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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 254/00
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ:
ja
nein
BGB § 770 Abs. 2
Zur Tragweite des § 770 Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 25. April 2002 - IX ZR 254/00 - KG Berlin
LG Berlin
Verkündet am:
25. April 2002
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Raebel, Kayser sowie die Richterin Dr. Vézina
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und ihrer Streithelferin wird das
Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom
29. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, ein schwedisches Unternehmen, und die Streithelferin der
Beklagten schlossen am 3./4. Dezember 1997 einen Vertrag, wonach die Klägerin einen Ausbauhaus-Bausatz für ein von der Streithelferin durchzuführendes Bauvorhaben der Eheleute P.
zu liefern hatte. Die Bauteile waren
direkt auf der Baustelle abzuliefern; die Montage war Sache der Streithelferin.
Von dem von dieser zu zahlenden Preis waren 10 % bei Vertragsschluß und
die restlichen 90 % spätestens 18 Tage nach Lieferung zu zahlen. In einem
zwischen den Vertragsparteien am 1. Dezember 1997 geschlossenen "Rah-
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menvertrag", auf den im Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 Bezug genommen
wurde, war u.a. auf die "VOB/Teil B, soweit auf einen Vertrag der vorliegenden
Art anwendbar", verwiesen (Nr. 2.2) und als Zeitpunkt der Fälligkeit des "Kaufpreises" die "Abnahme des Ausbauhaus-Bausatzes gem. § 7" bestimmt
(Nr. 3.6). In Nr. 7 des Rahmenvertrags, die im übrigen Regelungen zur Geltendmachung von Mängeln während der Montage enthielt, heißt es (Absatz 3):
"In jedem Falle gilt die Abnahme nach Ablauf von 10 (zehn) Werktagen nach
Lieferung als erfolgt. Im übrigen ist § 12 VOB/Teil B anzuwenden". Nach Nr. 9
des Rahmenvertrags hatte die Streithelferin eine "Zahlungsgarantie" in Form
einer unwiderruflichen Bankbürgschaft zu stellen, mit der die Bank die Zahlung
innerhalb von drei Wochen nach Lieferung "garantiert".
Unter dem Datum vom 5. Februar 1998 übersandte die Beklagte, ein
Bankinstitut, der Klägerin eine "Zahlungsbestätigung mit Bürgschaftsübernahme", in der sie der Klägerin bestätigte, von der Streithelferin angewiesen worden zu sein, für "ein Fertigteilhaus für das Bauvorhaben P.
... den
vereinbarten Gesamtkaufpreis in Höhe von 140.440,00 ... nach folgendem
Zahlungsplan an die ... (Klägerin) zu überweisen: - 14 Tage nach Lieferung des
Hauses und Abnahme durch die Bauherren oder einen vereidigten Sachverständigen". Nach der sich daran anschließenden Bemerkung, daß das Geld auf
ein noch anzugebendes Konto der Klägerin bei einem deutschen Kreditinstitut
überwiesen werde, heißt es sodann:
"Wir übernehmen hiermit der ... (Klägerin) gegenüber unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und
der Vorausklage die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle
Zahlungsverpflichtungen, die unserer Kundin aufgrund des abgeschlossenen Werkvertrages der ... (Klägerin) gegenüber obliegen
bis zum Betrag der oben bezeichneten Hauptschuld zuzüglich
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Zinsen und Kosten. Die Verpflichtungen aus der Bürgschaft enden mit Erlöschen der Forderungen, spätestens am 30.04.1998."
Mit Schreiben vom 20. Mai 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit,
"daß die Laufzeit der ... Zahlungsbestätigung über DM 140.440,00 ... bis zum
31.08.1998 verlängert wurde".
