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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 123/12
Verkündet am:
12. September 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
DER NEUE
PreisangabenVO § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und 2; UWG § 5a Abs. 3 Nr. 3
a) Ein Hinweis auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers in einer
gemeinsamen Werbeanzeige von Kfz-Händlern stellt nur dann ein Angebot
im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV dar, wenn die Ankündigung
ihrem Inhalt nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des
Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht der Kunden
ohne weiteres zulässt (Fortführung von BGH, Urteil vom 23. Juni 1983
- I ZR 75/81, GRUR 1983, 658 - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung).
b) Der bis zum Jahr 2005 im Falle von Preisempfehlungen gemäß § 23 Abs. 1
Nr. 1 GWB aF kartellrechtlich vorgeschriebene Begriff "unverbindlich empfohlener Preis" kennzeichnet die Unverbindlichkeit einer Preisempfehlung
eindeutig. Eine in dieser Hinsicht bestehende Irreführung ist daher rechtlich
nicht schutzwürdig.
BGH, Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 123/12 - OLG Köln
LG Köln
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom
12. September
2013
durch
den
Vorsitzenden
Richter
Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch
und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Mai 2012 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer
des Landgerichts Köln vom 1. Dezember 2011 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger ist der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe e.V.; er
ist der Ansicht, bei der im Auftrag der beklagten fünf Kfz-Händler in einer regionalen Tageszeitung veröffentlichten Gemeinschaftsanzeige, die im nachfolgend
wiedergegebenen Unterlassungsantrag des Klägers abgebildet ist, fehle die erforderliche Angabe des Endpreises.
2
Der Kläger hat daher beantragt,
die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, wie nachstehend in Bezug auf einen PEUGEOT 308 Ur-
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ban Move First Edition wiedergegeben für den Verkauf von Personenkraftwagen
unter Preisangabe zu werben, ohne den Endpreis einschließlich Überführungskosten anzugeben:
3
Darüber hinaus hat der Kläger von jedem beklagten Händler Abmahnkosten in Höhe von 106 € nebst Zinsen erstattet verlangt.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten
ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, Urteil vom 25. Mai 2012 - 6 U 236/11, MD
2012, 1060).
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der
Kläger beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
6
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte der Endpreis des in der beanstandeten Werbeanzeige abgebildeten Sondermodells angegeben werden müssen; denn dieses Fahrzeug sei dort im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV
angeboten worden. Zumindest liege eine den Beklagten zuzurechnende Preis-
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werbung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV vor. Der Inhalt der Anzeige
erschöpfe sich aus Sicht der angesprochenen allgemeinen Verbraucherkreise
nicht in einer neutralen Information der werbenden Händler über eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder Importeurs, sondern erwecke den
Eindruck, bei dem blickfangartig herausgestellten Betrag von 14.990 € für ein
bestimmtes Fahrzeugmodell handele es sich um eine Preisangabe (auch) der
Händler. Dieser Preis sei unstreitig kein alle Preisbestandteile einschließender
Endpreis.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der
Klage. Das in der beanstandeten Werbeanzeige abgebildete Fahrzeugmodell
wurde dort weder im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV angeboten noch
unter Angabe von Preisen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV beworben.
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1. Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Begriff des Anbietens von Waren gemäß § 1 Abs. 1
Satz 1 Fall 1 PAngV jede gezielt auf den Absatz eines bestimmten Produkts gerichtete werbliche Ankündigung umfasst und damit dem Begriff der Aufforderung
zum Kauf gemäß Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und dem Begriff des Angebots von Waren in § 5a Abs. 3 UWG
entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07, GRUR 2010, 248
Rn. 16 = WRP 2010, 370 - Kamerakauf im Internet; Köhler in Köhler/Bornkamm,
UWG, 31. Aufl., § 1 PAngV Rn. 5). Mit Recht hat es auch angenommen, dass
unter einer solchen gezielten Werbung jede Form der Werbung zu verstehen ist,
durch die der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt,
dass er sich für den Kauf entscheiden kann, ohne dass er durch die Art der
kommerziellen Kommunikation schon die tatsächliche Möglichkeit zum Kauf er-
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langt oder die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts aufgegeben haben
muss (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR
2011, 930 Rn. 28 f., 33 und 41 = WRP 2012, 189 - Konsumentombudsman/Ving
Sverige; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 30b).
