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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 231/14
Nachschlagewerk:
Verkündet am:
14. September 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
MeinPaket.de II
UWG § 5a Abs. 3 und 5
a) Das Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet ist eine geschäftliche Entscheidung im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG.
b) Räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Kommunikationsmittels im
Sinne von § 5a Abs. 5 Nr. 1 UWG sind nicht erst dann anzunehmen, wenn es
objektiv unmöglich ist, die fraglichen Angaben schon bei der Aufforderung
zum Kauf zu machen.
c) Für die Frage, welche Informationen der Unternehmer im Rahmen einer Aufforderung zum Kauf erteilen muss, ist eine Prüfung des Einzelfalls erforderlich, bei der es einerseits auf die vom Unternehmer gewählte Gestaltung des
Werbemittels und den Umfang der insgesamt erforderlichen Angaben ankommt, und andererseits die Entscheidung des Gesetzgebers zu beachten
ist, bestimmte Angaben als wesentlich anzusehen.
BGH, Urteil vom 14. September 2017 - I ZR 231/14 - OLG Köln
LG Bonn
ECLI:DE:BGH:2017:140917UIZR231.14.0
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom
14. September
2017
durch
die
Richter
Prof. Dr. Koch,
Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. September 2014 im Kostenpunkt und
insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Unterlassungsantrags
zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten gegen
das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Bonn vom 6. März 2014 zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger ist der Verein Sozialer Wettbewerb e.V., dem unter anderem
zwei bundesweit tätige Anbieter von Elektro- und Elektronikartikeln sowie
13 Versandhändler angehören, die bundesweit Waren aller Art anbieten. Die
Beklagte betreibt das Internetportal "MeinPaket.de", auf dem gewerbliche Verkäufer Waren anbieten können. Die Beklagte selbst schließt mit den Käufern
keine Verträge über diese Produkte ab.
2
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer ganzseitigen Anzeigenwerbung in Anspruch, die in der Zeitung "Bild am Sonntag" am
2. Dezember 2012 veröffentlicht worden ist, und die nachfolgend verkleinert
wiedergegeben ist:
-3-
3
-4-
Die Waren konnten über die Verkaufsplattform der Beklagten erworben
werden. Besuchte ein durch die Werbung angesprochener Internetnutzer die
Verkaufsplattform und gab den in der Anzeige genannten Code ein, öffnete sich
die jeweilige Produktseite, auf der angezeigt wurde, wer der gewerbliche Verkäufer des jeweiligen Artikels war. Unter der Rubrik "Anbieterinformationen"
erhielt der Nutzer Angaben zur Firma und Anschrift des Vertragspartners.
4
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe mit dieser Werbung gegen
die Verpflichtung verstoßen, die Identität und Anschrift der ihre Verkaufsplattform nutzenden Anbieter der Waren anzugeben.
5
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der
konkret beanstandeten Werbung sowie zur Erstattung von Abmahnkosten in
Höhe von 166,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 28. September 2013 verurteilt (LG Bonn, Urteil vom
6. März 2014 - 14 O 75/13, juris). Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Köln, MMR 2015, 391). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
6
Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Januar 2016 dem Gerichtshof der
Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH,
GRUR 2016, 399 = WRP 2016, 459 - MeinPaket.de I):
1. Müssen die Angaben zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie
2005/29/EG schon in der Anzeigenwerbung für konkrete Produkte in einem Printmedium gemacht werden, auch wenn die
Verbraucher die beworbenen Produkte ausschließlich über eine
in der Anzeige angegebene Website des werbenden Unternehmens erwerben und die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie er-
-5-
forderlichen Informationen auf einfache Weise auf dieser oder
über diese Website erhalten können?
2. Kommt es für die Antwort auf Frage 1 darauf an, ob das in dem
Printmedium werbende Unternehmen für den Verkauf eigener
Produkte wirbt und für die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie
2005/29/EG erforderlichen Angaben direkt auf eine eigene
Website verweist, oder ob sich die Werbung auf Produkte bezieht, die von anderen Unternehmen auf einer Internetplattform
des Werbenden verkauft werden, und die Verbraucher die Angaben nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erst in einem oder mehreren weiteren Schritten (Klicks) über eine Verlinkung mit den
Internetseiten dieser anderen Unternehmen erhalten können,
die auf der in der Werbung allein angegebenen Website des
Plattformbetreibers bereitgestellt wird?
