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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IXa ZB 181/03
vom
19. Mai 2004
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk:
BGHZ:
ja
nein
ZPO § 889; BGB §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2, 261 Abs. 2
Zur Befugnis des Vollstreckungsgerichts, im Verfahren nach § 889 ZPO eine den
Umständen entsprechende Änderung der vom Prozeßgericht angeordneten eidesstattlichen Versicherung zu beschließen.
BGH, Beschluß vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 181/03 - LG Hanau
AG Hanau
-2-
Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft, die Richter Raebel, Athing, Dr. Boetticher und die Richterin
Dr. Kessal-Wulf
am 19. Mai 2004
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts
Hanau vom 9. Mai 2003 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 5.000 €.
Gründe:
I.
Der Gläubiger führt eine Steuerberatungspraxis. Im Rahmen eines
Schiedsverfahrens verfolgt er Ansprüche gegen einen ehemaligen Mitarbeiter
wegen Verstoßes gegen eine Wettbewerbsklausel und betreibt das Verfahren
zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 889 ZPO.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht am 20. Dezember 1999 gab der Vertreter des Schuldners in dessen Vollmacht zu Protokoll,
dieser werde den von ihm nach der Kündigung des Mitarbeiterverhältnisses
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erzielten Umsatz mit drei namentlich benannten Mandanten des Gläubigers
beziffern und eidesstattlich versichern. Er werde auch eine eidesstattliche Versicherung abgeben, daß er außer den genannten Personen keine weiteren
Mandanten des Gläubigers betreut habe. Das Schiedsgericht erließ folgenden
Teilschiedsspruch:
"Der Beklagte hat den nach seiner Kündigung durch den Kläger
von ihm mit den 3 ehemaligen Kunden des Klägers
- S.
,
- W.
A.
,
- M.
erzielten Umsatz zu beziffern und die Richtigkeit und Vollständigkeit der in seinem Namen in dem Schiedsgerichtstermin vom
20.12.1999 abgegebenen Erklärung und der vorgenannten Bezifferung eidesstattlich zu versichern."
Das Oberlandesgericht Frankfurt erklärte den Teilschiedsspruch mit der
Maßgabe für vorläufig vollstreckbar, daß der Schuldner die Auskunft für den
Zeitraum vom 7. Oktober 1996 bis 6. Oktober 1998 zu erteilen hat.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners reichte mit Schriftsatz
vom 6. Februar 2002 die Ablichtung einer eidesstattlichen Versicherung des
Schuldners vom 23. März 2001 ein, in der es heißt:
"Ich bin nach meiner Kündigung durch den Kläger in dem Zeitraum vom 07.10.1996 bis zum 06.10.1998 für die drei ehemaligen
Kunden des Klägers, Eheleute G.
S.
, Eheleute W.
- 4 -
A.
und Eheleute M.
M.
, steuerberatend tätig ge-
worden. Dies geschah im Rahmen meiner Tätigkeit für ein anderes Büro eines Steuerberaters. Welchen Umsatz dieses Steuerbüro mit den vorgenannten Kunden erzielt hat, entzieht sich meiner
Kenntnis.
Darüber hinaus bin ich in dem Zeitraum vom 07.10.1996 bis zum
08.10.1998 für wenige weitere Personen (Jahressteuererklärungen) wie oben erläutert, tätig geworden, welche vor dem
07.10.1996 im Mandatsverhältnis mit dem Kläger standen."
Im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 21. Februar
2002 versicherte der Schuldner, er könne keine weiteren Angaben zu den Einnahmen der drei namentlich benannten Mandanten machen. Zu der Erklärung
über weitere von ihm betreute Kunden des Gläubigers versicherte er an Eides
statt:
"Die Richtigkeit des vorgenannten Wortlauts kann nicht erklärt
werden, da ich mich sonst einer falschen eidesstattlichen Versicherung schuldig machen würde. Deshalb wurde bereits die Eidesstattliche Versicherung vom 23.3.2001 (letzter Absatz dieser
Erklärung "Darüber hinaus bin ich" … bis "mit dem Kläger standen") abgegeben, die wie heute vor dem Gericht nochmals gemäß § 889 ZPO wiederholt wurde."
