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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 361/12
Verkündet am:
28. Mai 2014
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
AltZertG § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 5 in der bis zum 30. Juni 2013 geltenden Fassung; VVG § 154
1. Die Pflicht, gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 AltZertG in der bis zum 30. Juni 2013 geltenden Fassung (AltZertG a.F.) Vertragskosten jeweils in Euro gesondert auszuweisen, entfällt bei objektiver Unmöglichkeit der Angabe fester Euro-Beträge - hier: infolge prozentualer Berechnung der Kosten einer nach dem AltZertG a.F. zertifizierten Rentenversicherung - nicht ersatzlos. Der Anbieter ist in diesem Fall vielmehr
gehalten, seine Kostenberechnung anhand von Rechenbeispielen zu erläutern.
2. Ein vertraglich garantierter Rechnungszinssatz ist auch dann eine "bestimmte Verzinsung" i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 AltZertG a.F., wenn dem Vertragspartner eine Beteiligung an Überschüssen und Bewertungsreserven zugesagt
wird.
3. § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 AltZertG a.F. untersagt die zusätzliche Aufnahme einer
an den Vorgaben des § 154 VVG ausgerichteten Modellrechnung in ein Produktinformationsblatt nicht.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 - IV ZR 361/12 - OLG Köln
LG Köln
-2-
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2014
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. November
2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das
Urteil des Landgerichts Köln vom 21. Juni 2012 hinsichtlich des Klageantrags zu I 1 abgeändert und dieser Klageantrag teilweise abgewiesen worden ist.
Die
weitergehende
Revision
des
Klägers
und
die
Rechtsmittel der Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zwei
Drittel, die Beklagte ein Drittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger, ein in der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4
UKlaG geführter Verbraucherverband, nimmt die Beklagte aus § 2
UKlaG, §§ 4 Nr. 11, 8 UWG in Verbindung mit den Vorschriften des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenver-
-3-
trägen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz - AltZertG) in dessen bis zum 30. Juni 2013 geltender Fassung (nachfolgend: AltZertG
a.F.) auf Unterlassung und Zahlung einer Abmahnpauschale in Anspruch. Gegenstand der drei Unterlassungsanträge sind Informationen
im Produktinformationsblatt (Stand: 12. April 2011) zu einer nach dem
AltZertG a.F. zertifizierten Rentenversicherung der Beklagten (Zertifizi erungsnummer: 3749), das diese Verbrauchern zur Verfügung stellt. Eine
vorprozessuale Abmahnung blieb erfolglos.
2
Die Beklagte ermittelt die Vertragskosten durch eine prozentuale
Kostenkalkulation; die Höhe der einzustellenden Bezugsgrößen verä ndert sich dabei fortlaufend.
3
Im Produktinformationsblatt heißt es dazu:
"Die anfallenden laufenden Kosten betragen vor Rentenbeginn:
-
-
bis zum frühesten Rentenbeginn:
-
-
0,0130% der Summe der bis zum jeweiligen Monat
gezahlten Eigenbeiträge pro Monat
ab dem frühesten Rentenbeginn 0,96 EUR pro Jahr
(dies entspricht 0,08 EUR pro Monat) sowie 0,0130%
der Summe der bis zum jeweiligen Monat gezahlten
Eigenbeiträge pro Monat.
Werden auf Ihren Vertrag Zulagen gutgeschrieben oder
Zuzahlungen geleistet, so fallen zusätzlich f olgende Kosten an:
-
bis zum frühesten Rentenbeginn:
-4-
-
-
pro Zulage oder Zuzahlung 16,00% der Zulage
oder Zuzahlung. …
-
0,0130% der Summe der bis zum jeweiligen Monat gezahlten Zulagen und Zuzahlungen pro Monat
ab dem frühesten Rentenbeginn pro Zulage oder Zuzahlung 0,1500% der Zulage oder Zuzahlung sowie
0,0130% der Summe der bis zum jeweiligen Monat gezahlten Zulagen und Zuzahlungen pro Monat.