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2. Nicht zugestimmt werden kann jedoch der Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten böten das in der beanstandeten Anzeige mit der Angabe
"€ 14.990,- für den PEUGEOT 308 Urban Move First Edition" beworbene Sondermodell in diesem Sinne an, obwohl der Kaufinteressent die individuellen Endpreise nach dem kleingedruckten Hinweis oberhalb der Händleradressen erst bei
den werbenden Händlern erfahre und zudem wisse, dass Kraftfahrzeughändler
an die Preisempfehlung des Herstellers oder Importeurs nicht gebunden seien
und ihren Preis deshalb vielfach selbst bildeten.
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Diese Beurteilung lässt nicht erkennen, weshalb das Berufungsgericht eine hinreichende Information über den Preis des beworbenen Neufahrzeugs, die
eine geschäftliche Entscheidung ermöglichte, bejaht hat, obwohl es sich bei dem
in der Anzeige angegebenen Preis von 14.990 € erklärtermaßen lediglich um
eine "unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers" handelte. In der vom Berufungsgericht für seinen Standpunkt angeführten Senatsentscheidung "Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung" hat es der Bundesgerichtshof bei
einer gemeinsamen Werbeanzeige von Kfz-Händlern, wie sie auch im Streitfall
gegeben ist, als entscheidend angesehen, dass die Ankündigung ihrem Inhalt
nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht der Kunden ohne weiteres zulässt
(BGH, Urteil vom 23. Juni 1983 - I ZR 75/81, GRUR 1983, 658, 660 = WRP
1983, 556 - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung). Wenn man vom
dort angelegten Maßstab ausgeht (vgl. aaO S. 660 li. Sp. Abs. 2), und weiter in
Rechnung stellt, dass der Senat damals noch vom Leitbild des flüchtigen Ver-
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brauchers ausgegangen ist (zur Rechtsentwicklung vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 1 UWG Rn. 29), und schließlich berücksichtigt, dass der
Hersteller-Preisempfehlung vor mehr als dreißig Jahren noch ein ganz anderer
Stellenwert zukam als heute, besteht kein Zweifel, dass die im Streitfall beanstandete Werbeanzeige keine die Annahme eines Angebots rechtfertigende hinreichend konkrete Ankündigung enthält. Es besteht insoweit auch kein Anlass,
dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die streitgegenständliche Werbeanzeige eine "Aufforderung zum
Kauf" im Sinne von Art. 2 Buchst. i, Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG enthält. Der Gerichtshof hat im Urteil "Konsumentombudsman/Ving Sverige" ausdrücklich ausgeführt, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, im Einzelfall unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie
des verwendeten Kommunikationsmediums zu ermitteln, ob der Verbraucher hinreichend informiert ist, um das Produkt im Hinblick auf eine geschäftliche Entscheidung identifizieren und unterscheiden zu können (EuGH, GRUR 2011, 930
Rn. 48 und 49).
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3. Ebenfalls nicht zugestimmt werden kann der Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Anzeige enthalte zumindest eine Werbung unter Angabe des Preises im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV, weil sie den Eindruck erwecke, bei dem blickfangmäßig herausgestellten Betrag von 14.990 € für
das beworbene Fahrzeug handele es sich (auch) um eine Preisangabe der jeweiligen Beklagten. Die vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene Beurteilung
des Sachverhalts widerspricht der Lebenserfahrung.
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a) Das Berufungsgericht hat seine Ansicht insbesondere mit der deutlichen Hervorhebung des Betrags und dem insoweit gegebenen Zusammenhang
mit dem unmittelbar folgenden Hinweis auf die Fahrzeugpräsentation in einer
Sonderschau bei den im unteren Teil der Anzeige aufgeführten Beklagten be-
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gründet. Während die Erwähnung einer unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung in einem einheitlich gestalteten Fließtext für eine neutrale Information sprechen könne, lasse die blickfangmäßige Herausstellung im Streitfall darauf schließen, dass der angegebene Betrag zumindest ungefähr dem von den Beklagten
bei der angekündigten Sonderschau für das Fahrzeug geforderten Preis entspreche. Es sei schon zweifelhaft, ob ein durchschnittlich aufmerksamer und verständiger Zeitungsleser die vergleichsweise unauffällige Fußnote 1 und deren Auflösung überhaupt wahrnehme. Jedenfalls aber kläre diese Fußnote die Verbraucher, die den blickfangmäßig angegebenen Preis als ungefähre Einzelpreisangabe der werbenden Händler verstünden, nicht unmissverständlich auf. Gerade
wegen des im Fußnotentext folgenden Hinweises auf zusätzlich anfallende Überführungskosten liege es nahe, dass die Verbraucher die Herstellerpreisempfehlung ohne weiteres mit der Grundpreisangabe des jeweiligen Händlers gleichsetzten, die dieser zusammen mit den Überführungskosten in seine Berechnung
des "genauen" Endpreises einbeziehen werde. Der Verbraucher rechne deshalb
nicht damit, bei jedem Händler mit völlig eigenständig kalkulierten Preisen konfrontiert zu werden.
