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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 124/03
Verkündet am:
9. Februar 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Rechtsanwalts-Ranglisten
UWG a.F. §§ 1, 2 Abs. 1
Veröffentlicht ein Verlag in einer Publikation Ranglisten - nach Region und
Fachbereich -, in denen Rechtsanwälte nach Recherchen des Verlags in einer
Reihenfolge aufgrund einer subjektiven Einschätzung ihrer Reputation aufgeführt werden, kann eine Absicht des Verlags nicht angenommen werden, den
Wettbewerb der in den Ranglisten angeführten Rechtsanwälte zu fördern.
BGH, Urt. v. 9. Februar 2006 - I ZR 124/03 - OLG München
LG München I
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. März 2003 wird auf Kosten der Kläger
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 sind,
ist ein Verlag für juristische Informationen mit Sitz in K. . Sie gibt seit 1998 ein
Handbuch heraus, das nach Regionen und Rechtsgebieten untergliedert im
Bereich des Wirtschaftsrechts tätige Rechtsanwaltskanzleien in Ranglisten eingruppiert. Das Handbuch ist in einen redaktionellen Teil und einen Anzeigenteil
gegliedert. Der redaktionelle Teil enthält nach den Benutzerhinweisen in einem
nationalen Überblick eine Analyse des Marktes bundesweit und international
tätiger Kanzleien, eine regionale Übersicht wichtiger Kanzleien in den verschiedenen Regionen und nach Rechtsgebieten geordnete Kapitel, in denen bun-
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desweit tätige Kanzleien und Rechtsanwälte vorgestellt werden, die sich besonders auf das jeweilige Sachgebiet konzentrieren.
2
Die Handbücher der jeweiligen Jahrgänge enthalten einführende Informationen. In der Ausgabe 1998/99 des Handbuchs heißt es auszugsweise wie
folgt:
"Das vorliegende Handbuch ist vor allem für Mandanten und Rechtsanwälte bestimmt und soll dazu beitragen, den zunehmend reicheren,
aber auch unübersichtlicheren Markt anwaltlicher Dienstleistungen für
Wirtschaftsunternehmen transparenter zu machen. …
Im Rahmen einer Recherchearbeit, die in diesem Umfang bisher in
Deutschland noch nicht unternommen worden ist, hat JuVe hunderte
von Interviews mit Akteuren am Markt - Anwälten, Mandanten und juristischen Akademikern - geführt, um deren Wahrnehmung und Einschätzung des Marktes und bestimmter Kanzleien zu ermitteln. Dabei wurden Kanzleien unterschiedlichster Ausrichtung und Größe berücksichtigt, denen nur eines gemeinsam ist: Sie haben sich mit ihrer Arbeit einen Namen gemacht. Die Größe einer Kanzlei allein ist also kein Auswahlkriterium.
Im Einführungsteil am Anfang jedes Kapitels werden die Markttrends
innerhalb einer ausgewählten Region oder eines bestimmten Rechtsbereichs analysiert (z.B. der Südwesten des Landes oder das Steuerrecht). Die Kanzleien, die laut unserer Recherche besondere Reputation genießen (eine zwar subjektive Einschätzung, die den Markt jedoch
bedeutend prägt - vergleiche die Erläuterungen im Einführungskapitel),
werden jeweils im Anschluss in einer Rangfolge aufgelistet. Selbstverständlich praktizieren bundesweit bedeutend mehr Kanzleien, als in
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diesem Handbuch für die einzelnen Rechtsbereiche und Regionen aufgeführt werden.
Danach werden die Aktivitäten dieser Kanzleien in den ausgewählten
Regionen oder Rechtsbereichen erläutert und analysiert. Gegebenenfalls werden auch Beispiele aus der Mandantenschaft gegeben.
In Rechtsbereichen, in denen der Ruf einzelner Anwälte von Bedeutung
für den Markt ist, haben wir auch Tabellen bedeutender Persönlichkeiten angefertigt. Sie umfassen die Anwälte, die von Kollegen und Klientel besonders häufig empfohlen werden.
Zu diesem Teil ein wichtiger Hinweis der Redaktion: Die von der Redaktion getroffene Auswahl der Anwälte und Kanzleien ist eine subjektive
und reflektiert lediglich die Recherche der Redaktion. Der Verlag impliziert mit seiner Auswahl keine Geringerschätzung anderer, in diesem
Handbuch nicht genannter Anwälte und Kanzleien. Die Darstellung zu
den ausgewählten Kanzleien stellt keine Werbung dar und ist nicht
käuflich.
