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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 80/10
Verkündet am:
22. Januar 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GG Art. 14 Abs. 1 Ca; BGB § 138 Abs. 1 Bb; AktG § 237
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aktionär,
wonach der Aktionär seine Aktien auf die Gesellschaft unentgeltlich zu übertragen
hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist jedenfalls dann nichtig, wenn der Aktionär die
Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.
BGH, Urteil vom 22. Januar 2013 - II ZR 80/10 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den
Richter Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 6. April 2010 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Juni 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts
Düsseldorf vom 9. Juli 2009 teilweise abgeändert und wie folgt
neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
-3-
Tatbestand:
1
Die klagende Aktiengesellschaft betreibt ein Verbundsystem für Versicherungsmakler. Nach § 2 der Satzung besteht ihr Unternehmensgegenstand
darin, Versicherungsmaklern die Hilfen und Unterstützungsmittel zur Verfügung
zu stellen, die sich aus dem Berufsbild des Maklers ergeben. Sämtliche Aktionäre sind Versicherungsmakler. Sie sind außerdem über einen "Partnerschaftsvertrag" mit der Klägerin verbunden. In diesem Rahmen bietet die Klägerin den
Partnern ihre Beratungs- und Unterstützungsleistungen an.
2
Die Beklagte, die als selbständige Versicherungsmaklerin tätig ist,
schloss am 29. Mai 2001 einen Partnerschaftsvertrag mit der Klägerin. Darin ist
vorgesehen, dass jeder Partner 25 vinkulierte Namensaktien der Klägerin im
Nominalwert von jeweils 52 € zu erwerben und eine einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 300 € sowie weitere Beiträge zu zahlen hat. Der Vertrag kann
von beiden Vertragsparteien mit einer dreimonatigen Frist zum Ablauf des Kalenderjahres gekündigt werden. In § 12 Abs. 4 des Vertrages heißt es:
Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses gibt der
C.
-Partner alle C.
-Aktien unentgeltlich zur
Übertragung auf einen neuen C.
-Partner zurück.
3
Die Beklagte erwarb 25 Aktien der Klägerin für insgesamt 1.300 €. Mit
Schreiben vom 12. September 2007 kündigte die Klägerin den Partnerschaftsvertrag zum 31. Dezember 2007.
4
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die unentgeltliche Rückübertragung
der Aktien. Die Beklagte wehrt sich dagegen und erstrebt hilfsweise eine Verurteilung zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen
Abfindung. Das Amtsgericht hat der Klage mit der Einschränkung stattgegeben,
dass die Übertragung der Aktien Zug um Zug gegen Zahlung von 1.300 € zu
-4-
geschehen habe. Die beiderseitigen Berufungen hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen
die Parteien ihre jeweiligen Rechtsschutzbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
5
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Revision der Beklagten
führt dagegen zur teilweisen Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 563 Abs. 3 ZPO).
6
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
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Der Anspruch auf Rückübertragung der Aktien ergebe sich entweder aus
§ 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages oder aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1
BGB. Die ordentliche Kündigung nach § 11 Abs. 2 des Partnerschaftsvertrages
sei nach der Rechtsprechung zu den sogenannten Hinauskündigungsklauseln
wirksam. Dagegen stelle zwar die Pflicht, die Aktien unentgeltlich zu übertragen, eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar
und sei deshalb unwirksam. Wirksam bleibe aber die Pflicht, die Aktien gegen
Zahlung des Nennwerts zu übertragen.
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II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Die Regelung in
§ 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages, wonach bei einer Beendigung des
Vertrages die Beklagte verpflichtet sein soll, ihre Aktien auf die Klägerin unentgeltlich zurückzuübertragen, ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil sie gegen die guten Sitten verstößt. Rechtsfolge dieses Verstoßes ist entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts die Nichtigkeit der gesamten Klausel in § 12
Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages.
