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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 89/02
Verkündet am:
30. September 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ
:
BGHR
:
ja
nein
ja
Steuerberater-Hotline
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; StBerG §§ 2, 5 Abs. 1 Satz 1, § 64 Abs. 1; StBGebV §§ 4,
13, 21 Abs. 1 Satz 1; Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB)
§ 45 Abs. 4 Satz 1
a) Der durch den Anruf bei einer Steuerberater-Hotline zustande kommende Beratungsvertrag wird im Zweifel mit dem den Anruf entgegennehmenden Steuerberater geschlossen und nicht mit dem – zur Steuerberatung nicht befugten
– Unternehmen, das den Beratungsdienst organisiert und bewirbt.
b) Der Steuerberater, der sich an einer Steuerberater-Hotline beteiligt, verstößt
damit nicht gegen berufsrechtliche Verbote. Insbesondere verstößt es nicht
gegen § 13 Nr. 2 StBGebV, wenn ein Steuerberater, der von einem ihm nicht
näher bekannten Mandanten um telefonische Beratung gebeten wird, hierfür
eine im Minutentakt berechnete Zeitgebühr vereinbart.
BGH, Urt. v. 30. September 2004 – I ZR 89/02 – Kammergericht
LG Berlin
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des
Kammergerichts vom 9. Oktober 2001 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 14. Februar 2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte unterhält und bewirbt einen Telefonanschluß, über den Interessenten gegen Entgelt eine steuerliche Beratung erhalten können. Zur Durchführung der Beratung leitet die Beklagte die Anrufe, die über die in der Werbung angegebene 0190er-Telefonnummer bei ihr eingehen, unmittelbar an mit ihr vertrag-
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lich verbundene Steuerberater weiter. Die Deutsche Telekom stellt dem Inhaber
des Anschlusses, von dem aus der Anruf erfolgt, mit der Telefonrechnung den
Preis von 3,63 DM pro Minute in Rechnung. Hiervon zahlt die Deutsche Telekom
2,48 DM an die Beklagte aus. Die auf diese Weise von der Telekom eingenommenen Beträge leitet die Beklagte je nach Gesprächsaufkommen an die beteiligten Steuerberater weiter, von denen sie ihrerseits eine pauschale monatliche Teilnahmegebühr sowie eine zeitabhängige Nutzungsgebühr erhält.
Die Klägerin, eine Steuerberaterkammer, hat die Ansicht vertreten, die beanstandete Telefonberatung verstoße gegen das Steuerberatungsgesetz (StBerG)
und die Gebührenverordnung für Steuerberater (StBGebV). Sie hat im Verhalten
der Beklagten einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG a.F. gesehen und sie auf
Unterlassung in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Steuerberatung zu einem Minutenpreis von 3,63 DM für den Anrufer per Telefon/Hotline anzubieten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG Berlin MMR
2001, 61 = DStRE 2000, 613). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (KG MMR 2002, 635 [Ls.] = DStRE 2003, 316).
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat – noch vor der erst später ergangenen Se-
natsentscheidung „Anwalts-Hotline“ (BGHZ 152, 153) – in dem beanstandeten Angebot einen Verstoß der mitwirkenden Steuerberater gegen die Gebührenregelungen in § 64 Abs. 1 StBerG, § 4 Abs. 1, § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV und § 45 Abs. 4
Satz 1 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB) gesehen und
der Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs aus § 1 UWG a.F. zugesprochen. Zur Begründung hat es
ausgeführt:
Die Beklagte fördere den unlauteren Wettbewerb der Steuerberater, die sich
an der telefonischen Beratung beteiligten. Diese handelten wettbewerbswidrig, da
die Gefahr bestehe, daß die gesetzlichen Gebühren unter- oder überschritten und
nicht geschuldete Gebühren erhoben würden. Die Steuerberatervergütungsverordnung sei auch auf die telefonische Beratung durch Steuerberater anzuwenden.
