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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 124/16
vom
30. Mai 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:300517BIXZR124.16.0
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Meyberg
am 30. Mai 2017
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des
28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Mai 2016
gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats
Stellung zu nehmen.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 32.044,11 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 2, Schweizer Rechtsanwälte,
die eine Anwaltskanzlei in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt
haben, aus einem Anwaltsvertrag wegen Anwaltsfehlern und die Beklagte zu 3,
eine am 17. Juni 2011 von den Beklagten zu 1 und 2 gegründete Anwaltsgesellschaft in der Form einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht, auf
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Schadensersatz in Anspruch, weil die Beklagten zu 1 und 2 alle Passiva und
Aktiva ihrer vormaligen Anwaltsgesellschaft in die neue Gesellschaft eingebracht hätten und diese deswegen nach Schweizer Recht neben den Beklagten
zu 1 und 2 für deren Anwaltsfehler hafte. Die Beklagten betreiben eine Internetseite in deutscher und englischer Sprache, die von Deutschland erreichbar ist.
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Der in Deutschland lebende Kläger ist als selbständiger Maler- und Lackiermeister in Kirchhundem tätig, seit 2002 zusammen mit seinem Vater in der
Rechtsform einer GmbH, wobei er und sein Vater jeweils 50 v.H. der Gesellschaftsanteile hielten. Seit 2007 hält der Kläger die Anteile an der Gesellschaft
alleine. Er legte aufgrund von Vermögensverwaltungsverträgen ab 2002 im eigenen Namen Gelder bei einer Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Firmensitz in der Schweiz (künftig: Unternehmen) an, die ohne Erlaubnis nach § 32
Abs. 1 KWG ihre Anlageprodukte in Deutschland vertrieb. Im Jahr 2006 kündigte der Kläger die Verträge, erhielt aber nur einen Teilbetrag der eingezahlten
Gelder zurück. Deswegen beauftragte er seine Rechtsanwälte, die neben ihm
60 bis 100 weitere Mandanten gegen dasselbe Unternehmen vertraten, mit der
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Spätestens im Sommer
2010 wurde den klägerischen Anwälten bekannt, dass über das Vermögen des
Schweizer Unternehmens ein sogenanntes Nachlassverfahren nach Schweizer
Recht anhängig war, das der Schuldensanierung dient. Deswegen fragten sie
Ende 2010 den Beklagten zu 1, ob er bereit sei, ihre Mandanten im Schweizer
Nachlassverfahren zu vertreten.
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Mit Schreiben vom 3. Januar 2011 überließ der Beklagte zu 1 den klägerischen Anwälten per Email zum Ausdrucken Auftragsformulare, Vollmachten
sowie Formulare für die sogenannten Forderungseingaben im Nachlassverfahren. Das genannte Schreiben war an die geschädigten Kunden des Unterneh-
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mens gerichtet; in ihm stellte der Beklagte zu 1 seine Anwaltskanzlei und das
Nachlassverfahren vor und erklärte die Bereitschaft, die Geschädigten im Nachlassverfahren zu vertreten. Die klägerischen Anwälte vervielfältigten die Unterlagen und leiteten sie mit einem Anschreiben an ihre Mandanten weiter, unter
anderem an den Kläger. Der Kläger gab die Unterlagen unterschrieben unter
dem Datum des 11. Januar 2011 an seine Anwälte zurück, die sie an die Beklagten zu 1 und 2 weiterleiteten. Danach hatte der Kläger die Beklagten zu 1
und 2 mit der Forderungseingabe in das Nachlassverfahren und der Vertretung
in den Gläubigerversammlungen beauftragt. Auftragsgemäß meldete der Beklagte zu 1 die klägerischen Forderungen im Nachlassverfahren an und stimmte
in der Gläubigerversammlung am 7. November 2011 auch namens des Klägers
dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zwischen dem Unternehmen
und seinen Gläubigern vorbehaltlos zu.
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Parallel zum Nachlassverfahren verklagte der Kläger einen ehemaligen
stellvertretenden Direktor und den ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsrats des Unternehmens auf Schadensersatz. Die Klage wurde abgewiesen, weil
in Deutschland kein Gerichtsstand begründet sei. Die klägerische Berufung gegen dieses Urteil wurde zurückgewiesen; zwar seien die deutschen Gerichte
international zuständig, doch sei die Klage unbegründet, weil die Schadensersatzansprüche des Klägers nach dem anzuwendenden Schweizer Recht gemäß Artikel 303 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) untergegangen seien. Nach dieser Regelung wahrt ein Gläubiger,
welcher dem Nachlassvertrag zugestimmt hat, seine Rechte gegen Mitschuldner, Bürgen und Gewährspflichtige nur, sofern er ihnen mindestens zehn Tage
vor der Gläubigerversammlung deren Ort und Zeit mitgeteilt und ihnen die Abtretung seiner Forderung gegen Zahlung angeboten hat.
