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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IV ZR 124/06
Verkündet am:
17. Januar 2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ARB 94 § 5 (3) e); ARB 75 § 2 (3) b)
Einseitige Unterwerfungen unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß § 794
Abs. 1 Nr. 5 ZPO (hier: zugunsten einer fondsfinanzierenden Bank) sind keine der
Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitel i.S. der Risikoausschlüsse des § 5 (3) e)
ARB 94 und des § 2 (3) b) ARB 75.
BGH, Versäumnisurteil vom 17. Januar 2007 - IV ZR 124/06 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
-2-
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2007
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25. April 2006 wird
auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger begehrt Deckungsschutz aus einer bei der Beklagten
seit 1984 gehaltenen Familien-Rechtsschutzversicherung, für die zunächst die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung
in der Fassung von 1975 (ARB 75) und ab 1998 die in der Fassung von
1994 (ARB 94) vereinbart wurden.
2
Der Kläger beteiligte sich 1989 an der "F.
GbR" mit einer Einlage in Höhe von
447.300 DM auf der Grundlage eines Treuhandvertrages mit der P.
Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH. Am 25. Oktober 1990 gab
die Treuhänderin gestützt auf die ihr im Treuhandvertrag erteilte umfassende Vollmacht namens des Klägers eine notariell beurkundete Erklärung zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß
§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO über 447.369,29 € zugunsten der den Fonds fi-
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nanzierenden Bank ab. Der Kläger hält - aufgrund der einschlägigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit vergleichbarer Treuhandverträge einschließlich der darin enthaltenen Bevollmächtigung wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG - seine Unterwerfungserklärung für nichtig. Nach Einstellung der Darlehensrückzahlung
durch die Fondsgesellschaft verweigerte die Bank mit Schreiben vom
13. Mai 2005 die vom Kläger verlangte Erklärung, sie werde die Zwangsvollstreckung aus der Unterwerfungsurkunde nicht betreiben. Der Kläger
möchte gegen die Bank zur Vollstreckungsabwehr eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO erheben (vgl. BGH, Urteil vom
15. Februar 2005 - XI ZR 396/03 - ZIP 2005, 1361 unter II 1). Die Beklagte lehnt den dafür nachgesuchten Deckungsschutz ab unter Bezugnahme auf den Risikoausschluss in § 2 (3) b) ARB 75, der - soweit hier
von Interesse - lautet:
"(3) Der Versicherer trägt nicht
b) die Kosten der Zwangsvollstreckung für … Anträge auf
Vollstreckung oder Vollstreckungsabwehr …, soweit diese
später als fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels gestellt werden;"
3
Die Nachfolgeregelung des § 5 (3) e) ARB 94 lautet:
"(3) Der Versicherer trägt nicht
e) Kosten aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen,
die später als fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels eingeleitet werden;"
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4
Das Landgericht hat die Deckungsschutzklage wegen Ablaufs der
Fünfjahresfrist des § 2 (3) b) ARB 75 seit Errichtung der Urkunde 1990
abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
5
Die Revision hat keinen Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung § 5 (3) e) ARB
94 zugrunde, weil der Rechtsschutzfall erst eingetreten sei, als die Bank
2005 die Erklärung verweigert habe, von der vollstreckbaren Urkunde
keinen Gebrauch zu machen. Bei Auslegung dieser Klausel gelangt es
zu dem Ergebnis, dass der Risikoausschluss Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus Urkunden, in denen sich der Schuldner der sofortigen
Zwangsvollstreckung unterwirft (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 ZPO), nicht erfasse, weil diese Vollstreckungstitel weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig seien und daher die Frist von fünf Jahren bei ihnen nicht in Gang gesetzt werde. Der Wortlaut der Klausel bediene sich
mit der Formulierung "… fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels …" der Begrifflichkeit der Rechtssprache, wodurch das Verständnis
des Risikoausschlusses nach den Vorstellungen beider Vertragsseiten
