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5 StR 268/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
-3-
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil
des Landgerichts Köln vom 14. Dezember 2004 mit den
Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft und
die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere
Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen –
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue zu
einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur
Bewährung
ausgesetzt.
Vom
Vorwurf
einer
Steuerhinterziehung
im
Jahr 1996 hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
-4-
Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer auf die Sachrüge gestützten
Revision anstelle des Freispruchs eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und bei der Beihilfetat eine Erweiterung des Schuldspruchs auf eine
tateinheitliche Beihilfe zur Bestechlichkeit bzw. Bestechung; zudem wendet
sie sich gegen die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung.
Der Angeklagte wendet sich mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet; die Revision der
Staatsanwaltschaft hat lediglich hinsichtlich des Freispruchs vom Vorwurf der
Steuerhinterziehung Erfolg.
I.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer
Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als
Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T
gewonnen, der
über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital
50,1 %), die S
G
K
V
G
(Anteil 24,8 %) und die T
E
(Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG
“ (nachfolgend: AVG). Al-
leiniger Geschäftsführer der AVG wurde der gesondert Verfolgte E
.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren
der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln
zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der
Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Ange-
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bote ab und stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht.
Einer der Mitwettbewerber war die L & C
(nachfolgend:
LCS), deren Geschäftsführer der gesondert Verfolgte
M
Unter maßgeblicher Einflussnahme des Angeklagten Wi
war.
, der seit meh-
reren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine
politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der
Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem
Submissionstermin – zwischen E
,T
und
M
vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe von der LCS ein Schmiergeld
in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E
,T
und Wi
gezahlt werde. E
und
M
manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In
dem durch Verhandlungsgeschick von E
schließlich erzielten, für
die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag
aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre
M
auch bereit gewesen, zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin
enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS.
Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt
21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der
gesondert Verfolgte T
absprachegemäß zur Verschleierung der
Zahlungsflüsse vermittelte, nachdem zuvor Wi
über einen Züricher No-
tar einen Zahlungsweg hatte organisieren wollen. Von dem Geld erhielt E
insgesamt 14,29 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens
1 Mio. DM gab E
und Wi
1995 oder 1996 an
M
weiter; T
erhielten zumindest 1994 jeweils ca. 2 Mio. DM. Dass
-6-
Wi
weitere Millionen-Beträge in unverjährter Zeit erhielt, konnte das
Landgericht nicht sicher feststellen.
II.
Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft erzielt lediglich hinsichtlich des Freispruchs vom Vorwurf der
Steuerhinterziehung im Jahr 1996 einen Teilerfolg.
1. Unbegründet ist die Revision, soweit die Staatsanwaltschaft eine
Verurteilung wegen einer zum abgeurteilten Delikt tateinheitlich begangenen
Beihilfe zur Bestechung bzw. Bestechlichkeit (§§ 332, 334 StGB) begehrt.
(Eine Teilnahme an einem Vergehen nach § 299 StGB ist bei Wi
, an-
ders als bei den gesondert Verfolgten E
, ver-
und
M
jährt.) Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des gesondert Verfolgten
E
als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c
StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige
Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.
a) Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage (5 StR 119/05, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) ausgeführt hat, liegt die Gleichstellung
eines im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindlichen, privatrechtlich
organisierten Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn
ein Privater an dem Unternehmen durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann. Räumt der Gesellschaftsvertrag
dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine „Sperrminorität“ für
wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen
nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht
mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
-7-
b) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen: Die Gesellschafterin
T
besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine
Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG.
Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit Dreiviertel-Mehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten insbesondere die Veräußerung eines Gesellschaftsanteils,
die Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Abberufung des Geschäftsführers, die Investitions- und Darlehensaufnahme, der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen, die Bestellung eines Abschlussprüfers
und die Feststellung des Wirtschaftsplans.
2. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis ebenfalls
keine Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten Wi
auf.
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm
obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der
Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen
hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen,
sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in
sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt
34, 345, 349; st. Rspr.).
b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf.
Der Senat besorgt insbesondere nicht, dass das Landgericht dem
Teilgeständnis von Wi
ein übermäßiges Gewicht beigemessen hat.