Ab Rentenbeginn betragen die laufenden Kosten 2,90%
des Jahresbetrages der Altersrente pro Jahr. …"
4
Mit seinem Klageantrag zu I 1 beanstandet der Kläger die prozentualen Kostenangaben, die nach seiner Auffassung nicht mit § 7 Abs. 5
Satz 1 AltZertG a.F. in Einklang stehen.
5
Sein Klageantrag zu I 2 wendet sich gegen die auf Seite 4 des
Produktinformationsblatts
abgedruckte
tabellarische
Darstellung
der
Entwicklung des Vertragsguthabens. Die Guthabenwerte sind sämtlich
unter Zugrundelegung allein des vertraglich garantierten Rechnungszinssatzes von 2,25% berechnet. Der Kläger meint, die Beklagte müsse
stattdessen mit den von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 AltZertG a.F. vorgegebenen Zinssätzen von 2%, 4% und 6% rechnen.
6
Schließlich (Klageantrag zu I 3) ist der Kläger der Ansicht, die zusätzliche Aufnahme einer an den Vorgaben des § 154 Abs. 1 VVG ausgerichteten, als "normierte Modellrechnung" bezeichneten Tabelle, der
die Beklagte alternativ fiktive Verzinsungen von 2,76%, 3,76% und
4,76% zugrunde gelegt hat, sei nach § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
AltZertG a.F. unzulässig.
-5-
7
Die Beklagte meint, ihr Produktinformationsblatt entspreche den
gesetzlichen Vorgaben.
8
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die B eklagte zur Unterlassung der vorgenannten prozentualen Kostenangaben
sowie Zahlung der Abmahnkostenpauschale nebst Zinsen verurteilt. Das
Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf
die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil unter Zurückwe isung des weitergehenden Rechtsmittels dahin teilweise abgeändert,
dass es die Klage hinsichtlich der prozentualen Kostenangaben betreffend Zulagen und Zuzahlungen sowie den Zeitraum ab Rentenbeginn
ebenfalls abgewiesen hat. Mit den hiergegen eingelegten Revisionen
verfolgen beide Parteien ihre jeweiligen Ziele weiter.
9
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte erklärt, künftig keine zusätzliche Nachberechnung nach § 154 VVG in ihr
Produktinformationsblatt aufzunehmen.
Entscheidungsgründe:
10
Die Revision des Klägers ist nur begründet, soweit sie sich gegen
die teilweise Abweisung des Klageantrags zu I 1 wendet. Sie führt zur
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, im Übrigen bleibt sie erfolglos. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
11
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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12
Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 AltZertG a.F. sei die Beklagte grundsätzlich gehalten, Vertragskosten in Euro auszuweisen (Klageantrag zu I 1).
Bei objektiver Unmöglichkeit eines solchen Ausweises, die hier wegen
der nach dem Gesetz zulässigen prozentualen Kostenkalkulation der Beklagten gegeben sei, genüge jedoch eine Mitteilung der Berechnungsmethode dem gesetzgeberischen Informationsanliegen. Der Versicherer h abe dem Versicherten mithin die Berechnung unter Angabe von EuroBeträgen beispielhaft zu erläutern. Möglich und geboten sei dies aber
nur, wenn sowohl Prozentsätze als auch Bezugsgrößen zum Zeitpunkt
der Informationserteilung bereits feststünden. Dies treffe hier nur zu, soweit sich die Kostenberechnung auf Eigenbeiträge des Versicherten stü tze; nur diesbezüglich könne der Kläger Unterlassung der prozentualen
Kostenangaben verlangen. Die Bezugsgrößen der an Zulagen und Zuzahlungen anknüpfenden Kosten sowie der Kosten ab Rentenbeginn se ien hingegen variabel, weshalb Beispielsrechnungen keinen Sinn ergäben
und sich die Beklagte auf prozentuale Angaben beschränken dürfe.
