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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 63/17
vom
5. Juli 2018
in dem Insolvenzverfahren
ECLI:DE:BGH:2018:050718BIXZB63.17.0
- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, Dr. Schoppmeyer und
Meyberg
am 5. Juli 2018
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom
8. September 2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf
16.755,10 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der weitere Beteiligte wurde mit Beschluss vom 9. Mai 2016 zum vorläufigen Verwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt, über das am
12. Dezember 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Seine Vergütung
als vorläufiger Insolvenzverwalter hat das Insolvenzgericht auf 17.148,19 €
festgesetzt. Es ist hierbei von einer Masse von 53.126,49 € ausgegangen und
hat eine Erhöhung der Regelvergütung von 25 vom Hundert auf insgesamt
80 vom Hundert für gerechtfertigt erachtet. Auf seine hiergegen gerichtete Beschwerde, mit der er beantragt hat, die Vergütung entsprechend seinem Vergü-
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tungsantrag auf 34.883,18 € festzusetzen, hat das Beschwerdegericht durch
den Einzelrichter die Vergütung des weiteren Beteiligten auf 18.128,08 € festgesetzt und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Mit seiner vom
Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen Vergütungsantrag weiter.
II.
2
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und
auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache
an das Beschwerdegericht.
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Entscheidet der originäre Einzelrichter - wie hier - in einer Sache, der er
rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über die Beschwerde und lässt er die
Rechtsbeschwerde zu, so ist die Zulassung wirksam. Auf die Rechtsbeschwerde unterliegt die Entscheidung jedoch wegen der fehlerhaften Besetzung des
Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen, weil der Einzelrichter
über die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung
(§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht selbst entscheiden durfte, sondern das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer
hätte übertragen müssen. Dem originären Einzelrichter nach § 568 ZPO ist die
Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2012 - I ZB 65/11, NJW 2012, 3518 Rn. 4
mwN). Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und
verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101
Abs. 1 Satz 2 GG (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Beschluss vom
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22. September 2016 - IX ZB 82/15, InsbürO 2017, 29 Rn. 3 mwN; vom 18. Mai
2017 - IX ZB 79/16, ZInsO 2017, 1426).
III.
4
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
5
1. Die Bemessung von Zu- und Abschlägen bei der Vergütung des Insolvenzverwalters ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Ausreichend aber
auch erforderlich ist, dass der Tatrichter die möglichen Zu- und Abschlagstatbestände dem Grunde nach prüft und anschließend in einer Gesamtschau unter
Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen
Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder Gesamtabschlag bestimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - IX ZB 48/16, NZI 2017, 459
Rn. 8 mwN).
6
2. Für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gilt insofern
nichts anderes. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat wie der Insolvenzverwalter Anspruch, für seine Tätigkeit angemessen vergütet zu werden (§ 63 Abs. 1
und Abs. 3 InsO). Die Vergütung ist grundsätzlich in der Weise zu berechnen,
dass besondere Umstände, welche die Tätigkeit erleichtern oder erschweren,
unmittelbar den für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgeblichen Bruchteil
verringern oder erhöhen (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2003 - IX ZB
50/03, NZI 2004, 251, 252; vom 28. September 2006 - IX ZB 212/03, ZInsO
2007, 439 Rn. 6). Dabei muss das Leistungsbild der entfalteten Verwaltertätigkeit - losgelöst von der Tätigkeit des späteren Verwalters - im Einzelfall gewürdigt und zum Grundsatz einer im Ganzen leistungsangemessenen Vergütung in
Beziehung gesetzt werden (MünchKomm-InsO/Stephan, 3. Aufl., § 11 InsVV
Rn. 62). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gebietet es § 11
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Abs. 3 InsVV nicht, alleine aufgrund einer längeren als durchschnittlichen Dauer
des Eröffnungsverfahrens einen Zuschlag auf den Ausgangssatz von 25 vom
Hundert der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters (§ 63 Abs. 3 Satz 2
InsO) zu gewähren. Maßgebend sind nach der Bestimmung des § 63 Abs. 1
Satz 3 InsO, die gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO auch für die Vergütung des
vorläufigen Verwalters gilt, der Umfang und die Schwierigkeit der Geschäftsführung. Ebenso wie bei der Vergütung des Insolvenzverwalters (vgl. dazu BGH,
Beschluss vom 6. Mai 2010 - IX ZB 123/09, ZInsO 2010, 1504 Rn. 7; vom
16. September 2010 - IX ZB 154/09, NZI 2010, 982 Rn. 8) kann deshalb auch
beim vorläufigen Verwalter ein Zuschlag nicht allein an den Zeitablauf angeknüpft werden. Zu bewerten ist vielmehr die während der Dauer des Eröffnungsverfahrens erbrachte Tätigkeit.
Kayser
Gehrlein
Schoppmeyer
Grupp
Meyberg
Vorinstanzen:
AG Kaiserslautern, Entscheidung vom 11.05.2017 - 1 IN 61/16 LG Kaiserslautern, Entscheidung vom 08.09.2017 - 4 T 132/17 -