Nachdem die Streithelferin einen Teilbetrag des vertraglich vereinbarten
Preises gezahlt hatte, schlossen die Vertragsparteien am 30. Juni 1998 eine
zusätzliche Vereinbarung, in der sich die Streithelferin verpflichtete, den Restbetrag von 632.958 SEK bis spätestens 21. Juli 1998 an die Klägerin zu überweisen. Die Lieferung fand Anfang Juli 1998 statt. Da die Streithelferin weitere
Zahlungen wegen angeblich vorhandener Mängel verweigerte, nahm die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 17. August 1998 die Beklagte aus deren Bürgschaft in Anspruch. Mit der Klage verlangt sie Zahlung von (umgerechnet)
131.838,82 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das
Berufungsgericht hat ihr - bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs - stattgegeben. Mit der Revision verfolgen die Beklagte und die Streithelferin den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I.
Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt die Verurteilung
der Beklagten nicht.
1. Nicht zu beanstanden ist, daß die Vorinstanzen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Prozeßparteien aufgrund nachträglicher Rechtswahl
(Art. 27 Abs. 2 EGBGB) deutsches Recht angewandt haben. Die Revision greift
das Berufungsurteil in diesem Punkt nicht an.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei aufgrund der von ihr übernommenen Bürgschaft
verpflichtet, die Verbindlichkeit der Streithelferin aus dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag über die Lieferung des Bausatzes für das Bauvorhaben
P., soweit eine solche besteht, zu erfüllen.
a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Beklagte nach dem Wortlaut der Urkunde vom 5. Februar 1998 für eine etwa noch
bestehende Verbindlichkeit der Streithelferin gegenüber der Klägerin aus dem
Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 einzustehen hat. Die Verpflichtung der Beklagten wird nach der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dadurch eingeschränkt, daß die Beklagte nach der der eigentlichen Bürgschaftserklärung
vorangestellten Zahlungsbestätigung von der Streithelferin angewiesen war,
den Kaufpreis erst 14 Tage nach Abnahme durch die Bauherren oder einen
vereidigten Sachverständigen zu überweisen. Das Berufungsgericht hat dazu
ausgeführt, durch diese Mitteilung über das Geschäftsbesorgungsverhältnis
zwischen der Beklagten und der Streithelferin sei aus der objektiven Sicht des
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Erklärungsempfängers (also der Klägerin) die durch die Bürgschaft übernommene Verpflichtung, die Forderung der Klägerin nach Maßgabe des zwischen
dieser und der Streithelferin geschlossenen Vertrages - der Vertrag macht die
Fälligkeit nicht von den in der Zahlungsbestätigung genannten Voraussetzungen abhängig - zu erfüllen, nicht eingeschränkt. Eine solche Einschränkung der
Bürgschaftsschuld hätte, so hat das Berufungsgericht gemeint, klarer zum
Ausdruck gebracht werden müssen.
Bei dieser Auslegung der Erklärung der Beklagten handelt es sich um
eine tatrichterliche Würdigung, die jedenfalls möglich und deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Der Grund für die vom Inhalt des Vertrages
zwischen der Streithelferin und der Klägerin abweichende Zahlungsanweisung
an die Beklagte war für die Klägerin nicht zu erkennen. Diese hat während des
Rechtsstreits die Vermutung geäußert, die Beklagte könne sich über den Inhalt
jenes Vertrages geirrt haben. Die Streithelferin hat dagegen vorgetragen, es
sei zur Absicherung der Beklagten, die die Zwischenfinanzierung für die Endabnehmer übernommen habe, "vorgesehen (gewesen), daß erst eine entsprechende Werterhöhung auf dem Grundstück des Bauherren vorhanden sein
mußte, bevor eine Zahlung seitens der Beklagten an die Streithelferin für den
Kunden der Streithelferin erfolgen konnte". Das waren indessen Umstände, von
denen die Klägerin nichts wußte. Es ist deshalb nicht rechtsfehlerhaft, daß das
Berufungsgericht in der Art und Weise, wie die "Zahlungsbestätigung mit Bürgschaftsübernahme" abgefaßt war, keinen hinreichend deutlichen und für die
Klägerin erkennbaren Hinweis auf eine - von § 767 BGB abweichende, wenn
auch möglicherweise von der Beklagten beabsichtigte - Einschränkung der
dem Wortlaut nach umfassenden Bürgschaftserklärung gesehen hat. Eine solche Einschränkung durch außerhalb des eigentlichen Bürgschaftstextes - wenn
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auch in derselben Urkunde - enthaltene Mitteilungen, Präambeln und dergleichen ist nicht selbstverständlich und kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Auslegungswege festgestellt werden (vgl. BGH, Urt.
v. 13. Juli 1989 - IX ZR 223/88, WM 1989, 1496, 1499).