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Der Umstand, dass der Verbraucher beim Kauf von Neuwagen mit Rabatten der Autohäuser rechne, sei insoweit unerheblich. Bevor der Verbraucher individuelle Rabatte aushandeln könne, müsse er den vom Händler geforderten
Preis kennen, an dem er sich zu orientieren habe. Wenn ein solcher Preis - wie
im Streitfall - besonders hervorgehoben werde, werde der Händler von den Anforderungen der Preisangabenverordnung auch nicht durch einen am Blickfang
nicht teilhabenden kleingedruckten Hinweis auf den bei ihm zu erfahrenden "individuellen Endpreis" entbunden.
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b) Diese Beurteilung stellt sich aus mehreren Gründen als nicht nachvollziehbar und auch erfahrungswidrig dar.
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aa) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die "blickfangartige
Herausstellung" des Preises von 14.990 € lasse darauf schließen, dass der angegebene Betrag zumindest ungefähr dem Preis entspreche, den die werbenden
Händler bei der angekündigten Sonderschau für das Fahrzeug forderten, ist
schon nicht klar, was das Berufungsgericht unter einer solchen "ungefähren Entsprechung" verstanden hat. Selbst wenn der Durchschnittsverbraucher annehmen sollte, der in der streitgegenständlichen Anzeige angegebene Betrag entspreche "ungefähr" dem letztlich vom Händler geforderten Betrag, rechtfertigte
dies noch nicht den Schluss, dass er diesen Betrag als eine "verpflichtende händlerseitige Einzelpreisangabe" im Sinne der Senatsentscheidung "HerstellerPreisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung" ansähe (vgl. BGH, GRUR 1983, 658,
660 f.). Auch steht die Annahme des Berufungsgerichts, der Durchschnittsverbraucher werde annehmen, sämtliche in der Werbeanzeige aufgeführten Einzelhändler forderten ungefähr den angegebenen Preis, in Widerspruch zu der dort
verwendeten Formulierung, wonach der “genaue Endpreis … bei ihrem PEUGEOT-Vertragshändler“ zu erfahren sei. Unter diesen Umständen erweist sich
die Annahme des Berufungsgerichts, die in der streitgegenständlichen Anzeige
aufgeführten zehn Händler wollten sich sämtlich mit der streitgegenständlichen
Anzeige verpflichten, das abgebildete Fahrzeugmodell zu einem "Einheitspreis"
von "ungefähr 14.990 €" zu verkaufen, als erfahrungswidrig (vgl. BGH, Urteil vom
23. Mai 1990 - I ZR 211/88, GRUR 1990, 1022, 1024 - Importeurwerbung).
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bb) Als nicht berechtigt stellen sich auch die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel dar, ob ein durchschnittlich aufmerksamer und verständiger Leser
der Anzeige die Hinweise in der dortigen Fußnote 1 überhaupt wahrnehmen wird.
Die hochgestellte "1" hinter der in weißer Farbe auf schwarzem Grund stehenden
Preisangabe ist ebenso ohne weiteres wahrnehmbar wie die zugehörige Auflösung, zumal diese ein Bestandteil des außer der Überschrift nur aus zwei Teilen
bestehenden Anzeigentextes ist, der mitten in der Anzeige steht und daher be-
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reits beim ersten Betrachten unübersehbar ins Auge fällt und mit einem Blick erfasst werden kann. Ebenfalls in der Mitte der Anzeige angebracht und auch im
Übrigen gut erkennbar ist ferner der weitere Hinweis "Die individuellen Endpreise
erfahren Sie bei Ihrem PEUGEOT-Vertragspartner". Wie der Senat bereits in
dem im Jahr 1990 ergangenen Urteil "Importeurwerbung" entschieden hat, haben
am Kauf eines Kraftfahrzeugs interessierte Kunden Kenntnis von der Unverbindlichkeit der Preisempfehlungen des Herstellers oder Importeurs und nehmen daher bei einer Werbeanzeige für Kraftfahrzeuge, die auf eine solche Preisempfehlung hinweist, nicht ohne weiteres an, dass der Händler einen entsprechenden
Preis fordert; aus diesem Grund setzt die Feststellung, dass ein Hinweis auf eine
unverbindliche Preisempfehlung nicht nur als Hinweis auf den vom Hersteller unverbindlich vorgeschlagenen Abgabepreis des beworbenen Kraftfahrzeugs, sondern auch als eigene Preisangabe des werbenden Händlers verstanden wird,
über die Verwendung der unverbindlichen Preisempfehlung in der Werbung das
Vorliegen weiterer Umstände voraus (BGH GRUR 1990, 1022, 1024
- Importeurwerbung). An der Feststellung solcher weiteren Umstände fehlt es im
Streitfall.