13
Von einer Modellrechnung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1
AltZertG a.F. dürfe die Beklagte absehen und stattdessen gemäß Satz 2
mit dem Garantiezins von 2,25% rechnen (Klageantrag zu I 2). Das Versprechen einer Überschussbeteiligung ändere nichts daran, dass dieser
Zins fest vereinbart sei.
14
Neben der Berechnung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AltZertG a.F.
könne die Beklagte zusätzlich die Berechnung nach § 154 VVG mitteilen
(Klageantrag zu I 3). § 7 Abs. 5 Satz 2 AltZertG a.F. untersage weitere
Informationen nicht.
-7-
15
II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend stand.
16
1. Allerdings hat der Kläger als anspruchsberechtigte Stelle i.S.
von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 4 UKlaG aus § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG einen Anspruch gegen die Beklagte, es zu unterlassen, in ihrem Produktinformationsblatt die laufenden Vertragskosten prozentual auszuweisen.
Anders als das Berufungsgericht annimmt, gilt dies nicht nur in Bezug
auf Eigenbeiträge des Versicherungsnehmers, sondern auch hinsichtlich
etwaiger Zulagen und Zuzahlungen sowie des jährlichen Altersrentenbetrags. Der Klageantrag zu I 1 ist deshalb in vollem Umfang begründet.
17
a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG kann derjenige, der in anderer
Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen G eschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der
Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), auf Unterlassung in
Anspruch genommen werden. Der lediglich prozentuale Kostenausweis
verstößt in seiner konkreten Ausgestaltung gegen das AltZertG a.F. und
damit gegen ein Verbraucherschutzgesetz (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG 32. Aufl. § 2 UKlaG Rn. 10). Er wird dem Informationsziel
des § 7 Abs. 5 Satz 1 AltZertG a.F. nicht gerecht.
18
b) Für den Streitfall bleibt die Regelung der Informationspflichten
in § 7 AltZertG a.F. maßgeblich. Auf dessen weitreichende Änderungen
durch Art. 2 Nr. 9 des zum 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Gesetzes zur
Verbesserung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge
vom 24. Juni 2013 (Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz - AltvVerbG;
BGBl. I S. 1667) kommt es nicht an, weil diese Neuregelung gemäß § 14
Abs. 6 Satz 2 AltZertG n.F. erstmals am ersten Tag des 18. Kalendermo-
-8-
nats anzuwenden sein wird, der auf die Verkündung einer - bisher nicht
erlassenen - Verordnung i.S. des § 6 Satz 1 AltZertG n.F. folgt.
19
c) Den lediglich prozentualen Ausweis von Vertragskosten beanstandet der Kläger zu Recht.
20
aa) § 7 Abs. 5 Satz 1 AltZertG a.F. verpflichtet den Anbieter eines
Altersvorsorgevertrages, die in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 AltZertG
a.F. genannten Kosten jeweils in Euro auszuweisen. Das betrifft Kosten,
die in die Zahlungen zugunsten des Altersvorsorgevertrages einkalkuliert
sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AltZertG a.F.), und Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals, soweit sie nicht bereits in den einkalkulie rten Kosten enthalten sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AltZertG a.F.).
21
Die mit dem Klageantrag zu I 1 beanstandeten Angaben im Produktinformationsblatt der Beklagten beziehen sich auf solche Kosten.