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5
Nunmehr verlangt der Kläger wegen des Verlusts dieser Ansprüche von
den Beklagten Schadensersatz in Höhe von 32.044,11 €. Das Landgericht hat
durch Zwischenurteil festgestellt, dass es international zuständig ist. Die Berufung der Beklagten hiergegen ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Verwerfung der Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit erreichen.
II.
6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das angerufene Landgericht
Siegen nach Art. 16 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Fall 2 des LuganoÜbereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007
(künftig: LugÜ 2007 oder Lugano-Übereinkommen) international zuständig. Gegenstand der Klage seien Ansprüche des Klägers aus einem Vertrag, welchen
er als Verbraucher geschlossen habe. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten ihre Tätigkeit auf Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers sowohl durch ihren Internetauftritt als auch durch ihr Schreiben vom 3. Januar 2011 ausgerichtet, als sie
die Mandanten der klägerischen Rechtsanwälte, auch den Kläger, am 3. Januar
2011 werbend angeschrieben und dem Anschreiben Auftrags- und Vollmachtformulare beigefügt hätten. Auch die Beklagte zu 3 könne im Verbrauchergerichtsstand in Deutschland verklagt werden. Sie sei zwar nicht selbst Vertragspartner des Klägers geworden, habe den Vertrag jedoch durch Übernahme der
Mandate der vorher bestehenden Anwaltsgesellschaft übernommen und könne
deswegen als Rechtsnachfolgerin im Verbrauchergerichtsstand verklagt werden.
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III.
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Die statthafte Revision gegen das Zwischenurteil (§ 280 Abs. 2 Satz 1
ZPO) ist zulässig. Doch liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1
ZPO).
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1. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Frage zugelassen,
ob die Beklagten zu 1 und 2 ihre Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Klägers
ausgerichtet haben. Diese Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie der
Senat mit Urteil vom 9. Februar 2017 (IX ZR 67/16, WM 2017, 565) entschieden
hat.
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2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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a) Die Wertung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu 1 und 2 hätten
ihre anwaltliche Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet, hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand (vgl. BGH, aaO Rn. 28). Dabei kann
der Senat dahinstehen lassen, ob die Beklagten zu 1 und 2 allein durch die
Ausgestaltung der Internetseite ihre anwaltliche Tätigkeit gerade auch auf
Deutschland ausgerichtet haben. Denn jedenfalls die Gesamtschau von Internetseite und den von den Beklagten zu 1 und 2 vorgenommenen Tätigkeiten,
um den Vertragsschluss zu erreichen, ergibt das Ausrichten ihrer Tätigkeit gerade auch auf Deutschland.
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aa) Die Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 enthält allerdings allenfalls
schwache Anhaltspunkte für ein Ausrichten ihrer Anwaltstätigkeit auf Deutschland. Doch belegt der Internetauftritt, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihre Tätig-
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keit auch auf Mandanten aus dem Ausland ausgerichtet haben, ohne Verbraucher als Mandanten auszuschließen. Dabei hat der Kläger mit der Vorlage eines Ausdrucks der aktuellen Internetseite der Beklagten zu 3 das Erforderliche
getan, um den Inhalt der Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses frühestens im Januar 2011 zu beschreiben. Es hätte
nunmehr den Beklagten oblegen, diesen Vortrag gemäß § 138 Abs. 2 ZPO
substantiiert zu bestreiten (BGH, aaO Rn. 30 f).
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Auf der in deutscher und englischer Sprache abgefassten Internetseite
warben die Beklagten zu 1 und 2 damit, ihre Rechtsanwälte sprächen neben
Deutsch und Englisch Französisch, Italienisch, Spanisch und Tibetisch, wovon
nur Deutsch, Französisch und Italienisch Landessprachen sind. Weiter haben
die Beklagten zu 1 und 2 darauf hingewiesen, Personen und Unternehmen aus
der Schweiz und aus dem Ausland zu vertreten. Sie boten eine international
ausgerichtete Rechtsberatung an und warben mit internationalen Kompetenzen.