Der Gläubiger beantragte daraufhin die Anberaumung eines weiteren
Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
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Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit der Begründung zurückgewiesen,
der Schuldner habe diese bereits abgegeben, wenn auch nicht mit dem gewünschten Erfolg. Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Hanau hat durch die
Einzelrichterin den Beschluß des Amtsgerichts teilweise abgeändert, die weitergehende sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde
zugelassen. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof wegen fehlerhafter
Besetzung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Einzelrichterin hat das Verfahren der
Kammer übertragen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 9. Mai 2003 den
Beschluß des Amtsgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde abermals teilweise abgeändert und den Entscheidungssatz
wie folgt gefaßt:
"Es ist Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über
die Richtigkeit der Erklärung des Schuldners im Protokoll vom
20.12.1999 - außer den Kunden S.
, M.
und A.
seien keine weiteren Mandanten des Gläubigers betreut worden zu bestimmen. Der Schuldner genügt seiner Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, wenn er die anderen
Kunden benennt, die ursprünglich Kunden des Klägers waren,
bezogen auf den Zeitraum vom 07.10.1996 bis 06.10.1998 und er
die Richtigkeit dieser Angaben eidesstattlich versichert."
Dagegen wendet sich der Schuldner mit der erneut zugelassenen
Rechtsbeschwerde.
- 6 -
II.
Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch
im übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, der Schuldner habe den Anspruch des Gläubigers, die Richtigkeit der Angabe, außer den genannten Personen keine Mandanten des Klägers betreut zu haben, an Eides statt zu versichern, nicht dadurch erfüllt, daß er angegeben habe, die Erklärung sei falsch.
Zwar könne niemand zur Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung
gezwungen werden. Es lebe dann aber entweder der ursprüngliche Anspruch
auf Abgabe der Erklärung wieder auf oder der Schuldner komme seiner Verpflichtung zur eidesstattlichen Versicherung dadurch nach, daß er die richtigen
Auskünfte erteile und diese eidesstattlich versichere. Der letztgenannte Weg
sei aus prozeßökonomischen Gründen zu bevorzugen. Bei der Rechnungslegungspflicht und der Verpflichtung, deren Richtigkeit zu bestätigen, sehe § 261
Abs. 2 BGB ausdrücklich vor, daß das Gericht eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung beschließen könne. Entsprechend sei dies auch bei Versicherung der Richtigkeit von Auskünften zu
handhaben. Stelle sich im Vollstreckungsverfahren heraus, daß eine Angabe
im Erkenntnisverfahren unrichtig gewesen sei, genüge der Schuldner seiner
Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung dadurch, daß er
richtige und vollständige Angaben mache und deren Richtigkeit versichere. Er
werde also nur gezwungen, das Richtige an Eides statt zu versichern.
2. Der Schuldner ist der Ansicht, das Vollstreckungsgericht könne die
Erklärung, die er nunmehr eidesstattlich versichern solle, nicht abweichend
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vom Teilschiedsspruch verlangen. § 261 Abs. 2 BGB sehe nur vor, daß das
Gericht eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen
Versicherung beschließen könne. Diese Bestimmung beziehe sich jedoch nur
darauf, daß die Formulierung angepaßt bzw. die eidesstattliche Versicherung
zur Verdeutlichung geändert werde. Hier werde nicht die Formulierung angepaßt oder zur Verdeutlichung des Anspruchs geändert, sondern dem Beschwerdegegner werde aufgegeben, eine eidesstattliche Versicherung völlig
anderen Inhalts abzugeben.