festgelegt werde. Eine über rechtskraftfähige Vollstreckungstitel hinausgehende Beschränkung des Versicherungsschutzes auch bei nicht
rechtskraftfähigen Vollstreckungstiteln lasse sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen und dem mit dem Risikoausschluss verfolgten Zweck entnehmen. Rechtskraftfähige Vollstre-
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ckungstitel unterschieden sich hinsichtlich der Rechtsverfolgung durch
den Versicherungsnehmer wesentlich von vollstreckbaren Urkunden, denen keine gerichtliche Befassung mit den Anspruch betreffenden Einwendungen vorausgegangen sei, sondern regelmäßig eine einvernehmliche Wahrung beiderseitiger Interessen zugrunde liege. Einer Ausdehnung des Risikoausschlusses auf diese Titel stünden berechtigte Erwartungen des Versicherungsnehmers entgegen, umfassenden Rechtsschutz auch für langfristige Vertragsgestaltungen zugesagt bekommen
zu haben, die die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung
erforderten.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
Die Beklagte hat dem Kläger gemäß §§ 1, 4 (1) c) ARB 94 aus seiner Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz zu gewähren. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung unterliegt unstreitig dem vereinbarten Versicherungsschutz; sie fällt aber nicht unter den Risikoausschluss des § 5
(3) e) ARB 94. Der Senat tritt der Auslegung des Berufungsgerichts bei,
dass die streitgegenständliche einseitige Unterwerfungserklärung nicht
zu den Vollstreckungstiteln gehört, für die bei der Übernahme von durch
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgelösten Kosten eine zeitliche Begrenzung von fünf Jahren vereinbart worden ist.
9
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision zunächst gegen die Anwendung der ARB 94. Ihre Auffassung, der Rechtsschutzfall sei 1990 mit
Errichtung der notariellen Urkunde eingetreten, trifft nicht zu.
-6-
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Gemäß § 4 (1) c) ARB 94 wie auch gemäß § 14 (3) Satz 1 ARB 75
gilt der Versicherungsfall dann als eingetreten, wenn einer der Beteiligten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften verstoßen hat oder
verstoßen haben soll. Dabei genügt für den Verstoß jeder tatsächliche,
objektiv feststellbare Vorgang, der den Keim eines Rechtskonflikts in
sich trägt (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04 - VersR
2005, 1684 unter I 3 b). Mit der notariellen Unterwerfungserklärung 1990
ist ein solcher Verstoß der finanzierenden Bank gegenüber dem Kläger
nicht verbunden.
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Die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung ist eine
einseitige prozessuale, durch den Gläubiger nicht empfangsbedürftige
Willenserklärung, deren Wirksamkeit grundsätzlich nur davon abhängt,
dass sie mit Willen des Unterwerfenden in den Rechtsverkehr gebracht
wird. Eine Beurkundung der Annahme ist nicht erforderlich. Fehlende
Vollmacht zur Unterwerfung kann zudem später über eine Genehmigung
oder gegebenenfalls über § 242 BGB ausgeglichen werden (vgl. statt aller Zöller/Stöber, ZPO 26. Aufl. § 794 Rdn. 29, 29a). Die - nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - den Fonds lediglich finanzierende, nicht aber vertriebseingebundene Bank war an der Errichtung der Urkunde nicht beteiligt. Durch die bloße Entgegennahme der
Unterwerfungsurkunde kann sie danach nicht gegen Rechtspflichten verstoßen haben. Das hält ihr auch der Kläger nicht vor. Etwas anderes
vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Sie verkennt - wie bereits
das Landgericht -, dass es hier für den Rechtsschutzfall auf einen objektiven Verstoß gegen Rechtspflichten ankommt, den der Versicherungsnehmer dem Geschäftspartner vorwirft (vgl. zuletzt ausführlich Senatsurteil vom 28. September 2005 aaO unter I 3 m.w.N.). Pflichtverletzungen
anderer können dafür nicht herhalten. Es bleibt - wie vom Berufungsge-
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richt richtig dargelegt - nach dem Klägervortrag lediglich die verweigerte
Erklärung, aus der Urkunde nicht vollstrecken zu wollen. Das hätte die
Bank - seiner Behauptung nach - nicht tun dürfen, weil ihr Rechte aus
der Urkunde nicht zustünden. Andere Verstöße werden ihr nicht angelastet. Der Versicherungsfall, für den Rechtsschutz begehrt wird, ist mithin
erst mit dem Ablehnungsschreiben vom 13. Mai 2005 eingetreten. Zu
diesem Zeitpunkt galten bereits die ARB 94.