7
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Fragen wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 30. März 2017 - C-146/16, GRUR 2017, 535 =
WRP 2017, 674 - VSW/DHL Paket):
Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im
Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des
Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG)
Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates ist
dahin auszulegen, dass eine Werbeanzeige wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die unter den Begriff "Aufforderung
zum Kauf" im Sinne dieser Richtlinie fällt, die in dieser Vorschrift
vorgesehene Informationspflicht erfüllen kann. Es ist Sache des
vorlegenden Gerichts, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es auf-
-6-
grund räumlicher Beschränkungen in dem Werbetext gerechtfertigt
ist, Angaben zum Anbieter nur auf der Online-Verkaufsplattform
zur Verfügung zu stellen, und gegebenenfalls, ob die nach Art. 7
Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie erforderlichen Angaben zu der Online-Verkaufsplattform einfach und schnell mitgeteilt werden.
Entscheidungsgründe:
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend
gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, weil die Beklagte in der streitgegenständlichen Werbeanzeige nicht verpflichtet gewesen sei, Impressumsangaben zu den Verkäufern der beworbenen Ware zu machen. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die beanstandete Anzeige stelle ein Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3
UWG dar, weil sich der Verbraucher aufgrund der Angaben in der Werbung
zum Erwerb einer bestimmten Ware entschließen könne. Die Vorschrift erfasse
auch die Bewerbung konkreter Waren Dritter. Die Beklagte habe daher die
Identität und Anschrift derjenigen Unternehmer anzugeben, deren Waren sie
anbiete. Diese Informationen müsse der Verbraucher vor der frühestmöglichen
geschäftlichen Entscheidung über den Kauf erhalten. Auch bei der gebotenen
weiten Auslegung des Begriffs der geschäftlichen Entscheidung sei die beanstandete Werbeanzeige jedoch nicht unlauter, weil ihr die Impressumsangaben
zu den dritten Unternehmen fehlten. Die beworbenen Produkte könnten ausschließlich über das Internetportal "MeinPaket.de" bestellt werden. Dort finde
der am Erwerb der beworbenen Produkte interessierte Verbraucher im Zusammenhang mit der Warenpräsentation unter der Rubrik "Anbieterinformationen"
sowie über den mit einem Link hinterlegten Namen des Verkäufers die erforderlichen Angaben zu dessen Identität und Anschrift. Derartige Links seien für den
Verbraucher ohne weiteres als Hinweise auf Kontaktdaten des Anbieters er-
-7-
kennbar. Zudem befinde sich der Verbraucher, der eine Ware in Ruhe und unbeobachtet von Verkaufspersonal am heimischen Computer bestelle, nicht in
einer vergleichbaren Drucksituation wie in einem Geschäftslokal. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände sei deshalb nicht davon auszugehen, dass die
fehlende Impressumsangabe in der Anzeige geeignet sei, den Verbraucher zu
einer Kaufentscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Die
Impressumsangaben im Onlineshop erfüllten im konkreten Fall den Gesetzeszweck.
10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat überwiegend Erfolg. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht den Unterlassungsanspruch des Klägers verneint hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Dagegen erweist sich die Abweisung des Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten im Ergebnis als richtig.
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1. Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis und Aktivlegitimation des
Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht, weil zu seinen Mitgliedern zwei
bundesweit tätige Anbieter von Elektro- und Elektronikartikeln sowie 13 Versandhändler zählen, die bundesweit Waren aller Art anbieten. Dabei hat es für
unerheblich gehalten, dass die Beklagte anders als die Mitglieder des Klägers
nicht selbst Kaufverträge über diese Waren abschließt, sondern gewerblichen
Verkäufern entsprechende Vertragsschlüsse ermöglicht. Das lässt keinen
Rechtsfehler erkennen.