Die Erhebung einer Zeitgebühr nach § 13 Satz 1 Nr. 1 StBGebV komme für eine
telefonische Beratung nicht in Betracht. Außerdem dürfe die in der Verordnung
vorgesehene Zeitgebühr die Vergütungssätze der Verordnung nicht unter-, sondern nur überschreiten (§ 4 StBGebV). Im übrigen sei nicht gewährleistet, daß die
Rahmengebühr des § 13 Satz 2 StBGebV in Höhe von 37,50 DM bis 90 DM je angefangene halbe Stunde bei der Abrechnung der telefonischen Beratung nicht unterschritten werde: Bleibe ein Beratungsgespräch unter zehn Minuten, werde die
Mindestzeitgebühr des § 13 Satz 2 StBGebV nicht erreicht. Auch das Gebot der
Angemessenheit der Gebühren aus § 64 Abs. 1 StBerG und § 45 Abs. 4 Satz 1
BOStB könne ein Unterschreiten der Gebühren nicht rechtfertigen, da die bei der
Gebührenbemessung zu berücksichtigenden Umstände wie der Wert des Objekts,
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die Art der Aufgabe und der Schwierigkeitsgrad der Leistung bei der vorliegenden
Zeitabrechnung unberücksichtigt blieben.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
Das von der Klägerin beanstandete Verhalten stellt sich entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts nicht als wettbewerbswidrig dar.
1. Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
(vgl. Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 8 UWG
Rdn. 3.33; Bergmann in Harte/Henning, UWG, § 8 Rdn. 275). Insofern hat sich
gegenüber der Regelung in § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F., auf die das Berufungsgericht zu Recht abgestellt hat, nichts geändert (dazu BGHZ 79, 390, 392 ff. – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft, m.w.N.). Mit ihrer Werbung für die Dienstleistung einer Steuerberatung hat sich die Beklagte in ein konkretes Wettbewerbsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) zu den Mitgliedern des klagenden Verbandes
gestellt.
2. In dem beanstandeten Verhalten der Beklagten liegt kein Angebot einer
verbotenen Hilfeleistung in Steuersachen. Der Klägerin steht daher kein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 5 Abs. 1 Satz 1
StBerG zu.
Das Berufungsgericht geht ohne nähere Begründung, aber zutreffend, aber
davon aus, daß bei dem beanstandeten Geschäftsmodell der Beklagten der Vertrag über die Beratungsleistung nicht mit der Beklagten, sondern mit dem jeweils
telefonisch beratenden Steuerberater zustande kommt. Damit handelt es sich bei
der Beratung um eine nicht von der Beklagten, sondern von dem jeweiligen Steuerberater erbrachte Dienstleistung. Zwar ist es nach den äußeren Umständen
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zweifelhaft, zwischen wem der Vertrag über die Erbringung der Steuerberatungsleistung geschlossen werden soll. Für den Vertragsschluß mit dem telefonisch beratenden Steuerberater spricht jedoch eindeutig der Grundsatz, daß der Wille der
vertragschließenden Parteien im Zweifel auf eine den Vertragszweck nicht gefährdende Gestaltung gerichtet ist.
Wäre im Streitfall das Angebot des Anrufers auf einen Vertragsschluß mit der
Beklagten gerichtet, wäre der Vertragszweck gefährdet. Nach § 2 StBerG darf die
Hilfeleistung in Steuersachen (vgl. hierzu § 1 StBerG) geschäftsmäßig nur von
Personen oder Vereinigungen ausgeübt werden, die dazu befugt sind. Die Beklagte gehört nicht zu diesem in §§ 3, 4 StBerG näher beschriebenen Kreis. Ihr ist es
daher nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG versagt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Käme der Vertrag über die Beratung in einer steuerlichen Angelegenheit mit der Beklagten zustande, wäre er auf eine unzulässige geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen gerichtet und damit nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (vgl. BGHZ 132, 229, 231 f. m.w.N.).
Im Zweifel ist davon auszugehen, daß die Vertragschließenden eine derartige, von
ihrem Willen unabhängige Gefährdung des Vertragszwecks nicht beabsichtigen.
