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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 123/10
Verkündet am:
9. November 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Überschrift zur Widerrufsbelehrung
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BGB § 312c Abs. 1; EGBGB Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10
a) Eine Widerrufsbelehrung mit dem einleitenden Satz "Verbraucher haben das
folgende Widerrufsrecht" verstößt nicht gegen das Deutlichkeitsgebot gemäß
§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB.
b) Der Unternehmer braucht nicht zu prüfen, ob die Adressaten der Widerrufsbelehrung Verbraucher oder Unternehmer sind, da ihm eine solche Prüfung
bei einem Fernabsatzgeschäft häufig nicht möglich ist.
BGH, Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 123/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 3. Juni 2010 wird auf Kosten
des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Parteien vertreiben über das Internet Elektroartikel. Sie streiten um
die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer vom Kläger im März 2009 auf seiner Internetseite verwandten Widerrufsbelehrung sowie um Abmahnkosten.
2
Auf der Internetseite des Klägers befand sich zum damaligen Zeitpunkt
unter der Rubrik „Informationen“ ein mit „Widerrufsbelehrung“ bezeichneter
elektronischer Verweis (Link) auf eine - nachstehend wiedergegebene - abrufbare Widerrufsbelehrung, die inhaltlich der Musterbelehrung gemäß Anlage 2
zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprach.
Widerrufsbelehrung
Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht:
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe
von Gründen in Textform (z. B. per Brief, per Fax oder E-Mail) oder - wenn
Ihnen die Ware vor Fristablauf überlassen wird - durch Rücksendung der Sache
widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch
-3-
nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1
Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1
BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt
die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache.
Der Widerruf ist zu richten an: …
3
Der Beklagte ist der Ansicht, bei dem Einleitungssatz („Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht:“) handele es sich nicht um eine klare und verständliche Widerrufsbelehrung im Sinne von § 312c Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 2
Satz 1 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung; im Weiteren:
§ 312c, § 355 BGB aF). Der Satz lasse den Leser im Unklaren darüber, ob er
selbst als Verbraucher anzusehen sei. Der Beklagte mahnte den Kläger daher
mit Anwaltsschreiben vom 25. März 2009 ab und verlangte Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 755,80 €.
4
Der Kläger ist dem entgegengetreten. Er ist der Auffassung, mit dem beanstandeten Einleitungssatz halte er sich exakt an die gesetzlichen Vorgaben.
Der durchschnittliche Kaufinteressent sei mit dem Verständnis des Begriffs
„Verbraucher“ nicht überfordert.
5
Der Kläger hat zunächst im Wege einer negativen Feststellungsklage die
Feststellung begehrt, dass dem Beklagten die in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.
6
Der Beklagte hat widerklagend - unter Aufrechnung des geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € mit einem
Kostenerstattungsanspruch des Klägers in Höhe von 651,80 € - beantragt,
1. dem Kläger unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, bei Internetverkäufen gegenüber Verbrauchern eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, der der folgende Satz vorangestellt ist: „Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht:“;
2. den Kläger zu verurteilen, an ihn 104 € nebst Zinsen zu zahlen.
-4-
7
Im Hinblick auf die Widerklage haben die Parteien übereinstimmend die
negative Feststellungklage hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs und teilweise hinsichtlich des Zahlungsanspruchs in der Hauptsache für erledigt erklärt.
8
Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen und festgestellt, dass
dem Beklagten aus der Abmahnung vom 25. März 2009 kein Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger zusteht. Die dagegen gerichtete Berufung des
Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg, MMR 2011, 100).
9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage und sein mit der Widerklage geltend gemachtes Begehren weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Beklagten stehe der mit
der Widerklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Dementsprechend sei auch seine vorgerichtliche Abmahnung unbegründet gewesen mit der Folge, dass er keinen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gegen den Kläger habe.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
keinen Erfolg.
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Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass dem Beklagten
der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1,
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 312c Abs. 1 Satz 1, § 312d Abs. 1
Satz 1, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF zusteht, weil die beanstandete Widerrufs-
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belehrung des Klägers nicht gegen das Transparenzgebot der § 312c Abs. 1
Satz 1, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF verstößt. Da die Abmahnung des Beklagten vom 25. März 2009 demzufolge unbegründet war, hat er auch keinen Kostenerstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gegen den Kläger.