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, der Text der Erklärung vom 5. Februar 1998 sei eindeutig, ist nicht
berechtigt. Einen der Revisionsprüfung zugänglichen Rechtsfehler stellt es dar,
wenn der Tatrichter eine Urkunde wegen angeblicher Eindeutigkeit zu Unrecht
für nicht auslegungsfähig hält und sich aus diesem Grund einer Auslegung
enthält (BGHZ 32, 60, 63; BGH, Urt. v. 11. März 1996 - II ZR 26/95, NJW-RR
1996, 932). Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, die Klägerin habe "aus
ihrer Sicht diese Erklärung nach ihrem objektiven Erklärungswert nur dahin
verstehen" können und müssen, daß die Bürgschaftserklärung durch den Inhalt
der "Zahlungsbestätigung" nicht habe eingeschränkt werden sollen. Das bedeutet aber nur, daß sich die Auslegung am objektiven Inhalt der Erklärung aus
der Sicht des Empfängers zu orientieren habe. Daß das Berufungsgericht nach
diesem - zutreffenden - Maßstab eine Auslegung vorgenommen hat, zeigt sich
darin, daß es geprüft hat, ob eine Einschränkung des umfassenden Inhalts der
eigentlichen Bürgschaftserklärung im übrigen Teil der Urkunde hinreichend
deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist.
b) Die Klägerin hat die Beklagte durch das Schreiben vom 17. August
1998 rechtzeitig aus der Bürgschaft in Anspruch genommen.
aa) Die in der Urkunde vom 5. Februar 1998 enthaltene Begrenzung der
Bürgschaft bis zum 30. April 1998 ist durch das Schreiben der Beklagten vom
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20. Mai 1998 bis zum 31. August 1998 verlängert worden. Die Revision zieht
das zu Unrecht in Zweifel, indem sie meint, die Verlängerung habe sich, wenn
man schon - wie das Berufungsgericht - zwischen der "Zahlungsbestätigung"
und der Bürgschaft unterscheiden wolle, nur auf die erstere bezogen, weil nur
sie im Schreiben vom 20. Mai 1998 erwähnt sei. Ein solches Verständnis des
Verlängerungsschreibens ist in den Tatsacheninstanzen von niemandem geltend gemacht worden; es ist unrichtig. Die Bezeichnung "Zahlungsbestätigung"
in jenem Schreiben bezeichnet verkürzt die Urkunde vom 5. Februar 1998 insgesamt. Darüber kann schon deswegen kein Zweifel bestehen, weil in dieser
Urkunde nicht die Zahlungsbestätigung, sondern ausdrücklich die Bürgschaft
befristet worden ist.
bb) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler die Bürgschaftserklärung so verstanden, daß innerhalb der Frist nicht nur der Beklagten die Inanspruchnahme angezeigt, sondern die verbürgte Forderung auch fällig geworden sein mußte (vgl. BGHZ 91, 349, 351 f; BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - IX ZR
299/98, WM 2000, 1796). Diese Voraussetzung war, wie das Berufungsgericht
im Ergebnis zutreffend angenommen hat, im Zeitpunkt der Anzeige gegeben.
