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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 375/12
Verkündet am:
15. Mai 2014
Bott
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BNotO § 19 Abs. 1 Satz 1; BeurkG § 17 Abs. 1
Zur notariellen Belehrungspflicht über die rechtlichen Folgen einer Änderung
der bei Vertragsschluss gegebenen Umstände (hier: Verzicht auf den Versorgungsausgleich in einem vor dem Jahr 2001 geschlossenen Ehevertrag).
BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - III ZR 375/12 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Mai 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des
Landgerichts Duisburg vom 6. Dezember 2010 wird insgesamt zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten als Erbin des Notars G.
in M.
S.
Schadensersatz wegen Verletzung notarieller Amts-
pflichten bei der Beurkundung eines Ehevertrags vom 25. Oktober 2000.
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In dem Ehevertrag schlossen der Kläger und seine spätere Ehefrau für
den Fall der Scheidung den Versorgungsausgleich aus. Unter Ziffer 4 Abs. 2
Satz 1 des Ehevertrags heißt es: „Wir wollen unsere Versorgung entsprechend
unseren Vermögenstrennungen auch getrennt beibehalten und fortsetzen“. Zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses war der Kläger als Zahnarzt tätig. Seine Ehefrau betrieb zwei Einzelhandelsgeschäfte. Die Eheleute planten keine gemeinsamen Kinder und gingen davon aus, jeweils mit ihrer eigenen Erwerbstätigkeit
ihre Altersvorsorge aufbauen zu können.
3
Im Jahr 2003 meldete die Ehefrau des Klägers mit ihren Einzelhandelsgeschäften Insolvenz an. Sie gab ihre Berufstätigkeit auf und begann - in Absprache mit dem Kläger - ein Studium. Am 13. Januar 2004 wurde eine gemeinsame Tochter geboren. Anschließend kümmerte sich die Ehefrau des Klägers ausschließlich um die Betreuung der gemeinsamen Tochter und die Pflege
ihres erkrankten Vaters.
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Mit Urteil des Familiengerichts R.
vom 24. Februar 2009 wurde die
Ehe geschieden. Das Familiengericht stellte fest, wegen der offensichtlich einseitigen Benachteiligung der Ehefrau bei Abschluss der Vereinbarung über den
Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs in dem notariellen
Ehevertrag vom 25. Oktober 2000 gingen beide Parteien davon aus, dass die
Vereinbarung unwirksam sei.
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Der Kläger kann die durch die Durchführung des Versorgungsausgleichs
eintretende Kürzung seiner Rentenanwartschaft durch die Zahlung von
58.457,04 € an das Versorgungswerk der Zahnärztekammer abwenden. Er begehrt im Wege des Schadensersatzes von der Beklagten als Erbin des den
Ehevertrag vom 25. Oktober 2000 beurkundenden Notars Zahlung dieses Be-
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trags an das Versorgungswerk. Er hat die Auffassung vertreten, der Notar habe
amtspflichtwidrig weder auf die Bedeutung des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs und eine mögliche Unwirksamkeit des Ehevertrags hingewiesen noch Sorge dafür getragen, dass bei der Ausformulierung des Ehevertrags
dieser einer richterlichen Inhaltskontrolle standhalte. Insbesondere habe der
Notar es unterlassen, Gründe in den Ehevertrag aufzunehmen, weshalb die
Vereinbarung zum Versorgungsausgleich für beide Seiten interessengerecht
sei. Bei Aufklärung durch den Notar darüber, dass der - ebenfalls vereinbarte Unterhaltsverzicht und der Ausschluss des Versorgungsausgleichs möglicherweise unwirksam seien, hätte er, der Kläger, von der Eheschließung abgesehen. Die Amtspflichtverletzung des Notars sei daher kausal für den ihm entstandenen Schaden.
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Die Beklagte hat eine Amtspflichtverletzung des Notars bestritten.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen
die Beklagte verurteilt, an das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein zu der Mitgliedsnummer des Klägers einen Betrag von 58.457,04 € zu
zahlen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten führt im Umfang der Anfechtung
zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.
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I.
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Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte dem Kläger
als Erbin des beurkundenden Notars gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO in Verbindung mit § 1922 BGB aus Amtspflichtverletzung. Der Notar habe gegen seine aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG folgende Pflicht verstoßen, die Beteiligten
über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren, indem er sie nicht
darüber belehrt habe, dass der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei einem späteren Wegfall der Geschäftsgrundlage unwirksam oder
dem Kläger eine Berufung hierauf nach Treu und Glauben verwehrt sein könne.