22
Mit der in § 7 Abs. 5 AltZertG a.F. getroffenen Regelung wollte der
Gesetzgeber die für Altersvorsorgeverträge geltenden Informationspflic hten mit denen aus § 7 VVG i.V.m. § 2 der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) harmonisieren (BTDrucks. 16/9670 S. 10 f.). Unter anderem für Anbieter einer Lebensversicherung ist in § 4 Abs. 4 VVG-InfoV bestimmt, dass Abschluss- und Vertriebskosten sowie die sonstigen Kosten i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2
VVG-InfoV in dem Produktinformationsblatt jeweils in Euro gesondert
auszuweisen sind. Das soll den Versicherungsnehmer in die Lage versetzen, die mit dem Vertragsschluss einhergehenden Kosten ohne weitere Berechnung auf den ersten Blick zu erkennen. Lediglich prozentuale
Angaben oder Berechnungsgrundlagen reichen dafür nicht aus (Begrün-
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dung zur VVG-InfoV, BAnz 2008 Nr. 8 S. 98, 100, 102 unten/103 oben,
abgedruckt auch in VersR 2008, 183; Langheid in Römer/Langheid, VVG
4. Aufl. § 2 VVG-InfoV Rn. 9 f.; Präve, VersR 2008, 151, 156; vgl.
Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 2 VVG-InfoV Rn. 3, § 4
VVG-InfoV Rn. 12). Dem gesetzgeberischen Bestreben, die Informationspflichten des AltZertG a.F. mit den genannten der VVG-InfoV zu harmonisieren, liegen dieselben Motive zugrunde.
23
bb) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Materialien
zu § 7 Abs. 5 AltZertG a.F. (BT-Drucks. 16/8869 S. 35, 16/9670 S. 10)
allerdings entnommen, dass die Regelung ungeachtet ihres Wortlauts
Ausnahmen zulässt, wenn dem Anbieter des Altersvorsorgevertrages die
Angabe fester Euro-Beträge objektiv unmöglich ist, z.B. weil er die zu
deklarierenden Kosten zulässigerweise prozentual berechnet und/oder
Berechnungsgrößen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Information erteilt
werden muss, noch nicht feststehen (beispielsweise die Anzahl zukünftiger Fondswechsel bei gemanagten Fondsanlagen, BT-Drucks. 16/9670
S. 10 re. Sp.).
24
In diesen Fällen entfällt die Pflicht, feste Euro-Beträge auszuweisen, jedoch nicht ersatzlos, sondern der Anbieter von Vorsorgeverträgen
gehalten, stattdessen beispielhafte Kostenangaben (z.B. "x Euro von einem Kapital von 100 Euro pro Fondswechsel") zu machen (BT-Drucks.
aaO). Ist ihm ein Kostenausweis in Euro nicht möglich, darf er sich - anders als die Beklagte meint - nicht auf die bloße Mitteilung des Berechnungsmodus beschränken (vgl. für die Informationspflichten nach der
VVG-InfoV: Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 4 VVG-InfoV
Rn. 12; Baroch Castellví, r+s 2009, 1, 4 ff.; a.A. HK-VVG/Baroch
Castellví, 2. Aufl. § 2 VVG-InfoV Rn. 45 f.; Pohlmann/Schäfers in Loo-
- 10 -
schelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 2 VVG-InfoV Rn. 40; MünchKommVVG/Armbrüster, § 2 VVG-InfoV Rn. 52). Vielmehr hat er nach dem in
den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 16/9670 S. 10 re. Sp. unten) seine Kostenberechnung anhand von Rechenbeispielen zu erläutern. Nur so kann der
Versicherungsnehmer die Vertragskosten ausreichend einschätzen.
25
Diese Erläuterungspflicht entspricht dem in § 7 Abs. 1 Satz 2 VVG
sowie § 4 Abs. 5 VVG-InfoV geregelten "Gebot der Verständlichkeit" (vgl.