12
2. Der Unterlassungsanspruch ist aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 5a Abs. 2 und 3
Nr. 2 UWG begründet.
13
a) Dem Kläger steht der begehrte Unterlassungsanspruch nach § 8
Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG nur zu, wenn die Beklagte gegen § 5a Abs. 2 und
Abs. 3 Nr. 2 UWG in der zur Zeit der beanstandeten Werbung geltenden Fassung vom 3. März 2010 verstoßen hat. Da der Unterlassungsanspruch in die
Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten zudem
-8-
nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht wettbewerbswidrig sein
(BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13, GRUR 2016, 86 Rn. 20 = WRP
2016, 35 - Deltamethrin I). § 5a Abs. 2 UWG ist durch das Zweite Gesetz zur
Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 2. Dezember
2015 neu gefasst worden, während § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG unverändert geblieben ist. Die Änderung des § 5a Abs. 2 UWG hat im Streitfall keine Bedeutung.
14
b) Gemäß § 5a Abs. 2 UWG aF handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst,
dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG nF handelt unlauter, wer
im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine
wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen
benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten
geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 Fall 2
UWG gilt die Information über die Identität und Anschrift des Unternehmers als
wesentlich, für den der in Anspruch genommene Unternehmer handelt, sofern
Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in
einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, es sei denn, diese Informationen ergeben sich unmittelbar aus den
Umständen.
15
c) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte in ihrer Anzeige Waren im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG angeboten hat.
16
aa) Die Vorschrift des § 5a Abs. 3 UWG dient der Umsetzung von Art. 7
Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG. Der deutsche Gesetzgeber hat dabei statt
des in der Richtlinie verwendeten Begriffs "Aufforderung zum Kauf" die Umschreibung gewählt, dass Waren oder Dienstleistungen so angeboten werden,
-9-
dass ein Durchschnittsverbraucher in die Lage versetzt wird, das Geschäft abzuschließen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Ersten Gesetzes zur
Änderung des UWG, BT-Drucks. 16/10145, S. 25). Nach der danach erforderlichen richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 3 UWG reicht es für ein
Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG aus, dass eine Aufforderung zum Kauf
im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das der Fall, wenn der
Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die
kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss,
das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen
Möglichkeit steht (EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903
= GRUR 2011, 930 Rn. 33 - Ving Sverige).
17
Dafür ist nicht erforderlich, dass das der Absatzförderung dienende Verhalten bereits ein Angebot im Sinne von § 145 BGB oder eine Aufforderung zur
Abgabe eines Angebots (sogenannte invitatio ad offerendum) darstellt. Vielmehr reicht es aus, wenn der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen
Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann (vgl. BGH, Urteil vom
12. September 2013 - I ZR 123/12, GRUR 2014, 403 Rn. 8 = WRP 2014, 435
- "DER NEUE"; Urteil vom 9. Oktober 2013 - I ZR 24/12, GRUR 2014, 580
Rn. 12 = WRP 2014, 545 - Alpenpanorama im Heißluftballon). Dabei genügt als
für die Annahme einer Aufforderung zum Kauf erforderliche geschäftliche Entscheidung nach Art. 2 Buchst. k der Richtlinie 2005/29/EG insbesondere jede
Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen will. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs
der Europäischen Union umfasst der Begriff "geschäftliche Entscheidung" nicht
nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013
- C-281/12, GRUR 2014, 196 = WRP 2014, 161 Rn. 36 - Trento Sviluppo).
- 10 -
18
bb) Danach stellt die Werbung der Beklagten eine Aufforderung zum
Kauf und damit ein qualifiziertes Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG dar
(EuGH, GRUR 2017, 535 Rn. 25 - VSW/DHL Paket).