Vielmehr hat das Landgericht in diesem Zusammenhang ausdrücklich bemerkt, dass das Geständnis vornehmlich aus prozesstaktischen Gründen
-8-
abgegeben wurde, der Angeklagte mehrfach versucht hat, sein Verhalten zu
beschönigen, und von echter Reue nichts zu bemerken war. Der erhebliche
Schadensumfang wurde ersichtlich durch die Annahme eines besonders
schweren Falls der Untreue trotz Vorliegens erheblicher Milderungsgründe
(§§ 27, 28 Abs. 1 StGB) hinreichend berücksichtigt. Der Senat schließt letztlich aus, dass der Strafausspruch schärfer ausgefallen wäre, wenn dem Angeklagten nach insoweit hinreichend begründeter Beweiswürdigung (dazu
unten 3) den Tatbestand nicht unmittelbar berührende höhere, ihm in Folge
seiner Tatbeteiligung zugewachsene wirtschaftliche Vorteile festgestellt worden wären. Das gilt umso mehr, als der Senat auf der anderen Seite ebenfalls ausschließt, dass die Zurechnung eines zu hohen Schuldumfangs der
Haupttat sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat (dazu unten II 1
a bb). Dass das Landgericht eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe verhängt
und deren Vollstreckung tatsächlich zur Bewährung ausgesetzt hat, ist namentlich im Hinblick auf Alter und massive Erkrankung des von ungewöhnlich schweren Schicksalsschlägen getroffenen Angeklagten hinzunehmen
und hat vor § 56 Abs. 2 StGB und letztlich auch § 56 Abs. 3 StGB Bestand.
3. Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung im Jahr 1996 kann hingegen nicht bestehen bleiben.
Einziges Beweismittel für den Vorwurf der Anklage, Wi
seien im
Jahr 1996 aus der Schmiergeldvereinbarung 2,4 Mio. DM zugeflossen, die er
nicht versteuert habe, waren frühere belastende Angaben des gesondert
Verfolgten E
. Der Generalbundesanwalt hat zutreffend darauf hin-
gewiesen, dass die Darstellung der Beweiswürdigung in diesem Fall unzureichend ist.
a) Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO muss jedes Strafurteil aus sich heraus verständlich sein (st. Rspr., vgl. BGHSt 30, 225, 227; 33, 59, 60; BGHR
StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Bezugnahme 1). Gebotene eigene Urteilsfeststellungen oder Würdigungen dürfen nicht durch Bezugnahmen ersetzt werden,
-9-
da es ansonsten sachlichrechtlich an der Möglichkeit einer Nachprüfung
durch das Revisionsgericht fehlt (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 304; Engelhardt
in KK 5. Aufl. § 267 Rdn. 3 m.w.N.). Auch durch Bezugnahme auf ein eigenes früheres Urteil können die notwendigen eigenen Darlegungen im Urteil
nicht ersetzt werden (Engelhardt aaO Rdn. 4 m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Landgerichts
nicht gerecht.
Das Landgericht hat in diesem Teil der Beweiswürdigung umfassend
auf ein 546 Seiten (zzgl. 92 Seiten Anlagen) langes Urteil derselben Wirtschaftsstrafkammer vom 13. Mai 2004 Bezug genommen, das dem angegriffenen Urteil als unterschriebene Anlage beigefügt ist. Zugrunde lag dieser
Verfahrensweise, dass Wi
M
und R
ursprünglich gemeinsam mit E
,
wegen der verfahrensgegenständlichen Tat an-
geklagt und das Verfahren gegen ihn aufgrund seines Gesundheitszustands
vor Verhandlungsbeginn abgetrennt worden war. In dem früheren Urteil
(hierzu das oben genannte Urteil des Senats vom heutigen Tage
– 5 StR 119/05) war die Wirtschaftsstrafkammer in teilweise anderer Besetzung – es waren ein anderer Berufsrichter und unterschiedliche Schöffen
tätig – zu dem Ergebnis gelangt, dass sich im Hinblick auf weitere Geldübergaben an Wi
konkrete Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des
dortigen Mitangeklagten E
nicht ausräumen ließen.
An entscheidenden Stellen der Beweiswürdigung hat das Landgericht
pauschal auf das genannte, zu dieser Zeit noch nicht rechtskräftige frühere
Urteil der Kammer Bezug genommen. Dies ist schon angesichts des Umfangs des in Bezug genommenen Urteils mit § 267 StPO unvereinbar, wie
etwa folgende Formulierung verdeutlicht: „Soweit die Kammer in ihrer alten
Besetzung dem früheren Mitangeklagten E
in der Darstellung be-
stimmter Zahlungsflüsse nicht gefolgt ist, beruht dies darauf, dass aus den im
Kammerurteil vom 13.05.2004 dargestellten Gründen konkrete Zweifel blie-
- 10 -
ben, ob E
nicht doch einen höheren Schmiergeldanteil selbst behal-
ten hat“ (UA S. 53). Dies schließt die gebotene sachlichrechtliche Überprüfung solcher Beweiswürdigung durch das Revisionsgericht aus, da das in
Bezug genommene weitere Urteil nicht Gegenstand dieses Prüfungsschritts
sein darf.
