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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 236/07
Verkündet am:
2. April 2009
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO §§ 134, 146 a.F.; GmbHG § 32a
a) Das Stehenlassen der Gesellschafterleistung, das zur Umqualifizierung in Eigenkapital führt, ist in der Insolvenz des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft
als unentgeltliche Leistung anfechtbar.
b) Der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Gesellschafters muss bei der
Anmeldung von Forderungen in der Insolvenz der Gesellschaft die Anfechtbarkeit
des der Forderung entgegengehaltenen Eigenkapitalersatzeinwands nicht schon
innerhalb der Anfechtungsfrist geltend machen.
BGH, Urteil vom 2. April 2009 - IX ZR 236/07 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 14. März 2007 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer
des Landgerichts Heilbronn vom 13. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Hinsichtlich der Berufung des Klägers wird die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die gesamten Kosten
des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Mai 2003 eröffneten Insolvenzver-
1
fahren
über
das
Vermögen
der
S.
GmbH & Co. KG (im Folgenden:
KG). Er begehrt in dem am 3. Juli 2003 er-
öffneten
über
Insolvenzverfahren
GmbH (künftig:
das
Vermögen
der
S.
GmbH) die Feststellung der von ihm zur In-
-3-
solvenztabelle angemeldeten Forderungen für Dienstleistung, Vermietung, Darlehen und Zinsen. Den von ihm angemeldeten Forderungen haben der Insolvenzverwalter der
GmbH sowie eine Sparkasse und die Beklagte widerspro-
chen, die ebenfalls Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet haben, die
Beklagte in Höhe von 700 €.
2
Komplementärin
der
H.
KG
ist
GmbH (künftig: V-GmbH). Beherrschender Gesellschafter der S.
pe ist H.
S.
die
V.
Baugrup-
Er ist alleiniger Gesellschafter und einzelvertretungsbe-
rechtigter Geschäftsführer der V-GmbH und alleiniger Kommanditist der
KG mit einer Kommanditeinlage von 1.534.000 €. Am Stammkapital der
GmbH ist er mit 99,0244 % beteiligt. Er ist alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der
GmbH. Die Beklagte, die S.
GmbH, gehört ebenfalls zur S.
3
Baugruppe Immobilien
Baugruppe.
In erster Instanz begehrte der Kläger nach einer Teilrücknahme der Klage in Höhe von 42.361,64 € wegen verjährter Mietzinsansprüche noch die Feststellung von Forderungen zur Tabelle in einer Gesamthöhe von 3.636.556,80 €.
Dabei handelte es sich im Einzelnen um Vergütungsansprüche aus Dienstvertrag und Mietzins in Höhe von insgesamt 154.108,32 €, auf Rückzahlung von
Darlehen in Höhe von 3.447.399,91 € sowie um Zinsen von 35.048,57 €.
4
Die Beklagte erhob im Rechtsstreit wegen dieser Forderungen den Einwand des Eigenkapitalersatzes. Daraufhin berief sich der Kläger erstmals mit
Schriftsatz vom 19. Mai 2005 auf die Anfechtbarkeit des Stehenlassens der
Forderungen der
KG gegen die
GmbH.
-4-
5
Das Landgericht hat eine Forderung der
KG aus Dienstleistungen in
Höhe von 112.983,61 € und aus Mietvertrag in Höhe von 22.643,81 € für berechtigt gehalten und deshalb zusammen 136.627,42 € zur Tabelle festgestellt
(rechnerisch richtig wären: 135.627,42 €). Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.
6
Mit der hiergegen gerichteten Berufung hat der Kläger die Feststellung
einer Teilforderung der geltend gemachten Darlehensrückzahlung in Höhe von
3.303.459,20 € weiterverfolgt. Seine Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Auf die
Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen.
7
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
8
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten und hinsichtlich seiner eigenen Berufung zur Zurückverweisung zur neuen Verhandlung und
Entscheidung an das Berufungsgericht.
I.
9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem veröffentlicht ist in
WM 2007, 1467, hat festgestellt, dass die vom Kläger in der Berufung noch ver-
-5-
folgten Forderungen dem Grunde und der Höhe nach berechtigt seien. Für
Dienstleistungen bestehe ein Anspruch in Höhe von 114.793,61 €, aus Mietvertrag ein Anspruch in Höhe von 22.643,81 €, zusammen 137.437,42 €. Daneben
bestehe der in der Berufung lediglich noch geltend gemachte Teilanspruch auf
Darlehensrückzahlung in Höhe von 3.303.459,20 €.