Über die Fälligkeit der Forderung der Klägerin finden sich in den Vertragsunterlagen unterschiedliche Regelungen. Davon kommt der Fälligkeitstermin vom 21. Juli 1998, der in der nach Abgabe der Bürgschaftserklärung
getroffenen Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1998 genannt ist, im Verhältnis
zur Beklagten nicht in Betracht, soweit dadurch deren Rechtsstellung verschlechtert worden sein sollte (vgl. § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB). Nach dem Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 war die der Klägerin zustehende - restliche Vergütung spätestens 18 Tage nach Lieferung zu zahlen. Ob dadurch die im
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Rahmenvertrag vom 1. Dezember 1997 über die Fälligkeit enthaltenen Bestimmungen abgeändert worden sind, ist angesichts der Anfang Juli 1998
stattgefundenen Lieferung für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Nach Nr. 3.6 des Rahmenvertrags sollte die Fälligkeit bei Abnahme
im Sinne der in Nr. 7 getroffenen Regelung eintreten. Nach § 7 Abs. 3 gilt die
Abnahme nach Ablauf von 10 Werktagen als erfolgt; im übrigen wird § 12
VOB/Teil B für anwendbar erklärt. Die Revisionserwiderung weist zwar nicht
ohne Berechtigung darauf hin, daß es sich um einen Werklieferungsvertrag im
Sinne des § 651 BGB handelte, der entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Lieferung vertretbarer Sachen zum Gegenstand gehabt haben und
deshalb insgesamt nach Kaufrecht zu beurteilen sein dürfte (vgl. BGHZ 78,
375, 378; 87, 112, 116). Das hinderte die Parteien aber nicht, für die Abnahme
und deren Bedeutung für die Fälligkeit des Kaufpreises eine an die Bestimmungen der VOB angelehnte Regelung zu vereinbaren.
§ 12 Nr. 5 VOB/B fingiert die Abnahme innerhalb der dort genannten
Frist von 12 Werktagen, wenn keine Partei eine förmliche Abnahme verlangt
und andererseits die Abnahme auch nicht verweigert wird (BGH, Urt. v.
23. November 1978 - VII ZR 29/78, NJW 1979, 549). Dem entspricht im Grundsatz die Regelung in Nr. 7 des zwischen der Klägerin und der Streithelferin am
1. Dezember 1997 geschlossenen Rahmenvertrags. Dort ist in Absatz 2 bestimmt, was zu geschehen hat, wenn sich während der Montage Mängel zeigen; dann ist nach der Montage ein schriftliches Abnahmeprotokoll aufzustellen. Das ist hier aber, soweit es sich dem vorgetragenen Sachverhalt entnehmen läßt, nicht geschehen; die Streithelferin hat es - gleichgültig, ob und inwieweit sie während und nach der Montage Mängel gerügt hat - auch nicht
verlangt. Sie hat andererseits die Abnahme nicht verweigert. Das Berufungsge-
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richt hat darüber hinaus festgestellt, die Streithelferin habe innerhalb der Frist
von 10 Werktagen nach Lieferung keine Mängel gerügt. Auf die dagegen erhobenen Angriffe der Revision kommt es für die Frage der Abnahme nicht an. Ob
rechtzeitig während der für die fiktive Abnahme maßgebenden Frist Mängel
gerügt worden sind, spielt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nur für
den Erhalt etwaiger Rechte wegen solcher Mängel (vgl. Werner/Pastor, Der
Bauprozeß 9. Aufl. Rn. 1390, 2272 ff), nicht aber für die Abnahme selbst und
die daran geknüpfte Fälligkeit eine Rolle. Diese war danach hier unabhängig
davon, welche Mängel vorhanden waren und ob und wann sie gerügt worden
sind, jedenfalls Ende August 1998 und damit vor Ablauf der zeitlichen Befristung der Bürgschaft der Beklagten eingetreten.
3. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht gemeint, der Klägerin
stehe der Bürgschaftsanspruch unabhängig davon zu, ob der Streithelferin
"aufrechenbare Gegenansprüche oder Minderungsrechte ... wegen der geltend
gemachten Mängel" zustehen. Das Berufungsgericht hat dies damit begründet,
daß der Bürgschaftsvertrag die Einrede der Aufrechenbarkeit zulässigerweise
ausschließe; damit habe das Bürgschaftsverhältnis von Streitigkeiten zwischen
der Klägerin und der Streithelferin über dieser etwa zustehende Gegenrechte,
die zu einer Herabsetzung der Vergütung führen könnten, freigestellt werden
sollen. Das Berufungsgericht hat deshalb offen gelassen, ob die Streithelferin
"ihre zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen oder Minderungsrechte"
hinreichend dargetan habe.
