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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 170/10
vom
7. April 2011
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO §§ 6, 7, 58; RPflG § 11 Abs. 2
a) Der Insolvenzverwalter kann die sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung
eines Zwangsgeldes, mit dem er zur Vornahme einer bestimmten Handlung angehalten werden soll, nicht mit Einwendungen gegen die Zulässigkeit der vom Insolvenzgericht getroffenen Aufsichtsanordnung bekämpfen.
b) Die sofortige Beschwerde gegen die Androhung eines (weiteren) Zwangsgeldes
gegen den Insolvenzverwalter ist unstatthaft.
BGH, Beschluss vom 7. April 2011 - IX ZB 170/10 - AG Dresden
LG Dresden
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill, Raebel,
Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 7. April 2011
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Dresden vom 12. Juli 2010 wird auf Kosten des
Rechtsbeschwerdeführers als unzulässig verworfen, soweit sie
sich gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes richtet.
Im Übrigen wird sie als unbegründet zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird
auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der Beschwerdeführer ist Verwalter in dem am 1. Mai 2003 eröffneten
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Am 18. August 2008
legte er eine Teilschlussrechnung vor, deren Überprüfung durch einen Sachverständigen das Insolvenzgericht am 25. August 2008 anordnete. Nachdem
der Beschwerdeführer einer Bitte des Sachverständigen, die zur Überprüfung
der Schlussrechnung erforderlichen Unterlagen zu übersenden, die etwa
500 Aktenordner umfassen, nicht nachgekommen war, ordnete das Insolvenz-
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gericht mit Beschluss vom 21. Juli 2009 die Vorlage der Unterlagen in den
Räumen des Insolvenzgerichts an. Eine gegen diesen Beschluss erhobene Erinnerung hat der Insolvenzrichter mit Beschluss vom 4. September 2009 zurückgewiesen. Auch nach Erlass dieser Entscheidung war der Beschwerdeführer nicht bereit, die zur Prüfung der Schlussrechnung notwendigen Unterlagen
dem Insolvenzgericht vorzulegen.
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Nach Androhung eines Zwangsgeldes hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 26. Oktober 2009 ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 € gegen den
Beschwerdeführer festgesetzt und ihm zugleich ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € angedroht. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist
erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter weiter das Ziel der Aufhebung des Zwangsgeldes und der Rücknahme der
Androhung eines weiteren Zwangsgeldes.
II.
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Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, soweit sie sich gegen die Zwangsgeldfestsetzung richtet. Insoweit ist sie auch zulässig, hat aber in der Sache
keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde gegen die Androhung eines weiteren
Zwangsgeldes ist demgegenüber unstatthaft, insoweit ist das Rechtsmittel als
unzulässig zu verwerfen.
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1. Das Beschwerdegericht meint, die gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes gerichtete sofortige Beschwerde sei unzulässig; § 58 Abs. 2
Satz 3 InsO eröffne nur die Beschwerde gegen die Anordnung eines Zwangsgeldes, nicht aber gegen dessen Androhung. Soweit der Beschwerdeführer die
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Zwangsgeldfestsetzung von 2.500 € angreife, sei das Rechtsmittel zwar statthaft, bleibe in der Sache aber ohne Erfolg. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens könne nicht die Frage sein, ob das Insolvenzgericht dem Beschwerdeführer die Vorlage der für die Überprüfung der Schlussrechnung erforderlichen Unterlagen zu Recht auferlegt habe. Die entsprechende Aufsichtsanordnung sei
nur mit der durchgeführten Rechtspflegererinnerung anfechtbar. Durch die Anordnung sei der Beschwerdeführer nicht in eigenen Rechten verletzt, eine Betroffenheit ergebe sich nur aus der Festsetzung des Zwangsgeldes. Die Beschränkung der Rechtsmittel in der Insolvenzordnung durch § 6 InsO könne
man nicht dadurch unterlaufen, dass inzident geprüft werde, ob die mittels
Zwangsgeld durchzusetzende Maßnahme inhaltlich rechtmäßig sei.
