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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 189/11
vom
15. Januar 2013
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterin
Dr. Reichart und die Richter Dr. Drescher und Born
einstimmig beschlossen:
1. Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
2. Der
Streitwert
für
das
Beschwerdeverfahren
wird
auf
85.494,41 € festgesetzt (6.968,19 € für den Zahlungsantrag
und 78.526,22 €, nämlich [6,26 € + 0,25 €] x 359 Mitglieder
x 12 Monate x 3,5 - 20 % für den Feststellungsantrag).
Gründe:
1
A. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein Grund
für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
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Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch
erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Auf die vom
Berufungsgericht dazu angeführten Fragen, ob sich - allein - aus Satzungszielen Zahlungsansprüche gegen Vereinsmitglieder ergeben können und welche
Voraussetzungen bei einer Gewerkschaft an den Erlass einer Arbeitskampfunterstützungsordnung zu stellen sind, kommt es für die Entscheidung nicht an.
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B. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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I. Die Klage ist zulässig.
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Das gilt insbesondere für die vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als
Zwischenfeststellungsklage i.S.d. § 256 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom
6. Juli 1989 - IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318, 320) angesehene Feststellungsklage. Die Pflicht zur Zahlung der monatlichen Mitgliedsbeiträge ist ein
vorgreifliches Rechtsverhältnis, das nach § 256 Abs. 2 ZPO festgestellt werden
kann. Der Beklagte wehrt sich jedenfalls gegen seine Verpflichtung, monatlich
0,25 € pro Mitglied in den Streikfonds zahlen zu müssen. Im Übrigen haben
Land- und Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Vortrag
des Beklagten, er wehre sich nicht gegen den Mitgliedsbeitrag, eine unbeachtliche Schutzbehauptung sei.
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II. Die Klage ist auch begründet.
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1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des
- allgemeinen - Mitgliedsbeitrags in Höhe von 6,26 € pro Monat und Mitglied,
von dem der Kläger für die Zeit von Juli bis September 2008 nur 6,22 € pro Monat und Mitglied geltend macht, nämlich insgesamt 6.698,94 € bei 359 Mitgliedern.
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Gegen die Befugnis des Klägers, einen Mitgliedsbeitrag zu erheben und
seine Höhe nach § 7 der Satzung vom Gesamtvorstand festlegen zu lassen,
bringt die Revision nichts vor. Dagegen bestehen auch keine Bedenken (vgl.
BGH, Urteil vom 10. Juli 1995 - II ZR 102/94, BGHZ 130, 243, 246; Urteil vom
19. Juli 2010 - II ZR 23/09, ZIP 2010, 1793 Rn. 12).
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2. Der Kläger hat weiter einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 0,25 € pro Monat und Mitglied in den Streikfonds, das sind für den hier
streitigen Zeitraum von Juli bis September 2008 insgesamt 269,25 €.
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Die Berechtigung zur Erhebung dieses einem speziellen Zweck gewidmeten Teils des Mitgliedsbeitrags ergibt sich ebenfalls aus § 7 der Satzung des
Klägers. Dass der Gesamtvorstand keinen einheitlichen Mitgliedsbeitrag festgesetzt, sondern zwischen dem allgemeinen Zwecken dienenden Teil des Beitrags und dem zur Unterhaltung der Streikkasse bestimmten Beitragsteil differenziert hat, ist unschädlich. Entscheidend ist allein, dass beide Bestandteile
des Beitrags den Anforderungen des § 7 der Satzung entsprechend festgesetzt
worden sind. Danach setzt der Gesamtvorstand des Klägers die Mitgliedsbeiträge fest, wobei allein insoweit eine satzungsmäßige Bindung besteht, als sich
die Höhe nach der Zahl der Mitglieder der Landesverbände richten muss.
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Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Höhe auch des Beitrags zur
Streikkasse richtet sich nach der Zahl der Mitglieder der Landesverbände. Es ist
auch davon auszugehen, dass dieser Beitragsteil - ebenso wie der allgemeine
Mitgliedsbeitrag - vom Gesamtvorstand des Klägers festgesetzt worden ist.
Zwar rügt die Revision, dass dazu keine Feststellungen getroffen worden seien
und dass der Gesamtvorstand am 20./21. Juni 2005 den Mitgliedsbeitrag auf
6,26 € pro Monat und Mitglied festgesetzt habe. Sie sagt aber nicht, dass der
Beklagte behauptet hätte, der Beitrag zu der Streikkasse sei - entgegen der
ausdrücklichen Zuständigkeitszuweisung in § 5 der Arbeitskampfunterstützungsordnung des Klägers - nicht vom Gesamtvorstand festgesetzt worden.
Damit ist die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Annahme, der Gesamtvorstand habe den Streikbeitrag zu einem früheren Zeitpunkt festgesetzt und im
Juni 2005 nur über den allgemeinen Teil des Mitgliedsbeitrags entschieden,
nicht in Frage gestellt.
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Ob der Kläger die Voraussetzungen einer tariffähigen Gewerkschaft erfüllt, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Entscheidend
ist, dass er tatsächlich eine Streikkasse unterhält und sich damit die Möglichkeit
von Arbeitskampfmaßnahmen offen hält. Wenn sich der Beklagte dagegen
wehren will, muss er darauf hinwirken, dass die Arbeitskampfunterstützungsordnung aufgehoben wird. Im Übrigen hat das Landgericht - wenn auch mit
knapper Begründung - festgestellt, dass der Kläger die Voraussetzungen einer
tariffähigen Gewerkschaft erfüllt, und das Berufungsgericht hat sich diese Ausführungen zu eigen gemacht.