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9
1. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass sich aus der Satzung
der Klägerin eine Pflicht der Aktionäre ergibt, ihre Aktien bei einer Beendigung
des Partnerschaftsvertrages auf die Klägerin zurückzuübertragen. Ebenso wenig hat es eine in der Satzung begründete Pflicht der Aktionäre festgestellt, in
diesem Fall die Aktien auf einen beitrittswilligen Dritten zu übertragen. Ob derartige Satzungsklauseln zulässig wären oder gegen den Grundsatz der beschränkten Satzungsautonomie nach § 23 Abs. 5 AktG verstoßen würden (gegen die Zulässigkeit RGZ 49, 77, 79 ff.; BayObLG, WM 1989, 139, 140 ff.;
Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei
Handelsgesellschaften, 1965, S. 87; Westermann/Rosener in Festschrift Quack,
1991, S. 545, 551 f.; s. auch RGZ 120, 177, 179 ff.; dafür Becker, ZGR 1986,
383, 392 ff.; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, 1987,
S. 198 f.), bedarf somit keiner Entscheidung.
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2. Die Pflicht zur Rückgabe der Aktien an die Klägerin kann sich vielmehr
allein aus § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages ergeben. Diese Klausel ist
indes nichtig.
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a) In Rechtsprechung und Schrifttum ist allerdings anerkannt, dass die
Aktionäre aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit schuldrechtliche Nebenabreden treffen und darin Regelungen vorsehen können, die in der Satzung der
Aktiengesellschaft nicht zulässig wären (BGH, Urteil vom 25. September 1986
- II ZR 272/85, ZIP 1987, 103, 104; Urteil vom 13. Juni 1994 - II ZR 38/93,
BGHZ 126, 226, 234 f.; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, ZIP 2009,
216 Rn. 12 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; OLG Karlsruhe, WM 1990, 725 ff.;
Röhricht in Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 23 Rn. 238 ff.; Hüffer, AktG, 10. Aufl.,
§ 23 Rn. 45 ff.; Seibt in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 23 Rn. 64 ff.;
MünchKommAktG/Pentz, 3. Aufl., § 23 Rn. 187 ff.; Limmer in Spindler/Stilz,
AktG, 2. Aufl., § 23 Rn. 41 ff.; Arnd Arnold in KK-AktG, 3. Aufl., § 23 Rn. 172 ff.;
Mayer, MittBayNot 2006, 281, 285; Noack, Gesellschaftervereinbarungen bei
-6-
Kapitalgesellschaften, 1994, S. 113 ff.; ebenso für die GmbH BGH, Urteil vom
29. Mai 1967 - II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166; 20. Januar 1983
- II ZR 243/81, ZIP 1983, 297, 298; Urteil vom 7. Februar 1983 - II ZR 25/82,
ZIP 1983, 432 f.; Urteil vom 27. Oktober 1986 - II ZR 240/85, ZIP 1987, 293,
295; Urteil vom 15. Oktober 2007 - II ZR 216/06, ZIP 2007, 2416 Rn. 13 ff.; Beschluss vom 15. März 2010 - II ZR 4/09, ZIP 2010, 1541 Rn. 7). So können etwa die Gesellschafter einer Familiengesellschaft vereinbaren, dass ein Aktionär, der aus der Aktiengesellschaft ausscheiden will, seine Aktien den übrigen
Gesellschaftern zum Kauf anbieten muss (BGH, Urteil vom 25. September 1986
- II ZR 272/85, ZIP 1987, 103, 104; Urteil vom 13. Juni 1994 - II ZR 38/93,
BGHZ 126, 226, 234 f.). Damit wird das - zulässige - Ziel verfolgt, den Kreis der
Aktionäre auf Familienmitglieder zu beschränken. Das Gleiche gilt für Regelungen, durch die der Aktionärskreis auf Personen beschränkt werden soll, die ein
anderes gemeinsames Merkmal aufweisen (Friedewald, Die personalistische
Aktiengesellschaft, 1991, 776 f.). In der Regel wird durch eine derartige Absprache eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet (vgl. BGH, Beschluss
vom 21. September 2009 - II ZR 250/07, ZIP 2009, 2155 Rn. 4).