Zwar habe sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeitsund Ausübungskontrolle bei Eheverträgen erst nach dem Ehevertrag herausgebildet. Auch vorher sei indes in der Rechtsprechung anerkannt gewesen, dass
sich die Berufung auf einzelne Klauseln eines Ehevertrags als treuwidrig darstellen könne und im Wege der Anwendung der Grundsätze über den Wegfall
der Geschäftsgrundlage eine Unwirksamkeit einzelner Regelungen in Betracht
komme. Zudem habe der Notar unter Ziffer 4 des Ehevertrags sogar die Geschäftsgrundlage für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs aufgenommen, so dass es auf der Hand gelegen habe, dass es - beispielsweise durch
berufliche Veränderungen oder die Geburt eines Kindes - zu Änderungen habe
kommen können.
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Der Notar habe auch schuldhaft gehandelt, da ihm die Grundsätze über
den Wegfall der Geschäftsgrundlage und der Einwand treuwidrigen Verhaltens
als allgemeine Rechtsgrundsätze hätten bekannt sein müssen. Angesichts der
ausdrücklich in den Vertrag aufgenommenen Geschäftsgrundlage habe deren
Wegfall im Bereich des Möglichen gelegen. Auch habe dem Notar die oberge-
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richtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung zu Eheverträgen, die der
Fachpresse zu entnehmen gewesen sei, bekannt sein müssen.
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Die Pflichtverletzung sei für den geltend gemachten Schaden kausal geworden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätte der Kläger bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den Notar von der Eheschließung abgesehen
mit der Folge, dass er dem durchgeführten Versorgungsausgleich nicht ausgesetzt gewesen wäre. Durch die Übertragung der Anwartschaften des Klägers
auf seine frühere Ehefrau sei das Anwartschaftsrecht des Klägers beeinträchtigt
worden. Die Klageforderung entspreche dem Betrag, der zu zahlen sei, damit
der Kläger so gestellt werde, wie er stünde, wenn nicht zu Gunsten seiner
früheren Ehefrau auf seine Kosten Anwartschaften übertragen worden wären.
II.
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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Eine
Amtspflichtverletzung des den Ehevertrag vom 25. Oktober 2000 beurkundenden Notars liegt nicht vor. Der Notar war insbesondere nicht verpflichtet, die
Parteien des Ehevertrags darüber zu belehren, dass der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei einem späteren Wegfall der Geschäftsgrundlage unwirksam oder dem Kläger eine Berufung hierauf nach Treu und
Glauben verwehrt sein könnte.
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1.
a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeurkG soll der Notar unter anderem
die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und dabei
darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und
ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. Die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle bei
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Eheverträgen nach § 138 BGB und § 242 BGB (Urteil vom 11. Februar 2004
- XII ZR 265/02, BGHZ 158, 81, 94 ff; Beschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB
110/99, FamRZ 2005, 26, 27) sich bei einem ehevertraglichen Ausschluss des
Versorgungsausgleichs im Einzelfall ergebenden Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs oder der Vertragsanpassung betreffen grundsätzlich die "rechtliche Tragweite des Geschäfts" im
Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, über die der Notar die Beteiligten zu belehren hat (vgl. zum Begriff der rechtlichen Tragweite des Geschäfts im Sinne
von § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG: Senat, Urteil vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04,
NJW 2005, 2495).
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Das Berufungsgericht geht jedoch zutreffend davon aus, dass sich die
vorgenannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst als Folge der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 2001 (NJW 2001,
957) und vom 29. März 2001 (NJW 2001, 2248) herausgebildet hat (vgl. BGH,
Urteil vom 11. Februar 2004 aaO S. 86: nach bisheriger Rechtsprechung
grundsätzlich volle Vertragsfreiheit; vgl. zu den aus der neuen Rechtsprechung
folgenden Belehrungspflichten des Notars: Bredthauer, NJW 2004, 3072,
3073 ff; DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2004, 185, 188; Mayer, FPR 2012, 563,
564 f; Haug/Zimmermann, Die Amtshaftung des Notars, 3. Aufl., Rn. 519;
Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 14 Rn. 178). Sie kann
dementsprechend nicht zur Begründung einer Belehrungspflicht des Notars
zum Zeitpunkt der Beurkundung des Ehevertrags vom 25. Oktober 2000 herangezogen werden.
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b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bestand - zeitlich vor
der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle bei Eheverträgen - keine Belehrungspflicht des beurkundenden
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Notars darüber, dass sich die Berufung auf den im Ehevertrag vereinbarten
Ausschluss des Versorgungsausgleichs als treuwidrig darstellen kann oder im
Wege der Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage die Unwirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs in Betracht
kommt.
