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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZA 28/15
vom
4. Februar 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO § 129 Abs. 1; BGB § 925 Abs. 1, § 873 Abs. 1
Überträgt der Schuldner ein von ihm durch einen notariell beurkundeten Vertrag mit
Hilfe von Treuhandmitteln gekauftes Grundstück ohne Zwischenauflassung kraft einer ihm von dem Veräußerer eingeräumten Auflassungsvollmacht auf einen Dritten,
liegt eine Gläubigerbenachteiligung nicht vor.
BGH, Beschluss vom 4. Februar 2016 - IX ZA 28/15 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
ECLI:DE:BGH:2016:040216BIXZA28.15.0
- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Schoppmeyer
am 4. Februar 2016
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
zur Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen das
Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 23. September 2015 wird abgelehnt.
Gründe:
I.
1
Der Kläger ist Verwalter in dem über das Vermögen der U.
S.
(nachfolgend: Schuldnerin), der Mutter der Beklagten, am 4. Oktober 2012 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Großvater der Beklagten stellte der Schuldnerin auf einem Notaranderkonto einen Betrag von 305.000 € zur Verfügung, um für die Beklagten
ein Grundstück zu erwerben. Zu diesem Zweck schloss die Schuldnerin als
Käuferin mit Dr. G.
als Verkäufer einen Grundstückskaufvertrag über einen
Preis von 283.000 €. Eine Auflassung des Grundstücks an die Schuldnerin fand
nicht statt. Aufgrund einer ihr von Dr. G.
unter Ausschluss von § 181 BGB
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erteilten Auflassungsvollmacht übertrug die Schuldnerin das Eigentum an dem
Grundstück je zur Hälfte auf die Beklagten.
3
Der Kläger nimmt die Beklagten gemäß § 134 InsO insbesondere auf
Rückauflassung des Grundstücks in Anspruch. Nach Abweisung der Klage in
den Vorinstanzen beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur
Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
4
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil
die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Streitfall fehlt es an einer für jede Insolvenzanfechtung erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1
InsO).
5
1. Überträgt der Schuldner als Leistungsmittler einen ihm zu diesem
Zweck zugewendeten, in sein Vermögen übergegangenen und somit für seine
Gläubiger pfändbaren Gegenstand an einen Dritten (Leistungsempfänger), so
erbringt er eine Leistung aus seinem haftenden Vermögen und benachteiligt
dadurch die Gläubigergesamtheit. Dass er auf Anweisung dessen handelt, der
dem Schuldner den Gegenstand zuvor zugewendet hat, und der Anweisende
den Zweck verfolgt, eine Zuwendung an den Leistungsempfänger zu erbringen,
ist insoweit unerheblich (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04,
BGHZ 174, 228 Rn. 19).
- 4 -
6
2. Im Streitfall hat die Schuldnerin keinen in ihr Vermögen übergegangenen Gegenstand auf die Beklagten übertragen.
7
a) Die Schuldnerin hat den Beklagten nicht ihr Eigentum an dem Grundstück zugewandt. Eine Auflassung des Grundstücks von dem Voreigentümer
Dr. G.
an die Schuldnerin fand nicht statt. Vielmehr hat Dr. G.
, der auf-
grund einer von ihm erteilten Vollmacht durch die Schuldnerin vertreten wurde,
das Grundstück unmittelbar an die Beklagten aufgelassen. Bei dieser Sachlage
gehörte das Grundstück niemals zum Vermögen der Schuldnerin. Soweit die
Schuldnerin einen ihr möglichen Vermögenserwerb nicht wahrgenommen hat,
liegt darin keine Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urteil vom 2. April 2009
- IX ZR 236/07, WM 2009, 1042 Rn. 15).
8
b) Auch ein ihr an dem Grundstück zustehendes Anwartschaftsrecht hat
die Schuldnerin nicht den Beklagten übertragen. Ein Anwartschaftsrecht an
dem Grundstück hatte die Schuldnerin schon nicht erworben. Dieses setzte
zumindest einen fortbestehenden Erfüllungsanspruch sowie eine bindende Auflassung und entweder einen beim Grundbuchamt eingegangenen Eigentumsumschreibungsantrag der Schuldnerin oder die Eintragung einer Auflassungsvormerkung voraus (BGH, Urteil vom 30. April 1982 - V ZR 104/81, BGHZ
83, 395, 399; Beschluss vom 15. November 2012 - IX ZB 88/09, BGHZ 195,
322 Rn. 42; MünchKomm-BGB/Kanzleiter, 6. Aufl., § 925 Rn. 36 f; Bamberger/
Roth/Grün, BGB, 3. Aufl., § 925 Rn. 41 ff; Huhn in Prütting/Wegen/Weinreich,
BGB, 10. Aufl., § 925 Rn. 13). Eine Auflassung zugunsten der Schuldnerin war
indessen nicht erklärt worden. Davon abgesehen bildete ein Anwartschaftsrecht
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der Schuldnerin, die ausschließlich als Vertreterin von Dr. G.
fungierte, nicht
den Gegenstand der Auflassung an die Beklagten.
Kayser
Gehrlein
Lohmann
Vill
Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 08.05.2014 - 4 O 191/13 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 23.09.2015 - 7 U 128/14 -