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b) Hier ist eine entsprechende schuldrechtliche Nebenabrede aber nicht
zwischen den Aktionären getroffen worden. Vielmehr hat die klagende Aktiengesellschaft selbst mit jeweils einem - künftigen - Aktionär vereinbart, dass er
bei einer Beendigung des mit ihm geschlossenen Partnerschaftsvertrages
- auch infolge einer fristgemäßen Kündigung seitens der Klägerin - seine Aktien
auf die Klägerin unentgeltlich zurückzuübertragen habe. Eine derartige Abrede
verstößt gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB.
13
aa) Durch eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen der Aktiengesellschaft und ihrem jeweiligen Aktionär können grundsätzlich keine Rechte und
Pflichten begründet werden, die alle gegenwärtigen und künftigen Aktionäre
treffen sollen und damit mitgliedschaftlicher Natur sind (Wiedemann in Groß-
-7-
KommAktG, 4. Aufl., § 179 Rn. 34 f.; Röhricht in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 23
Rn. 13; Zöllner in KK-AktG, 2. Aufl., § 179 Rn. 8, 11; ebenso für die GmbH
Ulmer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 53 Rn. 8; aA Becker, ZGR 1986,
383 Fn. 86; zum Meinungsstand MünchKommAktG/Oechsler, 3. Aufl., § 237
Rn. 56 f.). Solche Abreden sind vielmehr notwendige materielle Satzungsbestandteile (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1993 - II ZR 155/92, BGHZ 123, 347,
350; ebenso für die GmbH BGH, Urteil vom 25. Oktober 1962 - II ZR 188/61,
BGHZ 38, 155, 161), die nur dann wirksam sein können, wenn sie in die Satzung aufgenommen werden. So kann etwa ein Recht zur Zwangseinziehung im
Sinne des § 237 AktG nicht durch eine schuldrechtliche Abrede zwischen der
Aktiengesellschaft und ihren Aktionären begründet werden (vgl. Mayer, MittBayNot 2006, 281, 283; Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 23 Rn. 47 aE).
14
bb) Hier haben die Klägerin und die jeweiligen Aktionäre schuldrechtliche
Verträge geschlossen, nämlich die Partnerschaftsverträge, mit denen sie im
Ergebnis eine Bindung aller Aktionäre erreichen wollten. Dazu wird im Schrifttum in Übereinstimmung mit einem obiter dictum des Bayerischen Obersten
Landesgerichts (WM 1989, 139, 143) die Meinung vertreten, schuldrechtliche
Nebenabreden der Aktionäre mit der Gesellschaft seien unter anderem dann
zulässig, wenn sie das Ziel verfolgten, in Ergänzung einer satzungsmäßigen
Vinkulierung der Aktien nach § 68 Abs. 2 AktG einen bestimmten Aktionärskreis
zu erhalten (Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172 ff.; Schanz, NZG 2000, 337, 341;
Merkt in Großkomm.AktG, 4. Aufl., § 68 Rn. 522; MünchKommAktG/Bayer, 3.
Aufl., § 68 Rn. 41; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff,
Aktiengesetz, § 68 Rn. 70; ebenso für schuldrechtliche Vereinbarungen von
zusätzlichen Zahlungen an die Gesellschaft: Drygala in KK-AktG, 3. Aufl., § 54
Rn. 31; Lutter in KK-AktG, 2. Aufl., § 54 Rn. 21; Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl.,
§ 54 Rn. 7 f.). Es geht dabei etwa um den Fall, dass nach der Ausgabe von Belegschaftsaktien eine Rückübertragung der Aktien für den Fall sichergestellt
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werden soll, dass der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet
(BayObLG, WM 1989, 139 ff.). Die Gegenmeinung hält derartige Andienungspflichten für unzulässig. Sie stellt darauf ab, dass die Gesellschaft im Rahmen
der Nebenabrede durch den Vorstand vertreten wird und damit der Vorstand im
Widerspruch zu der innergesellschaftlichen Kompetenzordnung über die Zusammensetzung der Hauptversammlung bestimmen könne. Einer solchen Möglichkeit außerhalb des Zustimmungserfordernisses bei der Vinkulierung von Aktien nach § 68 Abs. 2 AktG seien aber enge Grenzen gesetzt, wie etwa das
Verbot des § 136 Abs. 2 AktG zeige, nach dem der Aktionär sich nicht verpflichten dürfe, sein Stimmrecht nach den Weisungen des Vorstands auszuüben.