10
Das Berufungsgericht hat jedoch gemeint, der Geltendmachung dieser
Forderungen im Insolvenzverfahren der
GmbH stünden die Regeln des
Eigenkapitalersatzrechtes gemäß § 32a Abs. 1 und 3 GmbHG entgegen, weshalb der Kläger sie nur als nachrangige Insolvenzforderungen gemäß § 39
Abs. 1 Nr. 5 InsO nach Maßgabe des § 174 Abs. 3 InsO anmelden könne, dessen Voraussetzungen hier nicht vorlägen. Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die
GmbH sich spätestens ab Ende 2002 in einer Krise im Sin-
ne des Eigenkapitalersatzrechtes befunden habe. Der persönliche Geltungsbereich des § 32a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GmbHG sei gegenüber der
KG infolge der beherrschenden Stellung des Gesellschafters H.
öffnet. Die Eigenkapitalersatzleistung liege darin, dass die
ren Gesellschafter H.
S.
die Krise der
S.
er-
KG, der über ih-
GmbH bekannt gewesen sei,
die nunmehr vom Kläger noch verfolgten Forderungen habe stehen lassen, anstatt nach Bekanntwerden der Krise Ende 2002 wie ein Dritter auf ihrer Erfüllung zu bestehen.
11
Diese Ausführungen des Berufungsurteils werden von der Revision hingenommen und auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Sie sind der
weiteren Prüfung zugrunde zu legen.
-6-
II.
Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob das Stehenlassen von Ge-
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sellschafterleistungen, das zur Umqualifizierung dieser Leistungen in Eigenkapitalersatz führt, der Insolvenzanfechtung unterliegt. Der Kläger habe nämlich die
zweijährige Anfechtungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO a.F. versäumt, da er innerhalb der Verjährungsfrist gegenüber der Anfechtungsgegnerin keinen Sachvortrag gehalten habe, der Veranlassung gegeben habe, die gesetzlichen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung zu prüfen, bzw. habe erkennen lassen,
welches Rechtsgeschäft oder welche Rechtshandlung angefochten werden solle.
13
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision zu Recht. Sie halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
14
1. Das Stehenlassen der Gesellschafterleistungen, das zur Umqualifizierung der Leistungen in Eigenkapitalersatz geführt hat, ist gemäß § 134 InsO
anfechtbar.
15
a) Unterlässt der Schuldner lediglich einen möglichen Erwerb, so ist dieses Unterlassen nicht anfechtbar, weil es nicht zu einer Minderung des Schuldnervermögens führt, sondern lediglich dessen Mehrung verhindert (HmbKommInsO/Rogge, 2. Aufl. § 129 Rn. 16; Jaeger/Henckel, InsO § 129 Rn. 24; Nerlich
in Nerlich/Römermann, InsO § 129 Rn. 103; MünchKomm-InsO/Kirchhof, InsO
2. Aufl. § 129 Rn. 26; FK-InsO/Dauernheim, 5. Aufl. § 129 Rn. 26). Ein solcher
Fall liegt hier allerdings nicht vor. Es geht vielmehr darum, dass der Gesellschafter als Gläubiger die Durchsetzbarkeit seiner bestehenden Forderungen
und damit ihren wirtschaftlichen Wert verliert. Er unterlässt nicht lediglich einen
-7-
Erwerb oder eine Vermehrung seines Vermögens, sein Vermögen wird vielmehr
gemindert, ebenso, wie wenn er eine neue Leistung, etwa ein Darlehen, an die
Gesellschaft erbringen würde, das sofort eigenkapitalersetzend würde.
16
b) Bei einer Leistung, die der Gesellschafter an die Gesellschaft erbringt
und die sofort nach Eingang bei der Gesellschaft eigenkapitalersetzend wird,
kann die Anfechtbarkeit nach § 134 InsO nicht zweifelhaft sein. Eine Leistung
des Gesellschafters liegt hier zweifelsfrei vor. Sie ist auch unentgeltlich. Unentgeltlichkeit im Sinne des § 134 InsO ist gegeben, wenn der Anfechtungsgegner
als Empfänger der Leistung für sie vereinbarungsgemäß keine ausgleichende
Gegenleistung - sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten - zu erbringen
hat. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urt. v. 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, ZIP 2008, 1291, 1292
Rn. 11 mit zahlreichen Nachweisen; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 134 Rn. 7). Der
durch die Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel bewirkte Rangrücktritt des
Anspruchs auf Rückzahlung, der in der Insolvenz in aller Regel dessen wirtschaftliche Wertlosigkeit zur Folge hat, wird ohne ausgleichende Gegenleistung
der Gesellschaft gewährt. Hierdurch werden die Gläubiger des Gesellschafters
objektiv zumindest mittelbar benachteiligt.