2. Die danach anzuwendende Risikoausschlussklausel des § 5 (3)
12
e) ARB 94 betrifft auch die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung.
Nach ihrem Wortlaut greift sie allgemein und umfassend bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Sie knüpft nicht bloß an Kosten der Zwangsvollstreckung an, sondern stellt auf die Kosten solcher Maßnahmen ab, zu
denen auch Anträge im Rahmen einer Vollstreckungsabwehr gehören
(vgl. Terbille/Bultmann, MAH Versicherungsrecht § 26 Rdn. 480). Der Risikoausschluss erfasst demgemäß - wie bereits die Vorgängerklausel
des § 2 (3) b) ARB 75 - mit ausreichender Klarheit auch Vollstreckungsabwehrklagen jedenfalls, wenn über den Untergang oder die Nichtentstehung des titulierten Anspruchs oder des Titels selbst gestritten wird
(vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1991 - IV ZR 183/90 - VersR 1991, 919
unter 1 b, c und 2; Terbille/Bultmann, aaO; Böhme, ARB 11. Aufl. § 2 (3)
b)
Rdn. 44;
Prölss/Martin/Armbrüster,
VVG
27. Aufl.
§5
ARB
94
Rdn. 16).
13
3. Die Herausnahme der in Rede stehenden einseitigen Unterwerfungserklärung aus dem Anwendungsbereich des § 5 (3) e) ARB 94 beruht entgegen der Revision nicht auf einer unzulässigen einschränkenden Auslegung der Klausel, sondern ergibt sich aus den vom Berufungs-
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gericht zutreffend angewandten, seit langem anerkannten Auslegungsgrundsätzen.
14
a) Danach sind Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) so
auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung
des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es
auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne
versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine
Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine
Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist anzunehmen,
dass auch die AVB darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von
der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in
Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der
Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der
Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02 - VersR 2003, 1122
unter 2 a; vom 8. Dezember 1999 - IV ZR 40/99 - VersR 2000, 311 unter
II 4 b und vom 5. Juli 1995 - IV ZR 133/94 - VersR 1995, 951 unter 2 b).
15
b) Mit den Formulierungen "Vollstreckungstitel" und "Rechtskraft"
bedient sich der Verwender der Klausel Begriffen der Rechtssprache, bei
denen der Versicherungsnehmer davon ausgeht, dass auch in den Versicherungsbedingungen der Inhalt gilt, der ihnen juristisch zugewiesen
wird. Zu Recht hat daher das Berufungsgericht bei dem Verständnis dieses Risikoausschlusses mit seinem zeitlichen Bezug nur die Titel in den
Blick genommen, die "formell rechtskräftig" werden können, um danach
als Grundlage der Zwangsvollstreckung zu dienen, wie dies etwa bei Ur-
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teilen gemäß §§ 704 Abs. 1, 705 ZPO der Fall ist. Dass die Begriffe in
Einzelheiten zum Teil in Rechtsprechung und Rechtslehre umstritten sind
(Thomas/Putzo, ZPO 26. Aufl. § 705 Rdn. 1), steht der ihnen zukommenden Bedeutung für die hier allein interessierende Abgrenzungsfrage,
welche Vollstreckungstitel unter den Risikoausschluss fallen, nicht entgegen. Insoweit bestehen im Rechtsbereich bei der eindeutigen Festlegung auf nicht mehr anfechtbare Titel als Vollstreckungsgrundlage keine
Unsicherheiten. Wenn die Revision aus dem Begriff "Vollstreckungstitel"
allein auf einen weiteren, jedwede Titel und damit generell auch einseitige notarielle Urkunden erfassenden Geltungsbereich der Klausel schließen will, blendet sie den nach der unmissverständlichen Wortwahl bestehenden Zusammenhang mit dem Begriff "Rechtskraft" aus. Auch ihre
zusätzliche Überlegung, dass die Reichweite der Klausel nicht zweifelhaft wäre, wenn der Zeitpunkt nicht an "Rechtskraft", sondern an
"Rechtsverbindlichkeit" oder "Rechtswirksamkeit" knüpfte, ergibt nichts
anderes. Ein unterschiedlicher Klauselwortlaut erforderte eine eigene,
spezifisch darauf bezogene Auslegung, die nicht unbedingt auch für eine
davon abweichende Fassung Aussagekräftiges enthalten muss.