Sie verwendeten einen anderen Domänennamen oberster Stufe als den der
Schweiz; Telefonnummer und Anschrift waren mit Auslandsvorwahl und Länderkennzeichen versehen. Interessenten konnten über die Internetseite, die von
Deutschland aus zu erreichen war, Kontakt zu den Beklagten aufnehmen (vgl.
BGH, aaO Rn. 33). Dass den angebotenen Dienstleistungen in Bezug auf die
forensische Tätigkeit der internationale Charakter fehlte, hindert die nationalen
Gerichte nicht, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Indizien
dennoch ein Ausrichten der Tätigkeit auf einen anderen Staat anzunehmen.
Denn keines der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien ist für
sich alleine für die Annahme des Merkmals des Ausrichtens erforderlich oder
ausschlaggebend. Der Europäische Gerichtshof misst dem Indiz des internationalen Charakters der Tätigkeit zudem nur eine begrenzte Wirkung zu (BGH,
aaO Rn. 34 f mwN).
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bb) Das Berufungsgericht durfte in dem Schreiben der Beklagten zu 1
und 2 vom 3. Januar 2011 ein Werbeschreiben sehen, durch das ein Ausrichten
begründet wird (vgl. BGH, aaO Rn. 25). Die Beklagten zu 1 und 2 haben mit
ihrem Schreiben nicht nur einem die Bedingungen eines Anwaltsmandats erfragenden Interessenten geantwortet, sondern ihnen weder namentlich noch in der
Zahl bekannte Mandanten der klägerischen Anwaltskanzlei beworben, um sie
zu einem Vertragsschluss zu veranlassen. Weiter haben sie ihnen entweder ein
ausdrückliches Angebot oder aber eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots gemacht. Dadurch haben sie ihren Willen zum Ausdruck gebracht, in
Deutschland ansässige Mandanten zum Abschluss eines Anwaltsvertrages zu
motivieren (vgl. BGH, aaO Rn. 39 ff). Einen faktisch bereits ausgehandelten
Anwaltsvertrag hat es ausweislich des Anschreibens vom 3. Januar 2011 nicht
gegeben (BGH, aaO Rn. 40). Der Verbrauchergerichtsstand kann auch nicht
deswegen verneint werden, weil der Kläger den Anwaltsvertrag mit den Beklagten zu 1 und 2 letztlich aufgrund einer dahin gehenden Beratung und Empfehlung durch seine deutschen Anwälte geschlossen hat. Gegen das Merkmal des
Ausrichtens spricht jedenfalls nicht die fehlende (oder über den Zurechnungszusammenhang zu modifizierende) Kausalität oder Motivation durch die absatzfördernde Tätigkeit des Unternehmers, weil diese nicht erforderlich ist. Für das
Merkmal des Verbrauchers kommt es darüber hinaus auf eine tatsächlich vorhandene Schutzbedürftigkeit nicht an, solange der Vertragspartner eines gutgläubigen Unternehmers nicht den Eindruck erweckt, er handele zu beruflichen
oder gewerblichen Zwecken (vgl. BGH, aaO Rn. 47). Zudem sind vorliegend
den Beklagten zu 1 und 2 die absatzfördernden Handlungen der klägerischen
Anwälte zuzurechnen. Die im Streitfall festgestellten Umstände sprechen für ein
gemeinsames Vermarktungskonzept von klägerischen Anwälten und Beklagten.
Deswegen ist die Empfehlung durch die klägerischen Anwälte, die Beklagten
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zu 1 und 2 zu beauftragen, diesen als Unternehmer zuzurechnen, weil sie mit
deren Wissen und Wollen als Teil des Konzeptes erfolgt ist (vgl. BGH, aaO
Rn. 48 ff).
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b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiter festgestellt, dass
der Kläger Verbraucher im Sinne von Art. 15 LugÜ 2007 ist.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Verbraucher natürliche Personen, die zu einem privaten Zweck einen Vertrag
schließen, der nicht einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet
werden kann. Der Begriff des Verbrauchers ist eng auszulegen und nach der
Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit
dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser
Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter
Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Es fallen nur Verträge unter diese Sonderregelung, die eine
Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder
Zielsetzung und unabhängig von einer solchen schließt. Die Beweislast für die
Verbrauchereigenschaft trägt derjenige, der sich darauf beruft (BGH, aaO Rn.
13).