Die Redaktion hat größte Sorgfalt auf die genaue Wiedergabe der uns
zur Verfügung gestellten Informationen gelegt, kann jedoch keine Verantwortung für die Qualität von Empfehlungen, für die fehlende Erwähnungen oder für sonstige inhaltliche Fehler oder Irrtümer bei der Erstellung dieses Handbuchs übernehmen."
3
In dem redaktionellen Teil sind im Rahmen der Darstellung der Regionen
und der Rechtsgebiete Tabellen angeführt, in denen ausgesuchte Rechtsanwaltskanzleien einzeln oder alphabetisch geordnet in einer Rangfolge aufgrund
eines sogenannten "Kanzleiranking" aufgelistet sind. Im Anschluss an diese
Tabellen heißt es jeweils:
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"Die hier getroffene Auswahl der Kanzleien ist eine subjektive und reflektiert lediglich die auf zahlreichen Interviews basierende Recherche
der Redaktion. Der Verlag impliziert damit keine Geringschätzung der
anderen in diesem Gebiet tätigen, hier jedoch nicht genannten Kanzleien. Innerhalb der einzelnen Gruppen sind die Kanzleien alphabetisch
geordnet."
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Die Handbücher der Beklagten zu 1 werden durch bezahlte Anzeigen
von Kanzleien finanziert und im Wesentlichen kostenlos verteilt.
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Die Kläger sind Rechtsanwälte und Mitglieder einer überörtlichen Kanzlei. Sie halten die Rangeinstufungen, bei denen eine Vielzahl von im Wirtschaftsrecht tätigen Rechtsanwaltskanzleien keine Erwähnung findet, für wettbewerbswidrig. Sie haben geltend gemacht, objektive Merkmale für die Reputation der Anwälte, auf denen die Einstufungen beruhten, gebe es nicht. Ein Qualitätsvergleich von Rechtsanwälten sei unzulässig, weil nachprüfbare Kriterien
fehlten und die in die Rangordnung nicht aufgenommenen Anwälte herabgesetzt würden. Die Ranglisten stellten unzulässige vergleichende Werbung dar,
weil es an objektiven und nachprüfbaren Fakten fehle. Auch werde der
Verbraucher darüber irregeführt, dass es sich um objektive Informationen handele. Die Beschränkung der Darstellungen im Handbuch auf wenige Kanzleien
mit Schwerpunkt auf Großkanzleien gefährde den Leistungswettbewerb.
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Die Kläger haben beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen
Verkehr Druckschriften über Rechtsanwälte oder Wirtschaftskanzleien, insbesondere das Handbuch "Wirtschaftskanzleien - Rechts-
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anwälte für Unternehmen" zu verbreiten oder an der Ausstellung
solcher Druckschriften mitzuwirken oder für diese zu werben, sofern diese drucktechnisch und/oder farblich hervorgehobene Aufstellungen enthalten, in denen Rechtsanwälte oder Anwaltssozietäten für geographische Regionen und/oder für Rechtsbereiche in
einer Rangfolge aufgelistet werden, bei der auf die Reputation der
einzelnen Anwälte oder Kanzleien Bezug genommen wird.
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Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben vorgetragen,
ihre Informationen beruhten nicht nur auf Angaben der Rechtsanwälte, die in
dem Handbuch Erwähnung fänden, sondern auf einer Vielzahl von Interviews
mit juristisch vorgebildeten Akademikern, Mandanten und ausländischen Kanzleien. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der Erteilung von Anzeigenaufträgen einerseits und der Erwähnung im redaktionellen Teil sowie der Eingruppierung in die Ranglisten andererseits. Ein Verbot der Berichterstattung
verstoße gegen die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Pressefreiheit.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG München ZIP 2000,
1593). Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt (OLG München NJW 2001, 1950). Der Senat hat die
hiergegen gerichtete Revision durch Beschluss vom 21. Februar 2002 nicht angenommen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat das Bundesverfassungsgericht das Berufungsurteil und die Entscheidung des Senats durch
Beschluss vom 7. November 2002 aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (WRP 2003, 69 = NJW 2003, 277). Das Berufungsgericht hat die Berufung daraufhin zurückgewiesen (OLG München GRUR
2003, 719 = NJW 2003, 1534).