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c) Ob das Stehenlassen der Gesellschafterleistung, das zur Umqualifizierung der Leistung in Eigenkapital führt, anfechtbar ist, ist streitig. Während die
überwiegende Meinung die Anfechtbarkeit bejaht (Bork in Festschrift Uhlenbruck, 2000, S. 279, 283 ff; HK-InsO/Kreft aaO § 129 Rn. 24; FKInsO/Dauernheim aaO § 129 Rn. 26; MünchKomm-InsO/Kirchhof aaO § 129
Rn. 25; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, InsO Stand November 2008 § 129
Rn. 54; Johlke/Schröder in v. Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts 2. Aufl. Rn. 5.109; OLG Hamburg ZIP 1984, 584, 586; ZIP 1987,
-8-
977), verneint sie eine Mindermeinung (Haas/Dittrich in v. Gerkan/Hommelhoff,
Handbuch des Kapitalersatzrechts, aaO Rn. 8.125; Böcker ZInsO 2005, 347).
18
Die herrschende Meinung ist zutreffend.
19
aa) Soweit Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft zunächst
nicht eigenkapitalersetzend sind, können sie durch Stehenlassen oder Nichtbeitreibung eigenkapitalersetzend werden. Das hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt.
20
Das darin liegende Unterlassen steht gemäß § 129 Abs. 2 InsO einer
Rechtshandlung im anfechtungsrechtlichen Sinne gleich, vorausgesetzt, es geschieht wissentlich und willentlich (BGHZ 162, 143, 154; FK-InsO/Dauernheim,
aaO § 129 Rn. 26; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 24; MünchKomm-InsO/
Kirchhof, aaO § 129 Rn. 24; Hess, InsO § 129 Rn. 23; HmbKomm-InsO/Rogge,
aaO § 129 Rn. 15; Jaeger/Henckel, aaO § 129 Rn. 12).
21
Das Unterlassen muss außerdem dazu geführt haben, dass der Empfänger die durch die Rechtshandlung des Schuldners begründete Vermögensmehrung, die die Masse benachteiligt, behalten konnte (BGHZ aaO S. 155; HKInsO/Kreft aaO). Die Vornahme der dem Gesellschafter (hier der
KG)
möglichen und von ihm bewusst vermiedenen Rechtshandlung (hier das Beitreiben der Forderung gegen die
GmbH) muss also dazu geführt haben,
dass die Gesellschaft die Leistung behalten darf.
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bb) Nach dem festgestellten Sachverhalt, insbesondere der beherrschenden Stellung des Gesellschafters H.
Zweifel, dass die
ergab, dass die
S.
, unterliegt es keinem
KG von den Tatsachen Kenntnis hatte, aus denen sich
GmbH sich spätestens ab Ende 2002 in einer Krise im
-9-
Sinne des Eigenkapitalrechts befand und dass der persönliche Geltungsbereich
des Eigenkapitalersatzrechtes im Verhältnis der
KG zur
GmbH eröff-
net war. Wenn die KG gleichwohl die Forderungen stehen ließ, geschah dies
willentlich und wissentlich. Dieses Unterlassen hat dazu geführt, dass die
GmbH nach den Regeln des Eigenkapitalersatzrechtes die zuvor von der
KG forderbaren Leistungen behalten durfte.
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cc) Dieses Unterlassen ist der aktiven Zuführung eigenkapitalersetzender
Mittel zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Gesellschaft in einer Krise im Sinne
des Eigenkapitalersatzrechts befindet, gleichzusetzen.
24
Allerdings widerspräche es im Allgemeinen der Wertung des Gesetzes,
wenn der Gesellschafter die ihm zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft in
Form einer Durchsetzungssperre auferlegte Verantwortung für die von seinen
Maßnahmen ausgelösten negativen Finanzierungsfolgen abschütteln könnte.