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c) Die grundsätzliche Ausgrenzung nicht rechtskraftfähiger Vollstreckungstitel über die in der Klausel gewählte Rechtssprache wird über
das allgemeine Sprachverständnis nicht in Zweifel gezogen. Der Rechtskraftbegriff ist gerade auch bezogen auf Vollstreckungstitel kein Bestandteil der Umgangssprache, die dem Versicherungsnehmer - auch
nicht in Randbereichen - zudem noch eine anderweitige Bedeutung und
Reichweite vermitteln könnte.
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d) Zu Unrecht wirft die Revision dem Berufungsgericht vor, es habe bei der Auslegung den erkennbaren Sinnzusammenhang und wirt-
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schaftlichen Zweck der Klausel nicht ausreichend gewürdigt: Wenn die
Regelung - so meint sie - im Kosteninteresse so genannte Altfälle vom
Versicherungsschutz ausnehme, komme es nicht auf die "Qualität" des
zu vollstreckenden Titels an, sondern darauf, wann dieser erwirkt wurde.
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Dem ist entgegenzuhalten:
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Die Fünfjahresfrist trägt einerseits der Tatsache Rechnung, dass
nach Ablauf eines solchen Zeitraums erfahrungsgemäß noch selten Vollstreckungsversuche unternommen werden oder Erfolg versprechen, andererseits erspart sie dem Versicherer und damit der Versichertengemeinschaft Verwaltungskosten angesichts der sonst bestehenden Pflicht,
die Unterlagen über alte Versicherungsfälle gegebenenfalls noch jahrelang aufzubewahren (Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 7. Aufl.
§ 2 ARB 75 Rdn. 179; § 5 ARB 94 Rdn. 23). Die damit angesprochenen
alten Versicherungsfälle befinden sich - für den Versicherungsnehmer
aus dem Bedingungszusammenhang erkennbar - im Rahmen des übernommenen Rechtsschutzes mit den Maßnahmen der Zwangsvollstreckung bereits in der letzten Stufe der notwendigen Interessenwahrnehmung, für die insgesamt Kostenübernahme vereinbart wurde (vgl. Harbauer/Bauer, aaO § 2 ARB 75 Rdn. 177). Aus der Fassung der Klausel
wird ihm deutlich, dass die Kostenerstattung in der Vollstreckungsphase
aus Gründen einer Kosten-/Nutzenabwägung neben der zahlenmäßigen
Beschränkung auf drei Vollstreckungsmaßnahmen gemäß § 5 (3) d) ARB
94 (entsprechend § 2 (3) b) Alt. 1 ARB 75) auch zeitlich eingeschränkt
werden soll, und zwar auf fünf Jahre, seitdem der Titel über den unter
Versicherungsschutz stehenden Anspruch unanfechtbar - also endgültig - erstritten worden ist.