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Dagegen richtet sich die (vom Berufungsgericht zugelassene) Revision
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der Kläger. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch verneint. Zur
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Begründung hat es ausgeführt:
Ein Verstoß gegen § 2 UWG (a.F.) sei nicht gegeben. Die Ranglisten sei-
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en keine vergleichende Werbung i.S. von § 2 Abs. 1 UWG (a.F.). Von dieser
Vorschrift werde nur eine Werbung erfasst, die einen Mitbewerber oder die von
diesem angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar mache. Die Beklagten seien nicht Mitbewerber der in den Tabellen herausgehobenen Anwaltskanzleien.
Der Unterlassungsanspruch folge auch nicht aus § 1 UWG (a.F.) oder
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§ 3 UWG (a.F.). Das begehrte generelle Verbot von Ranglisten könnten die
Kläger nicht verlangen. Es gehe über die konkrete Verletzungsform durch Veröffentlichung in den Handbüchern hinaus und sei nach der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich, wenn klarstellende Zusätze ausreichten, um Irreführungen auszuschließen. Danach seien Fallgestaltungen
denkbar, bei denen Ranglisten mit hinreichend klarstellenden Zusätzen zulässig
seien.
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Das in dem umfassenden Unterlassungsbegehren als Minus enthaltene
Verbot der konkreten Verletzungsform sei nicht gerechtfertigt. Eine auf § 1
UWG (a.F.) gestützte Einschränkung der Meinungsfreiheit setze nach der Ent-
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scheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den konkreten Fall bezogene
Feststellungen zur Gefährdung des Leistungswettbewerbs durch sittenwidriges
Verhalten voraus. Diese Feststellungen könnten auf der Grundlage des Sachund Streitstands nicht getroffen werden. Die in den Ranglisten enthaltenen wertenden Äußerungen unterfielen dem Schutz der Meinungsfreiheit und dürften
nur unter besonderen Umständen beschränkt werden. Nicht ausreichend sei,
dass für die Einordnung in die Ranglisten die Reputation der Anwaltskanzleien
mitbestimmend sei.
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Eine wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit lasse sich nicht aus der Vorspiegelung einer in Wirklichkeit nicht stattfindenden redaktionellen Recherche
herleiten. Aus der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergebe sich,
dass bei der Herstellung des Handbuchs nicht lediglich Informationen Dritter
ohne kritische Distanz in das Gewand eines redaktionellen Beitrags gekleidet
würden. Eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise ergebe sich nicht
aus einer fehlenden Offenlegung der Bewertungsgrundlagen der Einstufungen.
Angesprochen werde durch das Handbuch ein Fachpublikum. Dieses sei aufgrund der beigefügten Erläuterungen zu einer kritischen Einschätzung der
Ranglisten in der Lage. Dem Publikum werde nahe gebracht, dass die Ranglisten auf einer subjektiven Einschätzung einer Vielzahl von Mandanten, Anwälten
und Akademikern aus dem In- und Ausland und der wiederum subjektiven Übersetzung dieser Einschätzungen durch die Beklagte zu 1 beruhten. Es sei
deshalb kein Raum für die Annahme, der Verkehr nehme an, die Ranglisten
basierten auf objektiven Vergleichskriterien oder auch nur einer repräsentativen
Erhebung aller relevanten Berufsgruppen. Auf die Behauptung der Kläger, die
begünstigten Kanzleien würden Kopien der betreffenden Tabellen ohne die erläuternden Hinweise verschicken, komme es nicht an. Es sei nicht dargetan,
dass dieses Verhalten der Kanzleien von den Beklagten veranlasst oder geduldet werde.
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Es lasse sich auch nicht feststellen, dass die Beklagten durch die Veröffentlichung der Ranglisten in sittenwidriger Weise auf die Aufgabe von Inseraten hingewirkt hätten. Hierzu reiche das Interesse der Beklagten an der Akquisition von Anzeigenaufträgen nicht aus. Nach dem unwiderlegten Vorbringen der
Beklagten werde den Rechtsanwaltskanzleien die Möglichkeit der Anzeigenschaltung im zweiten Teil erst angeboten, wenn über die Berücksichtigung im
redaktionellen Teil entschieden sei.