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In der Werbeanzeige werden fünf konkrete Produkte abgebildet und unter Angabe des Preises beschrieben. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Verbraucher dadurch die wesentlichen Angaben erhält,
um sich zum Erwerb dieser Waren zu entschließen. Es handelt sich damit um
Absatzwerbung und nicht um eine bloße Aufmerksamkeits- oder Imagewerbung. Die in der Werbung gegebenen Informationen können und sollen die
Verbraucher dazu veranlassen, zunächst das Verkaufsportal der Beklagten im
Internet aufzurufen und dann dort die beworbenen Produkte bei den jeweiligen
Anbietern zu bestellen. Das Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet steht
dem Besuch eines stationären Geschäfts im Sinne der Entscheidung "Trento
Sviluppo" (EuGH, GRUR 2014, 196 Rn. 36) gleich und ist daher gleichermaßen
bereits als geschäftliche Entscheidung anzusehen, die für die Anwendung von
§ 5a Abs. 3 UWG ausreicht (vgl. OLG Düsseldorf, WRP 2014, 1340, 1341 f.).
Wie der Besuch eines stationären Geschäfts hängt das Aufsuchen eines Internetportals unmittelbar mit dem Erwerb der dort jeweils angebotenen Produkte
zusammen.
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d) Die Beklagte ist verpflichtet, bei der beanstandeten Werbung die Identität und Anschrift der Anbieter der von ihr beworbenen Produkte anzugeben.
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Werden Waren im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG angeboten, so gelten
nach Nummer 2 dieser Vorschrift die Informationen über Identität und Anschrift
des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt, als wesentlich. Diese Regelung steht mit Art. 7 Abs. 4
Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG in Einklang. Die Informationspflicht trifft die
Beklagte als für das Angebot Verantwortliche. Indem § 5a Abs. 3 UWG die Informationspflicht auf die Identität und Anschrift desjenigen Unternehmers erweitert, für den der anbietende Unternehmer handelt, stellt das Gesetz sicher, dass
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dem Verbraucher auch dann die Identität und die Anschrift seines Vertragspartners offenbart werden, wenn dieser beim Abschluss des Geschäfts nicht selbst
in Erscheinung tritt, sondern ein Dritter dem Verbraucher das Geschäft anbietet.
In diesem Fall bedarf es daher der Offenlegung von Informationen über den
Vertragspartner des im Sinne von § 5a Abs. 3 Halbsatz 1 UWG angebotenen
Geschäfts (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - I ZR 24/12, GRUR 2014, 580
Rn. 20 = WRP 2014, 545 - Alpenpanorama im Heißluftballon).
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e) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt die Beklagte ihrer
Informationspflicht nicht dadurch, dass Verbraucher, die ihr Verkaufsportal im
Internet aufrufen, dort die Informationen zur Identität und Anschrift der Anbieter
auf einfache Weise finden können.
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aa) Wie sich aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG ergibt, steht das
nicht rechtzeitige Bereitstellen dem Vorenthalten einer Information im Sinne von
§ 5a Abs. 2 UWG gleich. Im Fall des § 5a Abs. 3 UWG erreicht den Verbraucher eine wesentliche Information grundsätzlich nur rechtzeitig, wenn er sie erhält, bevor er aufgrund der Aufforderung zum Kauf eine geschäftliche Entscheidung treffen kann (vgl. EuGH, GRUR 2017, 535 Rn. 30 - VSW/DHL Paket).
Diese geschäftliche Entscheidung ist bei der Werbeanzeige der Beklagten das
Aufsuchen ihres Verkaufsportals im Internet, um ein in der Anzeige beworbenes
Produkt zu erwerben oder sich damit näher zu befassen. Die Informationen zu
Identität und Anschrift der Anbieter der beworbenen Produkte müssen grundsätzlich bereits in dieser Werbeanzeige erfolgen.
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bb) Allerdings ist Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG, der
Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden als wesentliche Informationen
qualifiziert, in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie zu lesen, wonach die
betreffende Geschäftspraxis unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmittels zu beurteilen ist
(EuGH, GRUR 2011, 930 Rn. 53 - Ving Sverige; GRUR 2017, 535 Rn. 26
- VSW/DHL Paket). Darüber hinaus ergibt sich aus Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie
- 12 -
2005/29/EG, dass bei der Entscheidung darüber, ob wesentliche Informationen
vorenthalten wurden, räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Kommunikationsmediums sowie die Maßnahmen, die der Gewerbetreibende getroffen
hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zur stellen, berücksichtigt werden (EuGH, GRUR 2011, 930 Rn. 54 - Ving Sverige;
GRUR 2017, 535 Rn. 27 - VSW/DHL Paket).