Begründung zur VVG-InfoV, Bundesanzeiger 2008 Nr. 8 S. 98, 102
li. Sp.). Es verlangt bei Versicherungsverträgen auch in anderen Zusammenhängen die Aufnahme besonders typischer oder praktisch b edeutsamer Beispiele, etwa in die Informationen nach §§ 2, 4 VVG-InfoV,
ohne dass es insoweit einer ausdrücklichen Anordnung bedarf ( vgl. Begründung zur VVG-InfoV aaO 102 zu § 4 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 4-7 VVGInfoV;
HK-VVG/Baroch
Castellví
aaO
§4
VVG-InfoV
Rn. 9,
19;
MünchKomm-VVG/Armbrüster, § 4 VVG-InfoV Rn. 9 f.; Knappmann in
Prölss/Martin aaO Rn. 3, 6 f.). Nichts anderes gilt für die Informationspflicht i.S. des § 7 Abs. 5 Satz 1 AltZertG a.F., die ausdrücklich mit derjenigen aus § 7 VVG i.V.m. § 2 VVG-InfoV harmonisiert werden sollte
(BT-Drucks. 16/9670 S. 10 re. Sp.).
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cc) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, selbst diese Erläuterungspflicht entfalle bei Kosten, deren Bezugsgrößen im Zeitpunkt der Informationserteilung noch nicht feststehen. Das verkennt das
Wesen der - anstelle des nicht möglichen Ausweises fester Kostenbeträge gebotenen - hypothetischen Beispielsrechnung. Sie zielt gerade wegen variabler Bezugsgrößen und der Unmöglichkeit der Benennung bereits feststehender Rechenergebnisse darauf, stattdessen hypothetische
- 11 -
Werte anhand gesetzter Bezugsgrößen zur Erläuterung möglicher E rgebnisse zu ermitteln. Dass der Beklagten dies nicht möglich wäre, ist
nicht ersichtlich.
27
2. Die Frage der Wiederholungsgefahr steht außer Streit.
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Der weitere Vertrieb zertifizierter (Alt-)Produkte ist nach den Übergangsregelungen des § 14 Abs. 1, Abs. 2a, Abs. 6 Satz 2 AltZertG n.F.
nicht ausgeschlossen.
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Eine die Wiederholungsgefahr ausschließende strafbewehrte U nterlassungserklärung (vgl. dazu Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG
30. Aufl. § 2 UKlaG Rn. 16 i.V.m. Bornkamm in Köhler/Bornkamm § 8
UWG Rn. 1.33 f) hat die Beklagte nicht abgegeben.
30
3. Unbegründet ist die Revision des Klägers, soweit sie den Klageantrag zu I 2 weiterverfolgt.
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a) Die vom Kläger beanstandete tabellarische Übersicht informiert
jeweils zum 31. Dezember der ersten zehn Vertragsjahre über die Summen der gezahlten Beiträge, die gebildeten "Guthaben" und "Guthaben
abzüglich Wechselkosten". Sämtliche Guthabenwerte sind nur unter Z ugrundelegung des garantierten Zinssatzes von 2,25% und nicht anhand
der drei von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 AltZertG a.F. vorgegebenen
Zinssätze von 2%, 4% oder 6% errechnet. Eine dem Vertragspartner zugesagte Beteiligung an Überschüssen und Bewertungsreserven wird d abei nicht berücksichtigt.
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b) Anders als der Kläger meint, ist der in den zugrunde liegenden
Versicherungsverträgen vereinbarte Garantiezins eine vertraglich vereinbarte "bestimmte Verzinsung" i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2
AltZertG a.F.
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aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 AltZertG a.F. hat der Anbieter über das Guthaben, das dem Vertragspartner bei Zahlung glei ch
bleibender Beiträge am jeweiligen Jahresende über einen Zeitraum von
zehn Jahren maximal bis zum Beginn der Auszahlungsphase vor und
nach Abzug der Wechselkosten zur Übertragung auf ein anderes Anl ageprodukt oder einen anderen Anbieter zustünde, ferner über die Summe
der bis dahin insgesamt gezahlten gleich bleibenden Beiträge zu info rmieren. Das gebildete Guthaben und die Beiträge sind jeweils mit 2%,
4% "oder" 6% zu verzinsen. Ist allerdings zumindest für einen Teil des
Zeitraums bis zum Beginn der Auszahlungsphase eine bestimmte Verzinsung vertraglich vereinbart, ist diese nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Satz 2 AltZertG a.F. anstelle der fiktiven Zinssätze zur Berechnung he ranzuziehen.