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bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger
den Anwaltsvertrag allein zu nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zwecken
mit den Beklagten zu 1 und 2 geschlossen hat, weil er die dem Anwaltsvertrag
zugrundeliegenden Kapitalanlagevertrag zu einem allein nichtberuflichen und
nichtgewerblichen Zweck geschlossen hat. Es hat darauf verwiesen, dass der
Kläger sowohl den Anwaltsvertrag als auch die Vermögensverwaltungsverträge
im eigenen Namen ohne Bezug auf sein in der Rechtsform einer GmbH betrie-
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benes Malergeschäft als Privatperson geschlossen hat und nicht als Vertreter
seines Unternehmens. Dem Vertragsschluss mit dem Schweizer Unternehmen
war eine Anlageberatung vorausgegangen, in der nach der privaten Lebenssituation des Klägers und seinen Anlagezielen gefragt worden ist. Das Unternehmen beglückwünschte den Kläger nach Vertragsschluss dazu, einen wichtigen Schritt für seine "private Vermögensbildung" getan zu haben. Daraus hat
das Berufungsgericht geschlossen, dass dieser Vertrag dazu diente, privates
Vermögen des Klägers anzulegen und zu verwalten. Anhaltspunkte dafür, dass
das nach dem Willen der Anleger über Jahrzehnte hinweg einzuzahlende Kapital letztlich wieder dem Betriebsvermögen hätte zugeführt werden sollen, lägen
nicht vor und seien auch nicht plausibel. Das gelte auch, wenn die Behauptung
der Beklagten zutreffe, der Kläger habe die Mittel für die Geldanlagen in der
Schweiz aus den (unversteuerten) Einnahmen des Malerbetriebes gezahlt.
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Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nichts
zu erinnern. Die grundsätzlich dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung
kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der
Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den
Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, aaO Rn. 15). Solche Fehler weist die Revision nicht nach.
Sie rügt insoweit lediglich, das Berufungsgericht habe gehörswidrig den Vortrag
der Beklagten übergangen, der Kläger sei deswegen als Unternehmer anzusehen, weil er die Erlöse aus der unternehmerischen Tätigkeit seiner Gesellschaft
bei dem Schweizer Unternehmen angelegt habe, die er als Bargeld am deutschen Fiskus vorbei in die Schweiz geschafft habe. Das angelegte Geld entstamme deswegen nicht seinem Privatvermögen und sei auch nicht aus dem
Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt worden. Der Kläger hätte
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substantiiert vortragen und nachweisen müssen, dass er die angelegten Gelder
in sein Privatvermögen überführt und dann aus seinem Privatvermögen in die
Schweiz transferiert habe. Deswegen entbehre die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe als Verbraucher gehandelt, jeder tragfähigen Grundlage.
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Der behauptete Gehörsverstoß liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat
den Vortrag der Beklagten berücksichtigt, es kam auf diesen Vortrag nach der
Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch nicht an. Diese Ansicht des Berufungsgerichts ist auch richtig, weil der Vortrag unerheblich ist. Auch wenn der
Kläger das Geld für die Kapitalanlagen aus dem (unversteuerten) Betriebsvermögen der Gesellschaft entnommen haben sollte, um dieses selbst am deutschen Fiskus vorbei in eigenem Namen in der Schweiz anzulegen, verfolgte der
seinem Wortlaut und Inhalt nach auf eine solche private Vermögensanlage
ausgerichtete Anlagevertrag keine beruflichen oder gewerblichen Zwecke. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die (möglicherweise strafrechtlich relevante) Herkunft des Geldes für die Zweckbestimmung unerheblich. Denn anderenfalls würde der Verbrauchergerichtsstand eine internationale Zuständigkeit selten begründen können, weil ein Verbraucher die Geldmittel für seine privaten
Geschäfte regelmäßig mit beruflichen Einnahmen erwirtschaftet (BGH, aaO
Rn. 17).
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Soweit die Beklagten unter Hinweis auf § 286 ZPO rügen, dass das Berufungsgericht nicht ohne Nachweis den Angaben des informatorisch angehörten Klägers habe glauben dürfen, das Geld für die Kapitalanlagen in der
Schweiz stamme von seiner Ehefrau und aus der Veräußerung mehrerer amerikanischer Motorräder, beruht das Urteil hierauf nicht. Denn das Berufungsgericht hat alternativ den Vortrag der Beklagten zur Herkunft des Geldes unter-
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stellt und ist zu dem - zutreffenden - Ergebnis gelangt, auf die Herkunft des
Geldes komme es aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung des Anwaltsvertrages und der Vermögensanlageverträge rechtlich nicht an. Soweit die Revision geltend macht, die fehlende Verbrauchereigenschaft des Klägers ergebe
sich daraus, dass er im Vorprozess gebeten habe, die Gerichtskostenrechnung
aus steuerlichen Gründen auf seinen Namen und seine Anschrift auszustellen,
liegt der behauptete Verfahrensverstoß nicht vor. Denn auch in dem Vorprozess
hat der Kläger unter eigenem Namen und nicht im Namen seiner GmbH geklagt.