25
Werden durch das Kommunikationsmedium räumliche Beschränkungen
auferlegt, reicht es danach aus, dass die Verbraucher, die die beworbenen Produkte über die in der Werbeanzeige genannte Website des dafür werbenden
Unternehmens kaufen können, diese Informationen auf einfache Weise auf dieser oder über diese Website erhalten können (EuGH, GRUR 2017, 535 Rn. 30
- VSW/DHL Paket). Solche räumlichen Beschränkungen können bestehen,
wenn in einem Printmedium für eine Online-Verkaufsplattform geworben wird,
insbesondere wenn darin eine große Anzahl von Kaufmöglichkeiten bei verschiedenen Gewerbetreibenden angeboten wird (EuGH, GRUR 2017, 535
Rn. 29 - VSW/DHL Paket).
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cc) Im Streitfall bestehen derartige räumliche Beschränkungen nicht. In
der beanstandeten, eine ganze Zeitungsseite füllenden Anzeige wird lediglich
für fünf konkrete Produkte geworben. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es
räumlich ausgeschlossen wäre, dort die Angaben zu Anschrift und Identität der
jeweiligen Anbieter der Waren zu machen.
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Allerdings ist der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union zu entnehmen, dass räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Kommunikationsmittels nicht erst dann anzunehmen sind, wenn es objektiv unmöglich ist, die fraglichen Angaben schon bei der Aufforderung zum Kauf zu machen. Vielmehr ist die Frage, inwieweit der Unternehmer im Rahmen der Aufforderung zum Kauf informieren muss, anhand der Umstände dieser Aufforderung, der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie des verwendeten Kommunikationsmediums zu beurteilen (EuGH, GRUR 2011, 930 Rn. 55
- 13 -
- Ving Sverige, GRUR 2017, 535 Rn. 28 - VSW/DHL Paket). Erforderlich ist danach eine Prüfung des Einzelfalls. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 7
Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2005/29/EG unverhältnismäßigen Beschränkungen
der durch Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleisteten Werbefreiheit der Unternehmen entgegenwirken sollen. Dafür kommt
es insbesondere auf die vom Unternehmer gewählte Gestaltung des Werbemittels und den Umfang der insgesamt erforderlichen Angaben an (zu Art. 8 Abs. 4
Satz 1 der Richtlinie 2011/83/EU vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 14. Juni
2017 - I ZR 54/16, GRUR 2017, 930 Rn. 23 = WRP 2017, 1074 - Werbeprospekt mit Bestellpostkarte). Andererseits ist die Entscheidung des Gesetzgebers
zu beachten, bestimmte Angaben als wesentlich anzusehen. Der werbende
Unternehmer darf diese Angaben daher nicht allein deshalb in einer Anzeige
unterlassen, weil er andere Angaben für besser geeignet hält, seinen Werbezweck zu erreichen.
28
Die von der Beklagten gewählte Größe der Zeitungsanzeige erlaubt es
ohne weiteres, Anschrift und Identität der Anbieter für die lediglich fünf konkret
beworbenen Produkte anzugeben. Diese zusätzlichen Angaben beanspruchen
keinen nennenswerten Raum in der Anzeige. Der Beklagten wird dadurch auch
unter Berücksichtigung der weiteren Informationspflichten, die für sie bei einer
Aufforderung zum Kauf gelten, keine unverhältnismäßige Einschränkung ihrer
Werbefreiheit auferlegt. Diese weiteren Informationspflichten ergeben sich im
Streitfall aus § 5a Abs. 3 Nr. 1 und 3 bis 5 UWG. Die wesentlichen Merkmale
der Waren in dem diesen und dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang (§ 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG) und den Gesamtpreis (§ 5a Abs. 3
Nr. 3 UWG) hat die Beklagte in der Anzeige angegeben. Über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie Verfahren zum Umgang mit Beschwerden hätte die Beklagte in der Anzeige nur zu informieren, soweit diese - wofür
im Streitfall nichts ersichtlich ist - von Erfordernissen der unternehmerischen
Sorgfalt abweichen (§ 5a Abs. 3 Nr. 4 UWG). Schließlich verlangt § 5a Abs. 3
- 14 -
Nr. 5 UWG lediglich die Information über das Bestehen eines Rechts zum
Rücktritt oder Widerruf.