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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
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a) Gemäß § 6 Abs. 1 InsO unterliegen nur solche Entscheidungen des
Insolvenzgerichts einem Rechtsmittel, für die das Gesetz eine sofortige Beschwerde ausdrücklich vorsieht. Für Aufsichtsanordnungen des Insolvenzgerichts nach § 58 Abs. 1 InsO enthält das Gesetz keine Bestimmung, nach der
die sofortige Beschwerde eröffnet ist. Dem Insolvenzverwalter steht deshalb
auch kein Beschwerderecht zu (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB
53/02, ZInsO 2002, 1133, 1134; vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 235/06, ZIP
2008, 2428 Rn. 8 ff; Lüke in: Kübler/Prütting/Bork, InsO § 58 Rn. 13b; MünchKomm-InsO/Graeber, 2. Aufl. § 58 Rn. 60; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 58
Rn. 37). Aufsichtsrechtliche Anordnungen können nur - wie vorliegend auch
geschehen - durch eine Erinnerung gegen die Entscheidung des Rechtspflegers
nach § 11 Abs. 2 RpflG angefochten werden.
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b) Die Anordnung eines Zwangsgeldes gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 InsO
unterliegt gemäß § 58 Abs. 2 Satz 3 InsO der sofortigen Beschwerde. Diese
kann jedoch (entgegen MünchKomm-InsO/Graeber, aaO) nicht mit der Unzulässigkeit der vom Insolvenzgericht getroffenen Aufsichtsanordnung angegriffen
werden.
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aa) Zweck der Beschränkung der sofortigen Beschwerde auf die im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fälle ist es, den zügigen Ablauf des Insolvenzverfahrens zu gewährleisten (BT-Drucks. 12/2443 S. 110 zu § 6 RegE-InsO).
Würde man im Verfahren über die sofortige Beschwerde gegen die Zwangsgeldfestsetzung nach § 58 Abs. 2 InsO die inzidente Überprüfung der Aufsichtsanordnung des Insolvenzgerichts ermöglichen, könnte dieser Zweck nicht
mehr erreicht werden. Statt einer Beschleunigung des Verfahrens ergäbe sich
eine doppelte Überprüfungsmöglichkeit für die Aufsichtsanordnung. Sofern - wie
vorliegend - der Rechtspfleger entschieden hat, könnte die Anordnung zunächst
im Verfahren nach § 11 Abs. 2 RpflG überprüft werden. Sodann käme ungeachtet des Ausgangs des Erinnerungsverfahrens eine weitere Überprüfung im Rahmen der Anfechtung des Zwangsgeldes in Betracht. Der zum Schutz der Rechte der Gläubiger verlangte zügige und reibungslose Ablauf des Insolvenzverfahrens als Teil des Zwangsvollstreckungsrechts (BVerfGE 116, 1, 13 f, 22;
BVerfG ZInsO 2010, 34, 36) könnte nicht mehr erreicht werden.
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bb) Dieser beschränkte Prüfungsumfang folgt aus der Bestandskraft der
Aufsichtsanordnung. So findet etwa auch im Rahmen der Beschwerde gegen
die Festsetzung eines Zwangsgelds nach § 888 ZPO, dem § 58 Abs. 2 InsO
nachgebildet ist (vgl. Lüke, aaO Rn. 20), eine inhaltliche Nachprüfung der zu
vollstreckenden Entscheidung infolge ihrer materiellen Rechtskraft nicht statt.