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3. Dem Anspruch auf Zahlung des Mitgliedsbeitrags steht kein Zurückbehaltungsrecht entgegen. Das stellt die Revision nicht mehr in Frage.
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4. Die Klageforderung ist durch die (Hilfs-)Aufrechnung des Beklagten
nicht erloschen. Der Beklagte hatte keinen Anspruch gegen den Kläger auf
Zahlung einer Strukturhilfe in Höhe von je 75.669 € für die Jahre 2005 und
2006.
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a) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Satzung
des Klägers nicht, dass den Landesverbänden in strukturschwachen Bundesländern eine besondere finanzielle Unterstützung gewährt werden muss. Die
gegenteilige Auslegung des Berufungsgerichts, die vom Senat voll überprüft
werden kann (BGH, Beschluss vom 11. November 1985 - II ZB 5/85, BGHZ 96,
245, 250; Urteil vom 22. April 1996 - II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866; Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10, WM 2012, 1009 Rn. 17), ist zutreffend.
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So werden die Aufgaben des Klägers in § 2 Abs. 1 der Satzung wie folgt
festgelegt:
Aufgabe des DJV ist die Wahrnehmung und Förderung aller
beruflichen, rechtlichen und sozialen Interessen der haupt-
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beruflich … tätigen Journalistinnen und Journalisten sowie
Beratung und Unterstützung der Landesverbände in diesen
Fragen.
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Dass sich daraus eine Pflicht zu Zahlungen an Landesverbände in strukturschwachen Bundesländern ergeben könnte, ist schon nach dem Wortlaut der
Bestimmung nicht ersichtlich. Dagegen spricht zudem die Aufzählung von einzelnen Aufgaben in § 2 Abs. 2 der Satzung, die eine Strukturhilfe oder ähnliche
Zahlungspflichten nicht vorsieht.
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b) Auch der Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit stets eine
Strukturhilfe an den Beklagten gezahlt hat, gibt dem Beklagten noch keinen
Rechtsanspruch auf eine Fortsetzung dieser Zahlungen. Insbesondere ist die
Gewährung der Strukturhilfe damit nicht, wie die Revision meint, zur Grundlage
des Vereinslebens geworden. Der Kläger war vielmehr frei, die Strukturhilfe
einzuschränken und insbesondere organisatorisch neu zu gestalten.
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Da dies keine Satzungsänderung - und erst recht keine Änderung des
Vereinszwecks im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB (dazu s. BGH, Beschluss
vom 11. November 1985 - II ZB 5/85, BGHZ 96, 245, 249; Urteil vom
24. Oktober 1988 - II ZR 311/87, BGHZ 105, 306, 313 ff.) - darstellt, konnte der
Gesamtvorstand des Klägers aufgrund seiner Zuständigkeit zur Entscheidung
wichtiger Angelegenheiten nach § 17 Abs. 1 der Satzung am 20./21. Juni 2005
den Beschluss fassen, einen Länderfonds zu gründen, dem zukünftig die Strukturförderung obliegt und dessen "organisatorische Abwicklung" von dem Landesverband Nordrhein-Westfalen übernommen wird. Dem entsprachen auch
die Herabsetzung des allgemeinen Mitgliedsbeitrags um 0,64 € pro Monat und
Mitglied und die Verpflichtung der Landesverbände, diesen besonderen Beitragsteil unmittelbar an den Länderfonds zu zahlen. Damit wurde die Strukturhil-
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fe nicht eingestellt, sondern nur aus den allgemeinen Aufgaben des Klägers
ausgegliedert und einer besonderen Organisation unterstellt.
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c) Der Einwand der Revision, bei dem Beitritt des Beklagten zum Kläger
sei vereinbart worden, dass der Beklagte durch Strukturhilfezahlungen unterstützt werde, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Eine solche Vereinbarung kann
sich nur auf die grundsätzliche Bereitschaft des Klägers bezogen haben, den
Beklagten bei der Strukturhilfe angemessen zu berücksichtigen. Ein weitergehendes Zahlungsversprechen hätte jedenfalls gegen den in § 3 Abs. 1 Satz 4
der Satzung bekräftigten und auch vom Beklagten herangezogenen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
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d) Schließlich bestand entgegen der Auffassung der Revision auch nicht
deshalb ein Zahlungsanspruch gegen den Kläger, weil dieser mit seiner Weigerung, an den Beklagten Strukturhilfe zu zahlen, gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen habe. Dazu trägt die Revision vor, nur der Beklagte sei von
weiteren Strukturhilfezahlungen ausgeschlossen worden, andere Landesverbände, wie etwa der Landesverband Berlin und der mit dem Beklagten konkurrierende Landesverband in Brandenburg, hätten weiter Strukturhilfezahlungen
aus dem neu eingerichteten Länderfonds erhalten.
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Auch diesem Angriff hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass für Zahlungen aus dem Länderfonds ein Antrag
und eine nachvollziehbare Begründung erforderlich seien und dass der Beklagte einen solchen Antrag nicht gestellt habe. Damit hat der Beklagte das dafür
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vorgesehene Prüfverfahren nicht in Gang gesetzt und kann sich schon deshalb
nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen.
Bergmann
Strohn
Drescher
Reichart
Born
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
worden.
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 14.10.2009 - 8 O 385/08 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 01.07.2011 - 3 U 147/09 -