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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
5 StR 420/15
vom
10. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schwerer Körperverletzung u.a.
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 18. März 2015 werden nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat die Angeklagten der schweren Körperverletzung in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und den Angeklagten S.
M.
zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten, den Angeklagten N.
M.
zu einer Freiheitsstrafe von drei
Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten sind
aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
2
1. Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt. Dem steht nicht entgegen,
dass er seit dem 1. November 2014 keinen planmäßigen Vorsitzenden hat.
3
a) Der frühere Vorsitzende des 5. Strafsenats, Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof a.D. B.
, ist nach Erreichen der Altersgrenze zum
1. November 2014 in den Ruhestand getreten. Seitdem ist die Stelle vakant.
Der 5. Strafsenat wird von Richter am Bundesgerichtshof
S.
als
-3-
vom Präsidium bestimmtem Vertreter (§ 21f Abs. 2 Satz 1 GVG) geführt. Daran
hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das Jahr 2015 (§ 21e Abs. 1 Satz 2 GVG) nichts geändert.
Durch Beschluss des Präsidiums vom 26. März 2015 ist Richter am Bundesgerichtshof
F.
mit Wirkung zum 9. April 2015 dem 5. Strafsenat zugewie-
sen worden. Der Senat ist seither wieder mit sieben Bundesrichtern besetzt,
von denen sechs dem Bundesgerichtshof seit mehr als fünf Jahren angehören.
4
b) Auf der Grundlage der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. BGH,
Beschluss vom 26. März 2013 – 4 StR 556/12, BGHR GVG § 21f Vorsitzender 2 mit zahlreichen Nachweisen) ist der 5. Strafsenat ordnungsgemäß besetzt.
5
Das Verfahren zur Wiederbesetzung der Stelle des Vorsitzenden Richters ist im Juni 2014 mit dem Interessebekundungsverfahren eingeleitet worden. Der Besetzungsvorschlag der Präsidentin des Bundesgerichtshofs an den
Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz zur Neubesetzung der
Stelle erfolgte nach den erforderlichen Beteiligungen am 28. Oktober 2014. Am
6. Februar 2015 teilte der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz
dem Bundespräsidenten seinen Besetzungsvorschlag mit. Das Verfahren konnte jedoch nicht abgeschlossen werden, weil der Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg mit Beschluss vom 12. August 2015 der Bundesrepublik Deutschland in einem Konkurrentenstreitverfahren durch einstweilige Anordnung untersagt hat, die beabsichtigte Ernennung auszusprechen, bevor über die Bewerbung des klagenden Konkurrenten unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist (Beschluss vom
12. August 2015 – 4 S 1405/15). Im Verfahren müssen die grundsätzlichen
-4-
Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofs zum Beurteilungswesen nach den erforderlichen verwaltungsinternen Abstimmungen umgesetzt werden.
6
Das Beförderungsverfahren ist demgemäß frühzeitig eingeleitet worden
und wird mit der gebotenen Zügigkeit betrieben. Im Blick darauf liegen besondere Umstände vor, die es jedenfalls derzeit rechtfertigen, dass der 5. Strafsenat durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden
geleitet wird. Die in der Beschwerdeschrift des Angeklagten N.
M.
angesprochene Einrichtung eines „Doppelvorsitzes“ ist im Präsidium neben anderen Möglichkeiten in der Sitzung vom 15. September 2015 eingehend erörtert
worden. Jedoch kommt ein „Doppelvorsitz“ schon aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht in Betracht (vgl. hierzu und zum Ganzen BGH, Beschluss vom
26. März 2013 – 4 StR 556/12 aaO; zur gebotenen Einzelfallprüfung siehe auch
BGH, Urteil vom 12. März 2015 – VII ZR 173/13, NJW 2015, 1685 Rn. 36; jeweils mwN).
7
Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des 5. Strafsenats ist im Übrigen
im Rahmen der gegenwärtigen Organisation jedenfalls nicht weniger effektiv
gewährleistet als – mit der dadurch jeweils bedingten Einarbeitungszeit – bei
Übernahme eines Doppelvorsitzes durch einen Vorsitzenden Richter eines anderen Strafsenats oder der kurzfristigen Übernahme des Vorsitzes des 5. Strafsenats durch einen solchen. Der stellvertretende Vorsitzende ist seit Februar 2013 Mitglied des 5. Strafsenats und vermag dessen Rechtsprechung sowie
die anhängigen Verfahren und deren Stand deshalb zu überblicken. Er leitet
sämtliche Beratungen des Senats. Die Gefahr eines Divergierens der Judikatur
ist ferner wegen der personellen Überschneidungen in den vorhandenen drei
Sitzgruppen denkbar gering.
-5-
8
Der Senat weist abschließend auf Folgendes hin: Es ist nicht zu erkennen, weshalb eine Übergangslösung im vorgenannten Sinne den sich aus der
verfassungsrechtlich verankerten Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101
Abs. 1 Satz 2 GG) resultierenden Anforderungen besser gerecht werden sollte,
als die dem – ordnungsgemäß zustande gekommenen – Geschäftsverteilungsplan entsprechende gegenwärtige Besetzung. Auch aus diesem Grund bedürfte
es einer besonderen Rechtfertigung, bei einem anderen Senat eine wiederum
unvollständige Besetzung herbeizuführen, die vom Ausgangspunkt der Beschwerdeführer aus betrachtet geeignet wäre, nach gewissem Zeitablauf ihrerseits zu einer gesetzeswidrigen Besetzung zu führen. Ohnehin erscheint allerdings schon fraglich, ob eine vorübergehende Umsetzung eines Vorsitzenden
überhaupt zu einer Verhinderungslage im Sinne des § 21f Abs. 2 GVG in dessen ursprünglichem Senat führen könnte, die zum Tätigwerden des stellvertretenden Vorsitzenden berechtigen würde.
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2. Ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts bemerkt
der Senat zu den Beanstandungen des Angeklagten N.
10
M.
:
Den Urteilsgründen ist hinreichend zu entnehmen, dass das maßgebende Gesamterscheinungsbild des Verletzten (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007
– 3 StR 185/07, BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 2) durch die – rechtsfehlerfrei auf den Schlag mit dem Baseballschläger zurückgeführte – großflächige
Eindellung am Schädel, die breite Narbe an der rechten Kopfseite, die „hängenden“ Augenlider sowie die Störung der Mimik („Zuviel an Bewegung“ der
unteren Gesichtspartie, UA S. 43) im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB erheblich entstellt ist. Ob, was die Revision in Zweifel zieht, die einzelnen Entstellungen jeweils für sich genommen den erforderlichen Schweregrad erreichen würden, kann daher dahingestellt bleiben.
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11
Der Generalbundesanwalt weist im Übrigen mit Recht darauf hin, dass
der Senat ein Beruhen der angesichts weiterer schwerster Tatfolgen (Verfallen
in Siechtum, Lähmung einer Hand) unvertretbar milden Strafaussprüche auf
dem geltend gemachten Wertungsfehler ausschließen könnte.
Sander
Dölp
Berger
König
Bellay