Das hieraus abgeleitete Argument, dies könne auch in der Insolvenz des Gesellschafters nicht anders sein (Haas/Dittrich, aaO Rn. 8.126), trifft indessen
nicht zu. Bei der Doppelinsolvenz der Gesellschaft und des Gesellschafters sind
die Belange der Gläubiger sowohl der Gesellschaft als auch des Gesellschafters zu berücksichtigen. Würde man der Durchsetzungssperre des Eigenkapitalersatzrechtes auch hier den Vorrang einräumen, würde dies die uneingeschränkte Bevorzugung der Gläubiger der Gesellschaft vor den Gläubigern des
Gesellschafters bedeuten. Diese hätten hinzunehmen, dass der Gesellschafter
an die Gesellschaft in deren Krise und damit zugunsten ihrer Gläubiger unentgeltliche Leistungen erbringt und die eigene Vermögensmasse zu ihrem Nachteil schmälert. Hierfür gibt es keine Rechtfertigung. Die Masse der Gesellschaft
würde zum Nachteil der Masse des Gesellschafters unzulässig begünstigt. Da
die Gesellschaft das Risiko tragen muss, dass der Gesellschafter insolvent wird
- 10 -
und kein (weiteres) Eigenkapital für die Gesellschaft mehr aufbringen kann, ist
es nur folgerichtig, dass das Stehenlassen einer Gesellschafterleistung, wodurch diese eigenkapitalersetzend wird, als anfechtbare Leistung zurückgewährt wird (vgl. BGH, Urt. v. 9. Oktober 2008 - IX ZR 138/06, ZIP 2008, 2224,
2226 Rn. 17).
25
Auch der Grundsatz der Kapitalerhaltung steht dem Rückgewähranspruch aufgrund der Anfechtungsvorschriften nicht entgegen (vgl. BGHZ 128,
184, 193 ff zum Anfechtungsgesetz). Für die Durchsetzungssperre aufgrund der
Vorschriften des Kapitalersatzrechts kann nichts anderes gelten.
26
dd) Die übrigen Voraussetzungen des § 134 InsO sind jedenfalls insoweit
gegeben, als kein wirksamer Rangrücktritt erklärt ist. Die objektive Gläubigerbenachteiligung ergibt sich insoweit schon daraus, dass der Eigenkapitalersatzeinwand den Kläger daran hindert, die unstreitig zu erwartende Quote von 14 %
zur Masse zu ziehen. Die hierin jedenfalls liegende mittelbare objektive Gläubigerbenachteiligung ist für § 134 InsO ausreichend (HK-InsO/Kreft, aaO § 129
Rn. 42, 48). Wegen des Teilbetrages der Darlehensforderung von 1,5 Mio. DM,
für den die Forderung gemäß Vereinbarung vom 27. April 2000 im Falle des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
GmbH erlassen sein sollte,
läge allerdings keine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, wenn diese Vereinbarung wirksam und nicht erfolgreich angefochten wäre.
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Eine Leistung des Schuldners liegt vor. Das hier anfechtbare Stehenlassen ist nicht früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
GmbH geschehen.
- 11 -
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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger die
zweijährige Anfechtungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO a.F. nicht versäumt. Der
Geltendmachung der Anfechtung steht die Verjährungseinrede nicht entgegen.
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Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
KG am 1. Mai
2003 eröffnet wurde, ist nach dem danach noch anwendbaren § 146 InsO a.F.
(vgl. Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 6 Abs. 3 EGBGB) die gegenüber dem
neuen Recht kürzere Verjährungsfrist von zwei Jahren für die Geltendmachung
von Anfechtungsansprüchen maßgebend (BGH, Urt. v. 17. Juli 2008 - IX ZR
148/07, ZIP 2008, 1593, 1594 Rn. 18). Danach trat die Regelverjährung am
2. Mai 2005 ein, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alternative 1 BGB (BGH, Urt. v.
13. Januar 2005 - IX ZR 33/04, ZIP 2005, 310), § 193 BGB. Diese Frist hat der
Kläger gewahrt.
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a) Der Kläger hat zur Tabelle die Ansprüche aus Dienstvertrag, Miete
und Darlehensvertrag sowie daraus erwachsene Zinsen angemeldet. Diese Ansprüche sind in dem vom Berufungsgericht festgestellten Umfang in der Revision nicht mehr im Streit. Durch die Anmeldung zur Tabelle ist die Verjährung
gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB n.F. in unverjährter Zeit gehemmt worden. Ob
und wann diese Hemmung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. geendet hat,
ist umstritten. Eine Auffassung stellt auf die Beendigung des Insolvenzverfahrens ab (vgl. z.B. Wenner/Schuster BB 2006, 2649, 2653; Palandt/Heinrichs,
BGB 68. Aufl. § 204 Rn. 42), eine andere auf die Beendigung des Verfahrensabschnitts der Forderungsanmeldung (vgl. Vogel BauR 2004, 1365, 1367). Dies
kann dahinstehen. Der Lauf der Frist ist jedenfalls in unverjährter Zeit erneut
gehemmt worden durch die Erhebung der vorliegenden Tabellenfeststellungsklage gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. Auf die Hemmung der Verjährung
sind nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform die ab diesem Zeitpunkt
- 12 -
geltenden Vorschriften anwendbar (vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 2007 - IX ZR
180/04, NJW-RR 2007, 1358, 1359 Rn. 19 ff).