Damit fehle dem Vorstand die Geschäftsführungsbefugnis zum Abschluss derartiger Vereinbarungen (Immenga, AG 1992, 79; Otto, AG 1991, 369 ff.; ähnlich
schon Rudolf Fischer in Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, III.
Band, 1916, S. 376 f.).
15
cc) Welcher Meinung grundsätzlich zu folgen ist, braucht aus Anlass des
vorliegenden Falles nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls ist ein
schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aktionär
unwirksam, wenn danach der Aktionär verpflichtet sein soll, bei Beendigung der
Vertragsbeziehung die von ihm entgeltlich erworbenen Aktien entschädigungslos auf die Gesellschaft zurückzuübertragen.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des
Bundesgerichtshofs fällt das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum unter den
Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, ZIP 2012, 1402 Rn. 52; ZIP 2012, 1656
Rn. 21 - Daimler/Chrysler; ZIP 1999, 1436, 1439 - DAT/Altana; ZIP 1999, 1804,
1805 f.; BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 55;
Beschluss vom 12. März 2001 - II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 112, 114). Der
Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfasst die Substanz des Anteilseigentums in seiner mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausgestal-
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tung. Er ist beispielsweise betroffen bei einem Ausschluss des Aktionärs
(BVerfG, ZIP 2007, 1261 Rn. 18). Grundsätzlich ist dem Aktionär, dessen Aktien eingezogen werden oder der sonst aus der Gesellschaft ausgeschlossen
wird, der volle Wert seiner Aktien zu ersetzen. Ein entschädigungsloser oder
nur mit einer unangemessen geringen Abfindung verbundener Ausschluss greift
unzulässig in die vermögensmäßige Rechtsposition des Aktionärs ein und verstößt deshalb grundsätzlich gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1
GG und gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB (Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 174 f.; MünchKommAktG/Oechsler, 3.
Aufl., § 237 Rn. 65; Becker in Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl, § 237 Rn. 24; s.
auch OLG München, ZIP 2008, 220, 224; MünchHdbGesRIV/Krieger, 3. Aufl., §
62 Rn. 12 f.).
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Dieser Grundsatz gilt nicht nur bei einer Zwangseinziehung im Sinne des
§ 237 AktG - oder einer Übertragung von Aktien nach §§ 327a ff. AktG -, sondern gegebenenfalls auch bei einem zwangsweisen Ausschluss, der auf einer
außerhalb der Satzung getroffenen schuldrechtlichen Abrede beruht. Denn es
ist kein Grund ersichtlich, das Aktieneigentum gegen Eingriffe aufgrund schuldrechtlicher Abreden geringer zu schützen als gegen Eingriffe, die auf einer Satzungsbestimmung oder auf dem Gesetz beruhen. Dass sich der Aktionär bei
Begründung seiner Aktionärsstellung mit dieser Eingriffsmöglichkeit einverstanden erklärt hat, gilt für das satzungsmäßige Einziehungsrecht ebenso wie für
ein möglicherweise anzuerkennendes Ausschließungsrecht aufgrund einer
schuldrechtlichen Abrede. Jedenfalls dann, wenn der Aktionär - wie hier - die
Aktien entgeltlich erworben hat, verletzt die Pflicht zur unentgeltlichen Rückübertragung der Aktien sein Eigentumsgrundrecht und kann daher keinen Bestand haben.