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Unerheblich sei, ob den Rechtsanwälten, die durch Interviews und Schaltung von Anzeigen an dem Erscheinen des Handbuchs mitwirkten, nach dem
einschlägigen Werberecht die Erstellung der Tabellen verboten sei. Daraus folge nicht, dass den Beklagten, die die Pressefreiheit für sich in Anspruch nehmen könnten, ein derartiges Verhalten zu untersagen sei.
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Der mit der Platzierung in den Tabellen verbundene Wettbewerbsvorsprung für die hierdurch herausgehobenen Kanzleien, darunter viele Großkanzleien, sei nicht so gravierend, dass dies eine Beschränkung des Grundrechts
der Meinungsfreiheit rechtfertigen könne.
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Ein Verstoß gegen § 3 UWG (a.F.) sei nicht gegeben. Es handele sich
bei den Ranglisten nicht um Angaben im Sinne dieser Vorschrift, weil es sich
nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts bei den in Rede stehenden Einstufungen um Werturteile handele.
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II. Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts,
dass den Klägern der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zusteht, hält der
revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
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1. Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den beanstandeten Rangfolgetabellen handele es sich nicht um vergleichende Werbung i.S. von § 2
Abs. 1 UWG a.F. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
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a) Der Vertrieb und die Bewerbung der von der Beklagten zu 1 herausgegebenen Handbücher mit den beanstandeten Ranglisten stellt keine nach § 1
i.V. mit § 2 UWG a.F. unlautere vergleichende Werbung dar.
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Vergleichende Werbung ist nach § 2 Abs. 1 UWG a.F. jede Werbung, die
unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder von einem Mitbewerber angebotene Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Durch die Vorschrift
ist Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984
über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. EG Nr. L 250, S. 17) in der
durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 6. Oktober 1997 (ABl. EG Nr. L 290, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 84/450/EWG) umgesetzt worden. Der Begriff der vergleichenden Werbung nach § 2 Abs. 1 UWG a.F. ist daher richtlinienkonform auszulegen. Werbung ist nach Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450/EWG jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu
fördern. Vergleichende Werbung i.S. von § 2 Abs. 1 UWG a.F. setzt danach
neben der objektiven Eignung, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen
einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, in subjektiver Hinsicht zusätzlich die Absicht voraus, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum
Nachteil eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (vgl. BGHZ 136, 111, 117 - Kaffeebohne; BGH,
Urt. v. 17.1.2002 - I ZR 161/99, GRUR 2002, 633, 635 = WRP 2002, 828 - Hormonersatztherapie).
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b) Von einer Absicht der Beklagten, den Wettbewerb der in den Ranglisten genannten Rechtsanwaltskanzleien zu Lasten derjenigen Rechtsanwälte zu
fördern, die in den Listen nicht oder an weniger herausgehobener Stelle angeführt sind, ist - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - im Streitfall
nicht auszugehen. Die objektive Eignung des Verhaltens der Beklagten, den
Absatz der Dienstleistungen von Rechtsanwaltskanzleien zu fördern, die in den
Ranglisten erwähnt werden, begründet wegen des den Beklagten zukommenden allgemeinen Presseprivilegs nach Art. 5 Abs. 1 GG keine Vermutung für
eine Wettbewerbsabsicht (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1994 - I ZR 216/92, GRUR
1995, 270, 272 = WRP 1995, 186 - Dubioses Geschäftsgebaren; Urt. v.
13.4.2000 - I ZR 282/97, GRUR 2000, 703, 706 = WRP 2000, 1243
- Mattscheibe). Vielmehr bedarf es in Fällen, in denen keine Vermutung für das
Vorliegen einer Wettbewerbsförderungsabsicht besteht, der Feststellung konkreter Umstände, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe die Absicht des Presseorgans, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle gespielt hat
(BGH, Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 196/94, GRUR 1997, 912, 913 = WRP 1997,
1048 - Die Besten I; Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 =
WRP 1997, 1051 - Die Besten II).
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aa) Eine Absicht der Beklagten, den Wettbewerb der Beklagten zu 1 im
Verlagsgeschäft zu fördern, hat vorliegend allerdings außer Betracht zu bleiben.
Die Kläger werden durch eine Förderung des Verlagsgeschäfts der Beklagten
zu 1 in ihrer Rechtsstellung nicht betroffen (BGH, Urt. v. 12.6.1997 - I ZR 36/95,
GRUR 1998, 167, 168 = WRP 1998, 48 - Restaurantführer).
