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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 164/04
vom
13. Juli 2006
in dem Gesamtvollstreckungsverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Gero Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Dr. Detlev
Fischer
am 13. Juli 2006
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Chemnitz vom 28. Juni 2004 wird auf Kosten
des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
603,08 Euro.
Gründe:
I.
1
Der weitere Beteiligte war Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Schuldnerin. Mit Antrag vom 5. April 2004 hat er für seine Tätigkeit
eine Vergütung von 5.602,05 € (5-facher Satz nach § 3 VergVO) zuzüglich Umsatzsteuer sowie pauschalierte Auslagen, insbesondere für Porti, Telefon und
Fahrtkosten in Höhe von 800 €, jeweils zuzüglich 16 v.H. Umsatzsteuer beantragt. Das Insolvenzgericht hat die beantragte Vergütung mit der Maßgabe zugesprochen, dass hinsichtlich der Umsatzsteuer nur der Unterschiedsbetrag
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zwischen dem ermäßigten Satz und dem allgemeinen Satz berechtigt sei (vgl.
BGH, Beschl. v. 20. November 2003 - IX ZB 469/02, WM 2004, 199). Bezüglich
der Auslagen hat es einen Betrag von 280,10 € zuzüglich Umsatzsteuer bewilligt. Die gegen die teilweise Absetzung der Auslagen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte mit seiner - zugelassenen - Rechtsbeschwerde.
II.
2
Die Rechtsbeschwerde ist nach den vom Bundesgerichtshof zum
Rechtsmittelzug im Gesamtvollstreckungsverfahren entwickelten Grundsätzen
(vgl. BGH, Beschl. v. 15. Januar 2004 - IX ZB 62/03, WM 2004, 490 f) nach
§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist
jedoch unbegründet, weil die von dem Landgericht gebilligte Pauschalierung der
Auslagen in Höhe von 5 v.H. der beantragten und zugesprochenen Vergütung
rechtlich nicht zu beanstanden ist.
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1. Soweit die Rechtsbeschwerde die Auffassung vertritt, die in § 8 Abs. 3
InsVV geregelten Vergütungsgrundsätze zur Pauschalierung der Auslagen hätten auch außerhalb des Anwendungsbereichs der InsVV Gültigkeit und müssten für Auslagenansprüche des Gesamtvollstreckungsverwalters entsprechend
herangezogen werden, ist dem nicht zu folgen. Auf eine entsprechende Übergangsregelung kann sich der weitere Beteiligte nicht stützen. Die Rechtsbeschwerde kann auch keine gerichtliche Entscheidung oder Literaturstimme anführen, die diesen Standpunkt einnimmt.
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4
Die Verfassung gebietet eine vorgezogene Anwendung des § 8 Abs. 3
InsVV ebenfalls nicht. Die von § 6 Abs. 4 VergVO postulierte Darlegungs- und
Belegpflicht betrifft nicht den Vergütungsanspruch, sondern den Ersatz von
Auslagen, soweit diese nicht ohnehin schon als allgemeine Geschäftskosten
durch die Vergütung mit abgegolten sind (§ 5 VergVO). Wer auf Kosten eines
anderen - hier der Gläubigergesamtheit - den Ersatz besonderer Kosten für sich
beansprucht, dem ist es mangels einer abweichenden Regelung schon nach
allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzumuten, diese abzurechnen. Dies steht mit
Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang.
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2. In der Literatur zu §§ 5, 6 VergVO wird allerdings die Auffassung vertreten, dass im Einzelfall aus Gründen der Vereinfachung eine - begrenzte Pauschalierung der Auslagenansprüche Platz greifen kann (vgl. Eickmann,
VergVO 2. Aufl. § 5 Rn. 5; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren 1. Aufl. § 5 Rn. 10; a.A. Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze
17. Aufl. § 85 KO Anm. 1g; Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 85 Rn. 10). Eine Pauschalierung in diesem Rahmen wird insbesondere befürwortet, wenn Einzelnachweise nur schwer oder besonders aufwendig beschafft werden können und
innerhalb der einzelnen Auslagengruppen (Porti, Telefon) ein pauschaler Erfahrungssatz anzuerkennen ist (ebenso: LG Mönchengladbach ZIP 1986, 1588,
1590; a.A. LG Nürnberg-Fürth KTS 1985, 491). An diesen Grundsätzen haben
sich die Vorinstanzen ausgerichtet, indem sie dem weiteren Beteiligten einen
pauschalen Auslagensatz in Höhe von 5. v.H. der festgesetzten Vergütung
auch ohne die von § 6 Abs. 4 Satz 1 VergVO geforderte belegte Einzelaufstellung zugebilligt haben. Darin liegt jedenfalls kein Rechtsfehler zum Nachteil des
weiteren Beteiligten.
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Der weitergehende Vorschlag, nach der Neuordnung der Auslagenerstat-
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tung in § 4 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 InsVV seien Pauschalierungen bis zu einem
Vomhundertsatz von 15, jedenfalls aber von 10 der gesetzlichen Vergütung
"unbedenklich" (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren 2. Aufl. § 5 VergVO Rn. 9), ist abzulehnen. Der in Anlehnung an die Regelung in § 8 InsVV deutlich angehobene Pauschalbetrag von 10 v.H. geht über
Abwicklungserleichterungen hinaus und eröffnet dem Verwalter faktisch das
Wahlrecht gemäß § 8 Abs. 3 InsVV, welches die Vergütungsverordnung nicht
kennt.
Dr. Gero Fischer
Dr. Ganter
Dr. Kayser
Raebel
Dr. Detlev Fischer
Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 15.04.2004 - N 1553/98 LG Chemnitz, Entscheidung vom 28.06.2004 - 3 T 1679/04 -