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1. Der Beklagte hat seinen Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG) und dazu eine seiner Ansicht nach
vom Kläger im März 2009 begangene Zuwiderhandlung vorgetragen. Da der
Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist,
ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die
Handlung auch schon zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es andernfalls an der erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt (st.
Rspr.; vgl. nur, BGH, Versäumnisurteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 122/09,
GRUR 2011, 352 Rn. 15 = WRP 2011, 463 - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren, mwN).
14
Die §§ 312c, 312d, 355 BGB aF sind nach der beanstandeten Handlung
vom März 2009 zwar durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur
Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom
29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) mit Wirkung vom 11. Juni 2010 teilweise geändert worden. Insbesondere ergibt sich die Verpflichtung zur Erteilung einer Widerrufsbelehrung, die bis zur Gesetzesänderung im Jahre 2010 in § 312c
Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV geregelt
war, nunmehr aus § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB nF in Verbindung mit Art. 246 § 1
Abs. 1 Nr. 10 EGBGB nF. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche
Änderung der Rechtslage ist dadurch jedoch nicht eingetreten, so dass zwischen dem alten und dem neuen Recht nicht unterschieden zu werden braucht.
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2. Gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer
einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den Vorschriften,
die im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, auch das
Verhalten von Unternehmen bestimmen, zählt auch die Verpflichtung zur Erteilung einer Widerrufsbelehrung nach altem wie nach neuen Recht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - I ZR 228/03, GRUR 2007, 159, 161 = WRP 2006, 1507
- Anbieterkennzeichnung im Internet; Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08,
GRUR 2010, 1142 Rn. 22 = WRP 2010, 1517 - Holzhocker, jeweils mwN).
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3. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass
der Kläger mit der Überschrift zu der im März 2009 auf seiner Internetseite abrufbaren Widerrufsbelehrung nicht gegen die Verpflichtung zur Erteilung einer
Widerrufsbelehrung verstoßen hat.
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a) Nach den genannten Vorschriften (oben Rn. 14) muss der Unternehmer den Verbraucher bei Fernabsatzverträgen rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel
entsprechenden Weise klar und verständlich über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere den Namen und die Anschrift desjenigen,
gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe einschließlich Informationen über den Betrag, den der
Verbraucher im Fall des Widerrufs oder der Rückgabe gemäß § 357 Abs. 1
BGB für die erbrachte Dienstleistung zu zahlen hat, unterrichten. Nach der bis
2010 geltenden Regelung in § 1 Abs. 4 Satz 2 BGB-InfoV konnte der Unternehmer seine Informationspflichten über das Widerrufsrecht dadurch erfüllen,
dass er das in § 14 BGB-InfoV für die Belehrung über das Widerrufs- und
Rückgaberecht bestimmte Muster der Anlage 2 in Textform verwendete. Eine
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entsprechende Regelung enthält aber auch das neue Recht: Gemäß Art. 246
§ 2 Abs. 3 EGBGB genügt die dem Verbraucher mitzuteilende Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen, wenn das Muster der Anlage 1 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Textform verwendet wird.
18
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts entspricht die auf der
Internetseite des Klägers abrufbare Widerrufsbelehrung der Musterbelehrung
gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und damit zumindest inhaltlich auch der Musterbelehrung gemäß Anlage 1 zu Art. 246 § 2 Abs. 3 EGBGB
nF. Der Text der Widerrufsbelehrung ist allerdings mit dem Satz „Verbraucher
haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht“ überschrieben. Entgegen der
Ansicht der Revision hat dieser Umstand die inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Belehrung nicht unklar und missverständlich werden
lassen.
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aa) Die Revision rügt, der Begriff des „Verbrauchers“ in der Überschrift
zur Widerrufsbelehrung sei entgegen der Annahme des Berufungsgerichts
missverständlich. Dies ergebe sich aus einem Urteil des VIII. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs vom 30. September 2009 (VIII ZR 7/09, WRP 2010, 103 =
NJW 2009, 3780), wonach der Wortlaut des § 13 BGB nicht erkennen lasse, ob
für die Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmerhandeln allein objektiv
auf den von der handelnden Person verfolgten Zweck abzustellen sei oder ob
es für die Zurechnung des Handelns auf die dem Vertragspartner erkennbaren
Umstände ankomme (BGH, WRP 2010, 103 Rn. 8). Der VIII. Zivilsenat habe
diese in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ungeklärte Frage offengelassen und sich mit der für den Streitfall ausreichenden rechtlichen Erwägung beholfen, aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes des § 13 BGB werde deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen
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sei und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen sei, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden seien
(BGH, WRP 2010, 103 Rn. 9 f.).