34
bb) Bei der Bestimmung des für die Simulationsberechnung ma ßgeblichen Guthabens haben etwaige mit den Beiträgen des Vertrag spartners erwirtschaftete Gewinne, an denen letzterer nach dem Vertrag
- etwa mittels Überschussbeteiligung - teilhaben soll, außer Betracht zu
bleiben.
35
(1) In der Verwendung der Begriffe "Guthaben" und "gebildetes
Guthaben" unterscheidet sich § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 AltZertG
a.F. von dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AltZertG a.F., der den
Anbieter zur Information über die dem Vertragspartner im Falle eines
- 13 -
Wechsels des Altersvorsorgeprodukts oder Anbieters unter Mitnahme
des "gebildeten Kapitals" entstehenden Kosten verpflichtet . Legaldefinitionen des Begriffes des "gebildeten Kapitals" für unterschiedliche Alter svorsorgeprodukte finden sich in § 1 Abs. 5 Satz 1 AltZertG a.F. unter den
dort aufgelisteten Buchstaben. Mit Ausnahme des nach Buchst. d) für
Verträge über Genossenschaftsanteile gewählten pauschalen Ansatzes
ist das "gebildete Kapital" für Versicherungsverträge (Buchst. a), Investmentsparverträge (Buchst. b) und Sparverträge (Buchst. c) von der - bei
Versicherungsverträgen regelmäßig nicht unerheblich durch die Übe rschussbeteiligung beeinflussten - Entwicklung des Vertragswerts abhängig.
36
Das vertragliche "Guthaben" i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
AltZertG a.F. ist demgegenüber auf die bis zum jeweiligen Berechnungstag geleisteten, ebenfalls mitzuteilenden Beiträge ausgerichtet. Die Heranbildung des Vertragswerts wird mit der fiktiven, für alle Altersvorsorgeprodukte i.S. des § 1 Abs. 1 AltZertG a.F. einheitlichen und von
Marktprognosen des Anbieters unabhängigen Verzinsung von 2%, 4%
"oder" 6% gerade simuliert.
37
(2) Dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 AltZertG a.F. Die am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Bestimmung
wurde - seinerzeit noch als § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG a.F. - eingeführt durch Art. 7 des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersb ezügen vom 5. Juli 2004 (Alterseinkünftegesetz - AltEinkG, BGBl. I 1427).
Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf sollte der Anbieter über "die zu
erwartende Beitragsrendite einschließlich ihrer wesentlichen Kalkulat ionsgrundlagen sowie die sich daraus ergebende Monatsrente" informi e-
- 14 -
ren (BT-Drucks. 15/2150 S. 17), auch wenn die Renditeprognose aufgrund der langen Laufzeit der Verträge großen Unsicherheiten unterliegt
(BT-Drucks. aaO S. 51 re. Sp.). Der Finanzausschuss schlug stattdessen
die Gesetz gewordene Verpflichtung des Anbieters zur Simulation den kbarer Marktentwicklungen mittels angenommener Zinssätze von 2%, 4%
"oder" 6% vor (vgl. BT-Drucks. 15/3004 S. 25).
38
cc) Wird das einzusetzende Guthaben ungeachtet etwaiger zusät zlicher Leistungen des Anbieters - etwa der Überschussanteile - bestimmt,
sind letztere auch für die Frage ohne Bedeutung, ob eine bestimmte Verzinsung i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 AltZertG a.F. vertraglich
vereinbart ist.
39
Zutreffend hat das Berufungsgericht deshalb angenommen, der
hier vertraglich vereinbarte Garantiezins von 2,25% ersetze alle drei gesetzlichen Fiktivzinssätze.