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bb) Es kommt entscheidend darauf an, ob die Beklagten in der Absicht
handelten, den Wettbewerb der in den Ranglisten angeführten Rechtsanwalts-
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kanzleien über das mit der Wahrnehmung ihrer publizistischen Aufgabe notwendigerweise verbundene Maß hinaus zu fördern. Davon ist das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf seine erste Entscheidung ausgegangen. Es hat
angenommen, die von den Beklagten vorgenommene Ranggruppeneinteilung
stelle eine Anpreisung dieser Rechtsanwaltskanzleien mit einem hohen Werbeeffekt dar, die den Rahmen einer sachlichen Information über die Spezialisierung und die Qualifikation der Anwaltskanzleien verlasse. Es handele sich um
eine wettbewerbsrechtlich ins Gewicht fallende Begleiterscheinung der journalistischen Berichterstattung. Die Absicht, den fremden Wettbewerb zu fördern,
werde besonders deutlich durch die Kombination von redaktionellem Teil und
den als "Kanzleiprofile" und "Partnerprofile" bezeichneten bezahlten Anzeigen
im zweiten Teil. Auch wenn kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem
Anzeigenauftrag und der Rangeinstufung bestehe, könne nicht außer Betracht
bleiben, dass die Handbücher überwiegend unentgeltlich vertrieben würden und
die Beklagten deshalb ein ureigenstes wirtschaftliches Interesse daran hätten,
größere zahlungskräftige Anwaltskanzleien in die Rankinglisten aufzunehmen.
Die Förderung des Wettbewerbs der in den Listen angeführten Kanzleien wirke
sich dadurch auf den wirtschaftlichen Erfolg des Handbuchs aus, was keine
notwendige Begleiterscheinung der journalistischen Berichterstattung sei.
Diesen Ausführungen des Berufungsgerichts kann nicht zugestimmt wer-
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den.
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Die Aufnahme von zuvor im redaktionellen Teil besprochener Rechtsanwaltskanzleien in Ranglisten ist bei der konkreten Art der Darstellung und unter
Berücksichtigung der erläuternden Hinweise keine übermäßig anpreisende
Darstellung, mit der die Beklagten den Boden sachlicher Information verlassen.
Die Zusammenfassung des Inhalts eines jeweiligen Abschnitts einer Publikation
durch graphische Hervorhebung - sei es vorangestellt oder im Anschluss an
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den Text - ist eine bei Presseerzeugnissen nicht unübliche Darstellung. Den
hiermit verbundenen Werbeeffekt relativieren die Beklagten mit dem jeder
Rangliste folgenden ausdrücklichen Hinweis auf die Subjektivität der Einschätzung. Verstärkt wird dies noch durch die Erläuterungen in der Einleitung der
Handbücher, in denen die Beklagten die nur wertende Einschätzung der Reihenfolge nochmals hervorheben. Daraus wird deutlich, dass die Aufnahme und
Einordnung der Rechtsanwälte und Kanzleien in die Ranglisten auf einer zweifach subjektiven Einschätzung beruhen. In einem ersten Schritt geben die auf
dem Markt Handelnden ihre eigene Einschätzung ab. In einem zweiten Schritt
erfolgt eine ebenfalls subjektive Umsetzung dieser wertenden Einschätzungen
durch die Beklagte zu 1. Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang
zudem rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die angesprochenen Verkehrskreise,
bei denen es sich um ein Fachpublikum handelt, zu einer kritischen Würdigung
der Ranglisten aufgrund der von den Beklagten gegebenen Erläuterungen in
der Lage sind. Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, die
Grundlagen für die Einstufung der Ranglisten seien nur sehr allgemein gehalten. Es fehlten nähere Angaben zu der Anzahl der geführten Gespräche und
der ausgesprochenen Empfehlungen und dazu, dass die Empfehlungen nicht
nur auf Erklärungen befreundeter Rechtsanwälte beruhten. Dahingehende Informationen können die angesprochenen Verkehrskreise aber, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, den erläuternden Hinweisen zum
Zustandekommen der Ranglisten entnehmen.
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Eine Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, folgt auch nicht aus einem
besonderen Interesse der Beklagten, zahlungskräftige Anwaltskanzleien in die
Ranglisten aufzunehmen, um deren Bereitschaft zu erhöhen, Anzeigen zu
schalten. Anzeigenfinanzierte Medien sind regelmäßig darauf angewiesen, die
werbenden Verkehrskreise zur Schaltung von Anzeigen zu veranlassen (vgl.