Ist den Umständen nicht eindeutig zu entnehmen, an welchen von zwei möglichen
Adressaten sich das Angebot zum Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrags
richtet, ist daher nur diejenige Auslegung nach beiden Seiten interessengerecht,
die die Nichtigkeit des angestrebten Vertrags vermeidet. Auf den Streitfall bezogen
bedeutet dies, daß bei verständiger Würdigung in dem Anruf – in Ermangelung eines erkennbaren entgegenstehenden Willens des Anrufers – das Angebot zum
Abschluß eines Beratungsvertrags mit dem jeweils sich meldenden Steuerberater
zu den in der Werbung im einzelnen wiedergegebenen Bedingungen liegt (vgl.
hierzu eingehend BGHZ 152, 153, 157 ff. – Anwalts-Hotline).
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3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in dem von der
Beklagten mit ihrem Geschäftsmodell geförderten Verhalten des telefonisch eingeschalteten Steuerberaters kein Wettbewerbsverstoß, für den die Beklagte als
Teilnehmerin haftbar gemacht werden könnte. Der Steuerberater, der dem Ratsuchenden für jede Minute der Beratung 2,48 DM berechnet (die Differenz zu den
insgesamt in Rechnung gestellten 3,63 DM sind die an die Deutsche Telekom fließenden Telefongebühren), verstößt nicht gegen die preisrechtlichen Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, daß
es sich bei den berufsrechtlichen Mindest- oder Höchstpreisvorschriften des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung um Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG handelt (vgl. BGHZ 152, 153, 162 – Anwalts-Hotline, zur Rechtsanwaltsgebührenordnung; ferner Köhler in Baumbach/
Hefermehl aaO § 4 Rdn. 11.139 f.). Im Falle des Verstoßes gegen derartige Bestimmungen steht Mitbewerbern und Verbänden, die – wie die Klägerin – die gewerblichen Interessen von Mitbewerbern wahrnehmen, ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, § 3 UWG zu.
b) Mit dem von der Beklagten organisierten und geförderten Steuerberatungsdienst sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine unzulässigen Gebührenunter- oder -überschreitungen verbunden.
aa) Es stellt keinen Verstoß gegen die Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung dar, daß dem Ratsuchenden
für die Beratung im Streitfall eine zeitabhängige Vergütung in Rechnung gestellt
wird.
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Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 StBerG ist ein Steuerberater an die durch das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung erlassene Gebührenverordnung gebunden. Die Höhe der Gebühren darf nach § 64 Abs. 1 Satz 3 StBerG
den Rahmen des Angemessenen nicht übersteigen und hat sich nach Zeitaufwand, Wert des Objekts und Art der Aufgabe zu richten. Die telefonische Beratung
wird im allgemeinen den Gebührentatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 StBGebV erfüllen. Danach erhält der Steuerberater für einen mündlichen Rat oder eine Auskunft, wenn die Beratung nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, eine Gebühr in Höhe von einem Zehntel bis zehn Zehntel der vom
Gegenstandswert abhängigen vollen Gebühr. Im Falle einer Erstberatung darf diese Gebühr nach § 21 Abs. 1 Satz 2 StBGebV jedoch 180 € nicht übersteigen, was
– wenn eine Mittelgebühr von 5,5/10 zugrunde gelegt wird – ab einem Gegenstandswert von mehr als 6.000 € zu einer betragsmäßigen Begrenzung des Gebührenanspruchs führt.