Entsprechend besteht auch im Rahmen der Haftanordnung zur Durchsetzung
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der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 901 ZPO Einigkeit, dass
Einwendungen gegen die Forderung selbst im Beschwerdeverfahren gegen die
Anordnung nicht berücksichtigt werden können. Wendet sich der Insolvenzverwalter mit seinem Rechtsmittel gegen ein Zwangsgeld nach § 58 Abs. 2 Satz 1
InsO, kann er lediglich geltend machen, die Verletzung einer ihm vom Insolvenzgericht auferlegten Pflicht liege nicht vor, das festgesetzte Zwangsgeld sei
ihm zuvor nicht angedroht worden, der festgesetzte Betrag gehe über den im
Gesetz bestimmten Rahmen hinaus oder sei unverhältnismäßig.
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cc) Soweit der Senat sich in dem Beschluss vom 30. September 2010
(IX ZB 85/10, NZI 2010, 997) mit der Frage befasst hat, ob dem Treuhänder ein
Zwangsgeld auferlegt werden kann, weil er seiner Pflicht zur Rechnungslegung
nicht nachgekommen ist, steht dies der Entscheidung nicht entgegen. In dem
Beschluss ging es nicht um die Frage, ob das Insolvenzgericht dem Treuhänder
aufgeben kann, Rechnung zu legen. Vielmehr waren die zeitlichen Grenzen der
gerichtlichen Aufsichtsbefugnis Gegenstand der Entscheidung. Zu klären war
die Frage, ob überhaupt noch ein eröffnetes Verfahren vorlag. Ebenfalls nicht
entgegen steht der Beschluss vom 14. April 2005 (IX ZB 76/04, ZInsO 2005,
483), in dem es darum ging, ob eine Zwangsgeldfestsetzung gegen den entlassenen Insolvenzverwalter zulässig ist. Auch hier ging es nicht um die inhaltliche
Berechtigung der Anordnung, sondern um die Frage, ob der Betroffene noch
der Jurisdiktion des Insolvenzgerichts unterlag.
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dd) Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht. In dem als Eilverfahren ausgestalteten Insolvenzverfahren ist der Justizgewährungsanspruch auch dann gewahrt, wenn
eine einmalige Möglichkeit zur Einholung einer gerichtlichen Entscheidung besteht (BVerfG, ZInsO 2010, 34, 35). Ein Verfahren mit mehreren Instanzen ist
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von Verfassungs wegen nicht garantiert. Das grundsätzlich eilbedürftige Insolvenzverfahren verlangt einen zügigen und reibungslosen Ablauf, der auch eine
begrenzte Anfechtbarkeit von Entscheidungen rechtfertigt (BVerfG, aaO S. 36).
c) Gegen die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes wendet sich der
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weitere Beteiligte nicht. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich (§ 58 Abs. 2
Satz 2 InsO).
3. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Androhung eines weite-
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ren Zwangsgeldes wendet, ist sie, wie schon die sofortige Beschwerde, unstatthaft (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 23. November 2000 - 3 W 238/00,
juris
Rn. 10;
HK-InsO/Eickmann,
aaO
§ 58
Rn. 13;
HmbKomm-InsO/
Frind, 3. Aufl. § 58 Rn. 12). Ein Rechtsmittel ist insoweit in der Insolvenzordnung nicht vorgesehen (§§ 6, 7, 58 Abs. 2 InsO). Die Entscheidung des Senats
vom 14. April 2005 (aaO S. 484) steht dem nicht entgegen. Dort ging es nicht
um die isolierte Anfechtung der Androhung eines weiteren Zwangsgeldes. Vielmehr war die Frage zu beantworten, ob mehrere Zwangsgelder den gesetzlichen Höchstbetrag von 25.000 € überschreiten dürfen. Soweit der vorgenannten Entscheidung zur Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen eine
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Zwangsmittelanordnung etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran
nicht festgehalten.
Vill
Raebel
Grupp
Pape
Möhring
Vorinstanzen:
AG Dresden, Entscheidung vom 26.10.2009 - 563 IN 682/03 LG Dresden, Entscheidung vom 12.07.2010 - 5 T 1036/09 -