40
4. Hinsichtlich des Klageantrags zu I 3 hat die Revision des Klägers gleichfalls keinen Erfolg. § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 AltZertG a.F.
verbietet es nicht, neben der Berechnung nach Maßgabe des § 7 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 AltZertG a.F. auch eine an den Vorgaben des § 154 VVG
ausgerichtete
Modellrechnung
(hier:
unter
Zugrundelegung
fiktiver
Zinssätze von 2,76%, 3,76% und 4,76%) in das Produktinformationsblatt
aufzunehmen.
41
a) Die Vorschrift bestimmt, dass bei Altersvorsorgeverträgen i.S.
des § 1 Abs. 1 AltZertG a.F. "die Angabe" nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
AltZertG a.F. "an die Stelle" der Modellrechnung nach § 154 VVG "tritt".
Dem Gesetzeswortlaut ist lediglich die Befreiung des Anbieters von der
- 15 -
aus § 154 VVG folgenden Pflicht zur Erstellung einer Modellrechnung zu
entnehmen, die gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2, Halbsatz 1 AltZertG a.F. an
sich fortbestünde, dieser sieht vor, dass Informationspflichten nach a nderen Gesetzen unberührt bleiben. Dagegen findet die Annahme, das
Gesetz bezwecke darüber hinaus eine zwingende Ersetzung dieser Modellrechnung im Sinne eines Verbots, die Modellrechnung nach § 154
VVG
zusätzlich
zur
Verfügung
zu
stellen
(so
aber
Winter
in
Bruck/Möller/Winter, VVG 9. Aufl. § 154 Rn. 8; HK-VVG/Baroch Castellví,
2. Aufl. § 2 VVG-InfoV Rn. 53; Reiff in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 154
Rn. 2; Baroch Castellví, Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz § 7
Rn. 33, vgl. aber Rn. 15; wohl auch MünchKomm-VVG/Heiss, § 154
Rn. 6, 16; Knappmann in Prölss/Martin aaO § 2 VVG-InfoV Rn. 17; a.A.
- wie hier - Krause in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 154 Rn. 4),
im Gesetzestext keine ausreichende Stütze.
42
b) Ein solches Verbot ergibt sich auch nicht aus dem Gesetzeszweck.
43
§ 7 Abs. 5 Satz 2 AltZertG a.F. soll für Altersvorsorgeverträge das
Verhältnis der Informationspflichten nach dem AltZertG a.F. zu denen
nach anderen Gesetzen klarstellen.
44
Der Modellrechnung nach § 154 VVG und der Simulationsberechnung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AltZertG a.F. liegen unterschiedliche
Annahmen zugrunde (BT-Drucks. 16/8869 S. 35 li. Sp.). Erstere soll
Missbräuchen und Fehlinformationen bei der Darstellung der möglichen
Auswirkungen der Überschussbeteiligung auf die tatsächliche Gesam tleistung einer Lebensversicherung vorbeugen
(BT-Drucks. 16/3945
S. 97). Hingegen sollen die Angaben i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
- 16 -
AltZertG a.F. dem am Abschluss eines Altersvorsorgevertrages oder an
einem Wechsel zu einem anderen Altersvorsorgeprodukt Interessierte n
unter Zugrundelegung gesetzlich vorgegebener Parameter die Auswirkungen unterschiedlicher Arten der Kostenverrechnung auf die Guth abenbildung der ersten Vertragsjahre aufzeigen und ihm einen Vergleich
der wirtschaftlichen Ergebnisse verschiedener Altersvorsorgeprodukte
i.S. des § 1 Abs. 1 AltZertG a.F. ermöglichen Krause in Looschelders/
Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 154 Rn. 1 f.; MünchKomm-VVG/Heiss § 154