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Die Geschäfte des Klägers im Zusammenhang mit der Verwaltung eigenen Privatvermögens lassen ihn nicht zum Unternehmer werden. Insbesondere
steht das Vorliegen eines Gewinninteresses der Einordnung seiner Person als
Verbraucher nicht entgegen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Anlage einer Privatperson einen solchen Umfang annimmt, dass sie eine kaufmännische Organisation erforderlich macht, kann dahin stehen, weil dies auf den Kläger nicht
zutrifft (vgl. BGH, aaO Rn. 18).
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Die Beklagten zu 1 und 2 können sich auch nicht darauf berufen, dass
der Kläger durch sein Verhalten gegenüber seinen künftigen Vertragspartnern
bei diesen den Eindruck erweckt habe, er handele zu beruflich-gewerblichen
Zwecken, und diese den nichtberuflich-gewerblichen Zweck des Geschäftes
deswegen nicht hätten erkennen müssen. Der Kläger ist ihnen gegenüber nie
unter einer Berufsbezeichnung, sondern als Privatperson aufgetreten. Ebenso
wenig ergab sich aus dem Anlagevertrag, der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit war, ein Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit des Klägers. Die Beklagten
zu 1 und 2 haben die Forderungen des Klägers aus den Anlageverträgen im
Nachlassverfahren nicht unter der Firma des klägerischen Unternehmens an-
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gemeldet. Sie hatten deswegen keine Anhaltspunkte, die sie hätten berechtigen
können, von einem beruflichen Zweck des Anwalts- und des Anlagevertrages
auszugehen (vgl. BGH, aaO Rn. 19).
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c) Der
Verbrauchergerichtsstand
nach
Art. 15
Abs. 1
Buchst. c
LugÜ 2007 ist auch im Verhältnis zu der Beklagten zu 3 gegeben, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat. Allerdings wurde die Beklagte zu 3
erst nach Abschluss des Anwaltsvertrages gegründet, sie wurde daher nicht
originär Vertragspartnerin des Klägers im Sinne der genannten Regelung. Doch
hat der Kläger unter Verweis auf den Handelsregisterauszug vom 4. November
2014 vorgetragen, die Beklagte zu 3 habe bei der Gründung das Geschäft der
nicht im Handelsregister eingetragenen einfachen Gesellschaft T.
Rechtsanwälte, übernommen, und zwar mit allen Aktiven und Passiven.
Nach dem Vortrag des Klägers hat dies nach Schweizer Recht zur Folge, dass
die Beklagte zu 3 dem Kläger neben den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldnerin hafte. Dann aber bleibt es bei dem Verbrauchergerichtsstand auch
gegenüber der Beklagten zu 3. Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers ist es unerheblich, ob dieser den Vertragspartner oder einen Rechtsnachfolger des Vertragspartners des Verbrauchervertrages nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c/Art. 17 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO aF/nF,
Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ 2007 verklagt. In beiden Fällen ist der Verbrauchergerichtsstand gegeben (BGH, aaO Rn. 52 f).
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Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach dem LuganoÜbereinkommen ist es nicht erforderlich, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für
die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten
Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen. Das angerufene Gericht prüft im Stadium der Prüfung der internationalen
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Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage nach
den Vorschriften des nationalen Rechts, sondern ermittelt nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands, die seine Zuständigkeit nach
dieser Bestimmung rechtfertigen. Daher darf das nationale Gericht, soweit es
nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach der genannten Bestimmung geht,
die einschlägigen Behauptungen des Klägers zu den die internationale Zuständigkeit begründenden Merkmalen als erwiesen ansehen (BGH, aaO Rn. 54).
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3. Hat mithin die Revision keine Aussicht auf Erfolg, steht die grundsätzliche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen erst nach Einlegung der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision einer Revisionszurückweisung
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durch Beschluss nach § 552a ZPO nicht entgegen (BGH, Beschluss vom
15. Februar 2017- IV ZR 373/13, nv Rn. 13; Zöller/Heßler ZPO, 31. Aufl.,
§ 552a Rn. 3).
Kayser
Lohmann
Möhring
Pape
Meyberg
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
worden.
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 22.05.2015 - 2 O 224/14 OLG Hamm, Entscheidung vom 31.05.2016 - I-28 U 99/15 -