Darüber hinaus sieht § 13 StBGebV ausdrücklich auch die Möglichkeit der
Abrechnung nach einer Zeitgebühr vor. Dies gilt nach § 13 Satz 1 Nr. 1 StBGebV
für die in der Verordnung ausdrücklich vorgesehenen Fällen sowie nach § 13
Satz 1 Nr. 2 StBGebV für den Fall, daß es keine hinreichenden Anhaltspunkte für
eine Schätzung des Gegenstandswerts gibt. Ob die Anhaltspunkte genügen, ist
insbesondere im Hinblick darauf zu beurteilen, ob der Steuerberater in der Lage
ist, den Gegenstandswert ohne langwierige Zusatzermittlungen zu schätzen (Goez
in Meyer/Goez, StBGebV, 4. Aufl., § 13 Rdn. 10). Es bedarf im Streitfall keiner
Entscheidung, ob sich daraus für die Praxis in Zweifelsfällen – wie im Schrifttum
teilweise angenommen (vgl. Goez aaO § 13 Rdn. 11; enger dagegen Eckert/
Crusen, StBGebV, 4. Aufl., § 13 Rdn. 1) – sogar generell eine Wahlmöglichkeit
des Steuerberaters zwischen Wert- und Zeitgebühr ergibt. Denn ein Steuerberater, der von einem ihm nicht näher bekannten Mandanten um eine telefonische
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Beratung in einer Steuerangelegenheit gebeten wird, verstößt nicht gegen die
Preisbestimmungen des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung, wenn er hierfür unter Berufung auf § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV eine Zeitgebühr ansetzt. In vielen Fällen werden von vornherein Anhaltspunkte für
eine Schätzung des Gegenstandswertes fehlen. Aber auch in den Fällen, in denen
solche Anhaltspunkte an sich ermittelt werden könnten, wäre der Steuerberater
vollständig auf die Angaben des ihm nicht näher bekannten Ratsuchenden angewiesen, die er in keiner Weise überprüfen könnte. Hinzu kommt, daß sich ein Anrufer, der sich an einen der von der Beklagten vermittelten Steuerberater wendet,
durch seinen Anruf mit der Vereinbarung einer Zeitvergütung einverstanden erklärt. Mit der Zeitvergütung wählen die Parteien des Beratungsvertrages bewußt
eine Berechnungsweise, die sich von der gegenstandswertabhängigen Berechnung vollständig löst. Dies ist für sich genommen im Streitfall nicht zu beanstanden (vgl. für den Fall der anwaltlichen Beratung, für den andere gesetzliche Gebührenbestimmungen gelten, BGHZ 152, 153, 160 f. – Anwalts-Hotline).
bb) Die von der Beklagten vermittelten Steuerberater verstoßen auch nicht
deswegen gegen die gebührenrechtlichen Bestimmungen, weil die von ihnen in
Rechung gestellten Gebühren den in der Steuerberatergebührenverordnung gesetzten Rahmen unterschreiten.
Die Zeitgebühr, die der Abrechnung eines Steuerberaters zugrunde gelegt
wird, beträgt nach § 13 Satz 2 StBGebV zwischen 19 und 46 € je angefangene
halbe Stunde. Die zeitabhängige Mindestgebühr wird damit bei der von der Klägerin beanstandeten telefonischen Beratung, für die dem Ratsuchenden ein Betrag
von 2,48 DM pro Minute berechnet wird, nach 15 Minuten erreicht, die Höchstgebühr wird auch nach 30 Minuten nicht überschritten. Eine Unterschreitung des
Gebührenrahmens des § 13 Satz 2 StBGebV bei Gesprächen von weniger als
15 Minuten ist daher nicht auszuschließen. Erfolgt die Gebührenberechnung nicht
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nach Zeit, sondern nach Gegenstandswerten, liegt die Mittelgebühr (5,5/10) nach
der Steuerberatergebührenverordnung mindestens bei 13,75 € (Gegenstandswert
bis zu 300 €); auch bei Ausschöpfung des Gebührenrahmens (1/10 bis 10/10) darf
sie 10 € nicht unterschreiten (§ 3 StVGebV). Bei einem Gegenstandswert von
1.500 € beträgt die Mittelgebühr bereits 57,75 €. Dies macht deutlich, daß die im
Rahmen des beanstandeten Beratungsdienstes vereinbarte Vergütung in Höhe
von 2,48 DM pro Minute die nach Gegenstandswerten berechneten gesetzlichen
Gebühren häufig unterschreiten würde.