Der Gläubiger erwidert, das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, daß die Verurteilung, die Richtigkeit einer abgegebenen Erklärung an Eides statt zu versichern, auch die Verurteilung einschließe, unrichtige Erklärungen zu berichtigen. Der Schuldner habe im Termin vom 20. Dezember 1999
eine unrichtige Erklärung abgegeben. Wenn ihm gestattet würde, die Früchte
dieses Verhaltens zu genießen, indem er den Prozeßgegner und die mit der
Sache befaßten Gerichte zu einer Fortsetzung des Erkenntnisverfahrens und
zu einem weiteren Exequaturverfahren zwinge, sei dies reiner Formalismus. In
Mißbrauchsfällen wie diesem müsse der Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung entsprechend §§ 133, 157 BGB dahin ausgelegt werden, daß die
Verurteilung sich auch auf eine notwendige Berichtigung der Auskunft beziehe.
3. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, daß der Schuldner im Verfahren nach § 889 ZPO seine bisher erteilte Auskunft und Rechnungslegung gemäß § 259 Abs. 2, § 260 Abs. 2 BGB im Umfang des Entscheidungssatzes nachbessern und an Eides statt versichern muß, weil Grund für
die Annahme besteht, daß er die von ihm zugesagte und bisher erteilte Aus-
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kunft nicht mit der gebotenen Sorgfalt vollständig und richtig erteilt hat (vgl.
OLG Köln NJW-RR 1998, 126, 127).
Grund für diese Annahme besteht deshalb, weil der Schuldner entgegen
der von seinem Prozeßbevollmächtigten im Schiedsverfahren angekündigten
eidesstattlichen Versicherung, die Grundlage für den Teilschiedsspruch des
Schiedsgerichts Hanau vom 24. Juli 2000 war, selbst seine Auskunft berichtigt
und dabei wiederum nur eine unvollständige Auskunft erteilt hat. Er hat im
Schiedsgerichtsverfahren, in dem es erkennbar darum ging, aufzuklären, ob
und in welchem Umfang der Schuldner nach seinem Ausscheiden aus der
Steuerberatungspraxis zum 31. Dezember 1990 - über die drei von ihm bereits
benannten Mandanten des Gläubigers hinaus - weitere Mandanten betreut hatte oder nicht, erklärt, er werde die Umsätze mit den ehemaligen Kunden des
Gläubigers S.
, M.
und A.
angeben und eidesstattlich versi-
chern, daß er außer den vorgenannten Personen keine weiteren Mandanten
des Gläubigers betreut habe. Später hat der Schuldner erklärt, er könne die
Richtigkeit der angekündigten Erklärung so nicht eidesstattlich versichern. Er
sei doch für weitere Mandanten des Gläubigers tätig geworden und würde sich
der falschen eidesstattlichen Versicherung schuldig machen, wenn er die angekündigte Auskunft an Eides statt versicherte. Eine vollständige und richtige
Erklärung hat er gleichwohl nicht abgegeben. Die von ihm dazu abgegebene
Erklärung, er sei über die drei genannten Mandanten hinaus "in dem Zeitraum
vom 07.10.1996 bis zum 08.10.1998 für wenige weitere Personen (Jahressteuererklärungen) … tätig geworden," ist unter den gegebenen Umständen wiederum unvollständig, denn damit weiß der Gläubiger nicht, ob und für welche
seiner Mandanten der Schuldner tatsächlich tätig geworden ist und welche Ersatzansprüche er unter Umständen geltend machen kann. Das Verhalten des
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Schuldners hat deshalb beim Landgericht zu Recht den Eindruck erweckt, der
Schuldner sei in Wahrheit gar nicht gewillt, die ihm mögliche, bereits im Jahr
1999 zugesagte vollständige und richtige Erklärung abzugeben und eidesstattlich zu versichern.
Bei einer solchen Sachlage kann das Vollstreckungsgericht im Verfahren nach § 889 ZPO gemäß § 261 Abs. 2 BGB eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung beschließen und anordnen, daß der Schuldner seine bisher unvollständige Auskunft nachbessert und
die vollständige Auskunft an Eides statt versichert (vgl. LG Berlin Rpfleger
1971, 18). Von dieser Befugnis hat das Beschwerdegericht im Streitfall zutreffenden Gebrauch gemacht.
Kreft
Raebel
Boetticher
Athing
Kessal-Wulf