BVerfG WRP 2003, 69, 71). Diesem weit verbreiteten allgemeinen Interesse bei
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der Herausgabe von Publikationen ist für sich genommen nichts dafür zu entnehmen, dass beim Erstellen der Rangliste ein Handeln zur Förderung fremden
Wettbewerbs vorliegt. Dass die Beklagten die Aufnahme in die Ranglisten in
irgendeiner Weise mit dem Anzeigengeschäft verknüpfen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Gegenteiliges wird auch von der Revision nicht geltend
gemacht.
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2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht eine wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der Ranglisten in den
Handbüchern nach § 1 UWG a.F. mit der Begründung verneint hat, eine Gefährdung des Leistungswettbewerbs habe nicht konkret festgestellt werden
können. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. scheidet schon deshalb aus, weil die notwendige Wettbewerbsförderungsabsicht fehlt. Das Vorliegen dieser Absicht ist unerlässliches Erfordernis eines Unterlassungsanspruchs
nach § 1 UWG a.F. (vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1986 - I ZR 72/84, GRUR 1986, 898,
899 - Frank der Tat; BGHZ 136, 111, 117 - Kaffeebohne; BGH, Urt. v.
19.2.1998 - I ZR 120/95, GRUR 1998, 947, 948 = WRP 1998, 595 - AZUBI '94).
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Aus denselben Gründen scheidet auch ein Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung nach § 3 UWG a.F. aus.
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3. Den Klägern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch
nicht entsprechend § 1004 BGB i.V. mit § 1 UWG a.F., § 43b BRAO, § 6 BORA
aufgrund einer Haftung der Beklagten als Störer zu. Für eine unzulässige
Selbstdarstellung einzelner Rechtsanwälte können die Beklagten nicht zur Verantwortung gezogen werden.
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a) Auch wer ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden
an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten beteiligt ist, kann als Störer zur Un-
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terlassung verpflichtet sein, wenn er in zurechenbarer Weise an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt. Von Dritten, die eine rechtswidrige Beeinträchtigung lediglich objektiv durch ihr Handeln unterstützen, darf
jedoch durch eine Störerhaftung nichts Unzumutbares verlangt werden. Die
Haftung als Störer setzt daher die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Die
Beurteilung, ob und inwieweit eine Prüfung zuzumuten war oder ist, richtet sich
nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei die Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar
vorgenommen hat oder vornimmt, zu berücksichtigen sind (BGHZ 158, 236,
251 - Internet-Versteigerung; 158, 343, 350 - Schöner Wetten). Im Hinblick auf
das den Beklagten zukommende Privileg des Art. 5 GG, zur Erfüllung eines allgemeinen Informationsinteresses beizutragen, sind an die ihnen obliegenden
Prüfungspflichten keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Die Störerhaftung kann deshalb im Ergebnis zu keiner weiterreichenden Haftung der Beklagten führen als die Beurteilung ihres Handelns unter dem Gesichtspunkt der
Wettbewerbsförderungsabsicht (s.o.). Eine Haftung der Beklagten nach den
Grundsätzen zur Störerhaftung im Wettbewerbsrecht besteht nicht.
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b) Eine Verletzung von Verhaltenspflichten durch die Beklagten scheidet
im Streitfall aus. Das Sachlichkeitsgebot der § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA,
das sich mit der Zulässigkeit anwaltlicher Werbung befasst, richtet sich ausschließlich an Rechtsanwälte und nicht an Dritte. Die Einhaltung der Vorschriften obliegt den Rechtsanwälten in eigener Verantwortung. Die Beklagten konnten sich darauf verlassen, dass die von ihnen angesprochenen Rechtsanwälte
eigenständig prüfen, ob ihre Mitwirkung an der Erstellung der Ranglisten mit
den berufsrechtlichen Werbevorschriften vereinbar ist, und ihre Mitarbeit an der
Veröffentlichung der Ranglisten verweigern, wenn diese nicht ohne Verstoß
gegen das Sachlichkeitsgebot möglich ist.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Büscher
Pokrant
Bergmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.06.2000 - 9 HKO 10278/99 OLG München, Entscheidung vom 27.03.2003 - 29 U 4292/00 -