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Daraus werde zum einen deutlich, dass ein Privatkunde den (Rechts-)
Begriff des „Verbrauchers“ zumindest unterschiedlich interpretieren könne.
Selbst einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher mit situationsadäquater Aufmerksamkeit, auf den im Wettbewerbsrecht abzustellen
sei, bleibe auch nach der Kenntnisnahme des Wortlauts von § 13 BGB erfahrungsgemäß unklar, worauf es für die Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmerhandeln im Einzelnen ankomme. Darüber hinaus stelle der streitgegenständliche Zusatz auch deshalb eine beanstandungswürdige Verdunkelung
dar, weil der Rechtsbegriff des Verbrauchers in § 13 BGB nicht mit dem Verbraucher im landläufigen Sinne deckungsgleich sei. Das Berufungsgericht gehe
von einer falschen Problemstellung aus, wenn es annehme, Verbraucher würden durch den Einleitungssatz zur Widerrufsbelehrung nicht dazu verleitet, den
verwendeten Verbraucherbegriff falsch zu interpretieren. Es gehe nicht darum,
ob der einleitende Satz den Kaufinteressenten dazu verleite, den Verbraucherbegriff falsch zu verstehen. Vielmehr widerspreche es bereits dem Sinn und
Zweck einer Widerrufsbelehrung, dass der Einleitungssatz den Leser zwinge,
den Verbraucherbegriff selbst zu definieren. Dies lenke von der Möglichkeit ab,
das Widerrufsrecht erforderlichenfalls auszuüben.
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bb) Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Die von
dem Beklagten beanstandete Überschrift hat bei der Beurteilung der Frage, ob
die vom Kläger verwandte Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot gemäß
§ 312c Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF, Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10
EGBGB nF genügt, außer Betracht zu bleiben.
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(1) Das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen (§ 312d BGB) bezweckt
den Schutz des Verbrauchers. Ebenso wie die Informationspflichten gemäß
§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 §§ 1 und 2 EGBGB nF soll es die
typischen Defizite ausgleichen, die beim Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Fernabsatz entstehen. Der Verbraucher hat bei einem Fernabsatzgeschäft vor Vertragsschluss keine Möglichkeit, sich die in Aussicht genommene
Ware in einem Ladengeschäft anzusehen oder sie gar näher auf ihre Funktionstauglichkeit und weitere Eigenschaften zu untersuchen (BeckOK.BGB/SchmidtRäntsch [Stand: 1. März 2011], § 312d Rn. 6). Daher soll es ihm ermöglicht
werden, sich unabhängig vom Vorliegen eines Sachmangels oder Anfechtungsgrundes von einem wirksam geschlossenen Vertrag wieder zu lösen. Die Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 §§ 1 und
2 EGBGB nF und das Widerrufs- und Rückgaberecht nach § 312d BGB bilden
eine Einheit zum Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung (MünchKomm.
BGB/Wendehorst, 5. Aufl., § 312c Rn. 2). Wegen der großen Bedeutung des
Widerrufsrechts für den Verbraucher bei einem Fernabsatzgeschäft schreibt
Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB ausdrücklich vor, dass der Unternehmer den
Verbraucher rechtzeitig vor Vertragsschluss in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich über dieses
Recht und seine Einzelheiten informieren muss.
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(2) Dieser gesetzlichen Vorgabe genügt die vom Kläger im März 2009
auf seiner Internetseite verwandte Widerrufsbelehrung. Sie entspricht inhaltlich
der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV (jetzt Anlage 1 zu Art. 246 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB) und genügt damit nach § 14
Abs. 1 BGB-InfoV den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF. Entgegen der
Auffassung der Revision ist die hinreichende Klarheit und Deutlichkeit der Widerrufsbelehrung nicht dadurch beseitigt worden, dass der Kläger ihr die Über-
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schrift „Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht“ vorangestellt hat.