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b) Einen Anfechtungsanspruch hatte der Kläger damit allerdings nicht
geltend gemacht. Der von ihm verfolgte Zahlungsanspruch gegen die
GmbH resultierte nicht aus einer Insolvenzanfechtung.
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Wendet der Anspruchsgegner ein, der Durchsetzung der geltend gemachten vertraglichen Ansprüche stehe der Eigenkapitalersatzeinwand entgegen, muss der Insolvenzverwalter diesem Einwand nicht dadurch begegnen,
dass er die Anfechtbarkeit des Stehenlassens bereits in unverjährter Zeit gerichtlich geltend macht. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Insolvenzverwalter nicht von vorneherein wissen kann und muss, ob ein solcher Einwand
überhaupt erhoben wird. Wäre er gezwungen, schon innerhalb der Insolvenzanfechtungsfrist die Anfechtung zu erklären, müsste er zunächst selbst den
- möglichen - Einwand des Beklagten ermitteln und vortragen, um diesen sodann in unverjährter Zeit wieder ausräumen zu können. Dies würde schon in
Widerspruch stehen zur Darlegungs- und Beibringungslast im Zivilprozess.
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Erst wenn der Beklagte solche Rechte geltend macht, ist vielmehr der
Insolvenzverwalter gehalten, diese substantiiert zu bestreiten und gegebenenfalls die Anfechtung geltend zu machen. § 146 Abs. 1 InsO ist auf diese Anfechtung nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur die Verjährung von hier nicht
geltend gemachten Ansprüchen aus einer Anfechtung betrifft (vgl. BGH, Urt. v.
17. Juli 2008 aaO S. 1594 Rn. 24).
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In dieser Fallkonstellation ist vielmehr § 146 Abs. 2 InsO anwendbar. Der
Kläger verfolgt hinsichtlich der Anfechtung des Eigenkapitalersatzeinwandes
- 13 -
keinen eigenständigen Anspruch. Er macht die Anfechtung geltend, um den
Einwand der Beklagten auszuräumen, der Geltendmachung der angemeldeten
Ansprüche stehe der Eigenkapitalersatzeinwand entgegen.
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§ 146 Abs. 2 InsO ist, wie schon § 41 Abs. 2 KO, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ausdehnend auszulegen. Maßgeblich ist, ob der
Insolvenzverwalter verteidigungsweise die Rechtsstellung der Insolvenzmasse
wahrt. Dabei ist die Parteirolle im konkreten Prozess nicht entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr, ob er einen nicht mehr in der Masse befindlichen Gegenstand wieder in diese zurückführen will, oder ob er einen zur Masse gehörenden Gegenstand für diese erhalten will (BGH, Urt. v. 17. Juli 2008 aaO S. 1595
Rn. 28 m.w.N.).
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Die Beklagte macht hier das Bestehen des Eigenkapitalersatzeinwandes
geltend. Einer Klage der
GmbH auf Erbringung von vertraglich vereinbar-
ten unentgeltlichen Zahlungen auf das Eigenkapital könnte der Verwalter auch
nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO den Einwand des § 146
Abs. 2 InsO, dass die entsprechende vertragliche Leistung und die ihr zugrunde
liegende Vereinbarung anfechtbar seien, entgegenhalten. Dann kann die prozessuale Zufälligkeit, dass sich hier der Verwalter wegen der Geltendmachung
eines anderen Rechts in der Rolle des Klägers befindet, sein Verweigerungsrecht nicht in Wegfall bringen. Er hat gegen den vom Prozessgegner geltend
gemachten Einwand des Eigenkapitalersatzes den Gegeneinwand der Anfechtbarkeit (BGH, Urt. v. 17. Juli 2008 aaO Rn. 29 m.w.N.).
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c) Den Einwand der Anfechtbarkeit hat der Kläger allerdings nicht schon
im Anmeldeverfahren, sondern erstmals mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 im
Rahmen der Tabellenfeststellungsklage erhoben, die sich allein gegen die Be-
- 14 -
klagte als bestreitende Gläubigerin wendet. Obwohl Anfechtungsgegner materiell die
GmbH bzw. nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr
Vermögen deren Insolvenzverwalter ist, ist der Einwand im Prozess gegen die
Beklagte wirksam erhoben worden.