Die in der Steuerberatergebührenverordnung vorgesehenen Mindestgebühren betreffen jedoch allein den Fall der Abrechnung nach den gesetzlichen Gebühren. Im Streitfall geht es dagegen um die Berechnung einer vereinbarten Vergütung. Für den Fall der Gebührenvereinbarung enthält die Steuerberatergebührenverordnung keine ausdrückliche Regelung über zu beachtende Mindestsätze. Die
Bestimmung des § 4 StBGebV legt lediglich die Voraussetzungen für die Vereinbarung einer höheren als der gesetzlich vorgesehenen Vergütung fest. In der Begründung zur Verordnung werden Abweichungen von den vorgesehenen Gebühren – auch hinsichtlich Gebührenunterschreitungen – in zivil- und preisrechtlicher
Hinsicht ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Vielmehr wird es den beruflichen
Selbstverwaltungskörperschaften überlassen, die berufsrechtlichen Grenzen einer
Unter- oder Überschreitung aufzuzeigen und deren Einhaltung zu überwachen (zitiert bei Eckert/Winkler aaO § 4 Rdn. 1). Dementsprechend ist in § 45 Abs. 4
Satz 1 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB) vom 2. Juni
1997 (DStR, Beihefter zu Heft 26/1997), zuletzt geändert durch Beschluß der Satzungsversammlung vom 24. Oktober 2001 (DStR 2002, 518), geregelt, daß eine
Unterschreitung der angemessenen Vergütung berufswidrig ist. Die Berufsordnung knüpft damit ausdrücklich nicht an die in der Steuerberatergebührenverordnung genannten Mindestgebühren, sondern an eine angemessene Vergütung an.
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Unter den gegebenen Umständen kann im Streitfall in der Berechnung einer
Vergütung, die den Mindestsatz des § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV nicht erreicht, kein
Unterschreiten der angemessenen Vergütung gesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Betrag, der dem Ratsuchenden vereinbarungsgemäß für
eine halbstündige Beratung in Rechnung gestellt wird, bei etwa 38 € und damit
durchaus im Rahmen des § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV liegt. Die Unterschreitung
ergibt sich allein dadurch, daß für eine kürzere Inanspruchnahme des Steuerberaters auch nur eine anteilige Vergütung in Rechnung gestellt wird. In dieser Abweichung von der Gebührenregelung in § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV liegt kein Unterschreiten der angemessenen Vergütung, sondern nur eine Abweichung im Modus
der Gebührenberechnung. Während die Verordnung aus naheliegenden Praktikabilitätsgründen einen 30-Minuten-Takt vorsieht, kommt dem Ratsuchenden, der
die Vermittlung der Beklagten in Anspruch nimmt, der günstigere Zeittakt zugute,
der bei der telefonischen Beratung keinerlei praktische Schwierigkeiten aufwirft.
Hierin liegt keine berufswidrige Unterschreitung einer angemessenen Vergütung.
cc) Eine Gebührenüberschreitung durch den vermittelten Steuerberater ist
mit dem Geschäftsmodell der Beklagten nicht verbunden. Denn die Vergütung, die
der Ratsuchende dem Steuerberater über seine Telefonrechnung zahlt, überschreitet in keinem Fall den durch § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV gesetzten Rahmen.
dd) Gegenüber dem telefonischen Beratungsdienst kann auch nicht eingewandt werden, der vermittelte Steuerberater nehme die Vergütung auch in Fällen
ein, in denen er sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sehe,
die erbetenen Hilfe in Steuersachen zu leisten. Es ist einem Steuerberater im
Rahmen des § 13 StBGebV nicht verwehrt, mit dem Mandanten eine Zeitvergütung für ein Beratungsgespräch von angemessener Dauer auch für den Fall zu
vereinbaren, daß sich der konkrete Sachverhalt nicht für eine telefonische Auskunft eignet oder es sich empfiehlt, sich hierfür an einen Steuerberater mit speziel-
- 12 -
len Kenntnissen und Erfahrungen zu wenden (vgl. BGHZ 152, 153, 163 – AnwaltsHotline).
III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Ullmann
Bornkamm
Schaffert
Büscher
Bergmann