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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 82/14
vom
23. April 2015
in der Rechtsbeschwerdesache
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die
Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Die Erinnerung des Beklagten gegen den Ansatz der Gerichtskosten vom 12. September 2014 (Kostenrechnung vom 15. September 2014, Kassenzeichen 780014140715) wird zurückgewiesen.
Gründe:
1
I. Der Beklagte hat gegen den seine Berufung verwerfenden Beschluss
des Berufungsgerichts Rechtsbeschwerde eingelegt. Nachdem er darauf hingewiesen worden ist, dass sein Rechtsmittel unzulässig ist, weil es nicht von
einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden
ist, hat der Beklagte die Rechtsbeschwerde zurückgenommen.
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Gegen den Ansatz der Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom 15. September 2014 (Kassenzeichen 780014140715) hat sich der Beklagte schriftlich
gewandt. Der Kostenbeamte hat die Beanstandung als Erinnerung nach § 66
GKG gewertet und dieser nicht abgeholfen.
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II. Die Eingabe des Beklagten vom 9. Oktober 2014 ist als Erinnerung
gegen den Kostenansatz auszulegen.
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1. Für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren der Erinnerung gegen den Ansatz der Kosten beim Bundesgerichtshof ist in entsprechender Anwendung von § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG der Senat funktionell zuständig. Die
Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.
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2. Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus,
dass die funktionelle Zuständigkeit für Entscheidungen über die Erinnerung gegen den Kostenansatz beim Senat liegt. Zwar sieht § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG vor, dass über die Erinnerung das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Aus dem Umstand, dass § 66 Abs. 6 GKG
dem § 568 ZPO nachgebildet wurde (BT-Drucks. 15/1971, S. 157), ergibt sich
aber, dass die mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter möglichen Beschleunigungseffekte nur bei den Gerichten genutzt werden sollten, bei denen
eine Entscheidung durch Einzelrichter institutionell auch vorgesehen ist. Bei
dem Bundesgerichtshof ist die Entscheidung durch Einzelrichter gerichtsverfassungs- und prozessrechtlich jedoch weder vorgesehen noch vorbehalten (vgl.
§ 139 Abs. 1 gegenüber §§ 75, 122 Abs. 1 GVG) und damit nicht zulässig
(BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584; Beschluss vom 12. März 2007 - II ZR 19/05, NJW-RR 2007, 1148; Beschluss vom
23. Mai 2007 - 1 StR 555/06, juris; Beschluss vom 20. September 2009
- IX ZB 35/07, JurBüro 2008, 43; Beschluss vom 17. August 2010 - I ZB 7/10,
juris Rn. 2).
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Dieser Rechtsprechung zu einer einschränkenden Auslegung der Vorschrift des § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG haben sich das Dienstgericht
des Bundes (Beschluss vom 22. Februar 2006 - RiZ (R) 1/05, NJW-RR 2006,
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1003) und der Bundesfinanzhof angeschlossen (Beschluss vom 28. Juni 2005
- X E 1/05, BFHE 209, 422). Demgegenüber sind das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 25. Januar 2006 - 10 KSt 5/05, NVwZ 2006, 479; Beschluss vom 5. Januar 2007 - 8 KSt 16/06, juris Rn. 1) und das Bundessozialgericht (Beschluss vom 29. Dezember 2011 - B 13 SF 3/11 S, juris Rn. 6) davon ausgegangen, dass diese Vorschrift bei allen Kollegialgerichten gilt, auch
wenn für das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 10 Abs. 3 VwGO und für das
Bundessozialgericht gemäß § 40 in Verbindung mit § 33 SGG institutionell
grundsätzlich keine Einzelrichtertätigkeit vorgesehen ist.
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3. An der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
kann nicht mehr festgehalten werden, nachdem der Gesetzgeber durch das
2. Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) mit Wirkung zum 1. August 2013 die Neuregelung des § 1 Abs. 5 GKG eingeführt hat
(BFH, Beschluss vom 25. März 2014 - X E 2/14, BFH/NV 2014, 894; Beschluss
vom 2. Juni 2014 - XI E 1/14, juris Rn. 12; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes
Kostenrecht, § 1 GKG Rn. 68; Laube in Dörndorfer/Neie/Petzold/Wendtland,
Beck'scher Online-Kommentar Kostenrecht, Stand: 15. Februar 2015, § 66
GKG Rn. 155). Danach gehen die Vorschriften des GKG über die Erinnerung
und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren
geltenden Verfahrensvorschriften vor. Diese Regelung dient - ebenso wie die
gleichzeitig eingeführten Vorschriften des § 1 Abs. 2 FamGKG (vgl. hierzu Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 1 Rn. 31) und des § 1
Abs. 6 GNotKG (vgl. hierzu Korintenberg, GNotKG, 19. Aufl., § 1 Rn. 29) - nach
der Gesetzesbegründung der Klarstellung, dass der Einzelrichter in den kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auch zuständig ist, wenn
eine
Einzelrichterentscheidung
Drucks. 17/11471 [neu], S. 243).
institutionell
nicht
vorgesehen
ist
(BT-
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4. Da das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz nach seinem Art. 50
ohne Übergangsregelung zum 1. August 2013 in Kraft getreten ist, ist der Einzelrichter zur Entscheidung über Erinnerungen berufen, die sich gegen den
Kostenansatz in Rechtsmittelverfahren richten, die nach diesem Zeitpunkt beim
Bundesgerichtshof eingeleitet worden sind (§ 71 Abs. 1 GKG). Der zuständige
Einzelrichter ist in der senatsinternen Geschäftsverteilung zu bestimmen.
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III. Die zulässige, insbesondere statthafte (§ 66 Abs. 1 GKG) Erinnerung
des Beklagten hat keinen Erfolg.
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1. Durch die Rechtsbeschwerde ist die zweifache Gebühr nach Nr. 1820
des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zum GKG) nach einem Wert von 1.106 €
angefallen, mithin 142 € (2 x 71 €). Diese Gebühr ermäßigt sich auf eine Gebühr, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen wird, bevor die Schrift zur
Begründung der Rechtsbeschwerde bei Gericht eingegangen ist. Hiervon ist der
Kostenbeamte zutreffend ausgegangen und hat deshalb eine ermäßigte Gebühr von 71 € gegen den Beklagten angesetzt.
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2. Soweit der Beklagte mit der Erinnerung geltend macht, das Rechtsbeschwerdegericht sei ihm gegenüber nicht tätig geworden, deshalb schulde er
keinerlei Gerichtsgebühren, kann er damit keinen Erfolg haben. Die Gerichtsgebühren entstehen mit der Einlegung des Rechtsmittels, § 6 Abs. 1 GKG. Die
Rücknahme der Rechtsbeschwerde führt lediglich zu einer Ermäßigung der
Rechtsbeschwerdegebühren und nicht zu deren Wegfall.
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IV. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG).
Büscher
Koch
Schwonke
Löffler
Feddersen
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 28.02.2014 - 111 C 16341/13 LG München I, Entscheidung vom 24.06.2014 - 21 S 6692/14 -