Die dem zugrunde liegende rechtliche Beurteilung ist, wie die Revision
im Ergebnis zu Recht rügt, unzutreffend. Nach § 770 Abs. 2 BGB kann der
Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange sich dieser durch
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Aufrechnung gegenüber dem Hauptschuldner befriedigen kann. Dieses Recht
des Bürgen kann zwar vertraglich ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschluß hindert für sich allein den Bürgen aber nicht, sich darauf zu berufen,
daß die Hauptschuld infolge einer - sei es durch den Gläubiger, sei es durch
den Hauptschuldner - bereits erklärten Aufrechnung erloschen sei. Der Bürge
haftet nach § 767 Abs. 1 BGB für die Hauptschuld nur in dem Umfang, in dem
sie besteht; deshalb kann er auch etwaige dem Hauptschuldner zustehende
Minderungsrechte geltend machen. Den Ausschluß dieser Rechte hat der Verzicht auf die Einrede nach § 770 BGB nicht zur Folge; denn anderenfalls würde
es sich um die Vereinbarung einer Garantie handeln (vgl. Staudinger/Horn,
BGB 13. Bearb. § 770 Rn. 17). Auf eine garantieähnliche Haftung läuft in der
Tat die Annahme des Berufungsgerichts hinaus, das Bürgschaftsverhältnis habe von derartigen Gegenrechten der Streithelferin freigehalten werden sollen.
Hierfür fehlt es aber an einer tatsächlichen Grundlage. Die Verwendung des
Ausdrucks "Garantie" im Vertrag zwischen der Klägerin und der Streithelferin
reicht dafür - jedenfalls auf der Grundlage des vorgetragenen Prozeßstoffs nicht aus.
Die Streithelferin hat im Prozeß mit einem Anspruch wegen angeblicher
Ersatzvornahmekosten in Höhe von 55.000 DM aufgerechnet und Minderungsrechte im Umfang von 88.000 DM geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat
dieses Vorbringen nicht geprüft. Im Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten
der Beklagten und der Streithelferin vom Bestehen solcher Rechte auszugehen. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht im Zusammenhang
mit der Frage, ob eine Abnahme stattgefunden hat, eine rechtzeitige Rüge
durch die Streithelferin verneint hat, greift die Revision zu Recht an, indem sie
auf Schreiben der Streithelferin vom 12. Juli 1998 ("Belastungsanzeige") und
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vom 21. Juli 1998 ("Mängelrüge") sowie auf die schriftsätzliche Behauptung
einer mündlich erhobenen Mängelrüge verweist. Nach dem weiteren Vorbringen der Streithelferin sind ferner Paßungenauigkeiten und eine zu hohe Wärmeleitfähigkeit gerügt worden (vgl. Schreiben vom 18. August 1998). Inwieweit
diese Mängelrügen rechtzeitig waren, hat das Berufungsgericht bisher nicht
geprüft.
II.
Das Berufungsurteil ist aus den dargelegten Gründen aufzuheben. Das
Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob und inwieweit die Lieferleistung der Klägerin mangelhaft war und welche Rechte der Streithelferin und
damit auch der Beklagten deswegen gegebenenfalls zustehen. Der Senat weist
darauf hin, daß nach allgemeinen Grundsätzen Gewährleistungsrechte mangels rechtzeitiger Rüge nur insoweit verloren gehen, als sie dem Besteller bekannt sind (vgl. § 377 Abs. 3 HGB; § 640 Abs. 2 BGB; vgl. auch Werner/Pastor
aaO Rn. 1390).
Kreft
Kirchhof
Kayser
Raebel
Vézina