Die Beklagte hatte der Anmeldung der Forderung zur Tabelle gemäß
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§ 178 Abs. 1 InsO widersprochen. Deshalb musste der Kläger die Forderung
gemäß § 179 Abs. 1 InsO im Wege der Tabellenfeststellungsklage gegen die
Beklagte weiterverfolgen. In einem solchen Fall kann der Einwand des Eigenkapitalersatzes von der beklagten Gläubigerin im Rahmen der Tabellenfeststellungsklage geltend gemacht werden. Dann muss aber im Verhältnis zu diesem
Gläubiger auch möglich sein, die Anfechtbarkeit dieses Einwandes geltend zu
machen, weil der Kläger andernfalls seiner Rechtsschutzmöglichkeit beraubt
wäre.
39
Der Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung
zur Tabelle nicht entgegen, § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO. Im Rahmen des Tabellenfeststellungsverfahrens treten an seine Stelle der Insolvenzverwalter und die
Insolvenzgläubiger, die darüber entscheiden, ob eine Feststellung zur Tabelle
erfolgt. Insoweit können sie alle Einwendungen geltend machen, die dem
Schuldner außerhalb des Insolvenzverfahrens zustehen würden. Funktional
werden sie insoweit im Rahmen der Zwecke des Insolvenzverfahrens für den
Schuldner tätig. Demgemäß kann der Gläubiger, der die Tabellenfeststellungsklage betreiben muss, auch alle Gegeneinwendungen geltend machen, die ihm
gegenüber dem Schuldner zustünden. Eine gesonderte Anfechtung gegenüber
dem Insolvenzverwalter ist nicht erforderlich, weil sich der Kläger hier funktional
nur einer Gegeneinrede nach § 146 Abs. 2 InsO bedient.
- 15 -
Dass im vorliegenden Fall auch der Insolvenzverwalter und ein weiterer
40
Gläubiger Widerspruch gegen die angemeldete Forderung des Klägers erhoben
haben, ist unerheblich. Diese Widersprüche wären gegebenenfalls ebenfalls im
Wege der Tabellenfeststellungsklage zu beseitigen gewesen. Hierauf konnte
der Kläger jedoch verzichten, weil sich die Beteiligten darauf geeinigt haben,
den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits gegen sich gelten zu lassen. Hätte
der Kläger entsprechend den getroffenen Vereinbarungen den Rechtsstreit gegen den Insolvenzverwalter der
GmbH zu führen gehabt, unterläge die Zu-
lässigkeit der Gegeneinrede der Anfechtbarkeit gegen einen geltend gemachten
Eigenkapitalersatzeinwand ohnehin keinen Bedenken. Durch die hier gewählte
Vorgehensweise kann die prozessuale Situation der Klägers hinsichtlich der
Geltendmachung des Anfechtungsrechts nicht verschlechtert werden.
3. Die Revisionsbeklagte macht geltend, die fristgerechte Anfechtung sei
41
nicht entscheidungserheblich, weil die Anfechtung auch dann, wenn sie durchgreifen würde, nicht zu einer Insolvenzforderung des Klägers gemäß § 38 InsO
führen würde, die allein mit einer Tabellenfeststellungsklage verfolgt werden
könnte. Der Kläger habe im Falle erfolgreicher Anfechtung ein Aussonderungsrecht.
42
Auch dieser Einwand greift nicht durch. Allerdings ist es zutreffend, dass
der Anfechtungsanspruch in der Insolvenz des Anfechtungsgegners ein Aussonderungsrecht gewährt (BGHZ 156, 350, 358 ff; BGH, Urt. v. 9. Oktober 2008
aaO S. 2226 Rn. 15).
43
Dies hat der Senat mit der durch das Insolvenzanfechtungsrecht bewirkten Änderung der Vermögenszuordnung begründet. Gegenstände, die aufgrund
einer in den §§ 129 ff InsO genannten Rechtshandlung aus dem Vermögen des
- 16 -
Schuldners ausgeschieden sind, müssen auf die Anfechtung des Verwalters hin
der den Gläubigern haftenden Masse wieder zugeführt werden. Sie werden
damit als ein dem Zugriff der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehendes
Objekt der Vermögensmasse des insolventen Schuldners behandelt (BGH je
aaO).