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aa) Die (geänderten) Umstände, die dazu führen können, dass sich die
Berufung auf einzelne Klauseln eines notariellen Vertrags (später) als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) darstellt, können sehr vielgestaltig sein; welche
Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben und wie sie sich auf der
Rechtsfolgenseite auswirken, lässt sich hinreichend zuverlässig nur beantworten, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt
gewürdigt werden. Es würde die notariellen Pflichten nach § 17 Abs. 1 BeurkG
weit überspannen, wenn der Notar stets alle denkbaren zukünftigen Entwicklungen in den Blick nehmen und rechtlich bewerten müsste. Dies könnte zudem
im Einzelfall Belehrungen in einem Umfang notwendig machen, der dem Sinn
und Zweck der Belehrungspflicht, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite
des Geschäfts - verständlich - zu belehren und Irrtümer zu vermeiden, widerspricht. Für die Belehrung darüber, dass unter bestimmten Voraussetzungen
eine Vertragsklausel in Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage hinfällig werden könnte, gilt nichts anderes.
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Eine solche notarielle Belehrung kann indes erforderlich sein, wenn im
Einzelfall zum Zeitpunkt der Beurkundung die vertragliche Regelung erkennbar
auf einer bestimmten Grundlage beruht, es nach der Lebenserfahrung als möglich erscheint, dass diese Grundlage künftig entfallen könnte, und nach der bei
der Beurkundung bestehenden Rechtslage oder einer zu diesem Zeitpunkt si-
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cher absehbaren Änderung der Rechtslage der Wegfall dieser vertraglichen
Grundlage dazu führen kann, dass die vereinbarte Rechtsfolge nicht eintritt.
18
bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
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Zwar ist, wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt hat, aus Ziffer 4 Abs. 2 Satz 1 des notariellen
Vertrags vom 25. Oktober 2000 erkennbar, dass die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon ausgingen, ihre bisher getrennte Versorgung beizubehalten und weiterhin getrennt aufzubauen. Die Fortsetzung des
getrennten Versorgungsaufbaus lag mithin dem vereinbarten Ausschluss des
Versorgungsausgleichs zugrunde. Angesichts des Alters der Vertragsparteien
von 45 Jahren (Kläger) beziehungsweise 35 Jahren (Ehefrau des Klägers) mag
es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch nicht ausgeschlossen erschienen
sein, dass - entgegen der Planung der Eheleute - infolge der Erziehung künftiger gemeinsamer Kinder die Grundlage des fortgesetzten getrennten Versorgungsaufbaus entfallen könnte.
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war jedoch bei der Beurkundung des Ehevertrags am 25. Oktober 2000 weder aufgrund der seinerzeitigen Gesetzeslage und der dazu ergangenen (höchstrichterlichen) Rechtsprechung noch (insbesondere) aufgrund einer zu diesem Zeitpunkt bereits sicher absehbaren Änderung der Rechtsprechung erkennbar, dass im Fall einer
Änderung der - in Gestalt eines getrennten Versorgungsaufbaus geplanten ehelichen Verhältnisse sich die Berufung auf den im Ehevertrag vereinbarten
Ausschluss des Versorgungsausgleichs als treuwidrig darstellen oder der Ausschluss des Versorgungsausgleichs im Wege der Anwendung der Grundsätze
über den Wegfall der Geschäftsgrundlage unwirksam sein könnte.
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(1) In dem vom Berufungsgericht angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. November 1990 (XII ZR 16/90, NJW 1991, 913, 914) war lediglich
für einen ehevertraglich vereinbarten Unterhaltsverzicht festgestellt worden,
dass die Berufung darauf gemäß § 242 BGB für die Zeit ausgeschlossen sein
könne, in der wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit eines Ehegatten nicht möglich sei und der Verzichtende mangels
anderer Mittel auf Sozialhilfe angewiesen wäre. Ob eine solche Ausübungskontrolle auch in Bezug auf einen vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Betracht zu ziehen sein kann, ergibt sich aus der Entscheidung nicht.
Der Bundesgerichtshof hat es vielmehr in seinem Beschluss vom 18. September 1996 (XII ZB 206/94, NJW 1997, 126, 128) als zweifelhaft bezeichnet, ob
die Grundsätze zum befristeten Ausschluss der Berufung auf einen vereinbarten Unterhaltsausschluss auf den Fall des Verzichts auf den Versorgungsausgleich übertragen werden können. Er hat dies damit begründet, dass das Wohl
gemeinschaftlicher Kinder im Allgemeinen nicht berührt werde und eine Prognose der Bedürfnislage des verzichtenden Ehegatten im Rentenalter mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Angesichts dieser höchstrichterlichen
Rechtsprechung bestand eine Belehrungspflicht des beurkundenden Notars zu
einer möglicherweise eingeschränkten rechtlichen Wirksamkeit des in dem
Ehevertrag vom 25. Oktober 2000 vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nicht.