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Bei einseitigen Unterwerfungserklärungen der streitgegenständlichen Art gibt es einen vergleichbaren Verlauf mit einem entsprechenden,
für den Beginn der Zwangsvollstreckung maßgeblichen Zeitpunkt nicht,
der sich dem durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer erschließen könnte. So bildet die im Rahmen einer Vertragsgestaltung eingegangene einseitige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung noch keinen Rechtsschutzfall, mit der eine Frist
für eine zeitliche Risikobegrenzung zu laufen beginnen könnte. Die mit
Zeitablauf schwindenden Erfolgsaussichten bei der Zwangsvollstreckung
und die Kosten langjähriger Aufbewahrung von Unterlagen über alte Versicherungsfälle spielen in diesem Vorstadium einer Auseinandersetzung
ersichtlich (noch) keine Rolle. Auch nach Sinn und Zweck vermag der
Versicherungsnehmer den Versicherungsbedingungen daher keinen ausreichenden Anhalt für eine zeitliche Begrenzung des Rechtsschutzes bei
solchen nicht rechtskraftfähigen Vollstreckungstiteln zu entnehmen.
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e) Ihre Ausgrenzung beruht demzufolge auch nicht - wie die Revision meint - auf einer unzulässigen einengenden Klauselauslegung, sondern ihre Einbeziehung bedeutete im Gegenteil eine Ausdehnung, die
sich dem Versicherungsnehmer aus der Regelung nicht erhellt. Ein solches Klauselverständnis verstieße gegen den anerkannten Auslegungsgrundsatz, dass Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen sind, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks
und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn das beachtenswerte
Interesse des Versicherungsnehmers geht bei diesen Klauseln regelmäßig dahin, dass ihm der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird,
als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet; Lücken im Versicherungsschutz muss er nur hinnehmen, wenn ihm die Klausel diese hinrei-
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chend verdeutlichen (Senatsurteil vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98 VersR 1999, 748 unter 2 a und ständig).
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Aus diesen Gründen ist das Berufungsgericht auch zu Recht nicht
der in der Literatur vertretenen Auffassung gefolgt, soweit sie eine Einbeziehung von nicht rechtskraftfähigen Vollstreckungstiteln in diesen Risikoausschluss für möglich hält, den Fristbeginn nach Sinn und wirtschaftlichem Zweck der Klausel dann ansetzt, wenn der festgestellte Anspruch materiell-rechtlich voll wirksam und damit vollstreckbar wird, und
darüber im Streitfall zu einem Deckungsausschluss kommt (vgl. Böhme,
aaO Rdn. 43; Terbille/Bultmann, aaO Rdn. 479; differenzierend Harbauer/Bauer, aaO § 2 ARB 75 Rdn. 179: Fristbeginn erst nach Eintritt des
Versicherungsfalles; verneinend van Bühren/Bauer, Handbuch Versicherungsrecht 2. Aufl. § 12 Rdn. 231).
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f) Hätte der Versicherer Vollstreckungsstreitigkeiten vom Versicherungsschutz ausnehmen wollen, die fünf Jahre nach Errichtung einer notariellen Urkunde über die einseitige Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung entstehen, hätte er die Risikoausschlussklausel entsprechend
deutlich formulieren müssen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - IV
ZR 318/02 - VersR 2003, 454 unter II 2 b). So muss es bei dem auch für
einen solchen Rechtsschutzfall zugesagten umfassenden Deckungsschutz verbleiben. Das führt auch nicht, wie die Revision schließlich
noch geltend macht, zu widersprüchlichen und aus Sicht des Versicherungsnehmers unverständlichen Ergebnissen je nachdem, ob der Versicherungsnehmer die Unterwerfungserklärung beim Fondsbeitritt innerhalb der Frist freiwillig abgebe und damit Rechtsschutz habe oder ob ihm
gegenüber ein Vollstreckungstitel - bei verweigerter Unterwerfungserklärung - erst nach Fristablauf hätte gerichtlich durchgesetzt werden kön-
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nen, er dann aber ohne Rechtsschutz dastehe. Diese Überlegung übersieht bereits, dass die Frist des Risikoausschlusses in der zweiten von
der Revision gebildeten Fallvariante frühestens mit Rechtskraft des gerichtlich erstrittenen Titels zu laufen beginnen könnte, mithin auch dann
Rechtsschutz bestünde.
Terno
Dr. Schlichting
Felsch
Wendt
Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 25.11.2005 - 8 O 259/05 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 25.04.2006 - 12 U 278/05 -