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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 11/00
vom
22. November 2000
in der Landwirtschaftssache
betreffend Abfindungsergänzung nach § 13 HöfeO
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
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HöfeO § 13
a) Die Belastung eines Hofes mit Grundpfandrechten außerhalb einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Hofes kann einen Abfindungsergänzungsanspruch
nach § 13 HöfeO zur Folge haben.
b) Nachabfindungspflichtig ist nicht der Nominalbetrag des Grundpfandrechts oder
der Betrag des gesicherten Darlehens, sondern der Gewinn, den der Hofeigentümer durch die landwirtschaftsfremden Zwecken dienende Belastung des Hofes
erwirtschaftet.
BGH, Beschl. v. 22. November 2000 - BLw 11/00 - OLG Celle
AG Neustadt a. Rbge.
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 22. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein sowie die ehrenamtlichen Richter Ehlers und
Böhme beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß
des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 3. April 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als er zum Nachteil des Antragstellers ergangen
ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner, seinen Bruder, auf Abfindungsergänzung nach § 13 HöfeO in Anspruch.
Der Vater der Beteiligten war Eigentümer eines ca. 14 ha großen landwirtschaftlichen Besitzes in O.
u.E., der mit einem Hofvermerk versehen
war. Daneben betrieb er ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen und be-
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gann ab 1969 mit dem Aufbau eines Tiefbauunternehmens, das er 1974 auf
den Antragsgegner übertrug.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Januar 1978 übertrug er dem Antragsgegner auch den Hof gegen Einräumung eines Altenteilsrechts für sich und
seine Frau und Übernahme von dinglich gesicherten Schulden in Höhe von
90.000 DM. Am 7. November 1978 wurde der Antragsgegner als Eigentümer in
das Grundbuch eingetragen. Der Vater verstarb 1985, die Mutter 1995. Der
Hofvermerk wurde 1989 von Amts wegen gelöscht.
1987 erbaute der Antragsgegner auf einem 606 qm großen, von dem
Hofgrundstück abgeteilten Grundstück ein Einfamilienhaus, das er vermietete.
Den übrigen Grundbesitz belastete er mit Grundschulden in Höhe von
430.000 DM und 200.000 DM zur Finanzierung von Baumaßnahmen auf anderen Grundstücken. Eine Fläche von 6 ha verpachtete er an einen Baumschulbetrieb.
Der Antragsteller ist der Auffassung, der Antragsgegner schulde ihm
eine Abfindungsergänzung. Er trägt dazu vor, der Antragsgegner habe den Hof
über den Verkehrswert hinaus mit Grundschulden in Höhe von 923.000 DM
belastet zur Sicherung von Darlehen in Höhe von mindestens 876.850 DM, die
er landwirtschaftsfremd verwendet habe. Er hat zuletzt einen Zahlungsanspruch in Höhe von 219.212,50 DM nebst Zinsen geltend gemacht.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Abschreibung des mit einem Einfamilienhaus bebauten
Grundstücksteils als abfindungsrelevanten Vorgang gewertet und dem Antrag
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in Höhe von 16.642,04 DM stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller den abgewiesenen Teil des Zahlungsantrags weiter. Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, die Belastung eines Hofes mit Grundpfandrechten außerhalb einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung
des Hofes begründe keinen Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO.
III.
Dies hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Ohne Rechtsfehler geht das Beschwerdegericht davon aus, daß einer
der in § 13 HöfeO ausdrücklich genannten Nachabfindungsfälle nicht vorliegt.
Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, daß es in der Bestellung von
Grundschulden keine Nutzung im Sinne von § 13 Abs. 4 b HöfeO erblickt. Das
Beschwerdegericht verkennt auch nicht, daß Abfindungsansprüche nicht auf
die in § 13 Abs. 1 und Abs. 4 HöfeO ausdrücklich geregelten Fälle beschränkt
sind, daß es vielmehr der Zweck der Vorschrift erfordert, über die genannten
Einzeltatbestände im Wege richterlicher Rechtsfortbildung weitere Fälle einzubeziehen (Senat, BGHZ 115, 157, 159 ff; 135, 292, 296 f).
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2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist eine solche
Einbeziehung im Falle der Belastung eines Hofes mit Grundpfandrechten geboten, wenn dies - wie der Antragsteller vorgetragen hat - außerhalb einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung geschieht.
a) Allerdings wird dies in Literatur und Rechtsprechung teilweise abgelehnt. Das Oberlandesgericht Köln (RdL 1987, 107; ihm folgend Faßbender/
Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl. § 13 Rdn. 17 f) meint, die rechtlichen Folgen einer dinglichen Belastung durch den Hoferben jenseits einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ergäben sich allein aus § 13 Abs. 5 Satz 2
HöfeO. Dadurch bedingte Erlösminderungen seien im Falle einer Veräußerung
oder Verwertung dem tatsächlich erzielten Erlös zuzurechnen. Ergänzungsansprüche könnten hingegen nur bei Verwirklichung eines der in § 13 Abs. 1, 4
und 8 HöfeO geregelten Tatbestände entstehen. Diese Auffassung verkennt,
daß § 13 HöfeO nach der Senatsrechtsprechung gerade keine abgeschlossenen Tatbestände enthält, sondern offen ist, für eine zweckgerichtete Rechtsfortbildung (Senat aaO). Dies folgt daraus, daß das Gesetz die ungeteilte Erhaltung des Hofes im Erbgang sicherstellen will und daß das dem weichenden
Erben zugemutete Opfer nur solange gerechtfertigt ist, wie der Erbe diesem
höferechtlichen Zweck Rechnung trägt (Senat, BGHZ 115, 157, 159 ff). Das
Gesetz hat einige typische Fälle, in denen dieser Zweck entfallen ist, geregelt,
so in Abs. 5 Satz 2 den Fall der Veräußerung nach vorheriger Belastung. Die
Berücksichtigung dieser Belastungen bei der Erlösbestimmung und damit der
Nachabfindungsgrundlage soll verhindern, daß Ergänzungsansprüche gegenstandslos werden, weil der Hoferbe vor der Veräußerung des Hofes bereits
dessen wirtschaftliche Substanz durch dingliche Belastung in einer durch die
höferechtliche Zwecksetzung nicht gebotenen Weise an sich gebracht hat (vgl.