Danach kommt es nicht einmal darauf an, dass es nicht Aufgabe des
Revisionsgerichts sein kann, sich derart in Bezug genommene Gründe aus
einem umfangreichen Urteil selbst herauszusuchen, und dass eine solche
Urteilsfassung von vorneherein grundlegende Bedenken eröffnet, ob das
Landgericht seiner verfahrensrechtlichen Pflicht, gemäß § 261 StPO nach
seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung
zu entscheiden, genügt haben kann. Andere Urteile können allenfalls begrenzt im Rahmen des Urkundenbeweises zur Entscheidungsfindung beitragen. Nur in wenigen Ausnahmefällen hat eine rechtskräftige Entscheidung
auch in anderen Verfahren und gegen andere Beschuldigte bindende Feststellungswirkung (vgl. etwa § 190 StGB). In allen anderen Fällen muss der
Richter auf Grund eigener selbständiger Prüfung die Überzeugung von dem
Vorhandensein der Tatbestandsmerkmale gewinnen. Dieser Prüfung darf er
sich nicht durch die Bezugnahme auf Entscheidungen entziehen, die in anderen Strafsachen ergangen sind (vgl. BGHSt 17, 388, 390 f. m.w.N.). Dies gilt
erst recht, wenn die in Bezug genommene Entscheidung – wie hier – nicht
einmal rechtskräftig ist.
III.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat den Angeklagten Wi
Beihilfe zur Untreue verurteilt.
zu Recht wegen
- 11 -
a) Die Darstellung der Beweiswürdigung ist in diesem Fall – anders als
beim Freispruch – für die sachlichrechtliche revisionsgerichtliche Überprüfung noch ausreichend.
aa) Der Angeklagte Wi
hat sich zu diesem Vorwurf teilgeständig
eingelassen; der Inhalt seiner Einlassung ist im Urteil ausführlich wiedergegeben. Danach beteiligte sich Wi
an der Schmiergeldabrede, wonach
ihm 1 % der Auftragssumme zukommen sollte, obwohl er durch seine Tätigkeit für LCS dieser gegenüber allenfalls einen Provisionsanspruch in Höhe
von 0,5 % der Auftragssumme hatte. Dabei war ihm klar, dass der Zuschlag
an die LCS nur durch Manipulation der Auftragsvergabe zustande kommen
und die AVG im Ergebnis durch die Notwendigkeit einer Finanzierung des
Schmiergeldanteils belastet werden konnte. Er wusste auch, dass ihm keine
Vermittlungsprovision zustand, da ein Zuschlag nur durch die verabredeten
kriminellen Machenschaften zustande gekommen war. Zudem kümmerte
sich Wi
anfangs um die Abwicklung von Zahlungen über die Schweiz.
Erhalten hat er nach eigenen Angaben zumindest 1,8 Mio. DM im Jahr 1994.
bb) Durch dieses Teilgeständnis sind die für die Beihilfe zur Untreue
wesentlichen Umstände auch jenseits der zweifelhaften Bezugnahme auf
das Urteil der Kammer vom 13. Mai 2004 belegt: Die Beteiligung an der
Schmiergeldabrede stellt die Beihilfe zu der – zumindest mit bedingtem Vorsatz erwarteten – Untreue des gesondert Verfolgten E
durch Wi
dar; auch
s Schmiergeldforderung kam es zu dem in Höhe des
Schmiergeldanteils überteuerten Vertragsabschluss. Der Schadensumfang
war durch den Umfang des Gesamtprojekts in Höhe von ca. 800 Mio. DM
und die Vereinbarung des prozentualen Schmiergeldanteils in Höhe von 3 %
mit ca. 24 Mio. DM vorgezeichnet. Lediglich zur letztlich hier nicht erheblichen genauen Berechnung des schließlich eingetretenen Untreueschadens
in Höhe von rund 24 Mio. DM hat die Kammer auf konkrete Seitenzahlen des
in Anlage beigefügten Urteils verwiesen (vgl. zum Verweis auf Berechnungsgrundlagen auch BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Bezugnahme 1; BGH
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wistra 2005, 227). Dass der Schuldumfang auch vom (Eventual-)Vorsatz des
Angeklagten Wi
erfasst war, ergibt sich aus seiner Kenntnis vom Um-
fang des Projekts und vom Umfang der Schmiergeldabrede. Auch wenn
Wi
– was das Landgericht nicht sicher auszuschließen vermochte –
irrigerweise davon ausgegangen sein sollte, ihm stünden zumindest 0,5 %
der Auftragssumme als Vermittlungsprovision zu, die zu Lasten von AVG
erwirtschaftet würden, hatte er doch zumindest Vorsatz bezüglich einer
Schädigung der AVG in Höhe der verbliebenen 2,5 % des Auftragsvolumens,
also in Höhe von rund 20 Mio. DM. Für die Strafzumessung bliebe solches
ersichtlich ohne Auswirkung.
b) Entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten begegnet
die Annahme einer Untreue zu Lasten der AVG durch den gesondert Verfolgten E
– die von Wi
geförderte Haupttat – keinen Bedenken.
aa) Zwar ist die Annahme des Landgerichts unzutreffend, der gesondert Verfolgte E
habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalterna-
tive des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt. Weil der auch für den Vertragspartner
M
offensichtliche rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflich-
tungsbefugnis vorliegend nicht zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers geführt hat, ist lediglich die Treubruchalternative erfüllt (vgl. BGH, Urt.
vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05). Der Senat kann von sich aus dahin
erkennen, dass der Angeklagte nicht eine Beihilfe zum Missbrauchtatbestand, sondern eine Beihilfe zum Treubruchtatbestand des § 266 StGB verwirklicht hat (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich der insoweit geständige Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können.
bb) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass E
durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von
792 Mio. DM seine gegenüber der AVG als deren Geschäftsführer bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Ver-
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mögensnachteil in Höhe von rund 24 Mio. DM – also in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags – zugefügt hat.
(1) Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage (5 StR 119/05) entschieden hat, bildet bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme
des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von
§ 266 Abs. 1 StGB. Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem
günstigeren Preis – ohne den Schmiergeldanteil – abschließt. Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich. Vorzuwerfen ist dem Treupflichtigen in diesen Fällen der
Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages trotz konkreter Möglichkeit eines günstigeren Abschlusses und die damit einhergehende Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. BGH aaO).
(2) Zutreffend hat das Landgericht den Nachteilsumfang mit dem aufgeschlagenen Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM angesetzt.
Vorteile, die E
durch besonders nachdrückliche und ge-
schickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, können nicht gegengerechnet werden. Dies gilt insbesondere für die Absenkung
des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat –
M
letztendlich bereit war, im Zeitpunkt
des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb dahinstehen, ob der abweichende An-
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satz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung
überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist.
2. Auch im Übrigen weist das Urteil keinen Rechtsfehler zu Lasten des
Angeklagten auf. Soweit bei dem Strafmaß auf das Ausmaß der von ihm tatsächlich empfangenen, teilweise bestrittenen Schmiergeldzahlungen Bedacht genommen worden ist, beruht die Feststellung auf einer allein dem
angefochtenen Urteil ohne Berücksichtigung der Bezugnahme entnehmbaren
Beweiswürdigung.
IV.
Damit erwächst die Verurteilung des Angeklagten Wi
in Rechts-
kraft.
Der Senat weist auf Folgendes hin: Entgegen der Auffassung der
Staatsanwaltschaft ist die Beweiswürdigung in dem in Bezug genommenen
Urteil hinsichtlich der konkreten Zweifel an den Angaben E
Geldübergabe an Wi
nicht
zu
beanstanden
s zur
und andere für sich betrachtet sachlichrechtlich
(vgl.
BGH,
Urt.
vom
2.
Dezember
2005
– 5 StR 119/05). Diesem Umstand wird – auch angesichts des Zeitablaufs
und der krankheitsbedingten Einschränkungen der Verhandlungsfähigkeit
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des Angeklagten – gegebenenfalls durch ein Vorgehen nach § 154 Abs. 2
StPO Rechnung zu tragen sein, so dass das Verfahren mit der Verurteilung
Wi
s im bisherigen Umfang seinen Abschluss finden könnte.
Harms
Häger
Gerhardt
Basdorf
Raum