Rn. 1 f.; PK-VVG/Ortmann, VVG 2. Aufl. § 154 Rn. 1; Reiff in Prölss/
Martin, VVG 28. Aufl. § 154 Rn. 1; Römer in Römer/Langheid VVG,
4. Aufl. § 154 Rn. 2, 4).
45
Mit der in § 7 Abs. 5 Satz 2 AltZertG a.F. getroffenen Regelung
wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung (BTDrucks. 16/8869 S. 35) einem Nebeneinander von zwei Modellrechnungen entgegenwirken und einheitliche Angaben bei allen geförderten Ve rträgen gewährleisten. Deshalb sollte der Berechnung nach § 7 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 AltZertG a.F. "eine Vorrangstellung" eingeräumt werden
(BT-Drucks. 16/8869 aaO). Hiermit wurde die Aufnahme einer Modellrechnung i.S. des § 154 VVG jedoch noch nicht ausdrücklich für unzulässig erklärt. Der bezweckte "Vorrang" beschränkt sich vielmehr auf die
Verpflichtung des Anbieters, dem Vertragspartner anhand der in § 7
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AltZertG a.F. genannten Zinssätze die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Vertrages aufzuzeigen, um so verschiedene Altersvorsorgeprodukte vergleichbar zu machen. Eine ergänzende Berechnung
gemäß § 154 VVG schließt das noch nicht aus.
46
c) Aus der Neufassung der Informationspflichten des AltZertG
durch Art. 2 Nr. 9 AltvVerbG kann nicht gefolgert werden, schon § 7
- 17 -
Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 AltZertG a.F. habe dasselbe Verbot zum Inhalt.
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 AltZertG n.F. darf für zertifizierte Altersvorsorgeverträge eine Modellrechnung nach § 154 VVG nicht durchgeführt und dem individuellen Produktinformationsblatt auch nicht zusät zlich beigefügt werden. Dies beruht auf dem gesetzgeberischen Bestr eben, mittels Einführung eines individuellen Produktinformationsblatts die
Transparenz von Altersvorsorgeprodukten aus Wettbewerbsgründen zu
gewährleisten, dem Verbraucher in gebündelter, leicht verständlicher und
standardisierter Form einen Produktvergleich zu ermöglichen und ihn
dabei nicht durch die Masse und Verschiedenheit der Informationen zu
überlasten
(BT-Drucks.
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S. 24
re. Sp./S. 25 li. Sp.,
S. 26
re. Sp.). Dieses Regelungsziel und der neue Gesetzeswortlaut des § 7
Abs. 2 Satz 2 und 3 AltZertG n.F. gehen über die Regelung des § 7
Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 AltZertG a.F. und die ihr zugrunde liegenden
Motive des Gesetzgebers hinaus; in der Gesetzesbegründung findet sich
im Übrigen auch kein eindeutiger Hinweis darauf, dass er der Auffassung
gewesen wäre, schon § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 AltZertG a.F. verbiete
ein Nebeneinander beider Modellrechnungen und bedürfe nur einer r edaktionellen Präzisierung. Das nunmehr erstmals ausdrücklich formulierte Verbot kann deshalb nicht als bloße Bekräftigung eines bereits zuvor
geltenden Unterlassungsgebots verstanden werden.
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d) Auf die Frage der Wiederholungsgefahr kommt es danach nicht
an.
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5. Die allein gegen die Verurteilung zur Unterlassung prozentualer
Kostenangaben in Bezug auf Eigenbeiträge des Versicherungsnehmers
und zur Zahlung einer Abmahnpauschale gerichtete Revision der Beklagten ist nach den vorstehenden Ausführungen unter II 1 insgesamt unbe-
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gründet. Die nicht vom Gegenstandswert abhängige Abmahnpauschale
hat die Beklagte dem Kläger ungeachtet der teilweisen Klageabweisung
gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in voller Höhe zu erstatten (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 348/06, NJW 2008,
3055 Rn. 50; vom 8. Oktober 1998 - I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 512).
Mayen
Wendt
Lehmann
Felsch
Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 21.06.2012 - 31 O 704/11 OLG Köln, Entscheidung vom 02.11.2012 - 20 U 174/12 -