29
dd) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Informationspflicht nicht deshalb erst nach Aufsuchen des Verkaufsportals der Beklagten
erfüllt werden, weil der Verbraucher es für eine Bestellung der Produkte ohnehin zwingend aufsuchen muss oder weil er sich bei einer Bestellung im Internet
nicht in einer mit dem Besuch eines stationären Geschäfts vergleichbaren
Drucksituation befindet. Die Information über den Vertragspartner gemäß § 5a
Abs. 3 Nr. 2 UWG ist nicht nur erforderlich, damit der Verbraucher ohne
Schwierigkeiten Kontakt mit dem anbietenden Unternehmen aufnehmen kann.
Vielmehr ist sie für den Verbraucher auch wesentlich, weil dieser dadurch in die
Lage versetzt wird, den Ruf des Unternehmers im Hinblick auf Qualität und Zuverlässigkeit der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen, aber auch
dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Bonität und Haftung einzuschätzen
(vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2013 - I ZR 180/12, GRUR 2013, 1169 Rn. 13
= WRP 2013, 1459 - Brandneu von der IFA). Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass die fehlenden Impressumsangaben in der beanstandeten Werbeanzeige einen Verbraucher dazu veranlassen können, das Internetportal der
Beklagten aufzusuchen, obwohl er bei Kenntnis von der Identität des anbietenden Unternehmers möglicherweise davon abgesehen hätte, sich näher mit dem
beworbenen Angebot zu befassen. Das kommt etwa in Betracht, wenn der Verkäufer in Bewertungsportalen negativ bewertet wird oder der Kunde mit ihm
konkrete negative Erfahrungen gemacht hat.
30
ee) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kunde die beworbenen Produkte ausschließlich über das Internetportal der Beklagten erwerben
kann. Die erst dort gegebenen Informationen erreichen den Verbraucher zwar
noch vor dem Kaufabschluss oder sind vor diesem Zeitpunkt abrufbar. Sie erfolgen jedoch zu spät, um ihm eine informationsgeleitete Entscheidung darüber
zu ermöglichen, ob er sich überhaupt näher mit einem der angebotenen Pro-
- 15 -
dukte befassen und dafür dieses Internetportal aufsuchen will. Auch der Umstand, dass ein Verbraucher am Computer eine Ware in Ruhe und unbeobachtet von Verkaufspersonal bestellen kann, ändert nichts daran, dass ihm die wesentlichen Informationen über Anschrift und Identität der Anbieter der beworbenen Produkte fehlen, bevor er die Internetseite der Beklagten aufsucht. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gebietet der Gesetzeszweck daher,
dass die Beklagte Identität und Anschrift der Verkäufer der Produkte bereits in
der Werbeanzeige angibt.
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ff) Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt, Art. 7
Abs. 4 Buchstabe a der Richtlinie 2005/29 untersage nicht, dass in einer Aufforderung zum Kauf nur bestimmte der ein Produkt kennzeichnenden Merkmale
angegeben werden, wenn der Gewerbetreibende im Übrigen auf seine Website
verweist, sofern sich dort wesentliche Informationen über die maßgeblichen
Merkmale des Produkts, dessen Preis und die übrigen Erfordernisse gemäß
Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie finden (EuGH, GRUR 2011, 930 Rn. 56 - Ving Sverige). Diese Erwägung steht aber im Zusammenhang mit der Aussage des Gerichtshofs, es obliege dem nationalen Gericht, im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände der Aufforderung zum Kauf, des verwendeten Kommunikationsmediums sowie der Beschaffenheit und Merkmale des Produkts zu beurteilen, ob der Verbraucher in die Lage versetzt wird, eine informierte geschäftliche
Entscheidung zu treffen, wenn nur bestimmte maßgebliche Merkmale des Produkts genannt werden (EuGH, GRUR 2011, 930 Rn. 55, 58 - Ving Sverige;
GRUR 2017, 535 Rn. 26 bis 28 - VSW/DHL Paket). Im Streitfall führt die Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände dazu, dass die Angaben zu Anschrift und Identität der Anbieter bereits in der Anzeige erforderlich sind (vgl.
