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5 StR 487/13
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 7. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Hehlerei u.a.
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2013
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten T.
wird das Urteil
des Landgerichts Hamburg vom 22. April 2013, soweit es ihn
betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO insofern aufgehoben, als
eine Entscheidung über die Anrechnung des Aufenthalts des
Angeklagten in der „Jugendgerichtlichen Unterbringung“ unterblieben und soweit die Vollstreckung der Jugendstrafe zur
Bewährung ausgesetzt wurde. Seine weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten Kosten und
Auslagen des Rechtsmittels aufzuerlegen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten T.
wegen Hehlerei und
Nötigung unter Einbeziehung eines Urteils zu einer Jugendstrafe von zehn
Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Es
hat die in beiden Verfahren erlittene Freiheitsentziehung auf die Jugendstrafe
angerechnet, hierbei aber ausschließlich Untersuchungshaft berücksichtigt
(UA S. 48). Eine Entschädigungsentscheidung hat das Landgericht nicht getroffen. Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision hat in
dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie
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aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 16. Oktober 2013 angeführten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
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1. Die Revision rügt zu Recht, dass bei der Entscheidung über die Anrechnung vom Angeklagten erlittener Freiheitsentziehung der durch den
Haftverschonungsbeschluss vom 2. Juli 2012 seit diesem Tag bis 17. Dezember 2012 angeordnete Aufenthalt in der „Jugendgerichtlichen Unterbringung“ (JGU) nicht mit in den Blick genommen worden ist. Denn einer Einstufung als „andere Freiheitsentziehung“ im Sinne des § 52a Satz 1 JGG steht
nicht entgegen, dass dieser Unterbringung kein vollstreckbarer Unterbringungsbefehl nach § 72 Abs. 4 Satz 1, § 71 Abs. 2 JGG – wonach sie ohne
Weiteres anrechenbar gewesen wäre (vgl. Eisenberg, JGG, 16. Aufl., § 71
Rn. 14c, § 52 Rn. 8; Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz Nr. 1 zu §§ 52,
52a JGG; Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes, BT-Drucks. 11/5829, S. 30) – zugrunde lag, sondern sie „freiwillig“
aufgrund einer Weisung gemäß § 116 Abs. 1 StPO erfolgt ist, da dem Angeklagten bei deren Nichtbefolgung der Vollzug der Untersuchungshaft drohte
(vgl. BVerfG, NStZ 1999, 570; Eisenberg, aaO, § 52 Rn. 8; Schatz in Diemer/Schatz/Sonnen, JGG, 6. Aufl., § 52 Rn. 8; Schady in Ostendorf, JGG,
9. Aufl., § 52 Rn. 5). Bei wertender Betrachtung steht sie mithin in ihren Wirkungen, auf die es maßgeblich ankommt, einer einstweiligen Unterbringung
nach § 72 Abs. 4 Satz 1, § 71 Abs. 2 JGG gleich.
3
2. Es liegt zwar nahe, dass das Landgericht aus erzieherischen Gründen (vgl. UA S. 47) die Anrechnung des in Rede stehenden Aufenthalts auf
die Jugendstrafe nach § 52a Satz 2 JGG versagt hätte. Dem Senat ist aber
eine eigene Sachentscheidung aufgrund des dem Tatgericht insofern eingeräumten Ermessens nicht möglich. Sollte das Tatgericht den Aufenthalt in der
„JGU“ vollständig auf die verhängte Jugendstrafe anrechnen, so könnte diese nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, da kein zu vollstreckender
Rest verbliebe (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 – 4 StR 162/03,
BGHR StGB § 56 Aussetzung 1 mwN). Der Senat hebt deshalb auch die
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Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung auf, um dem neuen
Tatgericht die Möglichkeit zu geben, hierüber – unter Berücksichtigung des
Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) – neu zu befinden.
4
3. Mit der Teilaufhebung des Urteils wird die sofortige Beschwerde des
Angeklagten gegen die unterbliebene Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch für die erlittenen, die Dauer der verhängten Jugendstrafe
übertreffenden Freiheitsentziehungen gegenstandslos (vgl. BGH, Urteile vom
11. April 2002 – 4 StR 585/01 – und vom 25. April 2013 – 4 StR 551/12;
Meyer, StrEG, 8. Aufl., § 8 Rn. 60). Über eine – in der Sache freilich gänzlich
fernliegende – Entschädigung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG hat das neue Tatgericht zu befinden.
Basdorf
Sander
Dölp
Schneider
König