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Der Verbraucher soll durch die Belehrung gemäß § 312c Abs. 1 BGB in
Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses
auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum
Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich
keine anderen Erklärungen enthalten. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass
Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB nF (nach altem Recht § 1 Abs. 1 Nr. 10
BGB-InfoV) eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine
Rechte klar und deutlich macht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00,
GRUR 2002, 1085, 1086 = WRP 2002, 1263 - Belehrungszusatz, zu § 355
Abs. 2 BGB aF mwN). Diese Regelung schließt nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend sind Ergänzungen als zulässig anzusehen, die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht hierzu zählen jedoch Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis
noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die
deshalb von ihr ablenken (BGH, GRUR 2002, 1085, 1086 - Belehrungszusatz,
mwN).
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Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass die beanstandete Überschrift schon deshalb inhaltlich nichts an der dem gesetzlichen Muster
entsprechenden Widerrufsbelehrung ändert, weil sie sich außerhalb des eigentlichen Textes der Belehrung befindet. Die Überschrift ist nicht Teil der Widerrufsbelehrung selbst. Darin unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, über den der Senat mit Urteil vom 4. Juli 2002 entschieden hat (BGH,
GRUR 2002, 1085 - Belehrungszusatz). Dort wurde der Text der Widerrufsbelehrung selbst verändert, indem ein Satz mit einem Zusatz versehen wurde und
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die Belehrung dadurch dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB
aF nicht mehr genügte.
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Die hier in Rede stehende Widerrufsbelehrung wird auch nicht dadurch
unklar und unverständlich, dass der Kläger außerhalb der eigentlichen Belehrung in zutreffender Weise auf den persönlichen Geltungsbereich des Widerrufsrechts hingewiesen hat. Für einen Hinweis auf den persönlichen Anwendungsbereich des Widerrufsrechts gilt nicht das Klarheits- und Verständlichkeitsgebot gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF, § 312c
Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB. Dieses bezieht sich nach dem Wortlaut und nach Sinn und Zweck der genannten Vorschriften nur auf die eigentliche Widerrufsbelehrung und nicht auch darauf, wem
ein Widerrufsrecht zusteht.
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Die Revisionserwiderung weist auch zutreffend darauf hin, dass der Unternehmer nicht dafür einzustehen hat, dass ein Verbraucher sich irrtümlich
nicht für einen Verbraucher und damit für nicht widerrufsberechtigt hält. Eine
derart weitgehende Verpflichtung kann den gesetzlichen Bestimmungen nicht
entnommen werden. Der Unternehmer muss dem Verbraucher bei Fernabsatzgeschäften lediglich rechtzeitig vor Abschluss eines Vertrags eine klare und
verständliche Belehrung über das gemäß § 312d BGB bestehende Widerrufsund Rückgaberecht „zur Verfügung stellen“ (Art. 246 § 1 Abs. 1 EGBGB). Der
Verbraucher muss die Belehrung ohne weiteres und ohne Behinderung zur
Kenntnis nehmen können. Wie er sie interpretiert und ob er sie überhaupt zur
Kenntnis nimmt, liegt nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmers (vgl.
Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., Art. 246 § 1 EGBGB Rn. 2). Der Unternehmer braucht nicht zu prüfen, ob die Adressaten der Widerrufsbelehrung Verbraucher oder Unternehmer sind. Eine solche Prüfung ist ihm bei einem Fernabsatzgeschäft häufig auch nicht möglich.
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Der Kläger ist seiner Verpflichtung, die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher zur Verfügung zu stellen, ordnungsgemäß nachgekommen. Die Belehrung konnte auf seiner Internetseite von jedermann in gleicher Weise abgerufen werden. Der Kläger hat sie daher im Sinne des Gesetzes „zur Verfügung
gestellt“.
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4. Auf die Erwägung des Berufungsgerichts, der Kläger habe seiner Belehrungspflicht jedenfalls dadurch genügt, dass er einem Besteller den Eingang
der Bestellung per E-Mail mitgeteilt und dabei auch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen übermittelt habe, in denen erklärt werde, wer „Verbraucher“ und wer „Unternehmer“ sei, kommt es danach nicht mehr entscheidend
an.
30
5. Aus den vorstehenden Darlegungen folgt zugleich, dass die Abmahnung des Beklagten vom 25. März 2009 unbegründet war. Ihm steht daher auch
der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zu.
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31
III. Danach ist die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97
Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm
Pokrant
Schaffert
Büscher
Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 06.08.2009 - 315 O 152/09 OLG Hamburg, Entscheidung vom 03.06.2010 - 3 U 125/09 -