Rn. 26 bis 28).
32
f) Der Unterlassungsanspruch ist nicht verjährt.
33
aa) Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen und geltend gemacht,
das Begehren des Klägers im vorliegenden Verfahren unterscheide sich von
- 16 -
demjenigen im vorausgegangenen Verfahren der einstweiligen Verfügung. Im
Verfügungsverfahren habe der Kläger den Antrag dahingehend konkretisiert,
dass er in der angegriffenen Werbung Informationen nur zum eigenen Unternehmen der Beklagten vermisse. Das unterscheide sich vom Streitgegenstand
des vorliegenden Hauptverfahrens, in dem der Kläger geklärt wissen wolle, ob
Identität und Anschriften der Vertragspartner der Beklagten anzugeben seien,
deren Angebot in der Anzeige der Beklagten beworben werde. Infolgedessen
habe der Antrag auf einstweilige Verfügung vom 17. Dezember 2012 die Verjährung des im vorliegenden Verfahren verfolgten Unterlassungsanspruchs
nicht gemäß § 204 Nr. 9 BGB hemmen können.
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bb) Ansprüche aus § 8 UWG verjähren nach § 11 Abs. 1 UWG in sechs
Monaten. Die Verjährungsfrist begann spätestens am 6. Dezember 2012, dem
Datum, an dem der Kläger die Beklagte in Kenntnis der beanstandeten Werbung abgemahnt hat (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Verjährung hinsichtlich des Unterlassungsantrags aber zunächst
durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 17. Dezember
2012 (§ 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB) und sodann durch die Klage in der vorliegenden
Hauptsache (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) gehemmt worden (BGH, GRUR 2016,
399 Rn. 33 bis 39 - MeinPaket.de I).
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Der Kläger hatte im Verfahren der einstweiligen Verfügung die Anzeige
der Beklagten als konkrete Verletzungsform zwar eingeschränkt allein auf fehlende Angaben zu Identität und Anschrift des Unternehmens angegriffen. Er hat
insoweit aber keine weitere Beschränkung vorgenommen. Der Verfügungsantrag umfasst damit sowohl fehlende Impressumsangaben für die Beklagte
selbst als auch das Fehlen entsprechender Angaben für die Unternehmen, deren Waren in der Anzeige von der Beklagten beworben worden sind.
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Die Parteien haben das Verfahren der einstweiligen Verfügung in der Berufungsverhandlung am 16. August 2013 übereinstimmend für erledigt erklärt.
Bevor daraufhin nach § 204 Abs. 2 BGB die aufgrund des Verfügungsantrags
- 17 -
eingetretene Hemmung der Verjährung am 16. Februar 2014 endete, hat der
Kläger am 27. September 2013 Klage in der Hauptsache erhoben. Dadurch ist
in unverjährter Zeit eine weitere Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eingetreten (vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 15. Aufl., § 204 Rn. 47).
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3. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung pauschaler Abmahnkosten in
Höhe von 166,60 € nebst Zinsen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, § 291 BGB) ist verjährt.
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Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wegen der Anzeige abgemahnt. Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten
aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verjährt gemäß § 11 Abs. 1 UWG in sechs Monaten. Die danach bereits am 6. Juni 2013 eingetretene Verjährung des Erstattungsanspruchs konnte durch die Erhebung der erstmals diesen Anspruch umfassenden Klage am 27. September 2013 nicht mehr gehemmt werden.
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III. Danach ist auf die Revision des Klägers unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im Übrigen das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen. Die Beklagte trägt die
Kosten der Rechtsmittel (§ 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO).
Koch
Schaffert
Löffler
Kirchhoff
Schwonke
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 06.03.2014 - 14 O 75/13 OLG Köln, Entscheidung vom 26.09.2014 - 6 U 56/14 -