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Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 13 Rdn. 25 unter Hinweis auf
die Gesetzesmaterialien). Gerade dies zeigt, daß solche zweckwidrigen Belastungen Nachabfindungsansprüche begründen sollten. Es wäre zu eng - und
liefe der Zielsetzung des Gesetzes entgegen - wollte man dies allein für den
Fall annehmen, daß die Veräußerung bzw. Verwertung später hinzutritt. Hier ist
zwar - vom Gesetz unmittelbar geregelt - eine Berücksichtigung durch Erhöhung des Erlöses besonders augenfällig. Es gibt jedoch keinen Grund, Belastungen sanktionslos zu lassen, wenn sich der Hoferbe mit der zweckwidrigen
wirtschaftlichen Einverleibung begnügt und von der formalrechtlichen Veräußerung oder Verwertung absieht.
b) Der Senat hat auch in anderen Fällen, in denen der Hoferbe den
landwirtschaftlichen Besitz nicht veräußert, wohl aber wirtschaftlich ein ähnliches Ergebnis erreicht hat, als Umgehungsgeschäft der Nachabfindungspflicht
unterstellt. Wirtschaftlich einer Veräußerung gleichkommende Geschäfte lassen Ausgleichsansprüche entstehen, wie wenn auch rechtlich eine Veräußerung vorgenommen worden wäre (Senat, BGHZ 91, 154, 171 m.zahlr.Nachw.).
So liegt der Fall bei einer Belastung durch Grundpfandrechte, ohne daß das
dabei erlangte Kapital für die Bewirtschaftung des Hofes verwendet wird. Denn
der Hoferbe schöpft so die Substanz des Hofes aus und schwächt damit dessen Leistungsfähigkeit. Er verwertet ihn wirtschaftlich und schichtet das Vermögen um, etwa - wie hier - durch Investitionen in anderen hoffremden Bereichen (vgl. Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 7. Aufl., § 13 HöfeO Rdn. 65, 94; Hartwig, Die Berücksichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten
bei der Abfindung und Ergänzungsabfindung weichender Erben (§§ 12, 13
HöfeO), 1977, S. 124).
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c) Eine solche Betrachtungsweise ist allerdings nur gerechtfertigt, wenn
die Belastung langandauernd angelegt ist. Eine nur kurzfristige Verwendung
des Hofes als Beleihungsunterlage steht einer Rechtsübertragung nicht gleich.
Darin liegt noch keine Einverleibung dessen wirtschaftlichen Wertes, sondern
nur eine vorübergehende zweckwidrige Verwendung, die erst in eine dauerhafte umschlägt, wenn es nachfolgend zu einer Verwertung oder Veräußerung
kommt. Eine auf lange Dauer ausgerichtete Belastung kann Abfindungsansprüche hingegen auch dann auslösen, wenn entgegen der Planung der Kredit vorzeitig abgelöst und die Belastung gelöscht wird, nicht anders, als wenn ein
veräußerter Hof anschließend zurückerworben wird.
d) Nachabfindungspflichtig ist allerdings nicht der Nominalbetrag der
aufgenommenen Belastungen oder der Betrag der gesicherten Darlehen. Denn
die Nachabfindungspflicht wird nach § 13 Abs. 4 HöfeO - nicht wesentlich anders als nach Abs. 1 dieser Norm - nur ausgelöst, soweit durch die landwirtschaftsfremde Nutzung erhebliche Gewinne erzielt werden (vgl. Senat, Beschl.
v. 16. Juni 2000, BLw 33/99, AgrarR 2000, 298). Die Belastung des Hofes bzw.
die damit verbundene Möglichkeit, Darlehen aufzunehmen, stellt noch keine
Gewinnerzielung dar. Gewinne erwirtschaftet der Hofeigentümer erst dann,
wenn er das aufgenommene Darlehen, das er durch die zweckwidrige Nutzung
des Hofes erlangt hat, für investive Vorhaben einsetzt, oder Kapitalerträge erzielt und dadurch, nach Abzug der durch die Belastung und Kreditaufnahme
verbundenen Kosten, einen Überschuß behält. Nur dieser Überschuß ist nach
den Regelungen des § 13 Abs. 1 und 4 HöfeO nachabfindungspflichtig.
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IV.
Da das Beschwerdegericht bislang - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und in welchem Umfang
die den Belastungen zugrundeliegenden Kredite außerhalb einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Hofes aufgenommen wurden und zu einer Gewinnerzielung geführt haben, ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen.
Wenzel
Krüger
Klein