44
Voraussetzung eines Aussonderungsrechts ist jedoch, wie in dem entschiedenen Fall BGHZ 156, 350 ff, ein aussonderungsfähiger Gegenstand. Dieser muss unterscheidbar in der Masse vorhanden oder - wie in jenem Fall - hinterlegt sein. Vorliegend ist der Gegenstand der Anfechtung nicht unterscheidbar
in der Masse vorhanden. Der Gegeneinwand der Anfechtbarkeit führt noch nicht
einmal zu einem schuldrechtlichen Rückgewähranspruch (vgl. dazu BGH, Urt.
v. 21. September 2006 - IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 f); vielmehr wird damit
lediglich der Eigenkapitalersatzeinwand ausgeräumt. Ist dies geschehen, bleibt
der geltend gemachte schuldrechtliche Anspruch bestehen, der in der Insolvenz
des Schuldners zur Insolvenzforderung wird. Eine solche macht der Kläger zutreffend geltend.
III.
45
Der Rechtsstreit ist nur hinsichtlich der Forderungen des Klägers aus
Dienstvertrag und Miete zur Endentscheidung reif. Im Übrigen ist die Sache an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1, 3 ZPO.
- 17 -
46
1. Hinsichtlich der Darlehensforderung haben die
KG und die
GmbH am 27. April 2000 über einen Teilbetrag von 1,5 Mio. DM eine Vereinbarung geschlossen, wonach die
KG gegenüber der
GmbH einen Rang-
rücktritt mit bedingtem Verzicht erklärt hat, den die GmbH angenommen
hat. Die Forderung der
KG gegen die
GmbH sollte im Rang zuguns-
ten aller gegenwärtiger und künftiger Gläubiger der
GmbH zurücktreten.
Tilgungen, Zinsen und Kosten auf die Forderung sollten lediglich aus einem
künftigen Bilanzgewinn oder Liquidationsüberschuss geleistet werden. Die Forderung sollte erlassen sein für den Fall, dass das Insolvenzverfahren über das
Vermögen der GmbH eröffnet wird.
47
Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob sich daraus ein Rangrücktritt oder Erlass hinsichtlich der vom Kläger zur Insolvenztabelle angemeldeten
Forderungen ergibt, und hat die von den Parteien problematisierte Wirksamkeit
und Anfechtbarkeit der Vereinbarung dahingestellt sein lassen. Diese Beurteilung wird nunmehr nachzuholen sein.
48
a) Ist die Vereinbarung wirksam und nicht erfolgreich angefochten, ist die
Klage im Umfang von 1,5 Mio. DM (766.937,82 €) nach den bisherigen Feststellungen unbegründet. Im Falle eines vereinbarten Nachranges ergibt sich dies
aus § 39 Abs. 2, § 174 Abs. 3 InsO. Im Falle des wirksamen Erlasses ist die
Forderung insoweit gemäß § 397 Abs. 1, § 158 Abs. 1 BGB erloschen.
49
Gleichzeitig fehlte es hinsichtlich der Anfechtung des Stehenlassens, das
den Eigenkapitalersatzeinwand begründet, an der objektiven Gläubigerbenachteiligung, weil die Darlehensforderung in der Höhe des Rangrücktritts oder des
Erlasses ohnehin in der Insolvenz der
GmbH nicht mehr als Insolvenzforde-
rung hätte geltend gemacht werden können.
- 18 -
50
Allerdings ist die Auswirkung des Rangrücktritts oder des Verzichts auf
die Darlehensforderung insoweit ungeklärt, als der Kläger in der Berufung aus
einer zuvor geltend gemachten Gesamtsumme von 3.447.399,91 € nur noch
einen Teilbetrag von 3.303.459,20 € weiterverfolgt hat (vgl. BU 6). Weder aus
dem Berufungsurteil noch aus der Berufungsbegründung des Klägers ist zu
entnehmen, um welchen Teilbetrag es sich hierbei handelt. Um Unklarheiten im
Hinblick auf die Rechtskraft zu vermeiden, wird der Kläger klarzustellen haben,
auf welchen Teil der Forderung sich der Teilbetrag bezieht (vgl. Zöller/
Vollkommer, ZPO 27. Aufl. vor § 322 Rn. 46 ff). Sodann ist zu klären, ob sich
der vereinbarte Rangrücktritt und Verzicht womöglich auf den in der Berufung
nicht mehr weiterverfolgten Teil der Darlehensforderung bezogen hat und sich
deshalb nur mehr in Höhe des Differenzbetrages auf den noch weiterverfolgten
Teil der Darlehensforderung auswirkt.
