Eschwege Fuß zu fassen. Der Zuwachs an Finanzkraft und
Know
How
des
Dierichs Verlags, den die WV KG durch die Aufstockung der Beteiligung gewinnt, läßt gleichzeitig erwarten, daß andere potentielle Wettbewerber entmutigt und auf Dauer davon abgehalten werden, abermals zu versuchen, auf dem
Anzeigen- und Lesermarkt im Altkreis Eschwege in Konkurrenz zu der Werra
Rundschau zu treten. Dieser durch die vorgesehene Beteiligung eintretende
Abschreckungs- und Entmutigungseffekt reicht neben der Ausschaltung potentiellen Wettbewerbs durch den Dierichs Verlag aus, um eine Verstärkung der
Marktstellung der WV KG erwarten zu lassen (vgl. BGHZ 82, 1, 8 - Zeitungsmarkt München; BGH WuW/E 1954, 1957 f. - Springer-az Anzeigenblatt; BGH
WuW/E 2150, 2157 - Edelstahlbestecke; Beschl. v. 10.12.1991 - KVR 2/90,
WuW/E 2731, 2737 - Inlandstochter).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 2 GWB.
Hirsch
Melullis
Ball
Goette
Bornkamm