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(2) Gleiches gilt für die von dem Berufungsgericht angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 2. Mai 1994 (FamRZ 1995, 95,
96). Danach war mit der Geburt des gemeinsamen Kindes dort die Geschäftsgrundlage für den ehevertraglich vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs entfallen mit der Folge der Unwirksamkeit des Ausschlusses des
Versorgungsausgleichs. Die Entscheidung betraf zwar einen im Ansatz mit
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dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt, wenn auch die Vertragsparteien in dem dortigen Ehevertrag die Grundlagen für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs etwas deutlicher zum Ausdruck gebracht hatten. Sie ist
jedoch vereinzelt geblieben und lag zum Zeitpunkt der Beurkundung am
25. Oktober 2000 bereits längere Zeit zurück. Eine Belehrungspflicht des beurkundenden Notars mit dem vom Berufungsgericht angenommenen Inhalt wurde durch sie - zumal angesichts des zeitlich nachfolgenden Beschlusses des
Bundesgerichtshofs vom 18. September 1996 (aaO) - nicht ausgelöst.
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(3) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Revisionserwiderung
angeführten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 1993 (XII ZB
158/91, NJW 1994, 579). Der dort hinsichtlich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs angenommene Wegfall der Geschäftsgrundlage war in den
besonderen und nahezu einzigartigen Umständen des dortigen Einzelfalls begründet. Der Entscheidung kommt daher keine Bedeutung für den Umfang notarieller Belehrungspflichten bei ihr zeitlich nachfolgenden Beurkundungen von
Eheverträgen zu.
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Nach alledem war zum Zeitpunkt der Beurkundung am 25. Oktober 2000
aufgrund der seinerzeitigen Rechtslage oder sicher absehbarer Änderungen
der Rechtslage nicht erkennbar, dass im Fall der Änderung der in Gestalt eines
getrennten Versorgungsaufbaus geplanten ehelichen Verhältnisse der in dem
Ehevertrag vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 242
BGB nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang wirksam war. Eine dahingehende Belehrungspflicht des beurkundenden Notars nach § 17 Abs. 1 Satz 1
BeurkG bestand mithin nicht.
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2.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst wenn der beur-
kundende Notar mit der unterlassenen Belehrung über die rechtliche Tragweite
des vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs objektiv gegen die
ihm nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG obliegenden Belehrungspflichten verstoßen hätte, - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - ein schuldhaftes
Handeln des Notars zu verneinen wäre.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es erforderlich,
dass sich der Notar über die Rechtsprechung der obersten Gerichte, die in den
amtlichen Sammlungen und den für seine Amtstätigkeit wesentlichen Zeitschriften veröffentlicht ist, unterrichtet und die üblichen Erläuterungsbücher auswertet
(BGH, Urteile vom 28. September 2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265, 275 f
und vom 9. Juli 1992 - IX ZR 209/91, NJW 1992, 3237, 3239). Aus einer Lektüre der Entscheidungen der obersten Gerichte ergaben sich vorliegend - wie
ausgeführt - zum Zeitpunkt der Beurkundung am 25. Oktober 2000 keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Wirksamkeit des Ausschlusses des
Versorgungsausgleichs bei Änderung der Verhältnisse der Ehegatten gemäß
§ 242 BGB entfallen oder eingeschränkt sein könnte. Gleiches gilt hinsichtlich
der seinerzeitigen Erläuterungsliteratur (vgl. etwa Riegel in Reithmann/Albrecht,
Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 8. Aufl., Rn. 1028 ff (Versorgungsausgleich); Jochheim, FPR 1999, 271, 273 f: „Checkliste: Belehrung über
den Versorgungsausgleich“). Soweit darin vertreten wurde, die Grundsätze über
den Wegfall der Geschäftsgrundlage seien auf einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich anwendbar, was dazu führen könne, dass trotz eines vertraglichen Ausschlusses eine gerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich ergehe (Grziwotz in Beck´sches Notar-Handbuch, 2. Aufl., Kap. B I
Rn. 140), erfolgte dies unter ausdrücklichem Hinweis auf die - einen nahezu
einzigartigen Sonderfall betreffende - Entscheidung des Bundesgerichtshofs
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vom 27. Oktober 1993 (siehe oben zu 1 b bb (3)). Für den vorliegenden Ausschluss des Versorgungsausgleichs konnte hieraus keine notarielle Belehrungspflicht abgeleitet werden. Für den Notar war nach alledem - wie indes für
ein schuldhaftes Handeln erforderlich - die Notwendigkeit einer entsprechenden
Belehrung zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht erkennbar.
Schlick
Wöstmann
Remmert
Tombrink
Reiter
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 06.12.2010 - 2 O 177/10 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.10.2012 - I-18 U 4/11 -