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b) Sind der Rangrücktritt und der Verzicht nicht wirksam vereinbart oder
sind sie erfolgreich angefochten, greift die Anfechtung des Stehenlassens nach
den bisherigen Feststellungen in vollem Umfang auch hinsichtlich des Darlehensanspruchs in dem noch geltend gemachten Umfang durch.
52
Auch für diesen Fall wird der Kläger jedoch klarzustellen haben, welcher
Teil der ursprünglichen Darlehensforderung mit der Berufung weiterverfolgt
worden ist, damit Unklarheiten im Hinblick auf den Umfang der Rechtskraft
vermieden werden.
53
2. Die Revision hat allerdings geltend gemacht, die Darlehensforderung
sei unabhängig von der Anfechtbarkeit des Eigenkapitalersatzeinwandes schon
nach den Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30, 31 GmbHG begründet. Dem Aus-
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zahlungsverbot des § 30 GmbHG gebühre der Vorrang vor der Durchsetzungssperre des § 32a GmbHG. Demgegenüber hat das Berufungsgericht den Regeln des Kapitalersatzrechts den Vorrang eingeräumt. Welche Ansicht zutrifft,
kann im derzeitigen Verfahrensstadium offen bleiben. Denn die tatsächlichen
Voraussetzungen eines Auszahlungsverbotes gemäß § 30 GmbHG sind vom
Kläger nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Das kann das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 8. Januar 2007
- II ZR 304/04, ZIP 2007, 322, 324 f).
54
Das Berufungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob der bestrittene
Vortrag des Klägers zu den Anspruchsvoraussetzungen der §§ 30, 31 GmbHG,
insbesondere zum Vorliegen einer Unterbilanz bei der KG im Zeitpunkt der
jeweiligen Darlehensgewährung ausreichend substantiiert ist. Entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht auf eine Unterbilanz, sondern angesichts der hier fehlenden Kapitalbeteiligung der V-GmbH an der
KG allein auf eine Überschuldung an, weil der Entzug betriebsnotwendigen Eigenkapitals in der nicht überschuldeten Kommanditgesellschaft das Stammkapital der GmbH allein noch nicht beeinträchtigt (BGHZ 76, 326, 336 f; BGH, Urt.
v. 22. Oktober 1990 - II ZR 238/89, ZIP 1990, 1593, 1596). Hierzu ist der Vortrag des Klägers unzureichend. Obwohl er als Insolvenzverwalter Einblick in die
geschäftlichen Verhältnisse der
KG hat, beschränkt er sich darauf, aus dem
bilanziellen Kapitalfehlbetrag auf eine Überschuldung zu schließen.
55
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die
Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Überschuldung bei der Gesellschaft
bzw. dem für sie tätig werdenden Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter
hat die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen. Darin sind die stillen Reserven aufzudecken und die Vermö-
- 20 -
gensgegenstände zu Veräußerungswerten anzusetzen. Nicht ausreichend ist
dagegen, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen, weil diese nach anderen Kriterien als ein Überschuldungsstatus aufzustellen ist. So sagt sie etwa nichts über
stille Reserven aus. Die Handelsbilanz kann deshalb nur indizielle Bedeutung
für die insolvenzrechtliche Überschuldung haben. Mindestens muss der Insolvenzverwalter die Ansätze der Handelsbilanz daraufhin überprüfen und erläutern, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige
daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei braucht er
nicht jede denkbare Möglichkeit auszuschließen, sondern nur nahe liegende
Anhaltspunkte - beispielsweise stille Reserven bei Grundvermögen - und die
von dem Gesellschafter insoweit aufgestellten Behauptungen zu widerlegen
(BGHZ 125, 141, 146; BGH, Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03, ZIP 2005, 807).
Auch unter Berücksichtigung der Vorlage des gegen den Gesellschafter
56
H.
S.
ergangenen Strafbefehls fehlt es an dem somit erforderlichen kon-
kreten Sachvortrag zur Überschuldung der KG.
57
Sollte der erforderliche Sachvortrag nach der Zurückverweisung in der
Berufungsinstanz in zulässiger Weise nachgeholt werden, könnte das Auszah-
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lungsverbot Bedeutung erlangen, wenn es der Wirksamkeit der Vereinbarung
vom 27. April 2000 über den Rangrücktritt und Verzicht entgegensteht. Dies
wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben.
Ganter
Gehrlein
Fischer
Vill
Grupp
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 13.01.2006 - 7 O 485/04 Ha OLG Stuttgart, Entscheidung vom 14.03.2007 - 14 U 25/06 -