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dd) Rechtsfolge dieses Verstoßes ist die Nichtigkeit der gesamten Klausel in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages. Sie kann weder durch eine er-
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gänzende Vertragsauslegung oder eine entsprechende Anwendung von § 139
BGB noch durch eine Umdeutung aufrechterhalten werden.
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Eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB oder eine entsprechende Anwendung von § 139 BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht,
weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein wegen eines sittenwidrigen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung nichtiges Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht durch Anpassung der Leistungen auf ein noch vertretbares Maß aufrechterhalten werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai
1958 - V ZR 280/56, NJW 1958, 1772; Urteil vom 12. Juli 1965 - II ZR 118/63,
BGHZ 44, 158, 162; Urteil vom 21. März 1977 - II ZR 96/75, BGHZ 68, 204,
207). Es kommt hinzu, dass weder Umstände festgestellt noch sonst ersichtlich
sind, aufgrund derer ermittelt werden könnte, welche Regelung die Parteien bei
angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben getroffen
hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages bedacht hätten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. März 2012
- VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865 Rn. 24; Urteil vom 7. November 2012
- XII ZR 41/11, juris Rn. 26).
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Nichts anderes gilt für die Umdeutung nach § 140 BGB. Zwar wird für
den Fall einer in der Satzung angeordneten entschädigungslosen Zwangseinziehung im Schrifttum angenommen, dass diese Regelung in eine gestattete
- entgeltliche - Einziehung umzudeuten ist (vgl. MünchKommAktG/Oechsler,
3. Aufl., § 237 Rn. 35 mwN). Dafür wird angeführt, dass die gestattete Einziehung einen Beschluss der Hauptversammlung erfordert und deshalb nicht demselben strengen Bestimmtheitsgrundsatz unterliegt wie die angeordnete
Zwangseinziehung, die nach § 237 Abs. 6 AktG ohne Beteiligung der Hauptversammlung durch den Vorstand vollzogen wird. Deshalb bleibt es bei der gestatteten Zwangseinziehung der Hauptversammlung vorbehalten, die - angemessene - Abfindung oder jedenfalls deren Bemessungsgrundsätze festzulegen
- 11 -
(Lutter in KK-AktG, 2. Aufl., § 237 Rn. 34). Das kann aber nur für die in der Satzung vorzusehenden Formen der Zwangseinziehung gelten, nicht dagegen für
eine etwaige Ausschlussmöglichkeit durch Kündigung aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede. Denn insoweit fehlt es schon an der Möglichkeit, im Wege
der Umdeutung eine Zuständigkeit der Hauptversammlung zu begründen.
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Im Übrigen hat sich auch eine Umdeutung an dem (hypothetischen) Parteiwillen
zu
orientieren
(BGH,
Beschluss
vom
17. September
2008
- III ZB 19/08, WM 2008, 2153 Rn. 18). Der (hypothetische) Parteiwille kann
aber angesichts der Vielgestaltigkeit schuldrechtlicher Abreden nicht ohne weiteres im Sinne einer gestatteten Zwangseinziehung angenommen werden.
Ebenso gut hätten die Parteien, wenn ihnen die Unwirksamkeit einer Pflicht zur
entschädigungslosen Rückübertragung der Aktien bewusst gewesen wäre, auf
diese Rückübertragung gänzlich verzichten können oder aber die von allen
Partnern zu zahlenden laufenden Gebühren höher ansetzen können, um das
Kapital für etwaige Abfindungszahlungen aufzubringen.
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3. Da somit schon keine Pflicht zur Übertragung der Aktien auf die Klägerin begründet worden ist, kann die Frage offen bleiben, wie eine angemessene
Abfindung gegebenenfalls zu bemessen wäre.
Bergmann
Strohn
Reichart
Caliebe
Sunder
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.07.2009 - 54 C 14868/08 LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.04.2010 - 36 S 3/09 -