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Die "blickfangartige Herausstellung" des Preises von 14.990 €, auf die das
Berufungsgericht in diesem Zusammenhang abgestellt hat, reicht für sich allein
gesehen nicht aus; denn auch die Fußnote 1 hat am Blickfang teil und enthält
den eindeutigen Hinweis, dass es sich bei diesem Preis lediglich um die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers handelt. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Verbraucher verstehe den anschließenden Hinweis, den genauen Endpreis erfahre er bei seinem PEUGEOT-Vertragspartner, dahin, dass
sich der Endpreis aus der Herstellerpreisempfehlung und den Überführungskosten zusammensetze, widerspricht damit der Lebenserfahrung. Der Durchschnittsverbraucher weiß, dass der Endpreis bei Neufahrzeugen von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren wie insbesondere von der Art und der Anzahl der
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vom Käufer gewählten Ausstattungsmerkmale des Fahrzeugs sowie dem zwischen den Vertragsparteien ausgehandelten Preisnachlass abhängt. In der beanstandeten Werbeanzeige wird dementsprechend auch darauf hingewiesen,
dass die individuellen Endpreise bei den einzelnen werbenden Autohändlern erfragt werden können. Soweit das Berufungsgericht diesem Hinweis keine maßgebliche Bedeutung beigemessen hat, hat es unberücksichtigt gelassen, dass
der Verbraucher die streitgegenständliche Preisangabe angesichts des erheblichen Preises, der für das beworbene Fahrzeug zu zahlen ist, mit situationsadäquat gesteigerter Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen wird (vgl. BGH, Urteil
vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517
- Orient-Teppichmuster; Urteil vom 19. April 2001 - I ZR 46/99, GRUR 2002, 81,
83 = WRP 2002, 81 - Anwalts- und Steuerkanzlei; GroßKomm.UWG/Lindacher,
2. Aufl., § 5 Rn. 87 mwN).
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cc) Das Berufungsgericht weist auch ohne Erfolg darauf hin, der Verbraucher könne individuelle Rabatte nur dann aushandeln, wenn er den vom Händler
geforderten Preis kenne. Es berücksichtigt dabei nicht genügend, dass Autohändler dem Kunden erfahrungsgemäß vielfach bereits beim ersten Kontakt den
Kauf eines bestimmten Neuwagens mit dem Argument als besonders günstig
anbieten, der verlangte Preis liege um einen gewissen Betrag unter dem "normalerweise geforderten Listenpreis", das heißt unter der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, wohingegen darüber hinausgehende individuelle Rabatte
erst im weiteren Verlauf der Verhandlungen ausgehandelt werden. Diese Praxis
spricht zudem ebenfalls gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Durchschnittskunde werde die blickfangartige Herausstellung eines vom Hersteller unverbindlich empfohlenen Listenpreises in der Gemeinschaftsanzeige mehrerer
Autohäuser als Einzelpreisangabe des jeweiligen Händlers auffassen. Der Verbraucher weiß erfahrungsgemäß, dass der Listenpreis in aller Regel nur eine
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Orientierungshilfe darstellt. Er wird daher vor allem darauf achten, in welchem
Umfang ein Autohändler von diesem Listenpreis Abschläge zu machen bereit ist.
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4. Das angefochtene Urteil kann danach weder mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung noch - da in dieser Hinsicht keine anderen Maßstäbe gelten (vgl. oben Rn.8) - gemäß § 561 ZPO unter dem Gesichtspunkt einer
Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG Bestand haben; es
ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Für eine im Berufungsurteil weiterhin
angesprochene aktive Irreführung über den Preis (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG)
ist nichts ersichtlich und insbesondere auch vom Kläger nichts vorgetragen worden. Die Sache ist daher - im Sinne einer Klageabweisung - zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
VRiBGH Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm
hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.
Pokrant
Schaffert
Pokrant
Koch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 01.12.2011 - 31 O 379/11 OLG Köln, Entscheidung vom 25.05.2012 - 6 U 236/11 -
Löffler